Roland Kirk Quartet - Domino
Ronald Theodore Kirk, dann Roland Kirk und schließlich Rahsaan Roland Kirk, lebte von 1935 bis 1977. Er galt als ein bedeutender Jazz-Saxofonist. Obwohl er seit seinem zweiten Lebensjahr blind war, scheute er sich nicht, gleich mehrere Instrumente gleichzeitig zu spielen. Neben dem Saxofon waren das zwei Varianten des Blasinstruments, das Manzello, eine Variante des Altsaxophons, jedoch mit einer leicht modifizierten Bauweise und Klangcharakteristik und ein Stritch, ein Buescher-Es-Altsaxophon in gerader Bauform, ausgestattet mit Extraklappen für sein Einhandspiel und vergrößertem Schalltrichter. Diese drei Instrumente spielte er oft gleichzeitig. Außerdem spielte er auch Querflöte, elektrische Kalimba, Mundharmonika, Englischhorn, Kazoo, Nasenflöte, Melodica.
Durch die besondere Technik der Zirkularatmung konnte er lange Phasen eines Songs im Dauerton spielen, ohne abzusetzen. Hierzu kann man sich als Beispiel gern dem etwa einunzwanzigminütigem "Saxophone Concerto" aus dem Album "Prepare Thyself To Deal With A Miracle" widmen. Ja, er war wohl ein wahrer Exzentriker, der sein Publikum zu unterhalten wusste.
Zunächst war er als Berufsmusiker-Sideman von solchen Jazzgrößen wie Gil Evans, Quincy Jones oder Charles Mingus und anderen. Im Jahre 1957 erschien dann sein erstes eigenes Album, "Triple Threat". Einigen dürfte es vielleicht auch bekannt sein als "Third Dimension". Bereits früh galt er als einer der Musiker, die sich zwar am Jazz orientierten, doch auch bereits begann, verschiedene Stile zu fusionieren. Neben traditionellem und modernem Jazz integrierte er wie selbstverständlich Soul Jazz, Boogie und auch gelegentliche Ausflüge in ganz freie Bereiche waren ihm nicht fremd. Und so wechselte dann auch im Laufe der Jahre der Ausdruck seiner Musik.
Nach einem Schlaganfall im Jahre 1975 musste er Einiges ändern und umstellen, er spielte nur noch mit der linken Hand, und zwei Jahre später starb er nach einem weiteren Anfall. Doch so weit gehe ich mit der mir vorliegenden Veröffentlichung nicht nach vorn, sondern ganz zurück in das Jahr 1963, als am 15. und 16. November die neun Songs dieser CD/DVD eingespielt wurden für die Fernsehstudios von Radio Bremen. Diese wurden erst im Herbst 1964 und Januar 1965 gesendet, jeweils eine der Sessions. Ja, und nun, dank MIG Music, liegen die kompletten Sessions als CD und als DVD vor, zum akustischen als auch visuellen Genuss, klar – in schwarz-weiss. Der vom "Beat Club" bekannte Michael (Mike) Leckebusch führte hier im Übrigen seine erste Regiearbeit durch, für eine Show namens "Domino". Die Originalbänder in den Archiven des Senders waren wieder aufgetaucht, und das ist sehr gut so!
Das offizielle Album "Kirk In Copenhagen" war im Oktober 1963 gerade aufgenommen worden, allerdings erst ein Jahr später veröffentlicht, also waren die Platten zu "The Roland Kirk Quartet Meets The Benny Golson Orchestra" und "Reeds & Deeds" die damals gerade aktuellen. Doch waren jeweils ganz andere Musiker beteiligt als im November 1963 in Bremen. Zwei Schweizer und ein Franzose stellten nun die Begleiter. Die Playlist setzte sich zusammen aus einigen Klassikern der Jazzgeschichte, wie "Better Git It In Your Soul" von Charles Mingus, "Domino" von Ray/Plante/Ferrari, "I Remember Clifford" von Benny Golson, und letztlich stammt nur "Three In One, Without The Oil" von Kirk (vom Album "Domino"). Denn erst später, nach diesen Aufnahmen, sollten so bekannte eigene Kompositionen folgen wie "Serenade To A Cuckoo", "I Talk With The Spirits", "Gifts And Messages", "From Bechet, Byas, And Fats" oder"Rip, Rig & Panic" .
Das wirkt sich absolut nicht auf die wirklich hervorragende Musik aus, gleich die ersten Songs präsentieren bereits eindrucksvoll die Technik der Zirkularatmung und man staunt darüber. Wirklich großartig unterstützt wird Kirk von George Gruntz am Piano, Guy Pedersen am Bass und Daniel Humair am Schlagzeug. Und vor allem ist es diese explosive Frische, die förmlich aus den Boxen quillt, und wenn es dann gemächlich abgeht mit "Tenderly", dann kann der Protagonist glänzen mit seinem Spiel auf mehreren Instrumenten. Auf dem Tenorsaxofon legt er ein sehr einfühlsames Solo vor, sehr emotional und sehr berührend, rasant fliegt es dann mit "Three In One, Without The Oil" und auch hier wieder der abwechslungsreiche Klangteppich, ständige Wechsel, plötzlich ein total irres Flötensolo, von dem sich Ian Anderson eine Scheibe abschneiden könnte, doch alles wird ganz rasch und spontan abgewickelt in diesem mit 2:21 Minuten sehr kurzen Song. Und so war Kirk allein mit seinen Soloinstrumenten wie Flöte und Tenorsaxofon ganz hervorragend in seiner kraftvollen und emotionalen Ausrichtung!
Es folgt die "Session 2", nur "Domino" wird noch einmal, etwa zwei Minuten länger, vorgestellt. Die übrigen drei Stücke beinhalten dann erneut alle raffinierten Spielarten und Tricks des Protagonisten, der es versteht, rasche Wechsel durchzuführen. Offensichtlich hat sich übrigens ein 'Fehlerteufel' eingeschlichen, denn als Track neun ist "There Will Never Be Another You" aufgeführt; doch tatsächlich sagt Kirk den Titel "Three For The Festival" an, eine eigene Nummer seines Albums "We Free Kings". Passt man jedoch ganz genau auf, dann ist "There Will Never Be Another You" doch enthalten, als Track acht. Offensichtlich fehlt der Song "I Remember Clifford"!
Ja, und nun bietet sich wirklich an, sich die Sessions auf der DVD anzuschauen. Auf einem recht kleinen Rondell müssen sich Kirk, der Bassist und der Drummer den Platz teilen, nur das Piano wurde separat platziert. Es ist einfach unglaublich, zu sehen, wie Kirk seine Techniken des Spiels praktiziert, wenn er gleich drei Instrumente in Gebrauch hat. Apropos Technik, auch die Techniker von Radio Bremen kann man fein beobachten, vom Kameramann und jenem Mitarbeiter, der auf dem Boden kriechend mit langen Kabeln hantiert, und ein Mikrofon wandert umher vor der Bühne, ja, so war es damals halt.
Zwar mag Roland Kirk der Star dieser Show sein, ohne Frage, doch sollte das nicht die hervorragend agierende Band hintenan stellen, denn miteinander wird hier kreiert, das sieht, hört und spürt man ständig! Herrlich, bei "Better Git It in Your Soul" singt Kirk die Titelmelodie des Songs vor, und Bassist Pedersen übernimmt das Thema dann sofort, und Kirk mit seiner typischen Art ’spricht' dazu zwischen Singen und Schreien einige Worte, einige scheinen politischen Inhalts zu sein, und dann wieder drei Instrumente gleichzeitig. Dass er nicht auch noch die Nase dazu genutzt hat … das wäre doch was, oder?
Auf jeden Fall war es ein Glücksgriff, diese Aufnahmen wieder auszugraben, nicht nur ihres historischen Werts wegen, sondern auch, weil die Aufnahmequalität hervorragend ist! DANKE!
Roland Kirk (tenorsax, manzello, stritch, flute, nose flute, sirens, horns)
George Gruntz (piano)
Guy Pedersen (bass)
Daniel Humair (drums)
(laut Angabe):
Session 1
Domino [take 1] (5:20)
Sister Sadie (6:52)
Tenderly (4:25)
Better Git It In Your Soul (5:50)
Three In One, Without The Oil (2:21)
Session 2:
Domino [take 2] (7:35)
Blues For Alice (3:43)
I Remember Clifford (3:43)]
There Will Never Be Another You (3:02) [Three For The Festival)
Ronald Theodore Kirk, dann Roland Kirk und schließlich Rahsaan Roland Kirk, lebte von 1935 bis 1977. Er galt als ein bedeutender Jazz-Saxofonist. Obwohl er seit seinem zweiten Lebensjahr blind war, scheute er sich nicht, gleich mehrere Instrumente gleichzeitig zu spielen. Neben dem Saxofon waren das zwei Varianten des Blasinstruments, das Manzello, eine Variante des Altsaxophons, jedoch mit einer leicht modifizierten Bauweise und Klangcharakteristik und ein Stritch, ein Buescher-Es-Altsaxophon in gerader Bauform, ausgestattet mit Extraklappen für sein Einhandspiel und vergrößertem Schalltrichter. Diese drei Instrumente spielte er oft gleichzeitig. Außerdem spielte er auch Querflöte, elektrische Kalimba, Mundharmonika, Englischhorn, Kazoo, Nasenflöte, Melodica.
Durch die besondere Technik der Zirkularatmung konnte er lange Phasen eines Songs im Dauerton spielen, ohne abzusetzen. Hierzu kann man sich als Beispiel gern dem etwa einunzwanzigminütigem "Saxophone Concerto" aus dem Album "Prepare Thyself To Deal With A Miracle" widmen. Ja, er war wohl ein wahrer Exzentriker, der sein Publikum zu unterhalten wusste.
Zunächst war er als Berufsmusiker-Sideman von solchen Jazzgrößen wie Gil Evans, Quincy Jones oder Charles Mingus und anderen. Im Jahre 1957 erschien dann sein erstes eigenes Album, "Triple Threat". Einigen dürfte es vielleicht auch bekannt sein als "Third Dimension". Bereits früh galt er als einer der Musiker, die sich zwar am Jazz orientierten, doch auch bereits begann, verschiedene Stile zu fusionieren. Neben traditionellem und modernem Jazz integrierte er wie selbstverständlich Soul Jazz, Boogie und auch gelegentliche Ausflüge in ganz freie Bereiche waren ihm nicht fremd. Und so wechselte dann auch im Laufe der Jahre der Ausdruck seiner Musik.
Nach einem Schlaganfall im Jahre 1975 musste er Einiges ändern und umstellen, er spielte nur noch mit der linken Hand, und zwei Jahre später starb er nach einem weiteren Anfall. Doch so weit gehe ich mit der mir vorliegenden Veröffentlichung nicht nach vorn, sondern ganz zurück in das Jahr 1963, als am 15. und 16. November die neun Songs dieser CD/DVD eingespielt wurden für die Fernsehstudios von Radio Bremen. Diese wurden erst im Herbst 1964 und Januar 1965 gesendet, jeweils eine der Sessions. Ja, und nun, dank MIG Music, liegen die kompletten Sessions als CD und als DVD vor, zum akustischen als auch visuellen Genuss, klar – in schwarz-weiss. Der vom "Beat Club" bekannte Michael (Mike) Leckebusch führte hier im Übrigen seine erste Regiearbeit durch, für eine Show namens "Domino". Die Originalbänder in den Archiven des Senders waren wieder aufgetaucht, und das ist sehr gut so!
Das offizielle Album "Kirk In Copenhagen" war im Oktober 1963 gerade aufgenommen worden, allerdings erst ein Jahr später veröffentlicht, also waren die Platten zu "The Roland Kirk Quartet Meets The Benny Golson Orchestra" und "Reeds & Deeds" die damals gerade aktuellen. Doch waren jeweils ganz andere Musiker beteiligt als im November 1963 in Bremen. Zwei Schweizer und ein Franzose stellten nun die Begleiter. Die Playlist setzte sich zusammen aus einigen Klassikern der Jazzgeschichte, wie "Better Git It In Your Soul" von Charles Mingus, "Domino" von Ray/Plante/Ferrari, "I Remember Clifford" von Benny Golson, und letztlich stammt nur "Three In One, Without The Oil" von Kirk (vom Album "Domino"). Denn erst später, nach diesen Aufnahmen, sollten so bekannte eigene Kompositionen folgen wie "Serenade To A Cuckoo", "I Talk With The Spirits", "Gifts And Messages", "From Bechet, Byas, And Fats" oder"Rip, Rig & Panic" .
Das wirkt sich absolut nicht auf die wirklich hervorragende Musik aus, gleich die ersten Songs präsentieren bereits eindrucksvoll die Technik der Zirkularatmung und man staunt darüber. Wirklich großartig unterstützt wird Kirk von George Gruntz am Piano, Guy Pedersen am Bass und Daniel Humair am Schlagzeug. Und vor allem ist es diese explosive Frische, die förmlich aus den Boxen quillt, und wenn es dann gemächlich abgeht mit "Tenderly", dann kann der Protagonist glänzen mit seinem Spiel auf mehreren Instrumenten. Auf dem Tenorsaxofon legt er ein sehr einfühlsames Solo vor, sehr emotional und sehr berührend, rasant fliegt es dann mit "Three In One, Without The Oil" und auch hier wieder der abwechslungsreiche Klangteppich, ständige Wechsel, plötzlich ein total irres Flötensolo, von dem sich Ian Anderson eine Scheibe abschneiden könnte, doch alles wird ganz rasch und spontan abgewickelt in diesem mit 2:21 Minuten sehr kurzen Song. Und so war Kirk allein mit seinen Soloinstrumenten wie Flöte und Tenorsaxofon ganz hervorragend in seiner kraftvollen und emotionalen Ausrichtung!
Es folgt die "Session 2", nur "Domino" wird noch einmal, etwa zwei Minuten länger, vorgestellt. Die übrigen drei Stücke beinhalten dann erneut alle raffinierten Spielarten und Tricks des Protagonisten, der es versteht, rasche Wechsel durchzuführen. Offensichtlich hat sich übrigens ein 'Fehlerteufel' eingeschlichen, denn als Track neun ist "There Will Never Be Another You" aufgeführt; doch tatsächlich sagt Kirk den Titel "Three For The Festival" an, eine eigene Nummer seines Albums "We Free Kings". Passt man jedoch ganz genau auf, dann ist "There Will Never Be Another You" doch enthalten, als Track acht. Offensichtlich fehlt der Song "I Remember Clifford"!
Ja, und nun bietet sich wirklich an, sich die Sessions auf der DVD anzuschauen. Auf einem recht kleinen Rondell müssen sich Kirk, der Bassist und der Drummer den Platz teilen, nur das Piano wurde separat platziert. Es ist einfach unglaublich, zu sehen, wie Kirk seine Techniken des Spiels praktiziert, wenn er gleich drei Instrumente in Gebrauch hat. Apropos Technik, auch die Techniker von Radio Bremen kann man fein beobachten, vom Kameramann und jenem Mitarbeiter, der auf dem Boden kriechend mit langen Kabeln hantiert, und ein Mikrofon wandert umher vor der Bühne, ja, so war es damals halt.
Zwar mag Roland Kirk der Star dieser Show sein, ohne Frage, doch sollte das nicht die hervorragend agierende Band hintenan stellen, denn miteinander wird hier kreiert, das sieht, hört und spürt man ständig! Herrlich, bei "Better Git It in Your Soul" singt Kirk die Titelmelodie des Songs vor, und Bassist Pedersen übernimmt das Thema dann sofort, und Kirk mit seiner typischen Art ’spricht' dazu zwischen Singen und Schreien einige Worte, einige scheinen politischen Inhalts zu sein, und dann wieder drei Instrumente gleichzeitig. Dass er nicht auch noch die Nase dazu genutzt hat … das wäre doch was, oder?
Auf jeden Fall war es ein Glücksgriff, diese Aufnahmen wieder auszugraben, nicht nur ihres historischen Werts wegen, sondern auch, weil die Aufnahmequalität hervorragend ist! DANKE!
Roland Kirk (tenorsax, manzello, stritch, flute, nose flute, sirens, horns)
George Gruntz (piano)
Guy Pedersen (bass)
Daniel Humair (drums)
(laut Angabe):
Session 1
Domino [take 1] (5:20)
Sister Sadie (6:52)
Tenderly (4:25)
Better Git It In Your Soul (5:50)
Three In One, Without The Oil (2:21)
Session 2:
Domino [take 2] (7:35)
Blues For Alice (3:43)
I Remember Clifford (3:43)]
There Will Never Be Another You (3:02) [Three For The Festival)
