Lyle Workman - Uncommon Measures

Inmitten der vielfältigen Ausgestaltung von Musik ist es Lyle Workman gelungen, etwas zu schaffen, das nicht alltäglich ist und so manchen Rahmen sprengt.

 
firebyrd
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Lyle Workman - Uncommon Measures

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Gepostet: 18.09.2021 - 14:29 Uhr  ·  #1
Lyle Workman - Uncommon Measures

Der in Kalifornien geborene und aufgewachsene Lyle Workman brachte sich das Gitarrespielen als Jüngling bei, als er zu Songs der Beatles mitspielte. Weitere 'Lehrstationen' waren nachfolgend Genesis, Yes, das Mahavishnu Orchestra und Miles Davis sowie aus der Klassik Maurice Ravel und Claude Debussy.

Im Bereich der Popmusik landete er einst mit einem Hit, vielleicht kennt ihn noch die/der Eine oder Andere: Bourgeois Tagg mit "I Don’t Mind At All" aus 1987. Bei jener Band spielte er seinerzeit mit. Doch wie die aktuelle Platte "Uncommon Measures" zeigt, schlägt des Protagonisten Herz auch wohl sehr für den Jazz Rock, für Fusion. Nun, in dortigen Gefilden hatte Workman ja auch schon Spuren hinterlassen, wie zum Beispiel eine Zusammenarbeit mit Tony Williams ("Wilderness") belegt. Aber auch mit Beck, Sting, Bryan Adams oder Todd Rundgren hat er gespielt und letztlich dürften alle auf die eine oder andere Weise Spuren hinterlassen haben.

Doch wie so oft umgarnen sich auch bei dieser Musik verschiedene Elemente, und wie so oft sind es Fusion/Jazz Rock und Prog Rock, die gemeinsam den Anspruch erheben im Vordergrund zu stehen, das wechselt von Song zu Song, von Passage zu Passage. Zusätzlich hat sich eine weitere Variante aus der Vergangenheit des Gitarristen eingeschlichen: seine offensichtliche Affinität zur klassischen Musik. Denn ein dreiundsechzig Köpfe starkes Orchester wirkt stilprägend mit und hat wuchtige und wichtige Spuren hinterlassen. Und durch den Einsatz dieses üppigen Klangkörpers gewinnt die ohnehin schon virtuose Musik noch einen Tick mehr an raffinierter Ausgestaltung. Ach – und wenn dann noch Marimba und Glockenspiel dazu kommen, dann meint man mitunter, einem Song von Frank Zappa zu lauschen ("Noble Savage"). An Musik von Satie erinnert mich in Richtung klassischer Orientierung die meditative Stimmung von "Labyrinth Of Love".

Als Gitarrist steht seine Handschrift natürlich auch im Vordergrund und als solcher vermag Workman Zeichen zu setzen durch sein wohlüberlegtes Spiel, virtuos und auskleidend. Und wenn es nicht die wilde E-Gitarre ist, dann verbreitet er mit ruhigen Akustikklängen in Verbindung mit dem Orchester ein bewegendes Feeling. Hier empfehle ich "Arc Of Life", das sich nachfolgend, dann jedoch orchestral mächtig steigert und ganz verspielt Fahrt aufnimmt. Dennoch, die Vielzahl der Musiker lassen nie den Eindruck erscheinen, dass 'viele Köche den Brei verderben', sondern gemeinsam wird eine geschlossene Einheit vorgelegt, die sowohl von Raffinesse, wohlgesetzten Arrangements als auch virtuosen Ausbrüchen geprägt ist.

Das Orchester verbreitet schließlich eine wahre Magie und es war ein ganz wichtiger Schritt, die Arrangements auf diese Weise aufzupeppen. Mitunter nah am Rande des Bombastischen wirken auch die zurückgenommenen Einsätze sehr einschmeichelnd für die entsprechenden Songs. Der Unterhaltungsfaktor ist jedenfalls ein sehr hoher und ich denke, dass es Workman gelingen sollte, Freunde des Jazz Rocks als auch des Prog Rocks neugierig zu machen mit seinem Werk. "Uncommon Measures" – Ungewöhnliche Maßnahmen, ja, das kann man so stehen lassen. Denn ungewöhnlich ist diese Musik, sogar außergewöhnlich, außergewöhnlich gut!

Inmitten der vielfältigen Ausgestaltung von Musik ist es Lyle Workman gelungen, etwas zu schaffen, das nicht alltäglich ist und so manchen Rahmen sprengt. Wer allerdings auf Gesang steht, der mag enttäuscht sein, hier ist nur Instrumentales zu hören.


Lyle Workman (electric & acoustic guitars, keys)
Vinnie Colaiuta (drums – #1,2)
Abe Laboriel Jr. (drums – #3)
Toss Panos (drums – #4)
Donald Barrett (drums – #5,6)
Matt Chamberlain (drums – #8)
Tim Lefebvre (bass – #1,2,5,6,8)
Dan Lutz (bass – #4)
Sam Wilkes (bass -#3)
Jeff Babko (electric piano, organ – #1,5,6, Moog solo – #1)
Greg Leisz (pedal steel – #8)
Wade Culbreath (vibes, marimba, glockenspiel – #1-3)
Katisse Buckingham (alto saxophone – #5,6)
Ron Dziubla (tenor saxophone – #5,6)
Jamie Hovorka (trumpet – #5,6)
Chris Bleth (oboe, flute, clarinet – #2)
Charlie Bisharat (violin – #1-3)

Lachsa Choir:
Aleta Braxton (choir master)
Skylar Lehr-Bryant
Leilani Patao
Rachel Goodman
Monique Ramirez
Coco Mori

63 piece orchestra conducted by John Ashton


1 North Star
2 All The Colors Of The World
3 Noble Savage
4 Arc Of Life
5 Imaginary World
6 Unsung Hero
7 Labyrinth Of Love
8 Rise And Shine
9 Our Friendship




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kraut-brain
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Re: Lyle Workman - Uncommon Measures

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Gepostet: 18.09.2021 - 16:56 Uhr  ·  #2
In der Tat beschreibst du hier ein äußerst farbenfohes und zugleich abwechslungsreiches Album, das zwischen verschiedenen Stilarten hin und her pendelt. Die orchestralen Arragements verleihen den Musikstücken noch zusätzliche Glanzpunkte. Und Gitarrespielen kann Lyle Workman auch noch.

Das Musikstück "I Don't Mind At All" sagt mir allerdings nichts, auch nicht die Bourgeois Tagg's.

Eine schöne Rezi hast du hier wieder präsentiert.
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