Valentinstag

 
Moniek
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Valentinstag

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Gepostet: 06.11.2018 - 13:41 Uhr  ·  #1
Valentinstag

Nachdenklich stand sie am Fenster und lehnte für einen Moment ihre Stirn
an das kühle Glas.
Schon zogen die Bilder aus der Vergangenheit an ihrem inneren Auge vorbei, sie konnte sich nicht dagegen wehren.
Wieder meinte sie die Stimmen ihres Mannes und ihrer zwei Kinder zu hören, im Haus, im Garten, in der Garage.
Zwei kleine Mädchen in hellen Sommerkleidern sprangen über den Rasen, hüpften immer wieder durch den Wasserstrahl des Rasensprengers.
Ein Mann – ihr Mann - stand lachend am Garagentor und schauten den beiden zu.
Und sie selbst?
Sie saß auf der Terrasse, in einem Liegestuhl und konnte die ganze Szene beobachten.
In dem Moment war sie glücklich.
Ihr Mann, den sie mit 19 auf einer Familienfeier ihrer besten Freundin kennen gelernt hatte, sah gut aus, war erfolgreich und liebte sie.
Sie bekamen nach dem Umzug ins eigene Haus zwei zauberhafte Töchter und alle waren glücklich.
Fast schon unverschämt, so glücklich zu sein.
Und dann der Valentinstag vor 2 Jahren.
Wie in jedem Jahr wurde an diesem Tag mit den Kindern etwas Besonderes unternommen, den Abend hatten dann die Eltern für sich.
Ein Besuch im Zoo sollte für die Kinder ein schönes Erlebnis werden, während Vater und Mutter den Abend in einer Show verbringen wollten, die schon sehr gut besucht war, in ihrer kleinen Stadt.
Die Ereignisse nahmen ihren Lauf.
Der 14. Februar war ein Sonntag und so konnte den ganzen Tag auf die Erlebnisse hingearbeitet werden.
Am Vormittag kam dann dieser mysteriöse Anruf.
Michael wurde sehr blass und sagte, dass er noch einmal in die Firma gehen müsse, sie würden sich dann am Eingang des Zoos treffen.
Laura zog die Kinder warm an und sie machten sich auf den Weg.
Steffi und Mara waren aufgeregt, denn sie hatten den Zoo längere Zeit nicht besucht.
Sie mussten auch nur kurz auf Michael warten. Er war wahrscheinlich noch blasser, als am Morgen, aber er versuchte, seine Späßchen zu machen.
Während sie die Wege entlang schlenderten und die Mädchen staunend und neugierig vor den einzelnen Käfigen standen, muss dieser schreckliche Plan in Michael entstanden sein.
Ahnungslos, wenn auch etwas angespannt, wegen Michaels merkwürdigem Verhalten, folgte Laura an der Seite ihres Mannes den davon stürmenden Kindern.
Nichts nahm sie richtig wahr, auch nicht das große Interesse Michaels an den riesigen Würgeschlangen und deren Haus.
Er unterhielt sich sehr intensiv mit einem Tierpfleger, den er zu kennen schien.
Laura streifte den Mann nur mit einem flüchtigen Blick und wandte sich wieder ihren Kindern zu, die drängelten und weitergehen wollten.
Später würde sie sich an die prüfenden Blicke des Mannes erinnern, an die unangenehm stechenden Augen.
Einen Moment hatte sie ihre Mädchen aus den Augen verloren. Als sie sich nach ihrem Mann umdrehte, der noch immer ins Gespräch vertieft war, hatten die beiden sich versteckt und ein paar angstvolle Minuten lang suchte sie ihre Kinder, bis sie hinter sich ein Kichern hörte. Da standen sie, direkt neben ihrem Vater.
Der Rundgang dauerte noch 2 Stunden, dann waren die Kleinen müde und auch den Erwachsenen wurde es zu ungemütlich.
Zuhause angekommen gab es erst einmal Kaffee und Kakao.
Nach dem Abendbrot tauchte auch die Babysitterin auf, ein junges Mädchen, die schon mehrmals auf die Beiden aufgepasst hatte.
Das Ehepaar machte sich auf den Weg.
Laura wäre am liebsten zu Hause geblieben, sagte das auch zu ihrem Mann, aber zu ihrem Erstaunen wurde er direkt etwas ungehalten und drängte sie fast hinaus.
Die Show war denn auch sehenswert aber so richtig genießen konnte sie es wegen Michaels merkwürdigem Verhalten nicht.
Um Mitternacht bestand sie dann darauf, dass sie nach Hause fuhren.
Sie fanden ihr Haus hell erleuchtet und gleichzeitig mit ihnen hielten zwei Polizeiwagen direkt vor der Auffahrt.
Drinnen fanden sie das junge Mädchen, weinend und kaum fähig, ein paar klare Worte zu sprechen.
Sofort trennten die Polizisten die Eltern und befragten sie und die Babysitterin einzeln.
Jetzt erfuhren die Eltern auch, dass ihre ältere Tochter verschwunden war.
Ein geheimnisvoller Anruf deutete darauf hin, dass es sich um eine Entführung handelte.
Weder das junge Mädchen, noch die jüngere Schwester hatten etwas gehört.
Mara war inzwischen auch wach geworden und hatte sich zu Laura gesetzt, ganz eng an sie gekuschelt. Sie wusste ja noch nicht, dass Steffi weg war.
Die Mutter konnte keinen klaren Gedanken fassen, sie war fast wahnsinnig vor Angst, während ihr Mann ruhig und gefasst wirkte.
Durch ein eingeschlagenes Kellerfenster waren der oder die Entführer wohl ins Haus gelangt.
Zwei Beamte blieben dort, nachdem die anderen Polizisten abgezogen waren.
Man wartete auf einen weiteren Anruf, auf Lösegeldforderungen.
Bis zum späten Vormittag passierte jedoch nichts.
Laura war einem Nervenzusammenbruch nahe, die kleine Tochter hatte die Oma abgeholt, damit sie sowenig wie möglich beunruhigt wurde.
Michael war um 8 Uhr für eine Stunde zu seinem Büro gefahren, wie er behauptete.
Die beiden Beamten, die ihm folgten, hatte er nicht bemerkt.
Den Abstecher in den Zoo registrierten sie, dann seinen Kurzbesuch in seiner Firma.
Mittags kam dann der zweite Telefonanruf.
Mit offensichtlich verstellter Stimme wurde eine Summe von 250.000 Euro gefordert, sonst würden die Eltern ihre Tochter nicht wieder sehen.
Auf Fragen kam keine Antwort, als wenn ein Band abgespult wurde.
Dann der Hinweis auf einen weiteren Anruf am nächsten Tag um die gleiche Zeit.
Der Vater hatte das Gespräch entgegengenommen, die Beamten hatten aber mitgehört.
Nach und nach kamen noch drei Beamte ins Haus. Die Eltern hatten Ausgehverbot, falls die Entführer sie beobachteten. Am Abend wurde dann der Koffer mit dem Lösegeld gebracht.
Trotz des Verbotes verschwand der Vater ganz früh am Morgen wieder für eine Stunde. Er hatte niemandem Bescheid gesagt. Abermals folgten ihm die Beamten, dieses Mal in eine Gegend am Stadtrand mit ärmlichen herunter gekommenen Häusern.
Sie ließen ihn unbehelligt wieder nach Hause fahren, blieben aber in der Nähe des schäbigen Hauses.
Mittags kam wieder ein Anruf, dann ging alles ganz schnell.
Bei der Geldübergabe wurde ein Mann festgenommen. Es war derselbe, den der Vater des Kindes am Morgen aufgesucht hatte.
Erst stellte er sich dumm und behauptete, nichts zu wissen und den Koffer nur für einen Mann in Empfang zu nehmen, den er nicht kannte und er wüsste auch nicht, was in dem Koffer wäre.
Lange hielt er aber nicht stand und belastete Michael, dass er ihn angestiftet hätte.
Dessen seltsames Verhalten war schon aktenkundig und auch er wurde unentwegt verhört.
Es dauerte noch einmal einen ganzen Tag, bis er endlich gestand.
Wo war aber das Kind?
Keiner von beiden war bereit, das Versteck zu verraten.
Wieder vergingen eine Nacht und ein Tag.
Die Beamten wechselten sich ab, die Verbrecher durften sich nicht ausruhen.
Laura bekam von all dem nichts mit. Es war schnell erwiesen, dass sie mit der Entführung nichts zu tun hatte.
Immer wieder fragte sie nach ihrem Kind und nur durch starke Beruhigungsmittel schaffte sie es noch, die Tage zu überstehen.
Glaubte sie an die Schuld ihres Mannes?
Nach und nach kam ihr wieder sein merkwürdiges Verhalten ins Gedächtnis und sie schilderte sehr genau, was alles vorgefallen war uns was sie beobachtet hatte.
Mit einer Finte brachten die Beamten schließlich den Tierpfleger zum Sprechen.
Sie behaupteten, der Vater des Kindes hätte alles gestanden und gäbe ihm die Hauptschuld an dem Verbrechen.
Das wollte der Mann nicht auf sich sitzen lassen.
Als wenn ein Damm gebrochen wäre, sprudelte alles aus ihm heraus und bevor er kapierte, dass er einem Trick auf den Leim gegangen war, hatte er auch das Versteck des kleinen Mädchens verraten.
Seit der Entführung waren jetzt fünf Tage vergangen und die Hoffnung, das kleine Mädchen unversehrt vorzufinden, war sehr gering.
Die Komplizen wurden mit Handschellen gefesselt in den Zoo geführt und brachten die Polizisten direkt zum Schlangen Gehege.
Was dort zu sehen war, trieb auch den an schlimme Bilder gewohnte Beamte die Tränen in die Augen.
Das kleine Mädchen lag mitten zwischen den Schlangen, umfangen von einer der großen Tiere, als wenn sie es warm halten wollte.
Das Kind war tot.
Steffi war in einer Kammer, hinter dem Schlangenkäfig, versteckt gewesen, ruhig gehalten mit Medikamenten.
Als dann niemand mehr zu ihr kam, weil der Pfleger ja schon in Haft war, hatte sie wohl den Schieber gefunden und war in den anderen Raum gekrochen, ohne zu wissen, was sich dort hinter befand.
Michael brach weinend zusammen und auch sein Komplize war leichenblass geworden.
Als man der Mutter die Nachricht überbrachte, erlitt sie einen Nervenzusammenbruch.
In der anschließenden Gerichtsverhandlung gab der Vater zu, dass die Entführung von ihm geplant war. Er brauchte das Geld, weil er bei einem Börsengeschäft hohe Verluste hinnehmen musste.
Während Laura sich in stationäre Behandlung begeben musste, ging ihr Mann lebenslang ins Gefängnis,
Mara, die Jüngste, blieb bei der Oma.
Als Laura nach zwei Jahren entlassen wurde, verkaufte sie das Haus, das solange leer gestanden hatte. Einmal noch ging sie durch alle Räume, dann zog sie zu ihrer Mutter, wo auch die kleine Tochter lebte.
Von ihrem Mann ließ sie sich scheiden.
kraut-brain
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Re: Valentinstag

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Gepostet: 10.11.2018 - 23:07 Uhr  ·  #2
Der vermeintliche Tag der Liebe gestaltet sich hier in ganz schwarzen und traurigen Farben. Und in der Tat gibt es es derartige Handlungsweisen im tatsächlichen Leben, wenn Betroffene keinen anderen Ausweg wegen fehlgeleiteter Entscheidungen sehen.

Moni, Danke nochmals für diese nachdenklich stimmenden Zeilen.
White Bird
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Re: Valentinstag

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Gepostet: 21.11.2018 - 15:47 Uhr  ·  #3
Gänsehautstimmung mit einem sehr traurigen Ende .....

Danke Moni für deine Geschichte. :)
Moniek
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Re: Valentinstag

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Gepostet: 22.11.2018 - 16:58 Uhr  ·  #4
Bitte gerne Ihr Lieben ://
Tom Cody
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Re: Valentinstag

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Gepostet: 03.12.2018 - 14:56 Uhr  ·  #5
Nachdenkliche Zeilen mit einem sehr traurigen Ende!

Moni, vielen Dank für diese Geschichte! :)
Moniek
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Re: Valentinstag

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Gepostet: 04.12.2018 - 15:05 Uhr  ·  #6
Danke Jürgen
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