Mad River - Mad River (1968)

 
YETI
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Mad River - Mad River (1968)

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Gepostet: 10.12.2021 - 20:50 Uhr  ·  #1


Mad River waren einzigartig unter den Bands an der US-Westküste.
In der knapp 4-jährigen Zeit ihres Bestehens, veröffentlichte die Gruppe eine EP und zwei LPs auf Capitol Records.
Es werden oft Vergleiche mit Country Joe and the Fish oder den Quicksilver Messenger Service gezogen aber Mad River waren rauer und düsterer als die meisten anderen Bands aus der Frisco-Szene.

Lawrence Hammond war der Leadsänger, Songwriter und Bassist von Mad River.
Hammond wurde in Berkeley geboren, verbrachte seine Kindheit jedoch im mittleren Westen, wo er vor allem durch Country- und Folk-Musik geprägt wurde.
Mitte der 60er Jahre besuchte er das Antioch College in Yellow Springs, Ohio wo auch ein Fluss namens Mad River der Band seinen Namen gibt.
Hier begann er Medizin zu studieren und traf die zukünftigen Mitglieder von Mad River.
Die Gruppe hatte, als eine der wenigen Rockbands, 1965 Auftritte in ganz Ohio.
Um es kurz zu machen, die Gruppe war frustriert von ihren vergeblichen Bemühungen ein Publikum zu finden und packte ihre 7 Sachen und zog nach der progressiv gesinnten Bay Area in Kalifornien.
Zunächst in Haigth Ashbury dann in Berkeley lebten folgende Musiker als Musikkommune unter einem Dach:

David Robinson (Leadgitarre)
Thomas Manning (Gesang und 12-saitige Gitarre)
Gregory Dewey (Schlagzeug)
Rick Bochner (2. Lead-Gitarre und Gesang)
Lawrence Hammond (Bass und Lead) Gesang).

Mad River führten einen kargen Lebensstil und drückten ihr antikapitalistisches, politisches Engagement auch in ihren Liedern aus.
Der "Sommer der Liebe" begann und Mad River bekamen die Gelegenheit eine EP für ein lokales Label aufzunehmen –leider auf 1000 Exemplare limitiert.
Zwei der Songs wurden für ihr selbstbetiteltes Debut-Album in anderen Versionen neu eingespielt.
Erst 1968 kam die Band bei Capitol Records, zusammen mit der Steve Miller Band und den Quicksilver Messenger Service, unter Vertrag.
Die Aufnahmen gerieten chaotisch und am Ende kam die Musik in falscher Aufnahmegeschwindigkeit auf die LP wodurch die Songs leicht schneller und höher klangen.
Dennoch war es sowohl Robinsons einzigartiger, aggressiver Gitarrenstil als auch Hammonds seltsamer, zitternder Gesang, der die Leute aufhorchen ließ.
Mit explosiven Gitarrengeräuschen und schneidenden, kantigen Riffs ging die LP anders als alles andere aus der Zeit als dunkles, mysteriöses Meisterwerk der Psychedelia in die Rock-Geschichte ein.

High All The Time / Amphetamine Gazelle wurde als Single vom Album ausgekoppelt, und passt mit harten Gitarrenriffs und einem pulsierenden, hektischen Rhythmus, trotz der merkwürdigen Experimente zur aktuellen Hippiestimmung.
Es sind aber vor allem die Stücke Eastern Light, The War Goes On und Wind Chimes die durch Hammond's subtilen Gesang und Robinsons beängstigenden Gitarrensounds dem Album den Kultstatus verleihen.
Es ist die außergewöhnliche Qualität, Länge und Intensität der Gitarrensoli sowie die komplexen Kompositionen bis hin zu östlichen Tonleitern, welche eine große Herausforderung für die damaligen Hörgewohnheiten war.
Markenzeichen von Mad River wurden die verflechteten Gitarrenjams, besonders für ihre Auftritte im Avalon Ballroom und Fillmore West blieben sie in Erinnerung.
Mit so vielen Qualitäten ausgestattet ist es erstaunlich, dass diese Band nicht erfolgreicher wurde.

Zusammenfassung:
Bei Kritikern kam das Album überwiegend schlecht weg, weil man über die Bay Area hinaus für eine derartige Musik (1968) noch nicht bereit war und es wohl nicht in das übliche Schema einer "Westcoast-Platte" der damaligen Zeit passte.
Die zitternde Stimme von Lawrence Hammond (vergleichbar mit Peter Hammil) war für ein größeres Publikum zu speziell.
Das Album leidet unter Produktionsmängeln, die ich gar nicht so schlimm finde, die Band selbst, war allerdings geschockt als sie die Platte selbst hörten.
Nichtsdestotrotz sind Mad River eine San Francisco Band, die sich erst Live voll entfaltet haben.
Man muss sich in die Musik bzw. das Album richtig reinhören, dann wird man irgendwann süchtig danach.



A1 Merciful Monks Written-By – Lawrence Hammond 3:40
A2 High All The Time Written-By – Lawrence Hammond 4:04
A3 Amphetamine Gazelle Written-By – Lawrence Hammond 2:50
A4 Eastern Light Lyrics By – Greg DeweyMusic By – Lawrence Hammond 7:55

B1 Wind Chimes Written-By – Mad River 7:20
B2 War Goes On Written-By – Lawrence Hammond 12:30
B3 Hush Julian Written-By – Lawrence Hammond 1:10




freaksound
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Re: Mad River - Mad River (1968)

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Gepostet: 11.12.2021 - 11:50 Uhr  ·  #2
Hi Yeti,

danke für die schöne Rezi über eine spannende und eher unbekannte Band.
Ich denke mal, die üblichen Verdächtigen lieben Mad River und der Rest kennt die Band nicht mal.

Habe anfang der 80er die LP als Reissue gekauft wegen den lustigen Cover.
High All The Time / Amphetamine Gazelle hat mich dann ziemlich weggebeamt - acid-sound vom heftigsten.

In dem Zusammenhang interessant, deine Info zu der falschen Geschwindigkeit, das erhöht sicher noch die Besonderheit des Stückes.

Da wäre mal eine gut aufgenommene Live-Scheibe toll.
Tom Cody
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Re: Mad River - Mad River (1968)

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Gepostet: 11.12.2021 - 12:47 Uhr  ·  #3
Dieses Debütwerk der Gruppe ist mir auch gut bekannt.. Mad River hat sicherlich nicht den Bekanntheitsgrad anderer Westcoast- Bands wie Jefferson Airplane, Quicksilver Messenger Service, Grateful Dead oder Moby Grape erreicht, aber dieses Album hier würde ich schon als eine Art "Westcoast- Juwel" bezeichnen.

Yeti, vielen Dank diese äußerst informative und detaillierte Vorstellung einer Musik, die mir bestens gefällt ! :-D
badger
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Re: Mad River - Mad River (1968)

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Gepostet: 12.12.2021 - 13:12 Uhr  ·  #4
na, das ist wirklich ein ganz hervorragender aufsatz zum thema. toll beschrieben; alle wichtigen infos
sind drin. z.b. der verweis auf Berkeley, wo einige der 'etwas anderen' west coastler' herkamen;
nämlich etwas politisch motivierter und etwas weniger 'sonnig'.

speziell der vergleich mit Country Joe ist gut gewählt; hatten sie doch den gleichen manager und auch
ein von a nach b gewechseltes bandmitglied (Dewey). auch zu Kaleidoscope findet sich eine geistige
verwandtschaft.

sie müssen immer randvoll mit acid gewesen sein, man hört die entsprechenden verfremdungen auf
fast jedem stück. und die geschichte mit der ersten EP und zwei stücken darauf, die später auf der
debut-lp landeten, aber mit total falscher laufgeschwindigkeit (was sie quasi zu ganz anderen stücken
macht), ist ja wohlbekannt. bei der aufnahme und deren überarbeitung waren diesmal wohl sogar
die techniker voller 'zuckerplätzchen'.

diese debut-lp gehört mit sicherheit zum besten, was die szene zwischen San Francisco und Berkeley
zu bieten hatte und natürlich waren Mad River auch auf Haight Ashbury gern gesehene gäste.

die zweite lp hat zwar immer noch aus den rillen triefendes acid anzubieten, tut das aber in einem
stark 'countrifizierten' ton; immer noch klasse, aber doch nicht mehr so imposant, wie das debut.

nie völlig aus den hirnen der SF-fans verschwunden, gehörten Mad River zu den allerersten bands,
deren lps wiederveröffentlicht wurden; label wie Taxim hatten aber auch vorher noch genug
altbestände, um die band immer wieder in ihre vorderste 'lobes'-reihe zu stellen.

also: Danke für einen wirklich tollen beitrag.
Tom Cody
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Re: Mad River - Mad River (1968)

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Gepostet: 22.09.2024 - 14:28 Uhr  ·  #5
Zitat geschrieben von freaksound

Ich denke mal, die üblichen Verdächtigen lieben Mad River und der Rest kennt die Band nicht mal.

Es lebe die Westcoast Musik ! :D
kraut-brain
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Re: Mad River - Mad River (1968)

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Gepostet: 22.09.2024 - 15:13 Uhr  ·  #6
Nun auch einmal ein paar Zeilen von mir dazu:

Die Stadt Berkeley dürfte nicht nur damals, sondern auch heute noch ein Schmelztiegel für amerikanische Eliten sein. Insofern hat diese eigenwillig agierende Band sicherlich einen anderen Background, als viele Westcoastbands aus den bekannten sonnenumfluteten Metropolen.

Vergleiche mit Country Joe und in Teilen mit Quicksilver Messengers Service bieten sich geradezu an. Allerdings entwickelten sie einen eher schroffen und derberen Sound, den man sogleich als ihr Markenzeichen beschreiben kann und sich erheblich von den anderen Bands dieser Region unterschied. Insofern entstand ein Album voller Verfremdungen, die nicht nur die Psychelemente in den Vordergrund rückten, sondern ein Indiz dafür war, dass sich die einzelnen Bandmitglieder mit gewissen Inkredenzien berauscht hatten. Den Titel "Amphetamine Gazelle" sollte man in diesem Zusammenhang hervorheben.

Als Liveband wurde die Gruppe abgefeiert, von den Kritikern jedoch nicht. Das war sicherlich ein Grund dafür, dass sich das Pflänzchen nur bedingt entwickelte. Als ein Jahr später das Folgealbum "Paradise Bar And Grill" erschien, war es noch immer erfüllt von Acidmomenten, nur gab es jetzt eine Hinwendung zum Country.

Ich habe das Album erst Mitte der 80er kennengelernt, als Edsel Records mit einer Wiederveröffentlichung aufwartete. Und ja, ich wurde sehr von der rauhen Spielweise überrascht. Da mir aber Blue Cheer schon immer zusagten, gab es für mich einen weiteren Verbündeten von der Westküste.
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