Der Musikwissenschaftler Boris Schwarz verglich (laut Booklet zur Ashkenazy-Aufnahme) Schostakowitschs 4. Symphonie mit einem „… Vulkanausbruch, den Ausbruch einer zügellosen Phantasie, die beinahe blindlings Musik auswirft.“
Was bedeutet das? Also zunächst: Eine erstaunliche Menge an musikalischen Einfällen. Dann: Immer mal wieder brutale Steigerungen, quasi Eruptionen. Schließlich gibt es noch Passagen, die an den „Tanz auf dem Vulkan“ denken lassen.
Wer sich ein wenig für die Musik des 20. Jahrhunderts interessiert, sollte hier unbedingt einmal hereinhören. Keine Angst, das ist nicht schwer zu hören, allerdings sollte man etwas Zeit übrig haben (je nach Interpret 60 - 70 Minuten). Was außerdem nicht schaden kann: Gute Lautsprecher und tolerante Nachbarn (um die oben erwähnten Eruptionen voll auskosten zu können).
Ich versuche, es kurz zu machen, indem ich auf die Wikipedia verweise.
Werkbeschreibung
Die Symphonie besteht aus drei Sätzen, die ich im Folgenden etwas näher beschreiben möchte. Ich versuche, mich dabei auf das Wesentliche zu beschränken:
Historischer Hintergrund
Hierzu lässt sich eine Menge sagen, was zum Verständnis dieser Musik auch durchaus beitragen kann. Es findet sich aber genug darüber im Internet (z. B. Suche mit „Schostakowitsch 4. Sinfonie“), darum fasse ich mich hier kurz: Schostakowitsch hat die vierte Symphonie von September 1935 bis Mai 1936 komponiert. In dieser Zeit stand der „große Terror“ in der Sowjetunion unmittelbar bevor. Schostakowitsch selbst war 1936 in das Visier von Parteifunktionären geraten, denen seine Musik offenbar zu progressiv oder westlich war, und als „Volksfeind“ bezeichnet worden. Schostakowitsch hat in dieser Situation seine vierte Symphonie vor der geplanten Uraufführung zurückgezogen.
Aufnahmen
Dirigent bei der Uraufführung 1961 war Kirill Kondraschin, dessen Aufnahmen als Referenz gelten dürfen. Ich muss gestehen, ich kenne bisher keine davon.
Unter Berücksichtigung der Klangqualität – ich finde, die ist hier nicht ganz außer Acht zu lassen – habe ich mich bisher für aktuellere Aufnahmen entschieden, und zwar für folgende:
Wladimir Ashkenazy / Royal PO [1989]
Simon Rattle / City of Birmingham SO [1995]
Semyon Bychkov / WDR SO Köln [2006]
Alle drei sind in musikalischer Hinsicht meiner Meinung nach tadellos, wobei die Ashkenazy-Aufnahme von der Klangqualität her gegenüber den beiden neueren, die ich deshalb bevorzuge, etwas abfällt.
Ashkenazy lässt die Symphonie recht zügig spielen, im Vergleich dazu ist Bychkov sehr langsam, während Rattle beim Tempo einen Mittelweg gewählt hat. Die langsamen Tempi nutzt Bychkov zum deutlichen Ausspielen auch kleiner Details, die von der Tontechnik noch hervorgehoben werden (manchmal vielleicht etwas zu sehr: das Violinsolo am Ende des ersten Satzes etwa kommt mir zu laut vor). Ich habe dadurch bei Bychkov Einiges gehört, was mir in den anderen Aufnahmen bisher nicht aufgefallen war. Erstaunlich ist, dass die breiten Tempi bei Bychkov nicht zu einem Verlust an Spannung führen.
Am ausgewogensten, was Klangbalance und Dynamik angeht, ist hier wieder die Rattle-Aufnahme, die sich hierdurch unter den drei vorgestellten für den Einstieg am ehesten empfiehlt.
Eine umfangreiche Liste mit Aufnahmen findet sich noch auf einer japanischen Website über Schostakowitsch unter "Works".
Was bedeutet das? Also zunächst: Eine erstaunliche Menge an musikalischen Einfällen. Dann: Immer mal wieder brutale Steigerungen, quasi Eruptionen. Schließlich gibt es noch Passagen, die an den „Tanz auf dem Vulkan“ denken lassen.
Wer sich ein wenig für die Musik des 20. Jahrhunderts interessiert, sollte hier unbedingt einmal hereinhören. Keine Angst, das ist nicht schwer zu hören, allerdings sollte man etwas Zeit übrig haben (je nach Interpret 60 - 70 Minuten). Was außerdem nicht schaden kann: Gute Lautsprecher und tolerante Nachbarn (um die oben erwähnten Eruptionen voll auskosten zu können).
Ich versuche, es kurz zu machen, indem ich auf die Wikipedia verweise.
Werkbeschreibung
Die Symphonie besteht aus drei Sätzen, die ich im Folgenden etwas näher beschreiben möchte. Ich versuche, mich dabei auf das Wesentliche zu beschränken:
- Kopfsatz
Dieser Satz ist formal ein klassischer Sonatenhauptsatz, allerdings in ungewöhnlich großen Dimensionen: Allein die Exposition hat ca. 476 Takte. Was in diesem Satz vor allem auffällt, sind die extremen Kontraste und dynamischen Steigerungen (also die Eruptionen). Außerdem bemerkenswert ist hier noch das Presto-Fugato in der Durchführung: Je nach Interpret ein verblüffender klanglicher Effekt.
Redepenning schreibt zu diesem Satz: „Formal zeichnet er sich durch äußerste Strenge aus, indem eine Dialektik verwirklicht wird zwischen einerseits klarer Formgebung, Stringenz und Konzentration auf ein Motto – das Unisono-Signal zu Beginn – und andererseits einer Vielfalt, ja Heterogenität musikalischer Ideen, die in Richtung Formzerfall tendiert. Eben in dieser Spannung liegt die kompositorische Herausforderung, und Schostakowitsch spitzt sie noch zu, indem er die wuchtigsten Tuttipassagen mit extrem ausgesparten Abschnitten kombiniert, die kammermusikalisch zu nennen eine Übertreibung wäre.“ - Scherzo
Bemerkenswert ist hier der Schluss (die „Coda“), die den Eindruck erweckt, als würde ein Uhrwerk ablaufen: Ein Effekt, der durch Überlagerung ostinater Figuren verschiedener Perkussionsinstrumente erzeugt wird. Charakteristisch für diesen Satz insgesamt ist Polyphonie inklusive einer „strengen Fuge“ im Mittelteil. Ostinate Motivwiederholungen lassen dabei immer wieder den Eindruck von „Maschinenmusik“ entstehen. - Finale
Dieser Satz besteht aus einem zwei langsamen Teilen, die einen schnellen Teil umrahmen. Er beginnt mit einem Trauermarsch, worauf ein schnellerer Abschnitt folgt, der eine „Ansammlung humoristischer Episoden – groteske Galoppe, Märsche, Walzer und Polkas“ [K. Meyer] enthält. Mit der folgenden C-Dur-Coda könnte die Symphonie enden, und zwar im Fortissimo, aber Schostakowitsch hat hieran noch eine c-moll-Coda angehängt. Diese Coda ist sehr langsam und leise, dabei aber extrem spannend. Sie schließt mit einer Figur in der Celesta; der Clou dabei ist, dass sie nicht auf dem Grundton c endet sondern auf d. Das klingt wie eine Frage.
Historischer Hintergrund
Hierzu lässt sich eine Menge sagen, was zum Verständnis dieser Musik auch durchaus beitragen kann. Es findet sich aber genug darüber im Internet (z. B. Suche mit „Schostakowitsch 4. Sinfonie“), darum fasse ich mich hier kurz: Schostakowitsch hat die vierte Symphonie von September 1935 bis Mai 1936 komponiert. In dieser Zeit stand der „große Terror“ in der Sowjetunion unmittelbar bevor. Schostakowitsch selbst war 1936 in das Visier von Parteifunktionären geraten, denen seine Musik offenbar zu progressiv oder westlich war, und als „Volksfeind“ bezeichnet worden. Schostakowitsch hat in dieser Situation seine vierte Symphonie vor der geplanten Uraufführung zurückgezogen.
Aufnahmen
Dirigent bei der Uraufführung 1961 war Kirill Kondraschin, dessen Aufnahmen als Referenz gelten dürfen. Ich muss gestehen, ich kenne bisher keine davon.
Unter Berücksichtigung der Klangqualität – ich finde, die ist hier nicht ganz außer Acht zu lassen – habe ich mich bisher für aktuellere Aufnahmen entschieden, und zwar für folgende:
Wladimir Ashkenazy / Royal PO [1989]
Simon Rattle / City of Birmingham SO [1995]
Semyon Bychkov / WDR SO Köln [2006]
Alle drei sind in musikalischer Hinsicht meiner Meinung nach tadellos, wobei die Ashkenazy-Aufnahme von der Klangqualität her gegenüber den beiden neueren, die ich deshalb bevorzuge, etwas abfällt.
Ashkenazy lässt die Symphonie recht zügig spielen, im Vergleich dazu ist Bychkov sehr langsam, während Rattle beim Tempo einen Mittelweg gewählt hat. Die langsamen Tempi nutzt Bychkov zum deutlichen Ausspielen auch kleiner Details, die von der Tontechnik noch hervorgehoben werden (manchmal vielleicht etwas zu sehr: das Violinsolo am Ende des ersten Satzes etwa kommt mir zu laut vor). Ich habe dadurch bei Bychkov Einiges gehört, was mir in den anderen Aufnahmen bisher nicht aufgefallen war. Erstaunlich ist, dass die breiten Tempi bei Bychkov nicht zu einem Verlust an Spannung führen.
Am ausgewogensten, was Klangbalance und Dynamik angeht, ist hier wieder die Rattle-Aufnahme, die sich hierdurch unter den drei vorgestellten für den Einstieg am ehesten empfiehlt.
Eine umfangreiche Liste mit Aufnahmen findet sich noch auf einer japanischen Website über Schostakowitsch unter "Works".