Roxy Music - Country Life

 
badger
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Roxy Music - Country Life

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Gepostet: 09.05.2024 - 13:58 Uhr  ·  #1
Roxy Music - Country Life (Island, 1974)

Roxy waren auf dem Zenit ihrer Karriere; schon die vierte durchgängig hervorragende und in den Charts
erfolgreiche LP in Folge. Wie üblich war Brian Ferry nicht nur Frontperson, sondern auch die treibende Kraft;
7 Stücke schrieb er alleine, bei 3 weiteren halfen Mackay und Manzanera mit und nimmt man noch die
ausgezeichnete Rhytmusarbeit von Paul Thompson hinzu, hat man alle wirklichen Eckpfeiler genannt.

Sie schufen eine Musik, für eine Generation, die so ganz langsam aus den Flickenjeans herausgewachsen war,
ohne dabei aber in ihrer bürgerlichen Anpassung voll über Bord gehen zu wollen.
Ein klein bißchen Dekadenz war erlaubt; Stiefel mit hohen Absätzen und das Jäckchen vom Konfirmations-
anzug statt abgewetzter Parkas; das war aber nur zu logisch, denn die Jungs wollten keine Hippieschlampen
mehr, sondern genau jene Mädel, die auch Brian Ferry in seine Nähe ließ.

Überhaupt imponierte uns der Bursche, der sich aus einer einfachen Arbeiterfamilie in Co. Durham im
englischen Nordwesten hervorgearbeitet hatte. Wir liebten diese voll-vibrierende Stimme, zudem sah
Brian auch besser aus als Mick Jagger, war also viel mehr Inspiration für die Jungs. Da war Schluß mit
Schlabber-T-Shirts; die hätten nicht zur Musik gepaßt.

Und dann, wie gesagt,
Brian schrieb nicht nur Texte, sondern auch die Musik. Der hatte alles drauf.



Diesmal wurde es noch einen kleinen Zacken schicker und raffinierter im Stil; schon mit 'The Thrill Of
It All' baut sich ein quasi-majestätisches Soundgebilde auf, ein raumfüllender Klang, hauptsächlich
getragen von hartem Rhythmus und Brian's Keyboards. Da war die Tanzfläche schon gefüllt.

Und blieb es für viele andere Songs, z.B. 'All I Want Is You', dem großen Volltreffer und Chart-Topper;
dem sehr geradlinigen, Oboen-dominierten 'Out Of The Blue' oder dem abschließenden 'Prairie Rose',
das Manzanera Gitarrenarbeit noch einmal vorteilhaft heraussstellte.

Man kann sogar im 3/4-Takt durchrocken: 'If It Takes All Night'.
Zwischendurch immer wieder Gelegenheit auch für Andy Mackay, sein Saxophon oder die Oboe
vorzuführen, allerdings nicht ganz so radikal angriffslustig, wie auf früheren Werken.

Eddie Jobson's klassische Geige ist nicht unbedingt mein Lieblingsinstrument (ganz im Gegenteil zur
Fiddle!), aber wenn er auch manchmal etwas kreischend 'aufstreicht', hier erweitert es die
Qualität der Stücke.

Ein Werk aus einem Guß und somit ohne Füller. Jedes Stück gefällt, weil es seine Qualität hat.

01 The Thrill Of It All (Ferry) 6:23
02 Three And Nine (Mackay/Ferry) 4:01
03 All I Want Is You (Ferry) 2:50
04 Ot Of The Blue (Ferry/Manzanera) 4:40
05 If It Takes All Night (Ferry) 3:09
06 Bitter-Sweet (Mackay/Ferry) 4:57
07 Triptych (Ferry) 3:09
08 Casanova (Ferry) 3:23
09 A Really Good Time (Ferry) 3:44
10 Prairie Rose (Ferry/Manzanera) 5:13

Bass – John Gustafson
Drums – Paul Thompson
Guitar – Phil Manzanera
Lyrics By – Bryan Ferry
Oboe, Saxophone – Andrew Mackay
Strings, Synthesizer, Keyboards – Edwin Jobson
Vocals, Keyboards – Bryan Ferry

Natürlich und wie die Geschichte immer so abläuft: 1975 gabs mit 'Siren' zwar noch einen
weiteren Knaller, dem aber bald darauf die Auflösung folgte.
Feierabend....

Später kamen sie zwar nochmal zusammen, aber die kreative Ader war ausgetrocknet.
Nichts, was an die atemberaubend vertrackten Ideen der ersten 5 Alben heranreichte;
dafür glattpolierter Discopop und gar Synthiegedudel für Massenkonsum.

Damit wollten Fans der ersten Stunde nichts mehr zu tun haben.

Statt der ziemlich matschigen offiziellen LIVE-Scheibe empfehle ich Soundboards oder
BBC- und Radio-Shows, die Roxy viel, viel besser repräsentieren!

Auf der Bühne blieben sie allerdings bis weit in dieses Jahrtausend noch eine feste Bank.
Nur mein Konfirmationsjäckchen konnte ich zu ihren Konzerten nicht mehr anziehen.
Was mag der Grund dafür sein? o.o
firebyrd
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Re: Roxy Music - Country Life

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Gepostet: 09.05.2024 - 14:05 Uhr  ·  #2
manchmal ist es so, wie es ist....

Sowohl die erste als auch die zweite Platte der Band, das war "For Your Pleasure", fanden mein Wohlwollen, obwohl mein Herz seinerzeit am Jazz Rock und am Jazz hing....

Doch nachdem Brian Eno die Band verließ, verließ auch ich die Band, ich kann es nicht erklären, ob es am Fortgang Eno's lag, aber ich mochte die Musik so gar nicht mehr, der eine oder andere Song fand vielleicht noch gelegentlich mein Wohlwollen...
frimp
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Re: Roxy Music - Country Life

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Gepostet: 09.05.2024 - 16:38 Uhr  ·  #3
Dito. Nach Enos Weggang wurden sie mir zu glatt. Inzwischen kann ich aber auch dieses Album gut hören, vermutlich weil der New Wave gezeigt hat, dass die Vorbilder besser waren.
holger_fischer
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Re: Roxy Music - Country Life

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Gepostet: 10.05.2024 - 10:05 Uhr  ·  #4
In der Vorstellung wird für mich alles zum Thema Roxy Music geschrieben. Bis zur Country Life haben es die ersten 4 Alben auch in mein Regal geschafft. Die Siren kenne ich nicht, dafür aber Manifesto und Felsh + Blood. Die beiden müssen wirklich nicht sein. Nach Manifesto war mein Interesse an der Band erloschen.
Tom Cody
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Re: Roxy Music - Country Life

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Gepostet: 11.05.2024 - 12:52 Uhr  ·  #5
Für mich typische Vertreter des Glamrock, allerdings aus der ersten Reihe, wie aus meiner Sicht auch David Bowie, Cockney Rebel und Mott The Hoople.
Die Töne klangen so ganz anders und leuteten musikalisch ein neues Zeitalter ein. Brian Eno war schon ein "Paradiesvogel", der allein durch sein Aussehen die Aufmerksamkeit auf sich zog, zudem natürlich ein toller Musiker.

Dennoch stand die Gruppe nie ganz oben bei mir auf dem Zettel. Das von dir vorgestellte Album wurde ja ohne ihn eingespielt. Es hat bei mir keine bleibende Erinnerung hinterlassen.

"Do The Strand", "Love Is The Drug", "Street Life" und "Virginia Plain" sind so die Lieder, die ich immer wieder gerne höre.

John Gustafson, ist das der, der auch bei Quatermass dabei war ?

Deinen Zeilen bin ich, wie immer, sehr gerne gefolgt. Eine klasse Vorstellung.

Vielen Dank, Jürgen ! :-D
badger
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Re: Roxy Music - Country Life

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Gepostet: 12.05.2024 - 11:04 Uhr  ·  #6
Ihr wißt es bereits: für mich hat Musik (fast) immer einen persönlichen Bezug. der teils weit über
die eigentlichen Klänge hinausgeht.
Und so hängt auch an Roxy Music noch eine ganze Menge mehr als nur ein für die damalige Zeit
neuer Sound. Es war eben auch eine neue Art der Darstellung, die vor allem Brian Ferry ins Blickfeld
brachte. Er war ja derjenige, der hier ganz ein deutig den Ton angab.

Der von einigen von Euch angeführte Eno dagegen...
nun, dieser selbsterklärte Nichtmusiker ging uns ziemlich auf den Keks mit seinem Gezirpe und Geblubber;
... fort mit Schaden.

Wie das so häufig ist, hatten Roxy in UK und Irland einen ganz anderen und viel höheren Stellenwert,
als z.b. hier in Bonn, aber dennoch war es die perfekte Musik zu der man sich 'auf dem Markt präsentieren'
konnte.
Ich schrieb ja schon: mit Schlabber-T-Shirts und Flickenjeans konntest Du niemand mehr beeindrucken.

Mackay, Manzanera, Thompson und natürlich Ferry... die sahen auch so gut aus, daß man schon mal
das ein oder andere Stilmittel kopierte (in der Hoffnung, damit in der Damenwelt Gefallen zu finden).

Ich hab nie Anzüge getragen (außer aus dienstlichen Gründen), aber plötzlich machte so ein flottes
Sportjacket doch eine Menge her und die alten Fransenstiefel (a la Ian Anderson) sahen auch nicht mehr
wirklich attraktiv aus....

Auf der Tanzfläche bewegte man sich jetzt mit sehr viel mehr Stil und Überzeugung und überhaupt,
was Roxy ablieferten füllte diese Tanzfläche immer in kürzester Zeit.
Komisch: denn diese Band, die viele Hits hatte, war ja nie eine Hitparaden-Pop-Truppe, sondern lieferte
jede Menge vertrackte und auch experimentelle Töne. Nichts davon war simpel und dennoch:
es paßte irgendwie wunderbar zusammen.

Nun, Roxy haben meinen vorherigen Lieblingsbands keinen Schaden zugefügt;
sie waren keine Palastrevolution; die Dead oder Airplane, Doors, Byrds oder Man und wie sie alle hießen,
an deren Wertigkeit änderte sich nichts.
Rory Gallagher's karrierte Hemden kamen nie aus der Mode.

Leider war Country Life die zweitletzte Roxy-Scheibe von Qualität. Brian Ferry's Solowerke kamen
hier nie an und was Mackay oder Manzanera ablieferten hab ich größtenteils nie gehört.
hmc
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Re: Roxy Music - Country Life

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Gepostet: 12.05.2024 - 15:56 Uhr  ·  #7
Auch ich mag die Band sehr.
Unverschämt gut aussehender Frontman weckte bei vielen Damen Begehrlichkeiten.
Manifesto läuft noch recht oft.

Das Stück Taxi, nicht von der Manifesto, zählt auch heute noch zu den Hi-Fi leckerlies.
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