Wales, kleines Land, knapp 3,5 Mio Einwohnern; und selbst darunter sind noch eine Menge 'bloody English'.
Politisch nie unabhängig, wirtschaftlich wärs auch nicht möglich.
Früher gab es immerhin etwas Schiffbau und die Kohle, auch walisischer Schiefer wurde in alle Welt exportiert,
aber daneben quasi nur Landwirtschaft.
Schafe und Schäferhunde (die letzteren Weltklasse im Gewinnen von Trophäen) beherrschen das Bild.
'Selbstständig' ist Wales nur im Fußball und im Rugby Union. Beim 15er (und ursprünglichen) Rugby gehören sie
seit 120 jahren zu den Weltbesten (!) und gewannen die jährlichen 6-Nations (früher 5-Nations) schon 21 mal.
Und wohl nirgends in der Welt gibts so viele liebevoll restaurierte Dampflokomotiven(!)
(Grand Funk Railroad würden sich zu Hause fühlen; Zugenthusiasten auch).
Viele weltbekannte Waliser wollen einem nicht einfallen, bis vielleicht auf den National-Poeten Dylan Thomas
(nachdem sich..., ja, wer mag es wohl gewesen sein... ein gewisser amerikanischer Musiker benannte).
Ein keltisches Volk mit eigener Sprache, aber während das Irische und Gälische sehr nah verwandte Dialekte sind,
ist das walisische völlig anders: man ist eben immer etwas 'anders', vielleicht aus Frack.
So auf sich alleine gestellt, entwickelten die Waliser eine noch ausgeprägtere Art der 'Self Depracation', als sie schon
in Rest-UK und Irland zum guten Ton gehört.
Der Begriff ist im deutschen nicht wirklich übersetzbar; man versteht darunter das Sich-Selbst-Nicht-Zu-Wichtig-Nehmen;
nicht anzugeben, keine großen Töne zu spucken und eigene Erfolge kleinzureden. Ein Angriff im Sinne von
'Wer glaubt Ihr denn überhaupt zu sein' ist somit unmöglich.
Self Deprecation ist auch wichtiges Element des famosen und hochgeschätzten waliser Humors, dessen Ergüsse
in einem der musikalichsten Dialekte dargebracht werden, die man in UK oder Irland zu hören bekommt.
Wo aber der Dialekt schon musikalisch ist, muß man nicht unbedingt noch mit eigenen Bands einen draufsetzen
und deshalb gab es nie allzuviele Namen, die uns seit der Beatles-Zeit bekannt wurden. Vielleicht auch, weil Farmer ganz andere Themen haben (Schäferhunde?) als Rock'n'Roll..... und es mit Cardiff (350,000) und Swansea (250,000) nur zwei
größere Städte gibt, in der sich eine Szene entwickeln konnte.
Amen Corner, Love Sculpture (mit Dave Edmunds)...; viel mehr gabs in den 60ern nicht.
So war Swansea 1968 Gründungsort der 'Menschheit', deren Mitglieder sich aus zwei seit 1964 aktiven
Pop-/Beat-Bands, The Dream und The Bystanders, rekrutierten. Beide Bands spielten ein paar Singles ein, bei den 'Drumherum-Stehenden' Bystanders hatte es sogar zu ein paar kleinen Hits gereicht, aber trotz ihres bescheidenen
und selbstironischen Namens wollte man weg vom seichten Pop.
Das basierte auf persönlichen musikalischen Vorlieben, denn Deke Leonard (Git., ex-Dream) und Micky Jones
(Git., ex-Bystanders) waren Fans der in voller Blüte stehen San Francisco-Szene und ganz besonders von Quicksilver (Messengers Service) und deren superbem Sechs-Saiten-Dompteur John Cipollina. Dabei waren QMS auch noch nicht
lange im Geschäft, trotzdem reichte es, um Deke, Micky und den Rest der 'Menschheit' zu faszinieren.
Eine *opie wurden MAN aber keinesfalls, denn die Jungs sprudelten über vor eigenen Ideen und ihre Debut-lp ging
eher in Richtung UK-Psychedelia. 'Revelation' war genau das: eine Offenbarung: trippige Texte, Soundeffekte,
eine Orgel aus dem Jenseits, aber auch schon einige erste Jams, z.b.
'Sudden Life' https://www.youtube.com/watch?v=oFXO8a0frOI,
ein weiterer Favorit für eher pubertäre Fans war 'Erotica', weil sich dort unter unablässigem Stöhnen ein Mädel
einen Orgasmus verpaßte (lief in Deutschland in allen 'Underground-Diskotheken').
Vielleicht wollte man sich über 'Je t’aime … moi non plus' von Serge Gainsbourg/Jane Birkin lustig machen...?.
Musikalisch jedenfalls gings in eine völlig andere Richtung: orgeldominierte Psychedelia mit Doppelgitarre war das.
Schon 6 Monate später kam die zweite LP heraus und unterstrich erneut, daß MAN keinerlei Allüren hatten:
geboten wurden nur '2 Ozs Of Plastic With A Hole In The Middle', und verschwieg damit der ignoranten Öffentlichkeit,
daß auch dieses Werk ein immer noch etwas psychedelischer Volltreffer war. Da stand 'The Storm' ins Haus und
man wurde mit intensivem Möwengeschrei (auf Micky's Gibson) darauf eingestimmt.... ein sensationelles Stück,
bei dem heute noch die (wohlige) Gänsehaut aufgeht.
https://www.youtube.com/watch?v=mOFjBZlRBbo
Pornographie war mit der Sperma-Box ('Spunk-Box') auch noch einmal dabei; im Radio durfte dieser weitere Beweis
perlenden walisischen Humors natürlich nicht gespielt werden.
https://www.youtube.com/watch?v=x-gsYjeAjEI
Ein Jahr später begannen die unzähligen Besetzungswechsel von denen aus Platzmangel nur zu nennen ist:
Martin Ace übernahm zum ersten Mal den Bass, den er in Zukunft immer mal wieder und dann wieder nicht
spielen sollte; wobei er auch als Unterhalter die Stimmung anheizte.
Die 3. LP, einfach nur 'Man' war dann die erste in jenem prägenden Stil, den man die nächsten 5-6 Jahre immer
ausgefeilter zu hören bekam. Jedes einzelne Stück ein Fan-Favorit; West Coast Gitarrenrock mit lockeren Gitarrenjams
und ganz unvergleichlichen Melodiebögen.
Gelegentlich etwas Boogie oder Country Rock lockerte die Sache auf. Der Schalk fehlte auch nicht:
'Would The Christians Wait Five Minutes, The Lions Are Having A Draw' hieß einer der Jams.
https://www.youtube.com/watch?v=ej5YLYnl98A
Mit 'Do You Like It Here Now, Are You Settling In' hatten MAN ihren Stil endgültig gefunden und etabliert;
erneut eine Scheibe voller zukünftiger Konzertfavoriten:
'Angel Easy' https://www.youtube.com/watch?v=mzIAHh1cENQ ; 'All Good Clean Fun'; oder
'Many Are Called But Few Get Up'. https://www.youtube.com/watch?v=dygj6iphbKs
Nach vier schon voll überzeugenden Studio-LPs, die eine beständige Fangemeinde gefunden hatten,
wurde noch weiter draufgesetzt; und das gleich viermal hintereinander: Be Good To Yourself
(zum ersten Mal ohne Deke) lieferte 4 lange Jams, die nun abwechselnd by praktisch jeder Show
gespielt wurden; speziell 'Bananas' muß unbedingt auf jeder der vielen Live-LPs zu finden sein.
https://www.youtube.com/watch?v=DeBYD4aQUxA
Eine Inselscheibe nicht nur für mich....
Danach eine Doppel-LP mit wieder einmal skurilem Titel, 'Back Into The Future'; hauptsächlich
hörte man Gitarrenrock mit diversen komplexen Einlagen; zur Hälfte Live eingespielt.
Titelstück: https://www.youtube.com/watch?v=Zo7mcI-78JA
Sogar etwas Synthie (Phil Ryan) konnten sie sich leisten, ohne das Werk kaputtzuschlieren.
Selbst einen Bergmanns-Chor (walisisch singend) hatte man für ein Stück engagiert und das unglaubliche:
Es PASSTE!
Schließlich noch die schon anderswo vorgestellte Rhinos, Winos, and Lunatics, bevor zum guten Schluß
der Man-Hochphase eine relativ unkomplizierte Rock'n'Roll-Scheibe eingespielt wurde.
Vielleicht etwas hinter allen vorherigen Werken zurückstehend, aber immer noch von den Fans abgefeiert.
Hard Way To Die: https://www.youtube.com/watch?v=Oby4KyNucoM
Ja und dann... endlich... kam die Legende John Cippolina nach Wales um der Special Guest einer Tournee und
daraus folgender Live-LP zu sein. 'Maximum Darkness' war dann tatsächlich einLive-Erlebnis aus einem Guss;
jedenfalls soweit es die Waliser Musiker betraf. Nur die Legende wurde zu einem Totalausfall: pausenlos zugedröhnt
war er und die meisten seine Gitarrenparts so unbrauchbar, das Mickey sie neu einspielen mußte.
Was auch allerbestens gelang.
Man's Achtung für Cippolina erlitt allerdings einen herben Dämpfer.
7171-551: https://www.youtube.com/watch?v=8qBcE9btIa0
Nun waren alle wirklichen Klassiker eingespielt; nie wieder sollte der 'Menschheit' solche musikalischen Höhenflüge
gelingen. Die nächste LP; 'The Welsh Connection', war ganz nett, mehr aber nicht.
Schließlich gab es eine 15-jährige Pause; unterbrochen nur durch eine weitere Live-LP und spätere Studio-Projekte
mit wechselnden Musikern.
Gelegentlich hörte man ein prima Stück, aber der jeweilige LP-Rest konnte nur wenig überzeugen.
Deke stieg endgültig aus, Mickey wurde dahingerafft und Martin Ace machte mit Söhnen ehemaliger
Mitspieler weiter. Das konnte Fans der frühen Stunden aber längst nicht mehr interessieren;
'unsere' MAN waren das nimmermehr.
Um die Faszination zu verstehen, Folgendes:
MAN lieferten einen Stil, der in den Gitarren und Keyboards zu gleichen Teilen komplex und doch wieder leicht
verträglich war; Dope-Raucher, die einfach nur sitzen und zuhören wollten kamen genau so auf ihre Kosten, wie jene,
die Abtanzen wollten.
Progressive Klänge (im URSPRÜNGLICHEN Sinn des Adjektivs), Boogies, Rocker, auch schon mal Ländlicher-/Country-Rock,
in frühen Tagen auch schon mal einen (garantiert nicht störenden) Synthie-Spritzer...
Alles sehr im alten San Francisco-Stil; a la Quicksilver, Grateful Dead, Airplane.
Es gab immer viel Kommunikation und Interaktion mit den Fans, dabei immer wieder diese Self Depracation in den Vordergrund stellend. Großmäuligkeit oder Skandale... da muß man bei anderen Bands suchen.
Gelegentlich gabs Konzertpausen, damit der frühe und dann wieder spätere Bassist Martin Ace, der überzeugt war,
perfektes Deutsch zu sprechen, Witze erzählen konnte (leider spreche ich kein perfektes Deutsch und hab also nix verstanden....ha-ha).
Statt schwerer Drogen oder Alkohol nahmen sie lieber ein Pfeifchen, blieben aber bei den Konzerten immer kohärent
(mit Ausnahme, vielleicht, von Martin Ace, ha-ha).
In Deutschland spielten sie regelmäßig, vor allem auch in Bonn, wo man eine große Anhängerschaft besaß.
Dazu gab es eine ganze Reihe von Freundes-Bands, u.a. Nektar (die auch ständig in Bonn spielten), Message, Help Yourself, Brinsley Schwarz, Ducks DeLuxe oder Krokodil (denn in der Schweiz waren sie auch immer willkommen und Krokodil
klangen sehr nach ihren Vorbildern).
Schon kurz nach der Gründung traten Man zum ersten Mal im Beatclub auf; viele weitere TV-Auftritte folgten und
vieles davon kann man auf DVDs noch heute nachvollziehen.
In UK wurden sie erst nach einigen Jahren populär; Isle Of Wight war nicht, aber bei vielen anderen Festivals
waren sie genau so gerne gesehen, wie in Deutschland. Hier fanden sie den Freundeskreis vor allem unter den
ZigZag-Lesern (wo auch alle ihrer Freundesbands populär waren) und im 'Old Grey Whistle Test' der BBC.
An einem schlechten Tag waren sie 'sehr gut', an einem guten aber schlichtweg fantastisch.
So fantastisch, daß die Gefahr einer Maulsperre bestand..., also Mund zu und durchatmen.
Jeder Fan hatte seine eigenen Man-Geschichten zu erzählen.
Mickey und Deke sind nun schon lange nicht mehr hier, aber diesen Riesenspaß, den man an ihnen und ihren Klängen
hatte und auch diese intensive Kommunikation.... nun, davon kann man noch ewig zehren.
Übrigens:
Deke hinterließ vier oder fünf biographische Bücher, hauptsächlich über seine Zeit bei MAN (kein Ghostwriter benötigt!),
zwei stehen hier im Regal und sind voller Fakten, aber auch Anekdoten und amüsanten Begebenheiten; natürlich immer
auch mit allergrößter Self Depracation formuliert.
'Rhinos, Winos & Lunatics' (nach der gleichnamigen LP) war die erste und überall mit Lob bedachte Abhandlung über die gravierendste Zeit der Band. Für an sehr-humorvoller-Geschichte-Interessierte eine absolute Empfehlung.
1969 – Revelation
1969 – 2 Ozs of Plastic (with a Hole in the Middle)
1970 – Man
1971 – Do You Like It Here Now, Are You Settling In?
1972 – Live at the Padget Rooms, Penarth
(3 lange Jams; damals nur 1000 Stück für Fans, nun schon lange als reguläre CD erhältlich)
1972 – Be Good to Yourself at Least Once a Day
1973 – Christmas at the Patti (X-mas-Party mit befreundeten Bands; u.a. Help Yourself, Ducks DeLuxe)
1973 – Back Into the Future
1974 – Rhinos, Winos & Lunatics
1974 – Slow Motion
1975 – Maximum Darkness
1976 – The Welsh Connection
1976 – Alls Well That Ends Well
1983 – Friday 13th
1991 – The Twang Dynasty
1995 – Call Down the Moon
1998 – 1998 at the Star Club
2000 – Endangered Species
2002 – Down Town Live
2002 – Undrugged
2006 – Diamonds & Coal
2009 – Kingdom of Noise
2015 – Reanimated Memories
2022 – Life On The Road: On Air 1972 - 1983
Archivalben und autorisierte Bootlegs
1992 – To Live for to Die (aufgenommen 1970; veröffentlicht als The Honest One)
1998 – Live at the Rainbow 1972
1998 – The 1999 Party Tour (aufgenommen 1974)
1998 – Live in London 1975
1993 – Live at Reading '83 (aufgenommen 1983)
1998 – Greasy Trucker Party (1972 als Doppel-LP veröffentlicht mit Brinsley Schwarz und Hawkwind)
Politisch nie unabhängig, wirtschaftlich wärs auch nicht möglich.
Früher gab es immerhin etwas Schiffbau und die Kohle, auch walisischer Schiefer wurde in alle Welt exportiert,
aber daneben quasi nur Landwirtschaft.
Schafe und Schäferhunde (die letzteren Weltklasse im Gewinnen von Trophäen) beherrschen das Bild.
'Selbstständig' ist Wales nur im Fußball und im Rugby Union. Beim 15er (und ursprünglichen) Rugby gehören sie
seit 120 jahren zu den Weltbesten (!) und gewannen die jährlichen 6-Nations (früher 5-Nations) schon 21 mal.
Und wohl nirgends in der Welt gibts so viele liebevoll restaurierte Dampflokomotiven(!)
(Grand Funk Railroad würden sich zu Hause fühlen; Zugenthusiasten auch).
Viele weltbekannte Waliser wollen einem nicht einfallen, bis vielleicht auf den National-Poeten Dylan Thomas
(nachdem sich..., ja, wer mag es wohl gewesen sein... ein gewisser amerikanischer Musiker benannte).
Ein keltisches Volk mit eigener Sprache, aber während das Irische und Gälische sehr nah verwandte Dialekte sind,
ist das walisische völlig anders: man ist eben immer etwas 'anders', vielleicht aus Frack.
So auf sich alleine gestellt, entwickelten die Waliser eine noch ausgeprägtere Art der 'Self Depracation', als sie schon
in Rest-UK und Irland zum guten Ton gehört.
Der Begriff ist im deutschen nicht wirklich übersetzbar; man versteht darunter das Sich-Selbst-Nicht-Zu-Wichtig-Nehmen;
nicht anzugeben, keine großen Töne zu spucken und eigene Erfolge kleinzureden. Ein Angriff im Sinne von
'Wer glaubt Ihr denn überhaupt zu sein' ist somit unmöglich.
Self Deprecation ist auch wichtiges Element des famosen und hochgeschätzten waliser Humors, dessen Ergüsse
in einem der musikalichsten Dialekte dargebracht werden, die man in UK oder Irland zu hören bekommt.
Wo aber der Dialekt schon musikalisch ist, muß man nicht unbedingt noch mit eigenen Bands einen draufsetzen
und deshalb gab es nie allzuviele Namen, die uns seit der Beatles-Zeit bekannt wurden. Vielleicht auch, weil Farmer ganz andere Themen haben (Schäferhunde?) als Rock'n'Roll..... und es mit Cardiff (350,000) und Swansea (250,000) nur zwei
größere Städte gibt, in der sich eine Szene entwickeln konnte.
Amen Corner, Love Sculpture (mit Dave Edmunds)...; viel mehr gabs in den 60ern nicht.
So war Swansea 1968 Gründungsort der 'Menschheit', deren Mitglieder sich aus zwei seit 1964 aktiven
Pop-/Beat-Bands, The Dream und The Bystanders, rekrutierten. Beide Bands spielten ein paar Singles ein, bei den 'Drumherum-Stehenden' Bystanders hatte es sogar zu ein paar kleinen Hits gereicht, aber trotz ihres bescheidenen
und selbstironischen Namens wollte man weg vom seichten Pop.
Das basierte auf persönlichen musikalischen Vorlieben, denn Deke Leonard (Git., ex-Dream) und Micky Jones
(Git., ex-Bystanders) waren Fans der in voller Blüte stehen San Francisco-Szene und ganz besonders von Quicksilver (Messengers Service) und deren superbem Sechs-Saiten-Dompteur John Cipollina. Dabei waren QMS auch noch nicht
lange im Geschäft, trotzdem reichte es, um Deke, Micky und den Rest der 'Menschheit' zu faszinieren.
Eine *opie wurden MAN aber keinesfalls, denn die Jungs sprudelten über vor eigenen Ideen und ihre Debut-lp ging
eher in Richtung UK-Psychedelia. 'Revelation' war genau das: eine Offenbarung: trippige Texte, Soundeffekte,
eine Orgel aus dem Jenseits, aber auch schon einige erste Jams, z.b.
'Sudden Life' https://www.youtube.com/watch?v=oFXO8a0frOI,
ein weiterer Favorit für eher pubertäre Fans war 'Erotica', weil sich dort unter unablässigem Stöhnen ein Mädel
einen Orgasmus verpaßte (lief in Deutschland in allen 'Underground-Diskotheken').
Vielleicht wollte man sich über 'Je t’aime … moi non plus' von Serge Gainsbourg/Jane Birkin lustig machen...?.
Musikalisch jedenfalls gings in eine völlig andere Richtung: orgeldominierte Psychedelia mit Doppelgitarre war das.
Schon 6 Monate später kam die zweite LP heraus und unterstrich erneut, daß MAN keinerlei Allüren hatten:
geboten wurden nur '2 Ozs Of Plastic With A Hole In The Middle', und verschwieg damit der ignoranten Öffentlichkeit,
daß auch dieses Werk ein immer noch etwas psychedelischer Volltreffer war. Da stand 'The Storm' ins Haus und
man wurde mit intensivem Möwengeschrei (auf Micky's Gibson) darauf eingestimmt.... ein sensationelles Stück,
bei dem heute noch die (wohlige) Gänsehaut aufgeht.
https://www.youtube.com/watch?v=mOFjBZlRBbo
Pornographie war mit der Sperma-Box ('Spunk-Box') auch noch einmal dabei; im Radio durfte dieser weitere Beweis
perlenden walisischen Humors natürlich nicht gespielt werden.
https://www.youtube.com/watch?v=x-gsYjeAjEI
Ein Jahr später begannen die unzähligen Besetzungswechsel von denen aus Platzmangel nur zu nennen ist:
Martin Ace übernahm zum ersten Mal den Bass, den er in Zukunft immer mal wieder und dann wieder nicht
spielen sollte; wobei er auch als Unterhalter die Stimmung anheizte.
Die 3. LP, einfach nur 'Man' war dann die erste in jenem prägenden Stil, den man die nächsten 5-6 Jahre immer
ausgefeilter zu hören bekam. Jedes einzelne Stück ein Fan-Favorit; West Coast Gitarrenrock mit lockeren Gitarrenjams
und ganz unvergleichlichen Melodiebögen.
Gelegentlich etwas Boogie oder Country Rock lockerte die Sache auf. Der Schalk fehlte auch nicht:
'Would The Christians Wait Five Minutes, The Lions Are Having A Draw' hieß einer der Jams.
https://www.youtube.com/watch?v=ej5YLYnl98A
Mit 'Do You Like It Here Now, Are You Settling In' hatten MAN ihren Stil endgültig gefunden und etabliert;
erneut eine Scheibe voller zukünftiger Konzertfavoriten:
'Angel Easy' https://www.youtube.com/watch?v=mzIAHh1cENQ ; 'All Good Clean Fun'; oder
'Many Are Called But Few Get Up'. https://www.youtube.com/watch?v=dygj6iphbKs
Nach vier schon voll überzeugenden Studio-LPs, die eine beständige Fangemeinde gefunden hatten,
wurde noch weiter draufgesetzt; und das gleich viermal hintereinander: Be Good To Yourself
(zum ersten Mal ohne Deke) lieferte 4 lange Jams, die nun abwechselnd by praktisch jeder Show
gespielt wurden; speziell 'Bananas' muß unbedingt auf jeder der vielen Live-LPs zu finden sein.
https://www.youtube.com/watch?v=DeBYD4aQUxA
Eine Inselscheibe nicht nur für mich....
Danach eine Doppel-LP mit wieder einmal skurilem Titel, 'Back Into The Future'; hauptsächlich
hörte man Gitarrenrock mit diversen komplexen Einlagen; zur Hälfte Live eingespielt.
Titelstück: https://www.youtube.com/watch?v=Zo7mcI-78JA
Sogar etwas Synthie (Phil Ryan) konnten sie sich leisten, ohne das Werk kaputtzuschlieren.
Selbst einen Bergmanns-Chor (walisisch singend) hatte man für ein Stück engagiert und das unglaubliche:
Es PASSTE!
Schließlich noch die schon anderswo vorgestellte Rhinos, Winos, and Lunatics, bevor zum guten Schluß
der Man-Hochphase eine relativ unkomplizierte Rock'n'Roll-Scheibe eingespielt wurde.
Vielleicht etwas hinter allen vorherigen Werken zurückstehend, aber immer noch von den Fans abgefeiert.
Hard Way To Die: https://www.youtube.com/watch?v=Oby4KyNucoM
Ja und dann... endlich... kam die Legende John Cippolina nach Wales um der Special Guest einer Tournee und
daraus folgender Live-LP zu sein. 'Maximum Darkness' war dann tatsächlich einLive-Erlebnis aus einem Guss;
jedenfalls soweit es die Waliser Musiker betraf. Nur die Legende wurde zu einem Totalausfall: pausenlos zugedröhnt
war er und die meisten seine Gitarrenparts so unbrauchbar, das Mickey sie neu einspielen mußte.
Was auch allerbestens gelang.
Man's Achtung für Cippolina erlitt allerdings einen herben Dämpfer.
7171-551: https://www.youtube.com/watch?v=8qBcE9btIa0
Nun waren alle wirklichen Klassiker eingespielt; nie wieder sollte der 'Menschheit' solche musikalischen Höhenflüge
gelingen. Die nächste LP; 'The Welsh Connection', war ganz nett, mehr aber nicht.
Schließlich gab es eine 15-jährige Pause; unterbrochen nur durch eine weitere Live-LP und spätere Studio-Projekte
mit wechselnden Musikern.
Gelegentlich hörte man ein prima Stück, aber der jeweilige LP-Rest konnte nur wenig überzeugen.
Deke stieg endgültig aus, Mickey wurde dahingerafft und Martin Ace machte mit Söhnen ehemaliger
Mitspieler weiter. Das konnte Fans der frühen Stunden aber längst nicht mehr interessieren;
'unsere' MAN waren das nimmermehr.
Um die Faszination zu verstehen, Folgendes:
MAN lieferten einen Stil, der in den Gitarren und Keyboards zu gleichen Teilen komplex und doch wieder leicht
verträglich war; Dope-Raucher, die einfach nur sitzen und zuhören wollten kamen genau so auf ihre Kosten, wie jene,
die Abtanzen wollten.
Progressive Klänge (im URSPRÜNGLICHEN Sinn des Adjektivs), Boogies, Rocker, auch schon mal Ländlicher-/Country-Rock,
in frühen Tagen auch schon mal einen (garantiert nicht störenden) Synthie-Spritzer...
Alles sehr im alten San Francisco-Stil; a la Quicksilver, Grateful Dead, Airplane.
Es gab immer viel Kommunikation und Interaktion mit den Fans, dabei immer wieder diese Self Depracation in den Vordergrund stellend. Großmäuligkeit oder Skandale... da muß man bei anderen Bands suchen.
Gelegentlich gabs Konzertpausen, damit der frühe und dann wieder spätere Bassist Martin Ace, der überzeugt war,
perfektes Deutsch zu sprechen, Witze erzählen konnte (leider spreche ich kein perfektes Deutsch und hab also nix verstanden....ha-ha).
Statt schwerer Drogen oder Alkohol nahmen sie lieber ein Pfeifchen, blieben aber bei den Konzerten immer kohärent
(mit Ausnahme, vielleicht, von Martin Ace, ha-ha).
In Deutschland spielten sie regelmäßig, vor allem auch in Bonn, wo man eine große Anhängerschaft besaß.
Dazu gab es eine ganze Reihe von Freundes-Bands, u.a. Nektar (die auch ständig in Bonn spielten), Message, Help Yourself, Brinsley Schwarz, Ducks DeLuxe oder Krokodil (denn in der Schweiz waren sie auch immer willkommen und Krokodil
klangen sehr nach ihren Vorbildern).
Schon kurz nach der Gründung traten Man zum ersten Mal im Beatclub auf; viele weitere TV-Auftritte folgten und
vieles davon kann man auf DVDs noch heute nachvollziehen.
In UK wurden sie erst nach einigen Jahren populär; Isle Of Wight war nicht, aber bei vielen anderen Festivals
waren sie genau so gerne gesehen, wie in Deutschland. Hier fanden sie den Freundeskreis vor allem unter den
ZigZag-Lesern (wo auch alle ihrer Freundesbands populär waren) und im 'Old Grey Whistle Test' der BBC.
An einem schlechten Tag waren sie 'sehr gut', an einem guten aber schlichtweg fantastisch.
So fantastisch, daß die Gefahr einer Maulsperre bestand..., also Mund zu und durchatmen.
Jeder Fan hatte seine eigenen Man-Geschichten zu erzählen.
Mickey und Deke sind nun schon lange nicht mehr hier, aber diesen Riesenspaß, den man an ihnen und ihren Klängen
hatte und auch diese intensive Kommunikation.... nun, davon kann man noch ewig zehren.
Übrigens:
Deke hinterließ vier oder fünf biographische Bücher, hauptsächlich über seine Zeit bei MAN (kein Ghostwriter benötigt!),
zwei stehen hier im Regal und sind voller Fakten, aber auch Anekdoten und amüsanten Begebenheiten; natürlich immer
auch mit allergrößter Self Depracation formuliert.
'Rhinos, Winos & Lunatics' (nach der gleichnamigen LP) war die erste und überall mit Lob bedachte Abhandlung über die gravierendste Zeit der Band. Für an sehr-humorvoller-Geschichte-Interessierte eine absolute Empfehlung.
1969 – Revelation
1969 – 2 Ozs of Plastic (with a Hole in the Middle)
1970 – Man
1971 – Do You Like It Here Now, Are You Settling In?
1972 – Live at the Padget Rooms, Penarth
(3 lange Jams; damals nur 1000 Stück für Fans, nun schon lange als reguläre CD erhältlich)
1972 – Be Good to Yourself at Least Once a Day
1973 – Christmas at the Patti (X-mas-Party mit befreundeten Bands; u.a. Help Yourself, Ducks DeLuxe)
1973 – Back Into the Future
1974 – Rhinos, Winos & Lunatics
1974 – Slow Motion
1975 – Maximum Darkness
1976 – The Welsh Connection
1976 – Alls Well That Ends Well
1983 – Friday 13th
1991 – The Twang Dynasty
1995 – Call Down the Moon
1998 – 1998 at the Star Club
2000 – Endangered Species
2002 – Down Town Live
2002 – Undrugged
2006 – Diamonds & Coal
2009 – Kingdom of Noise
2015 – Reanimated Memories
2022 – Life On The Road: On Air 1972 - 1983
Archivalben und autorisierte Bootlegs
1992 – To Live for to Die (aufgenommen 1970; veröffentlicht als The Honest One)
1998 – Live at the Rainbow 1972
1998 – The 1999 Party Tour (aufgenommen 1974)
1998 – Live in London 1975
1993 – Live at Reading '83 (aufgenommen 1983)
1998 – Greasy Trucker Party (1972 als Doppel-LP veröffentlicht mit Brinsley Schwarz und Hawkwind)