In den letzten Tagen habe ich ab und an ein paar Abschnitte meines Berufslebens revue passieren lassen. An eine kleine Anekdote erinnere ich mich besonders gut und gerne. So kam einmal monatlich ein Siemens-Nixdorf-Techniker in unser Rechenzentrum, um Wartungsarbeiten an deren Rechnern durchzuführen. War das erledigt, saßen wir regelmäßig bei einem Käffchen zusammen und plauderten über unser gemeinsames Hobby - die Musik. Bei einer dieser Plaudereien waren zwei Themen relevant: nachdem das Rätsel gelöst war, von wem ein gewisser Song stammte (...es war "Get Ready" von den RARE EARTH), war das Hauptthema dieser Plauderei ein Album der EARTH BAND, nämlich "Angel Station". Wir teilten beide diese Begeisterung für das Album und hatten fast jeden Song auseinandergepflückt.
Diese schönen Erinnerungen, die mich in den letzten Tagen heimsuchten, führten dazu, dass besagtes Album wieder des Öfteren im Player landete und mal wieder wiederentdeckt wurde. Also, auf geht's und zurück in das Jahr 1979
MANFRED MANN'S EARTH BAND - Angel Station | GB 1979
Seit "Messin" standen bereits alle EARTH BAND-LP's im Regal. So war es keine Frage, dass dieses 79'er Werk ein Pflichtkauf war. Vom ersten Song an, Don't Kill It Carol, hat mich dieser Longplayer begeistert. Aber, nicht nur mich. Sehr gut sind mir die regelmäßigen Spieleabende mit unseren damaligen Nachbarn im Gedächtnis geblieben.
Süchtig nach dem Spiel "Risiko" wurde nach Feierabend das Essen heruntergeschlungen und sich um den Spieltisch versammelt. An jedem Abend lief in Dauerschleife "Angel Station".
Seinerzeit landete noch jedes Album der EARTH BAND in den großen Konzerthallen. Erstmals erlebte ich die Angels-Tour in der Düsseldorfer Philipshalle. Völlig angefixt, folgte ein weiterer Besuch gemeinsam mit den Nachbarn in der altehrwürdigen Kölner Sporthalle. Was waren das für geile Konzerte! Allein die Hallenbeschallung, bevor Manfred Mann mit seinen Mannen die Bühne betrat war rattenscharf. Im Gedächtnis sind mir bis heute Master Blaster von Stevie Wonder sowie eine Hammerversion Bolero von Maurice Ravel, dargeboten von Tomita. Diese mächtigen Lautsprecherwände machten einen dermaßen gewaltigen Druck, dass die Sessel unter dem Hintern vibrierten.
Nie werde ich dieses abgrundtiefe Grollen des Eröffnungssongs, nachdem die EARTH BAND die Bühne betrat, vergessen. Hollywood Town startete mit einer extrem in die Länge gezogenen Synthie-Sequenz, so abgrundtief, dass die Druckwelle die damals noch vorhandenen Haare auf dem Kopf fast wie im Gegenwind flattern ließ. Chris Thompson's glockenreiner Gesang folgte, ein Hammersong mit ausgedehnten Keyboardpassagen, wie man sie von der EARTH BAND kannte. Aber - zurück zum Album.
Dieses startet mit dem Kracher Don't Kill It Carol. Steve Waller singt die ersten Zeilen mit Stimmverzerrer, bevor er Thompson das Mikro überlässt. Waller, leider im Februar 2000 mit 49 Jahren viel zu früh verstorben, war an der Leadgitarre sowie als Sänger eine hervorragende Bereicherung der EARTH BAND. Seine schreienden Gitarrenläufe, seine tiefe Stimme, Geoff Britton's donnerndes Schlagzeug und natürlich Mann's Keyboardpassagen, die von Klavier über Violine bis hin zu ganzen Chordarbietungen alles simulieren, machen diesen Knaller zu einem würdigen Opener. Wie so oft, hat sich Mann hier einen vorhandenen Song geschnappt (---> hier das Original von Mike Heron) und ihn nach Earth Band-Manier variiert.
Eingebettetes Medium: https://www.youtube.com/watch?v=pzT3Mzsmmnk
Ein regelmäßiger Songlieferant für die EARTH BAND ist Bob Dylan. Sein You Angel You (---> hier das Original) hat Mann zu einer unkomplizierten, geradlinigen Rocknummer verwandelt. Oft sind bei Mann's Interpretationen die Originale fast nicht mehr erkennbar. Bei dieser Version jedoch ist das anders - die Ursprungsmelodie wurde unverkennbar beibehalten. Was die EARTH BAND daraus gemacht hat, ---> hier kann belauscht werden.
Ein weiteres Cover folgt mit dem bereits oben erwähnten Hollywood Town. Das Original (---> hier zu hören) stammt von der Songwriterin Harriet Schock, eine schöne, melodiöse Ballade, die Mann gekonnt zu einer donnernden Version umkomponierte. Leider ist die in die Länge gezogene Liveversion nicht verfügbar, aber auch die ---> Studioversion lässt das oben beschriebene Livefeeling wahrscheinlich gut nachvollziehen.
Die erste eigene Mann-Nummer folgt mit ---> Bell Of The Earth, einem leicht traurig-melancholischem Stück. Ein schöner Song, der zum Mitsummen einlädt und noch einige Zeit im Kopf hängen bleibt. Liegt "Angel Station" als LP vor, endet Seite A nach diesem Song mit Platform End, einem kurzem, nicht ganz zweiminütigem Instrumental
Eingebettetes Medium: https://www.youtube.com/watch?v=zg5bZZgQ9zs
Irgendwie scheint unter der Oberfläche von ---> Angels At My Gate permanent etwas zu brodeln. Leicht sphärisch beginnt das Stück, wabernd-grollendes Synthie mischt sich ein und Waller / Thompson wechseln sich am Mikro ab. Dies scheint ein Song über den Spaß und die Risiken zu sein, die mit Glücksspiel und dem Eingehen von Risiken im Leben verbunden sind. Der Text verwendet Bilder eines Jahrmarkts, eines Glücksrads und Zahlen, um ein Spiel mit hohem Einsatz darzustellen:
"There's a finger on the dial, / The lucky wheel goes round, / Little joker knows he can't escape. / The same time every year, / The fun fair's back in town, / Numbers in the air like ticker tape. - 58, 56, 54, / Good angels at my door. / 63, 62, 61, 60, 59, 58, / Good angels at my gate."
Leider ist im Web nur eine relativ schlechte Liveaufnahme zu finden. Auf dieser aus 1989, "Live in Budapest", ist neben Chris Thompson noch einmal der phantastische Steve Waller zu sehen:
Eingebettetes Medium: https://www.youtube.com/watch?v=2-t0rU9Jvj0
Melodiös ähnlich wie Hollywood Town klingt der folgende Titel ---> You Are I Am. Dieser von Manfred Mann geschriebene Song (Text und Musik) startet mit angeschlagenen Keyboardtönen, bevor diese sehr sphärisch über dem Lied schweben und Waller/Thompson sich den Gesang teilen. Ich kann nicht erkennen, ob der Gesang am Anfang durch eine Frauenstimme / einen Frauenchor oder aber wieder durch Mann's Keyboardkünste beigesteuert wird. Insgesamt ein sehr schöner, wieder leicht melancholischer Titel, der zur Mitte hin eine leichte Spannung durch den zerhackten Gesang aufbaut. Für mich gehört You Are I Am mit zu den schönsten Songs dieses Albums, wie auch der folgende Titel
---> Waiting For The Rain. Ein wunderbar getragener, wiederum melancholischer Song. Irgendwie scheint das komplette Album mit einem Hauch von Schwermut belegt, scheinen die getragenen Melodien der deutschen Mentalität sehr nahe zu kommen. Verwundert es daher, dass die EARTH BAND in den Jahren um '78, '79 herum in Good Old Germany am angesagtesten war? Während dieses Album beispielsweise in den USA in den Charts auf #144 und in GB auf #30 ausgebremst wurde, erreichte es hierzulande Platz #3. Zurück zum Song: Hört euch ---> das Original von Billy Falcon an und vergleicht es mit der EARTH BAND Version. Wieder einmal stellt Manfred Mann hier unter Beweis, wie er aus einer mehr oder weniger seichten Ballade das Potential heraushört, sie nach seinen Vorstellungen umzustricken und einen solch erhabenen Song daraus zu machen.
Den Abschluss des Albums bildet ---> Resurrection, ebenfalls von Mann himself verfasst. Resurrection (Auferstehung) ist ein sehr sarkastischer Angriff auf die Kommerzialisierung der Religion:
"We'll sell them Jesus hats, Jesus socks, Jesus coats, / We′ll sue the Pope, / Jesus shoes, / Jesus dirty books too, / I wonder what will Billy Graham do."
(„Wir werden ihnen Jesus-Hüte, Jesus-Socken, Jesus-Mäntel verkaufen, wir werden den Papst verklagen. Jesus Schuhe, Jesus schmutzige Bücher auch, ich frage mich, was Billy Graham (ein prominenter amerikanischer Evangelist) tun wird.“)
Auf diesem letzten Song des Albums spendierte Manfred Mann seine Stimme für den Gesangspart. OK, es gibt bessere Sänger, aber irgendwie passt's. Mir hat der Schluss dieses Longplayers gefallen, und bereis nach 2:45 ist der Spaß zuende.
Dies sollte (offiziell) das letzte Album mit Chris Thompson sein. Manfred Mann hat seinem langjährigen Sänger und Freund auf der Rückseite der LP eine handgeschriebene Hommage hinterlassen - Respekt für diese Geste. Tatsächlich ist Thompson noch auf einigen Folgealben zu hören.
Mann, ein phantastischer Keyboarder und Songarrangeur, hat sein Instrument selten seiner selbst willen eingesetzt oder in den Vordergrund gestellt. Vielmehr diente es meist als Verstärkung des Gesangs. Kommerziell war es der dritte große Erfolg der Earth Band in Folge. Trotz gekonnt eingesetzter Verfremdungen und Veränderungen des Sounds vorangegangener Alben ist die EARTH BAND unverkennbar die EARTH BAND geblieben. Man näherte sich einfach behutsam dem Sound der 80er an, und der Erfolg gab der Band Recht. Eine Punktlandung, wie die Charts bestätigten.
Tja, die Charts. Wer hier einmal recht weit oben landet, ist bei der musikalischen "Fachwelt" schnell verpönt. So gab es nicht nur positive Resonanz. Manchmal hatte ich das Gefühl, die negativen Kritiken übernahmen die Oberhand. Habe ich genauer hingeschaut, lag es meist an den Vergleichen mit der "alten" EARTH BAND": "klingt ganz anders", "kaum noch Prog erkennbar", "Hinwendung zum Pop und Mainstream" bla bla bla. Ja, was war das für eine Unverschämtheit, die Ausrichtung der Musik anzupassen und dem Zeitgeist ein wenig gerecht zu werden?
Liebe Kritiker, kann ich da nur sagen, ...Mr. Mann hat die Richtung nicht nur einmal gewechselt. Chapter I, II und III sowie letztendlich die EARTH BAND zeugen davon. So wäre eine faire Kritik die Kritik, die das Album dort einordnet, wo es hingehört: in die Schublade "Rockmusik". Unter diesem Gesichtspunkt wurde hier ein absolut hervorragendes Album vorgelegt.
Bleibt noch kurz ein Blick auf das Artwork. Das von Martin Poole, John Shaw und Pat King entworfene Cover war wohl dermaßen provokant, dass es in den USA retuschiert wurde. Hinter einer Ecke eines schwach beleuchteten Raumes blickt ein Conférencier scheinbar verwundert einem Mann hinterher, der im Begriff ist, die Treppen zu einem kopfüber an der Decke hängenden Wesen zu besteigen.
Zunächst wirkt dieses Wesen eher harmlos. Dreht man das Cover auf den Kopf, ist ein weiblicher dunkler Engel in einem offenen schwarzen Umhang zu sehen, der seine Brüste entblößt. Für mich eine der Plattenhüllen, die mich auch ohne vorherige Kenntnis der EARTH BAND zu dem Album hätte greifen lassen.
[Die Band
* Chris Hamlet Thompson / vocals
* Steve Waller / guitar, vocals
* Manfred Mann / keyboards, vocals, arrangements
* Pat King / bass
* Geoff Britton / drums, alto sax
...und außerdem:
* Anthony Moore / guitar, synthesizer, sequencer, producer
* Jimmy O'Neill / rhythm guitar, arrangements
* Jo Ann Kelly / guitar & vocals (7)
* Graham Preskett / violin (8)
* John Potter / choral arrangements (9)
* Dyan Birch / backing vocals
Die Songs
01 Don't Kill It Carol 6:15
02 You Angel You 4:00
03 Hollywood Town 5:10
04 "Belle" of the Earth 2:45
05 Platform End 1:35
06 Angels at My Gate 4:50
07 You Are - I Am 5:10
08 Waiting for the Rain 6:15
09 Resurrection 2:45
Diese schönen Erinnerungen, die mich in den letzten Tagen heimsuchten, führten dazu, dass besagtes Album wieder des Öfteren im Player landete und mal wieder wiederentdeckt wurde. Also, auf geht's und zurück in das Jahr 1979
MANFRED MANN'S EARTH BAND - Angel Station | GB 1979
Seit "Messin" standen bereits alle EARTH BAND-LP's im Regal. So war es keine Frage, dass dieses 79'er Werk ein Pflichtkauf war. Vom ersten Song an, Don't Kill It Carol, hat mich dieser Longplayer begeistert. Aber, nicht nur mich. Sehr gut sind mir die regelmäßigen Spieleabende mit unseren damaligen Nachbarn im Gedächtnis geblieben.

Seinerzeit landete noch jedes Album der EARTH BAND in den großen Konzerthallen. Erstmals erlebte ich die Angels-Tour in der Düsseldorfer Philipshalle. Völlig angefixt, folgte ein weiterer Besuch gemeinsam mit den Nachbarn in der altehrwürdigen Kölner Sporthalle. Was waren das für geile Konzerte! Allein die Hallenbeschallung, bevor Manfred Mann mit seinen Mannen die Bühne betrat war rattenscharf. Im Gedächtnis sind mir bis heute Master Blaster von Stevie Wonder sowie eine Hammerversion Bolero von Maurice Ravel, dargeboten von Tomita. Diese mächtigen Lautsprecherwände machten einen dermaßen gewaltigen Druck, dass die Sessel unter dem Hintern vibrierten.
Nie werde ich dieses abgrundtiefe Grollen des Eröffnungssongs, nachdem die EARTH BAND die Bühne betrat, vergessen. Hollywood Town startete mit einer extrem in die Länge gezogenen Synthie-Sequenz, so abgrundtief, dass die Druckwelle die damals noch vorhandenen Haare auf dem Kopf fast wie im Gegenwind flattern ließ. Chris Thompson's glockenreiner Gesang folgte, ein Hammersong mit ausgedehnten Keyboardpassagen, wie man sie von der EARTH BAND kannte. Aber - zurück zum Album.
Dieses startet mit dem Kracher Don't Kill It Carol. Steve Waller singt die ersten Zeilen mit Stimmverzerrer, bevor er Thompson das Mikro überlässt. Waller, leider im Februar 2000 mit 49 Jahren viel zu früh verstorben, war an der Leadgitarre sowie als Sänger eine hervorragende Bereicherung der EARTH BAND. Seine schreienden Gitarrenläufe, seine tiefe Stimme, Geoff Britton's donnerndes Schlagzeug und natürlich Mann's Keyboardpassagen, die von Klavier über Violine bis hin zu ganzen Chordarbietungen alles simulieren, machen diesen Knaller zu einem würdigen Opener. Wie so oft, hat sich Mann hier einen vorhandenen Song geschnappt (---> hier das Original von Mike Heron) und ihn nach Earth Band-Manier variiert.
Eingebettetes Medium: https://www.youtube.com/watch?v=pzT3Mzsmmnk
Ein regelmäßiger Songlieferant für die EARTH BAND ist Bob Dylan. Sein You Angel You (---> hier das Original) hat Mann zu einer unkomplizierten, geradlinigen Rocknummer verwandelt. Oft sind bei Mann's Interpretationen die Originale fast nicht mehr erkennbar. Bei dieser Version jedoch ist das anders - die Ursprungsmelodie wurde unverkennbar beibehalten. Was die EARTH BAND daraus gemacht hat, ---> hier kann belauscht werden.
Ein weiteres Cover folgt mit dem bereits oben erwähnten Hollywood Town. Das Original (---> hier zu hören) stammt von der Songwriterin Harriet Schock, eine schöne, melodiöse Ballade, die Mann gekonnt zu einer donnernden Version umkomponierte. Leider ist die in die Länge gezogene Liveversion nicht verfügbar, aber auch die ---> Studioversion lässt das oben beschriebene Livefeeling wahrscheinlich gut nachvollziehen.
Die erste eigene Mann-Nummer folgt mit ---> Bell Of The Earth, einem leicht traurig-melancholischem Stück. Ein schöner Song, der zum Mitsummen einlädt und noch einige Zeit im Kopf hängen bleibt. Liegt "Angel Station" als LP vor, endet Seite A nach diesem Song mit Platform End, einem kurzem, nicht ganz zweiminütigem Instrumental
Eingebettetes Medium: https://www.youtube.com/watch?v=zg5bZZgQ9zs
Irgendwie scheint unter der Oberfläche von ---> Angels At My Gate permanent etwas zu brodeln. Leicht sphärisch beginnt das Stück, wabernd-grollendes Synthie mischt sich ein und Waller / Thompson wechseln sich am Mikro ab. Dies scheint ein Song über den Spaß und die Risiken zu sein, die mit Glücksspiel und dem Eingehen von Risiken im Leben verbunden sind. Der Text verwendet Bilder eines Jahrmarkts, eines Glücksrads und Zahlen, um ein Spiel mit hohem Einsatz darzustellen:
"There's a finger on the dial, / The lucky wheel goes round, / Little joker knows he can't escape. / The same time every year, / The fun fair's back in town, / Numbers in the air like ticker tape. - 58, 56, 54, / Good angels at my door. / 63, 62, 61, 60, 59, 58, / Good angels at my gate."
Leider ist im Web nur eine relativ schlechte Liveaufnahme zu finden. Auf dieser aus 1989, "Live in Budapest", ist neben Chris Thompson noch einmal der phantastische Steve Waller zu sehen:
Eingebettetes Medium: https://www.youtube.com/watch?v=2-t0rU9Jvj0
Melodiös ähnlich wie Hollywood Town klingt der folgende Titel ---> You Are I Am. Dieser von Manfred Mann geschriebene Song (Text und Musik) startet mit angeschlagenen Keyboardtönen, bevor diese sehr sphärisch über dem Lied schweben und Waller/Thompson sich den Gesang teilen. Ich kann nicht erkennen, ob der Gesang am Anfang durch eine Frauenstimme / einen Frauenchor oder aber wieder durch Mann's Keyboardkünste beigesteuert wird. Insgesamt ein sehr schöner, wieder leicht melancholischer Titel, der zur Mitte hin eine leichte Spannung durch den zerhackten Gesang aufbaut. Für mich gehört You Are I Am mit zu den schönsten Songs dieses Albums, wie auch der folgende Titel
---> Waiting For The Rain. Ein wunderbar getragener, wiederum melancholischer Song. Irgendwie scheint das komplette Album mit einem Hauch von Schwermut belegt, scheinen die getragenen Melodien der deutschen Mentalität sehr nahe zu kommen. Verwundert es daher, dass die EARTH BAND in den Jahren um '78, '79 herum in Good Old Germany am angesagtesten war? Während dieses Album beispielsweise in den USA in den Charts auf #144 und in GB auf #30 ausgebremst wurde, erreichte es hierzulande Platz #3. Zurück zum Song: Hört euch ---> das Original von Billy Falcon an und vergleicht es mit der EARTH BAND Version. Wieder einmal stellt Manfred Mann hier unter Beweis, wie er aus einer mehr oder weniger seichten Ballade das Potential heraushört, sie nach seinen Vorstellungen umzustricken und einen solch erhabenen Song daraus zu machen.
Den Abschluss des Albums bildet ---> Resurrection, ebenfalls von Mann himself verfasst. Resurrection (Auferstehung) ist ein sehr sarkastischer Angriff auf die Kommerzialisierung der Religion:
"We'll sell them Jesus hats, Jesus socks, Jesus coats, / We′ll sue the Pope, / Jesus shoes, / Jesus dirty books too, / I wonder what will Billy Graham do."
(„Wir werden ihnen Jesus-Hüte, Jesus-Socken, Jesus-Mäntel verkaufen, wir werden den Papst verklagen. Jesus Schuhe, Jesus schmutzige Bücher auch, ich frage mich, was Billy Graham (ein prominenter amerikanischer Evangelist) tun wird.“)
Auf diesem letzten Song des Albums spendierte Manfred Mann seine Stimme für den Gesangspart. OK, es gibt bessere Sänger, aber irgendwie passt's. Mir hat der Schluss dieses Longplayers gefallen, und bereis nach 2:45 ist der Spaß zuende.
Dies sollte (offiziell) das letzte Album mit Chris Thompson sein. Manfred Mann hat seinem langjährigen Sänger und Freund auf der Rückseite der LP eine handgeschriebene Hommage hinterlassen - Respekt für diese Geste. Tatsächlich ist Thompson noch auf einigen Folgealben zu hören.
Mann, ein phantastischer Keyboarder und Songarrangeur, hat sein Instrument selten seiner selbst willen eingesetzt oder in den Vordergrund gestellt. Vielmehr diente es meist als Verstärkung des Gesangs. Kommerziell war es der dritte große Erfolg der Earth Band in Folge. Trotz gekonnt eingesetzter Verfremdungen und Veränderungen des Sounds vorangegangener Alben ist die EARTH BAND unverkennbar die EARTH BAND geblieben. Man näherte sich einfach behutsam dem Sound der 80er an, und der Erfolg gab der Band Recht. Eine Punktlandung, wie die Charts bestätigten.
Tja, die Charts. Wer hier einmal recht weit oben landet, ist bei der musikalischen "Fachwelt" schnell verpönt. So gab es nicht nur positive Resonanz. Manchmal hatte ich das Gefühl, die negativen Kritiken übernahmen die Oberhand. Habe ich genauer hingeschaut, lag es meist an den Vergleichen mit der "alten" EARTH BAND": "klingt ganz anders", "kaum noch Prog erkennbar", "Hinwendung zum Pop und Mainstream" bla bla bla. Ja, was war das für eine Unverschämtheit, die Ausrichtung der Musik anzupassen und dem Zeitgeist ein wenig gerecht zu werden?
Liebe Kritiker, kann ich da nur sagen, ...Mr. Mann hat die Richtung nicht nur einmal gewechselt. Chapter I, II und III sowie letztendlich die EARTH BAND zeugen davon. So wäre eine faire Kritik die Kritik, die das Album dort einordnet, wo es hingehört: in die Schublade "Rockmusik". Unter diesem Gesichtspunkt wurde hier ein absolut hervorragendes Album vorgelegt.

Zunächst wirkt dieses Wesen eher harmlos. Dreht man das Cover auf den Kopf, ist ein weiblicher dunkler Engel in einem offenen schwarzen Umhang zu sehen, der seine Brüste entblößt. Für mich eine der Plattenhüllen, die mich auch ohne vorherige Kenntnis der EARTH BAND zu dem Album hätte greifen lassen.
[Die Band
* Chris Hamlet Thompson / vocals
* Steve Waller / guitar, vocals
* Manfred Mann / keyboards, vocals, arrangements
* Pat King / bass
* Geoff Britton / drums, alto sax
...und außerdem:
* Anthony Moore / guitar, synthesizer, sequencer, producer
* Jimmy O'Neill / rhythm guitar, arrangements
* Jo Ann Kelly / guitar & vocals (7)
* Graham Preskett / violin (8)
* John Potter / choral arrangements (9)
* Dyan Birch / backing vocals
Die Songs
01 Don't Kill It Carol 6:15
02 You Angel You 4:00
03 Hollywood Town 5:10
04 "Belle" of the Earth 2:45
05 Platform End 1:35
06 Angels at My Gate 4:50
07 You Are - I Am 5:10
08 Waiting for the Rain 6:15
09 Resurrection 2:45