Wenn man den Namen "Steve Hackett" hört, denkt man meistens an folgendes Bild: ein schwarzlockiger, hornbrilliger, introvertierter Herr, der mit progressiven Gitarrensoli mit Phil Collins am Schlagzeug, Peter Gabriel am Mikrofon, Mike Rutherford am Bass und Tony Banks am Keyboard die Prog-Gruppe GENESIS bildete, die nach seinem Ausstieg in Popgefilde abdriftete (ob das guter oder schlechter Pop ist, soll nicht Thema hier sein ;) ).
Manche kennen wohl noch seine Vergangenheit als Art Rock/Prog-Musiker mit "Spectral Mornings" und anderen tollen Alben - und mit diversen kleinen, feinen Sideprojekten, mal rockig, mal proggig.
Nun widmet er sich aber seiner Liebe zur klassischen Musik - in den letzten Tagen wurde sein Tribut an Bach herausgegeben, mit dem Namen "Tribute" - und mit Unterschrift, wenn man es vorbestellt hat.
Er verzichtet dabei auf jegliches Instrument, das keine Nylongitarre ist. Gitarre "pur", wie man heute sagen würde.
Direkt am Anfang wird man mit hellen Nylon-Akustikgitarrentönen in die Welt der klassischen Gitarrenmusik geführt: die Tür geht auf, Hackett legt mit einem fröhlichen, schnellen Stück von Bach los: die Gavottes (BWV 1012). Segovia hat hier zwei Gavotten von Bach zusammengebaut, praktisch zwei Themen, zwei Tänze, die ineinander und hintereinander zu hören sind. Hier spielt Hackett besonders mit der Dynamik: sanftes Antupfen der Seiten und hartes Zupfen wechseln sich ab. Ein gelungener Opener: man merkt, dass nur etwas gutes folgen kann.
Weiter geht es mit der Courante (BWV 1009), wieder ein Stück von Bach, diesmal deutlich schneller, fast schon frickelig und dissonant. Im dunklen, stilvollen Booklet erfährt man, dass das Lied für das Cello komponiert worden ist (was man dem Lied auch anhört). Aber Hacketts Interpretation ist super - auch wenn ich das Original nicht kenne.
Schön!
Noch etwas von Bach, Jesu Joy (BMV 147), ein gediegenes, ruhiges Stück mit sanften Gitarrenakkorden und schöner Melodie - der Deutsche nennt das Wohl mir, dass ich Jesum habe, ein berühmter Choral der Herz und Mund und Tat und Leben-Kantate. A "gorgeous lullaby", schreibt Hackett im Booklet - das passt, beruhigend, erholend, nur schön.
Das nächste Stück ist eine Eigenkreation von Hackett, die Fountain Suite: hektisches Vibratospiel, Flageolettöne - das könnte eine Fortführung von "Giant Hogweed" sein. Doch dann wird es ruhig: barocke Akkordfolgen, Rhythmuswechsel, alles mit viel Hall versehen, Legatospiel. Hackett braucht keinen Vergleich mit dem "Meister" zu scheuen: in der Reihe der anderen 3 Bach-Stücke fällt dieses hier nicht heraus - wie gewohnt genial und spannend. Auch hier spricht sich Hackett lobend über Segovia aus, von dem sein Nylongitarrenspielstil beeinflusst wurde. Ein 8minütiger Tribut an Segovia. Prima.
Nun wird es wieder spätmittelalterlich: Hackett interpretiert eine Pavane von William Byrd, The Earle of Salisbury. Eigentlich war die für die Orgel geschrieben, wird aber auch hier fantastisch von Hackett auf der Konzertgitarre gespielt. Das dauert nur 1,5 Minuten, ist aber ein kleines Juwel in der Reihe von anderen Juwelen. Der Hörer klassischer Gitarrenmusik kann schon anhand dieser Stücke einen Vergleich zu einem anderen berühmten Musiker aufstellen: John Williams, der sich allerdings auf die klassische Musik spezialisiert hat. Zwar klingt Williams "härter", aber doch ähnlich, vor Allem durch das heftige Vibratospiel.
Das nächste Lied ist zugleich ein Tribut an den Wald, die Natur und an Barrios, der das Stück La Catedral als Tribut an den Wald geschrieben hatte. Bei dem schnellen 3/4-Takt hört man förmlich die Blätter vom Baum gleiten, sich vom Wind treiben lassen. Die Vögel hört man auch zwitschern - aber nur, wenn man sich darauf einlässt. ;)
Weiter geht's: friedlich, ruhig, zart, sanft, ein traditionelles Stück: El Noy De La Mare, ein Stück, das Hackett sehr verehrt - liebend gerne würde er dem Komponisten die Hand schütteln, schreibt er dazu. Zwar auch "nur" 2 Minuten lang, aber wunderschön und ruhig. Toll...
Nun gibt es wieder etwas belebtes von Steve, die Cascada, ein Stück, bei dem er beim Komponieren in der Nacht gescheitert war: erst am nächsten Tag war es perfekt. Hier demonstriert er seine flinken Finger, und seine Kompositionsstärke: ein treibendes, dynamisches Stück ohne jegliches Schlagzeug - puristisch und edel - wie das ganze Alben.
Nun gibt es etwas aus dem Nähkästchen: Sapphires, sein erstes ihm gefallendes Stückchen, das Hackett in seiner Prä-Genesis-Zeit geschrieben hatte. Eine Zeitreise in die Vergangenheit - das war damals moderne Gitarrenmusik. ;) Und das hat seinen Charme...
Jetzt gibt es wieder ein Tribut, wieder mal an Bach, mit vielen lobenden Worten... was man hört? Ein fröhliches Stück, die Prelude in D, BWV 998. Auch wieder ein kürzeres Stück, aber wohlklingend, wie das ganze restliche Album.
Prelude in C Min, BWV 999 ist wieder ein Stück von Bach, wieder eine Minute lang. Hackett sagt, es würde mehr aussagen als das, was einige Musiker in ihrer ganzen Karriere gemacht haben. Da ist etwas wahres dran.
"Nach so vielen kurzen, wenn auch wunderschönen Stücken, wird es doch Zeit für etwas längeres. "... das dachte ich heute Mittag beim Hören - eine Tracklist mit Zeitangabe hatte ich nicht. Und das nächste Stück ist sogar länger: fast eine Viertelstunde zählt dieses Bachstück mit dem Namen Chaconne, BWV 1004. Wie man im Booklet lesen kann, war dieses Stück von Bach seiner ersten Frau gewidmet... weiterhin lobt er den Moll-Dur-Sprung in der Mitte... und der ist wirklich so geschickt, dass man ihn nicht mitkriegt. Nun ist aber Schluss mit Bescheidenheit, Herr Hackett - immerhin ist er doch der Musiker hier, der die ganzen Stücke zusammengetragen und in ein herausragendes Gesamtkonzept eingebaut hat. Aber das wars noch nicht:
Jetzt gibt es noch 5 Minuten spanische Folklore: La Maja De Goya, das erste und letzte Stück, das anders als der Rest klingt, von Enrique Granados verfasst. Es ist anders - trotzdem passt es ins Gesamtwerk herein und ist, wie alles andere, ein Meisterwerk. Hier gibt es auch Flageolets, aber mehr krumme Töne, typisch spanische Musik.
Und dann ist auch schon Schluss, die Türe fällt zu.
Mein Fazit? Eine einmalige Vorstellung von Hackett, mit seiner typischen charmanten Schüchternheit, das ganze Werk auf die Komponisten zu schieben, und sich selber nur als "Sklave" dieser tollen Musik zu sehen.
Aber da widerspreche ich ihm: so eine ruhige, emotionale und gefühlvolle Interpretation ist meisterhaft... dass die Komponisten natürlich auch eine wichtige Rolle spielen, ist klar. Aber anhand seiner drei Eigenkreationen wird es ganz deutlich, dass er es selber auch kann - und dass er das abgeschaut hat, nehme ich ihm nicht ab. Dieser Meister hat sich mit seiner Proggitarre mit spektakulären E-Gitarrensolis bei den Proggies beliebt gemacht - und nun liefert er mit seinem Album ein in sich stimmiges, liebevoll gemachtes Album, mit vielen "Bildern einer Ausstellung", die aus aller Herren Länder zusammengetragen worden sind... so gehört er jetzt auch mit John Williams und all den anderen Musikern zu den Akustikgitarreros... einen Kritikpunkt dennoch:
Ich hätte mir sehr seine Interpretation von "Recuerdos del Alhambra" gewünscht. Aber das wirkt sich natürlich nicht auf die Bewertung aus...
Länger sollte das Album nicht sein. Hier geht es nicht um Quantität, sondern um Qualität, und die ist hier sehr hoch... klassische Entspannungsmusik auf 6 Saiten, ohne jeglichen Schnickschnack, eine Klasse Leistung. Und dass die Stücke auch - trotz Differenzen (letztes Stück), die das Gesamtbild aber nur beleben und verbessern und keineswegs schlecht sind - alle zueinander passen, ist auch eine Leistung.
Ohne Frage: volle Punktzahl, egal ob 1000/1000 oder 3/3 Punkten.
Manche kennen wohl noch seine Vergangenheit als Art Rock/Prog-Musiker mit "Spectral Mornings" und anderen tollen Alben - und mit diversen kleinen, feinen Sideprojekten, mal rockig, mal proggig.
Nun widmet er sich aber seiner Liebe zur klassischen Musik - in den letzten Tagen wurde sein Tribut an Bach herausgegeben, mit dem Namen "Tribute" - und mit Unterschrift, wenn man es vorbestellt hat.
Er verzichtet dabei auf jegliches Instrument, das keine Nylongitarre ist. Gitarre "pur", wie man heute sagen würde.
Direkt am Anfang wird man mit hellen Nylon-Akustikgitarrentönen in die Welt der klassischen Gitarrenmusik geführt: die Tür geht auf, Hackett legt mit einem fröhlichen, schnellen Stück von Bach los: die Gavottes (BWV 1012). Segovia hat hier zwei Gavotten von Bach zusammengebaut, praktisch zwei Themen, zwei Tänze, die ineinander und hintereinander zu hören sind. Hier spielt Hackett besonders mit der Dynamik: sanftes Antupfen der Seiten und hartes Zupfen wechseln sich ab. Ein gelungener Opener: man merkt, dass nur etwas gutes folgen kann.
Weiter geht es mit der Courante (BWV 1009), wieder ein Stück von Bach, diesmal deutlich schneller, fast schon frickelig und dissonant. Im dunklen, stilvollen Booklet erfährt man, dass das Lied für das Cello komponiert worden ist (was man dem Lied auch anhört). Aber Hacketts Interpretation ist super - auch wenn ich das Original nicht kenne.
Schön!
Noch etwas von Bach, Jesu Joy (BMV 147), ein gediegenes, ruhiges Stück mit sanften Gitarrenakkorden und schöner Melodie - der Deutsche nennt das Wohl mir, dass ich Jesum habe, ein berühmter Choral der Herz und Mund und Tat und Leben-Kantate. A "gorgeous lullaby", schreibt Hackett im Booklet - das passt, beruhigend, erholend, nur schön.
Das nächste Stück ist eine Eigenkreation von Hackett, die Fountain Suite: hektisches Vibratospiel, Flageolettöne - das könnte eine Fortführung von "Giant Hogweed" sein. Doch dann wird es ruhig: barocke Akkordfolgen, Rhythmuswechsel, alles mit viel Hall versehen, Legatospiel. Hackett braucht keinen Vergleich mit dem "Meister" zu scheuen: in der Reihe der anderen 3 Bach-Stücke fällt dieses hier nicht heraus - wie gewohnt genial und spannend. Auch hier spricht sich Hackett lobend über Segovia aus, von dem sein Nylongitarrenspielstil beeinflusst wurde. Ein 8minütiger Tribut an Segovia. Prima.
Nun wird es wieder spätmittelalterlich: Hackett interpretiert eine Pavane von William Byrd, The Earle of Salisbury. Eigentlich war die für die Orgel geschrieben, wird aber auch hier fantastisch von Hackett auf der Konzertgitarre gespielt. Das dauert nur 1,5 Minuten, ist aber ein kleines Juwel in der Reihe von anderen Juwelen. Der Hörer klassischer Gitarrenmusik kann schon anhand dieser Stücke einen Vergleich zu einem anderen berühmten Musiker aufstellen: John Williams, der sich allerdings auf die klassische Musik spezialisiert hat. Zwar klingt Williams "härter", aber doch ähnlich, vor Allem durch das heftige Vibratospiel.
Das nächste Lied ist zugleich ein Tribut an den Wald, die Natur und an Barrios, der das Stück La Catedral als Tribut an den Wald geschrieben hatte. Bei dem schnellen 3/4-Takt hört man förmlich die Blätter vom Baum gleiten, sich vom Wind treiben lassen. Die Vögel hört man auch zwitschern - aber nur, wenn man sich darauf einlässt. ;)
Weiter geht's: friedlich, ruhig, zart, sanft, ein traditionelles Stück: El Noy De La Mare, ein Stück, das Hackett sehr verehrt - liebend gerne würde er dem Komponisten die Hand schütteln, schreibt er dazu. Zwar auch "nur" 2 Minuten lang, aber wunderschön und ruhig. Toll...
Nun gibt es wieder etwas belebtes von Steve, die Cascada, ein Stück, bei dem er beim Komponieren in der Nacht gescheitert war: erst am nächsten Tag war es perfekt. Hier demonstriert er seine flinken Finger, und seine Kompositionsstärke: ein treibendes, dynamisches Stück ohne jegliches Schlagzeug - puristisch und edel - wie das ganze Alben.
Nun gibt es etwas aus dem Nähkästchen: Sapphires, sein erstes ihm gefallendes Stückchen, das Hackett in seiner Prä-Genesis-Zeit geschrieben hatte. Eine Zeitreise in die Vergangenheit - das war damals moderne Gitarrenmusik. ;) Und das hat seinen Charme...
Jetzt gibt es wieder ein Tribut, wieder mal an Bach, mit vielen lobenden Worten... was man hört? Ein fröhliches Stück, die Prelude in D, BWV 998. Auch wieder ein kürzeres Stück, aber wohlklingend, wie das ganze restliche Album.
Prelude in C Min, BWV 999 ist wieder ein Stück von Bach, wieder eine Minute lang. Hackett sagt, es würde mehr aussagen als das, was einige Musiker in ihrer ganzen Karriere gemacht haben. Da ist etwas wahres dran.
"Nach so vielen kurzen, wenn auch wunderschönen Stücken, wird es doch Zeit für etwas längeres. "... das dachte ich heute Mittag beim Hören - eine Tracklist mit Zeitangabe hatte ich nicht. Und das nächste Stück ist sogar länger: fast eine Viertelstunde zählt dieses Bachstück mit dem Namen Chaconne, BWV 1004. Wie man im Booklet lesen kann, war dieses Stück von Bach seiner ersten Frau gewidmet... weiterhin lobt er den Moll-Dur-Sprung in der Mitte... und der ist wirklich so geschickt, dass man ihn nicht mitkriegt. Nun ist aber Schluss mit Bescheidenheit, Herr Hackett - immerhin ist er doch der Musiker hier, der die ganzen Stücke zusammengetragen und in ein herausragendes Gesamtkonzept eingebaut hat. Aber das wars noch nicht:
Jetzt gibt es noch 5 Minuten spanische Folklore: La Maja De Goya, das erste und letzte Stück, das anders als der Rest klingt, von Enrique Granados verfasst. Es ist anders - trotzdem passt es ins Gesamtwerk herein und ist, wie alles andere, ein Meisterwerk. Hier gibt es auch Flageolets, aber mehr krumme Töne, typisch spanische Musik.
Und dann ist auch schon Schluss, die Türe fällt zu.
Mein Fazit? Eine einmalige Vorstellung von Hackett, mit seiner typischen charmanten Schüchternheit, das ganze Werk auf die Komponisten zu schieben, und sich selber nur als "Sklave" dieser tollen Musik zu sehen.
Aber da widerspreche ich ihm: so eine ruhige, emotionale und gefühlvolle Interpretation ist meisterhaft... dass die Komponisten natürlich auch eine wichtige Rolle spielen, ist klar. Aber anhand seiner drei Eigenkreationen wird es ganz deutlich, dass er es selber auch kann - und dass er das abgeschaut hat, nehme ich ihm nicht ab. Dieser Meister hat sich mit seiner Proggitarre mit spektakulären E-Gitarrensolis bei den Proggies beliebt gemacht - und nun liefert er mit seinem Album ein in sich stimmiges, liebevoll gemachtes Album, mit vielen "Bildern einer Ausstellung", die aus aller Herren Länder zusammengetragen worden sind... so gehört er jetzt auch mit John Williams und all den anderen Musikern zu den Akustikgitarreros... einen Kritikpunkt dennoch:
Ich hätte mir sehr seine Interpretation von "Recuerdos del Alhambra" gewünscht. Aber das wirkt sich natürlich nicht auf die Bewertung aus...
Länger sollte das Album nicht sein. Hier geht es nicht um Quantität, sondern um Qualität, und die ist hier sehr hoch... klassische Entspannungsmusik auf 6 Saiten, ohne jeglichen Schnickschnack, eine Klasse Leistung. Und dass die Stücke auch - trotz Differenzen (letztes Stück), die das Gesamtbild aber nur beleben und verbessern und keineswegs schlecht sind - alle zueinander passen, ist auch eine Leistung.
Ohne Frage: volle Punktzahl, egal ob 1000/1000 oder 3/3 Punkten.