Rush – Alben 1976 – 2002
2112
(1976 - Lee, Lifeson, Peart)
Das Trio Lee, Lifeson und Peart hat eine recht abwechslungsreiche musikalische Geschichte hinter sich. Die Alben rangieren von Heavy Metal bis Progrock und auf dem Höhepunkt ihrer Progrock-Phase schufen die drei Kanadier einige wirkliche Highlights.
Die Aufgabenteilung ist dabei recht klar umrissen, während Bassist und Sänger Geddy Lee mit Alex Lifeson sich um die Musik kümmert, schreibt Drummer Neil Peart die in den 70ern sehr oft Science-Fiction und naturwissenschaftlich orientierten Texte dazu. Das musikalische Können von Rush steht außer Zweifel und sie bilden u.a. auch eine Inspirationsquelle von "Dream Theater", weshalb diese hier und da auch nach Rush klingen.
Besonderes Merkmal der Musik von Rush ist vor allem auch noch Geddy Lees markante Stimme, die ein wenig an Jon Anderson erinnert, allenfalls ein wenig tiefer und aggressiver.
"2112" war das erste progressiv ausgerichtete Album von Rush und zeigte im Vergleich zu den Vorgängeralben einen deutlich geänderten Sound.
Hauptwerk dieses Albums ist das knapp 21-minütige "2112". Eine SF-Saga, über das scheinbar glückliche Leben in einer überkuppelten Megastadt, in der ein Bewohner unbequeme Dinge herausfindet...
Die Musik ist dabei sehr abwechslungsreich, angefangen bei den sehr spacigen Sounds ganz zu Beginn des Liedes, hin zu einem Wechselspiel von Gitarre und Baß, rhythmisch genial unterlegt von Neal Peart. Es klingt sehr rockig und erinnert ein wenig an frühe Yes, wenn auch geradliniger. Geddy Lee singt dann im ersten Gesangsteil recht aggressiv, in dem er seine Stimme ein wenig quetscht. Das folgende instrumentale Zwischenspiel ist sehr atmosphärisch geraten, ein paar Gitarrenklänge von Lifeson werden vom Geräusch fließenden Wassers umrahmt und als Lees Gesang einsetzt klingt es jetzt sehr entspannt und weich. Dies nur einige Beispiele für die Musik bei 2112. Rockige Klänge und eher stille Musik wechseln sich ab, verbreiten dabei stets eine "spacige" Atmosphäre, getreu dem Thema des Liedes.
"2112" erreicht zwar dabei nicht ganz die Komplexität von "Yes" oder "Genesis" ist aber gut gelungen. Es klingt jederzeit sehr 70er-Jahre typisch (man schaue sich auch nur mal das Gruppenphoto von damals an) und ich mag diesen Sound einfach.
Die anderen Lieder auf dem Album sind allesamt kurz geraten - unterhalb von vier Minuten. Sie bieten gutklingende Rockmusik, die Progressivität jedoch hat nach dem Titellied ein Ende gefunden.
"2112" bietet abschließend betrachtet einen guten Einstieg in die Progrockphase von Rush in den 70ern. Etwas simpler von den Arrangements her als die Musik von anderen Gruppen, aber technisch ebenso versiert und rhythmisch sogar manchmal interessanter.
11/15 Punkte
A Farewell To Kings
(1977 - Lee, Lifeson, Peart)
Das Album entwickelt die bei "2112" gezeigte Linie fort und zeigt einen gereifteren Sound. Höhepunkt des Albums ist das 11-minütige "Xanadu", es beginnt sehr atmosphärisch und entwickelt dann einen sehr dynamisch treibenden Intrumentalpart, der von der Struktur her ein wenig an "Heart of the Sunrise" von "Yes" erinnert. Im Gesangsteil geht es dann etwas ruhiger und melodisch zur Sache. Der Text des Liedes behandelt die Unsterblichkeit, die sehr wohl auch zum Fluch werden kann. "Xanadu" ist für mich eines der besten Lieder von Rush und immer wieder ein Genuß.
"Closer to the Heart" ist eine sehr schöne Ballade und ebenfalls ein Highlight des Albums.
Den Abschluß bildet das großartig spacige "Cygnus X-1", über einen Raumschiffpiloten, der in das dort lauernde Schwarze Loch gezogen wird. Das offene Ende des Liedes bildet den Ausgangspunkt für das nächste Album, wo die Geschichte fortgesetzt wird.
Musikalisch beginnt "Cygnus X-1" zuerst sehr leise und still, im Hintergrund das leise Knistern einer radioastronomischen Aufnahme, es wird mit dunkel verzerrter Stimme erklärt, was im Sternbild des Schwans für eine Gefahr lauert. Danach folgt dann ein Instrumentalpart, der ähnlich wie "Xanadu" gelagert ist aber alles andere als eine *opie davon ist. Der Gesang schildert dann die Sicht des Astronauten, wie er sein Ziel ansteuert und schließlich in den Strudel gezogen wird...
Das kurze Madrigal ist ein sehr besinnliches Lied und gefällt mir ebenfalls sehr. Allenfalls "Cinderella Man" kommt eher straight und rockig daher und bietet Durchschnittsware.
Der Opener des Albums, "A Farewell to Kings" beginnt mit mittelalterlich angehauchter Akustikgitarre, der folgende rockige Teil gefällt mir, insgesamt ist das Lied aber kein echter Höhepunkt, die erwähnten "Xanadu", "Cygnus X-1" und "Closer to the heart" sind eindeutig die stärksten Lieder auf einem sehr guten Album, das allenfalls für heutige Gewohnheiten mit 37:30 Minuten Spielzeit sehr kurz ist. In den 70ern war das jedoch die durchschnittliche Länger einer Vinylscheibe.
13/15 Punkte
Hemispheres
(1978 - Lee, Lifeson, Peart)
Das Album bietet die Fortsetzung zu dem letzten Stück auf dem Vorgängeralbum: "Cygnus X-1 Book II". Der Text ist mehr mystisch ausgelegt diesmal, die Ich-Perspektive des Astronauten wird erst später im Lied wieder kurz aufgenommen. Wir erfahren, wie es einst vor langer Zeit war, als Außerirdische wie Götter über das Schicksal der Menschen bestimmten, diese leben und bekämpfen sich jetzt an dem Ort, der hinter dem Schwarzen Loch liegt...
Die Musik dazu ist gut, aber nicht ganz so mitreißend wie beim ersten Teil oder auch anderen Highlights von Rush.
Der Höhepunkt von "Hemispheres" ist eindeutig das knapp 10-minütige Instrumental "La Villa Strangiato", das vor Spielfreude und Vielseitigkeit nur so strotzt (Das Lied ist untertitelt mit: "Eine Übung in Zügellosigkeit"). Zügellos ist es. Aber auf beste Art und Weise. Die einzelnen Teile des Stückes haben solch aufschlußreiche Namen wie "Buenas Nochas, Mein Froinds!" oder "A Lerxst in Wonderland"...
Man kann bei diesem Lied wunderbar erahnen, was sich die Bandmitglieder von "Dream Theater" in ihrer Jugend angehört haben.
Der kurze Song "The Trees" gefällt mir auch noch sehr gut, neben der eingängigen Melodie bietet er auch eine intelligente Parabel über Bäume im Wald, die sich beschweren, daß andere zu hoch wachsen, so daß sie kein Licht mehr bekommen. Am Ende werden sie alle auf die gleiche Höhe zurechtgestutzt - per Beil, Axt und Säge...
Einzig "Circumstances" ist ein eher gewöhnliches Rocklied, das mir nicht so zusagt. Es ist nicht schlecht aber auch nicht sonderlich herausragend oder aufregend.
Progressive Elemente gibt es ansonsten bei allen drei anderen Liedern auf dem Album, bei dem ich besonders "La Villa Strangiato" als Anspieltip empfehle. Einziger negativer Punkt ist auch hier die sehr kurze Spielzeit von nur etwas mehr als 36 Minuten. Heutzutage sind selbst Maxisingles länger - die 70er waren halt noch andere Zeiten. Da "A Farewell to Kings" die besseren Einzelstücke hat, gibt es abschließend:
12/15 Punkte
Permanent Waves
(1980 - Lee, Lifeson, Peart)
Das Album bietet mit "The Spirit of Radio" und "Freewill" zwei hochkarätige Rocksongs in allerbester Rushmanier, die zwar so gesehen nicht progressiv sind aber einfach gelungene Musik darstellen. Außerdem sind sie - obwohl eher straight - alles andere als gewöhnlich. Dafür garantiert allein schon die geniale Arbeit an den Drums von Neil Peart.
"Entre Nous" und "Different Strings" sind ruhige Lieder, wobei mir das akustische "Different Strings" besonders gut gefällt.
Progressive Elemente gibt es bei den zwei längsten Liedern "Jacob's Ladder" und "Natural Science". Wobei die Musik stets vom Zusammenspiel zwischen Baß und Gitarre lebt, unterlegt von den vertrackten Rhythmen Neil Pearts.
Keyboards spielen wie immer bei Rush nur eine unterstützende Rolle hier und da, ganz im Gegensatz also zu anderen progressiv eingestellten Bands. Daß es dennoch vielschichtig klingt ist den überragenden musikalischen Fähigkeiten des Trios zu verdanken.
"Natural Science" ist das etwas komplexere Lied dabei. "Jacob's Ladder" lebt mehr vom marschähnlichen Rhythmus - passend zum kurzen Text, der zu Anfang beschreibt, wie dunkle Wolken sich zum Kampf bereit machen.
"Natural Science" jedenfalls hat drei Teile, es beginnt zuerst recht still mit Möwengeschrei im Hintergrund, dazu ein entfernt klingender ruhiger Gesang, allein begleitet von der Akustikgitarre, danach wird es rockiger und technischer. Lees Gesang wird ein wenig durch den Filter geschickt, was recht gut klingt und die Musik lebt in diesem Teil hauptsächlich vom Gitarrenriff Lifesons, das sich immer wiederholt.
Das Gitarrensolo danach ist sehr virtuos gespielt (mal wieder erkennt man, wo "Dream Theater" ihre Inspiration herhaben).
Alles in allem ist die Musik bei "Moving Pictures" zwar kaum noch progressiv zu nennen, "Jacob's Ladder" und "Natural Science" teilweise ausgenommen, jedoch ist die gebotene Rockmusik mit Metaleinschlag sehr gut gespielt und die Lieder überzeugen auf ganzer Linie.
Mit etwas mehr als 35 Minuten Spieldauer ist auch dieses Album leider - wie alle Rush-Alben der 70er - sehr kurz geraten.
13/15 Punkte
Moving Pictures
(1981 - Lee, Lifeson, Peart)
Für dieses Album gilt das gleiche wie für "Permanent Waves": es bietet hauptsächlich hochkarätige Rocksongs mit leichtem Metaltouch, die aus der Masse der üblichen Radioware deutlich hervorstechen.
"Tom Sawyer" und "Red Barchetta" sind beeindruckende Beispiele dafür. Progressive Einflüsse gibt es bei dem schlicht genialen Instrumental "Yyz", das das Können aller drei Musiker unter Beweis stellt und für mich eines der rhythmisch besten Intrumentals überhaupt ist. Es ist für mich eine Urform des "Ytse Jam" sozusagen.
Das fast 11-minütige "The Camera Eye" bietet einen ähnlichen Sound zu Beginn wie "Xanadu", das intrumentale Intro klingt sehr treibend, ein wenig wie bei Yes' "Heart of the Sunrise". Der folgende Gesangsteil ist relativ ruhig und beschreibt die Anonymität der großstädtischen Menschenmasse, die scheinbar die Natur herum ignorieren.
Das Lied bietet progressive Sounds im schlanken Gewand der frühen 80er, als die Lieder elektronischer und schlichter wurden, wobei die für Rush typischen Merkmale (sehr agile Arbeit an den Drums, ein pulsierender Baß sowie schnelle, virtuose Gitarrenriffs und -soli) aber immer noch vorhanden sind.
"Witch Hunt" gefällt mir auch noch sehr gut. Es ist zwar wieder ein eher normal strukturiertes Lied, beschreibt aber die gewalttätige Atmosphäre einer Menschenmasse, die "Fremde" lynchen will, sehr eindringlich. Ein Text, der auch heute immer noch sehr aktuell ist.
"Moving Pictures" ist das Album, das den endgültigen Ausklang der progressiv angehauchten Phase bei Rush darstellt. Mir gefällt es sehr gut, wer allerdings NUR progressiven Rock/Metal hören will, der wird mit diesem Album nicht viel anfangen können.
Wer aber auch geradlinigere und dennoch komplexe Rocksongs mit intelligenten Texten mag, wird "Moving Pictures" sehr genießen können.
In den folgenden Jahren spielten Rush nur noch kompakte Rocksongs mit Metaleinschlag, der letzte Studiorelease ist datiert aus 1996, besonders gefallen hat mir noch der 93-er Release "Counterparts".
12/15 Punkte
Vapor Trails
(2002 - Lee, Lifeson, Peart)
Nach sechs Jahren Pause meldet sich das kanadische Trio zurück. Schlagzeuger Neil Peart hatte zwei schwere Schicksalsschläge zu verkaften, als in kurzer Zeit sowohl seine Tochter als etwas später auch seine Frau starben. Es ist natürlich für alle Fans von Rush gut zu wissen, daß die Band aber nach der Pause immer noch zu funktionieren scheint.
Rush haben in ihrer Karriere einige Phasen durchgemacht - anfangs als Hardrockformation gestartet widmete man sich ab Mitte der 70er Jahre der progressiven Musik. Diese Phase endete Anfang der 80er Jahre, wo man - dem Zeitgeist folgend - vermehrt Keyboards einsetzte und der Sound des Trios etwas steriler und wieder geradliniger wurde. Seit Beginn der 90er wird hingegen wieder sehr viel mehr gerockt, "Counterparts" war ein sehr schönes Album, aber progressiv war daran gar nichts mehr. Nach dem doch eher schwachen "Test For Echo" und der schon erwähnten sechsjährigen Pause sind die Erwartungen bei "Vapor Trails" natürlich sehr hoch.
Rush rocken auf dem neuen Album, daß sich neuere Bands davon noch eine Scheibe abschneiden können. Instrumental sind Geddy Lee, Alex Lifeson und Neil Peart über jeden Zweifel erhaben. Die Lieder wirken sehr dynamisch und kraftvoll. Auf Keyboards verzichtet man ganz - man vermißt sie auf "Vapor Trails" aber auch nicht.
Daß das Album trotzdem nicht so recht zünden will liegt leider an den zu durchschnittlichen Gesangslinien von Geddy Lee. Während das instrumentale Fundament absolut stimmt mangelt es den Melodien an Charakteristik und Eingängigkeit.
Als Vergleich möchte ich hier "Counterparts" heranziehen, daß vom Gesamteindruck her eigentlich sehr ähnlich ist - aber aufgrund genialer Refrains und Melodien um einiges besser gelungen ist als "Vapor Trails". So etwas großartiges wie "Animate", "Stick it out" oder "Cut to the chase" wird man auf "Vapor Trails" vergeblich suchen.
So gibt es auf "Vapor Trails" immer wieder vielversprechende Ansätze - doch nach knapp einer Minute geht den meisten Liedern etwas die Luft aus, weil die Melodien einfach nicht zünden. Es ist schon etwas tragisch, daß das Album trotz sehr guter Ansätze deshalb allenfalls mittelmäßig oft wirkt. Man hätte sich entsprechend den Umständen und nach der langen Wartezeit gewiß ein Meisterwerk gewünscht.
So aber ist "Vapor Trails" auf jeden Fall gelungener als "Test for Echo" aber leider nicht so spritzig wie "Counterparts". Besser als die meisten Hardrockbands sind Rush immer noch, doch denen gelingt wenigstens ab und an ein Lied mit eingängiger Melodie. Und das fehlt Rush leider. Großartige Arbeit an den Instrumenten und immer wieder mal geniale Riffs alleine können die Schwäche bei den Melodien nicht wettmachen. Etwas seltsam mutet auch die bewußte Entscheidung von Alex Lifeson an, keine Gitarrensoli zu verwenden. Zwar spielt die Band wie aus einem Guß und Lifesons Gitarre rockt gewaltig, aber so ein kleines Solo hier und da wäre sicherlich sehr schön gewesen. Vor allem, um so ein kleines Gegengewicht zu den schwächelnden Melodien aufzubauen.
Was bleibt als Fazit stehen? Fans der Kanadier werden ohnehin zugreifen. Diese werden auch mit einem kleinen Lächeln die Fortsetzung des "Fear"-Zyklus' mit "Freeze - Part IV of Fear" bemerken. Wer sich nicht als Rushfan betrachtet wird hingegen auch ohne "Vapor Trails" auskommen können, was eigentlich sehr schade ist. Progressiv ist auf dem Werk kaum etwas, wer Rush bisher nicht gehört hat, aber Hard Rock nicht ablehnend gegenübersteht, könnte durchaus auch etwas Gefallen an "Vapor Trails" finden. Man darf nur nicht zu viel erwarten. Es bleibt die Hoffnung übrig, daß die Geschichte von Rush noch nicht zu Ende ist - und vielleicht gibt es ja auch eine Tour durch Europa.
9/15 Punkte
TO
								
																
								
							2112
(1976 - Lee, Lifeson, Peart)
Das Trio Lee, Lifeson und Peart hat eine recht abwechslungsreiche musikalische Geschichte hinter sich. Die Alben rangieren von Heavy Metal bis Progrock und auf dem Höhepunkt ihrer Progrock-Phase schufen die drei Kanadier einige wirkliche Highlights.
Die Aufgabenteilung ist dabei recht klar umrissen, während Bassist und Sänger Geddy Lee mit Alex Lifeson sich um die Musik kümmert, schreibt Drummer Neil Peart die in den 70ern sehr oft Science-Fiction und naturwissenschaftlich orientierten Texte dazu. Das musikalische Können von Rush steht außer Zweifel und sie bilden u.a. auch eine Inspirationsquelle von "Dream Theater", weshalb diese hier und da auch nach Rush klingen.
Besonderes Merkmal der Musik von Rush ist vor allem auch noch Geddy Lees markante Stimme, die ein wenig an Jon Anderson erinnert, allenfalls ein wenig tiefer und aggressiver.
"2112" war das erste progressiv ausgerichtete Album von Rush und zeigte im Vergleich zu den Vorgängeralben einen deutlich geänderten Sound.
Hauptwerk dieses Albums ist das knapp 21-minütige "2112". Eine SF-Saga, über das scheinbar glückliche Leben in einer überkuppelten Megastadt, in der ein Bewohner unbequeme Dinge herausfindet...
Die Musik ist dabei sehr abwechslungsreich, angefangen bei den sehr spacigen Sounds ganz zu Beginn des Liedes, hin zu einem Wechselspiel von Gitarre und Baß, rhythmisch genial unterlegt von Neal Peart. Es klingt sehr rockig und erinnert ein wenig an frühe Yes, wenn auch geradliniger. Geddy Lee singt dann im ersten Gesangsteil recht aggressiv, in dem er seine Stimme ein wenig quetscht. Das folgende instrumentale Zwischenspiel ist sehr atmosphärisch geraten, ein paar Gitarrenklänge von Lifeson werden vom Geräusch fließenden Wassers umrahmt und als Lees Gesang einsetzt klingt es jetzt sehr entspannt und weich. Dies nur einige Beispiele für die Musik bei 2112. Rockige Klänge und eher stille Musik wechseln sich ab, verbreiten dabei stets eine "spacige" Atmosphäre, getreu dem Thema des Liedes.
"2112" erreicht zwar dabei nicht ganz die Komplexität von "Yes" oder "Genesis" ist aber gut gelungen. Es klingt jederzeit sehr 70er-Jahre typisch (man schaue sich auch nur mal das Gruppenphoto von damals an) und ich mag diesen Sound einfach.
Die anderen Lieder auf dem Album sind allesamt kurz geraten - unterhalb von vier Minuten. Sie bieten gutklingende Rockmusik, die Progressivität jedoch hat nach dem Titellied ein Ende gefunden.
"2112" bietet abschließend betrachtet einen guten Einstieg in die Progrockphase von Rush in den 70ern. Etwas simpler von den Arrangements her als die Musik von anderen Gruppen, aber technisch ebenso versiert und rhythmisch sogar manchmal interessanter.
11/15 Punkte
A Farewell To Kings
(1977 - Lee, Lifeson, Peart)
Das Album entwickelt die bei "2112" gezeigte Linie fort und zeigt einen gereifteren Sound. Höhepunkt des Albums ist das 11-minütige "Xanadu", es beginnt sehr atmosphärisch und entwickelt dann einen sehr dynamisch treibenden Intrumentalpart, der von der Struktur her ein wenig an "Heart of the Sunrise" von "Yes" erinnert. Im Gesangsteil geht es dann etwas ruhiger und melodisch zur Sache. Der Text des Liedes behandelt die Unsterblichkeit, die sehr wohl auch zum Fluch werden kann. "Xanadu" ist für mich eines der besten Lieder von Rush und immer wieder ein Genuß.
"Closer to the Heart" ist eine sehr schöne Ballade und ebenfalls ein Highlight des Albums.
Den Abschluß bildet das großartig spacige "Cygnus X-1", über einen Raumschiffpiloten, der in das dort lauernde Schwarze Loch gezogen wird. Das offene Ende des Liedes bildet den Ausgangspunkt für das nächste Album, wo die Geschichte fortgesetzt wird.
Musikalisch beginnt "Cygnus X-1" zuerst sehr leise und still, im Hintergrund das leise Knistern einer radioastronomischen Aufnahme, es wird mit dunkel verzerrter Stimme erklärt, was im Sternbild des Schwans für eine Gefahr lauert. Danach folgt dann ein Instrumentalpart, der ähnlich wie "Xanadu" gelagert ist aber alles andere als eine *opie davon ist. Der Gesang schildert dann die Sicht des Astronauten, wie er sein Ziel ansteuert und schließlich in den Strudel gezogen wird...
Das kurze Madrigal ist ein sehr besinnliches Lied und gefällt mir ebenfalls sehr. Allenfalls "Cinderella Man" kommt eher straight und rockig daher und bietet Durchschnittsware.
Der Opener des Albums, "A Farewell to Kings" beginnt mit mittelalterlich angehauchter Akustikgitarre, der folgende rockige Teil gefällt mir, insgesamt ist das Lied aber kein echter Höhepunkt, die erwähnten "Xanadu", "Cygnus X-1" und "Closer to the heart" sind eindeutig die stärksten Lieder auf einem sehr guten Album, das allenfalls für heutige Gewohnheiten mit 37:30 Minuten Spielzeit sehr kurz ist. In den 70ern war das jedoch die durchschnittliche Länger einer Vinylscheibe.
13/15 Punkte
Hemispheres
(1978 - Lee, Lifeson, Peart)
Das Album bietet die Fortsetzung zu dem letzten Stück auf dem Vorgängeralbum: "Cygnus X-1 Book II". Der Text ist mehr mystisch ausgelegt diesmal, die Ich-Perspektive des Astronauten wird erst später im Lied wieder kurz aufgenommen. Wir erfahren, wie es einst vor langer Zeit war, als Außerirdische wie Götter über das Schicksal der Menschen bestimmten, diese leben und bekämpfen sich jetzt an dem Ort, der hinter dem Schwarzen Loch liegt...
Die Musik dazu ist gut, aber nicht ganz so mitreißend wie beim ersten Teil oder auch anderen Highlights von Rush.
Der Höhepunkt von "Hemispheres" ist eindeutig das knapp 10-minütige Instrumental "La Villa Strangiato", das vor Spielfreude und Vielseitigkeit nur so strotzt (Das Lied ist untertitelt mit: "Eine Übung in Zügellosigkeit"). Zügellos ist es. Aber auf beste Art und Weise. Die einzelnen Teile des Stückes haben solch aufschlußreiche Namen wie "Buenas Nochas, Mein Froinds!" oder "A Lerxst in Wonderland"...
Man kann bei diesem Lied wunderbar erahnen, was sich die Bandmitglieder von "Dream Theater" in ihrer Jugend angehört haben.
Der kurze Song "The Trees" gefällt mir auch noch sehr gut, neben der eingängigen Melodie bietet er auch eine intelligente Parabel über Bäume im Wald, die sich beschweren, daß andere zu hoch wachsen, so daß sie kein Licht mehr bekommen. Am Ende werden sie alle auf die gleiche Höhe zurechtgestutzt - per Beil, Axt und Säge...
Einzig "Circumstances" ist ein eher gewöhnliches Rocklied, das mir nicht so zusagt. Es ist nicht schlecht aber auch nicht sonderlich herausragend oder aufregend.
Progressive Elemente gibt es ansonsten bei allen drei anderen Liedern auf dem Album, bei dem ich besonders "La Villa Strangiato" als Anspieltip empfehle. Einziger negativer Punkt ist auch hier die sehr kurze Spielzeit von nur etwas mehr als 36 Minuten. Heutzutage sind selbst Maxisingles länger - die 70er waren halt noch andere Zeiten. Da "A Farewell to Kings" die besseren Einzelstücke hat, gibt es abschließend:
12/15 Punkte
Permanent Waves
(1980 - Lee, Lifeson, Peart)
Das Album bietet mit "The Spirit of Radio" und "Freewill" zwei hochkarätige Rocksongs in allerbester Rushmanier, die zwar so gesehen nicht progressiv sind aber einfach gelungene Musik darstellen. Außerdem sind sie - obwohl eher straight - alles andere als gewöhnlich. Dafür garantiert allein schon die geniale Arbeit an den Drums von Neil Peart.
"Entre Nous" und "Different Strings" sind ruhige Lieder, wobei mir das akustische "Different Strings" besonders gut gefällt.
Progressive Elemente gibt es bei den zwei längsten Liedern "Jacob's Ladder" und "Natural Science". Wobei die Musik stets vom Zusammenspiel zwischen Baß und Gitarre lebt, unterlegt von den vertrackten Rhythmen Neil Pearts.
Keyboards spielen wie immer bei Rush nur eine unterstützende Rolle hier und da, ganz im Gegensatz also zu anderen progressiv eingestellten Bands. Daß es dennoch vielschichtig klingt ist den überragenden musikalischen Fähigkeiten des Trios zu verdanken.
"Natural Science" ist das etwas komplexere Lied dabei. "Jacob's Ladder" lebt mehr vom marschähnlichen Rhythmus - passend zum kurzen Text, der zu Anfang beschreibt, wie dunkle Wolken sich zum Kampf bereit machen.
"Natural Science" jedenfalls hat drei Teile, es beginnt zuerst recht still mit Möwengeschrei im Hintergrund, dazu ein entfernt klingender ruhiger Gesang, allein begleitet von der Akustikgitarre, danach wird es rockiger und technischer. Lees Gesang wird ein wenig durch den Filter geschickt, was recht gut klingt und die Musik lebt in diesem Teil hauptsächlich vom Gitarrenriff Lifesons, das sich immer wiederholt.
Das Gitarrensolo danach ist sehr virtuos gespielt (mal wieder erkennt man, wo "Dream Theater" ihre Inspiration herhaben).
Alles in allem ist die Musik bei "Moving Pictures" zwar kaum noch progressiv zu nennen, "Jacob's Ladder" und "Natural Science" teilweise ausgenommen, jedoch ist die gebotene Rockmusik mit Metaleinschlag sehr gut gespielt und die Lieder überzeugen auf ganzer Linie.
Mit etwas mehr als 35 Minuten Spieldauer ist auch dieses Album leider - wie alle Rush-Alben der 70er - sehr kurz geraten.
13/15 Punkte
Moving Pictures
(1981 - Lee, Lifeson, Peart)
Für dieses Album gilt das gleiche wie für "Permanent Waves": es bietet hauptsächlich hochkarätige Rocksongs mit leichtem Metaltouch, die aus der Masse der üblichen Radioware deutlich hervorstechen.
"Tom Sawyer" und "Red Barchetta" sind beeindruckende Beispiele dafür. Progressive Einflüsse gibt es bei dem schlicht genialen Instrumental "Yyz", das das Können aller drei Musiker unter Beweis stellt und für mich eines der rhythmisch besten Intrumentals überhaupt ist. Es ist für mich eine Urform des "Ytse Jam" sozusagen.
Das fast 11-minütige "The Camera Eye" bietet einen ähnlichen Sound zu Beginn wie "Xanadu", das intrumentale Intro klingt sehr treibend, ein wenig wie bei Yes' "Heart of the Sunrise". Der folgende Gesangsteil ist relativ ruhig und beschreibt die Anonymität der großstädtischen Menschenmasse, die scheinbar die Natur herum ignorieren.
Das Lied bietet progressive Sounds im schlanken Gewand der frühen 80er, als die Lieder elektronischer und schlichter wurden, wobei die für Rush typischen Merkmale (sehr agile Arbeit an den Drums, ein pulsierender Baß sowie schnelle, virtuose Gitarrenriffs und -soli) aber immer noch vorhanden sind.
"Witch Hunt" gefällt mir auch noch sehr gut. Es ist zwar wieder ein eher normal strukturiertes Lied, beschreibt aber die gewalttätige Atmosphäre einer Menschenmasse, die "Fremde" lynchen will, sehr eindringlich. Ein Text, der auch heute immer noch sehr aktuell ist.
"Moving Pictures" ist das Album, das den endgültigen Ausklang der progressiv angehauchten Phase bei Rush darstellt. Mir gefällt es sehr gut, wer allerdings NUR progressiven Rock/Metal hören will, der wird mit diesem Album nicht viel anfangen können.
Wer aber auch geradlinigere und dennoch komplexe Rocksongs mit intelligenten Texten mag, wird "Moving Pictures" sehr genießen können.
In den folgenden Jahren spielten Rush nur noch kompakte Rocksongs mit Metaleinschlag, der letzte Studiorelease ist datiert aus 1996, besonders gefallen hat mir noch der 93-er Release "Counterparts".
12/15 Punkte
Vapor Trails
(2002 - Lee, Lifeson, Peart)
Nach sechs Jahren Pause meldet sich das kanadische Trio zurück. Schlagzeuger Neil Peart hatte zwei schwere Schicksalsschläge zu verkaften, als in kurzer Zeit sowohl seine Tochter als etwas später auch seine Frau starben. Es ist natürlich für alle Fans von Rush gut zu wissen, daß die Band aber nach der Pause immer noch zu funktionieren scheint.
Rush haben in ihrer Karriere einige Phasen durchgemacht - anfangs als Hardrockformation gestartet widmete man sich ab Mitte der 70er Jahre der progressiven Musik. Diese Phase endete Anfang der 80er Jahre, wo man - dem Zeitgeist folgend - vermehrt Keyboards einsetzte und der Sound des Trios etwas steriler und wieder geradliniger wurde. Seit Beginn der 90er wird hingegen wieder sehr viel mehr gerockt, "Counterparts" war ein sehr schönes Album, aber progressiv war daran gar nichts mehr. Nach dem doch eher schwachen "Test For Echo" und der schon erwähnten sechsjährigen Pause sind die Erwartungen bei "Vapor Trails" natürlich sehr hoch.
Rush rocken auf dem neuen Album, daß sich neuere Bands davon noch eine Scheibe abschneiden können. Instrumental sind Geddy Lee, Alex Lifeson und Neil Peart über jeden Zweifel erhaben. Die Lieder wirken sehr dynamisch und kraftvoll. Auf Keyboards verzichtet man ganz - man vermißt sie auf "Vapor Trails" aber auch nicht.
Daß das Album trotzdem nicht so recht zünden will liegt leider an den zu durchschnittlichen Gesangslinien von Geddy Lee. Während das instrumentale Fundament absolut stimmt mangelt es den Melodien an Charakteristik und Eingängigkeit.
Als Vergleich möchte ich hier "Counterparts" heranziehen, daß vom Gesamteindruck her eigentlich sehr ähnlich ist - aber aufgrund genialer Refrains und Melodien um einiges besser gelungen ist als "Vapor Trails". So etwas großartiges wie "Animate", "Stick it out" oder "Cut to the chase" wird man auf "Vapor Trails" vergeblich suchen.
So gibt es auf "Vapor Trails" immer wieder vielversprechende Ansätze - doch nach knapp einer Minute geht den meisten Liedern etwas die Luft aus, weil die Melodien einfach nicht zünden. Es ist schon etwas tragisch, daß das Album trotz sehr guter Ansätze deshalb allenfalls mittelmäßig oft wirkt. Man hätte sich entsprechend den Umständen und nach der langen Wartezeit gewiß ein Meisterwerk gewünscht.
So aber ist "Vapor Trails" auf jeden Fall gelungener als "Test for Echo" aber leider nicht so spritzig wie "Counterparts". Besser als die meisten Hardrockbands sind Rush immer noch, doch denen gelingt wenigstens ab und an ein Lied mit eingängiger Melodie. Und das fehlt Rush leider. Großartige Arbeit an den Instrumenten und immer wieder mal geniale Riffs alleine können die Schwäche bei den Melodien nicht wettmachen. Etwas seltsam mutet auch die bewußte Entscheidung von Alex Lifeson an, keine Gitarrensoli zu verwenden. Zwar spielt die Band wie aus einem Guß und Lifesons Gitarre rockt gewaltig, aber so ein kleines Solo hier und da wäre sicherlich sehr schön gewesen. Vor allem, um so ein kleines Gegengewicht zu den schwächelnden Melodien aufzubauen.
Was bleibt als Fazit stehen? Fans der Kanadier werden ohnehin zugreifen. Diese werden auch mit einem kleinen Lächeln die Fortsetzung des "Fear"-Zyklus' mit "Freeze - Part IV of Fear" bemerken. Wer sich nicht als Rushfan betrachtet wird hingegen auch ohne "Vapor Trails" auskommen können, was eigentlich sehr schade ist. Progressiv ist auf dem Werk kaum etwas, wer Rush bisher nicht gehört hat, aber Hard Rock nicht ablehnend gegenübersteht, könnte durchaus auch etwas Gefallen an "Vapor Trails" finden. Man darf nur nicht zu viel erwarten. Es bleibt die Hoffnung übrig, daß die Geschichte von Rush noch nicht zu Ende ist - und vielleicht gibt es ja auch eine Tour durch Europa.
9/15 Punkte
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