Frank Zappa - Sleep Dirt
Wie es gehen kann, dass man ein Album „wiederentdeckt“, welches jahrelang (als CD) im Regal steht und nicht so recht beachtet wird.
Und wie bei der Wiederentdeckung des Albums entdeckt wird, dass Platte und CD zwei doch recht verschiedene Schuhe sind.
Es geht um „wüste Träume“!
„Sleep Dirt“ von Frank Zappa, erschien im Januar 1979 als „das zweite Album aus dem Reigen der unautorisierten, unbezahlten Veröffentlichungen von Warner Brothers.“
Die anderen beiden Alben sind „Studio Tan“ 9/1978 sowie „Orchestral Favorites“ 5/1979.
Sleep Dirt
1. Filthy Habits
2. Flambay
3. Spider Of Destiny
4. Regyptian Strut
5. Time Is Money
6. Sleep Dirt
7. The Ocean Is The Ultimate solution
Rec. circa 1974 – 1976 and originally released 1979
Als selbsternannter „Zappanatiker“, als Besitzer fast aller Originalalben des „Meisters“ und, wenn man Zappa hört, durchaus musikalisch nicht zu erschüttern, erschütterte es mich doch, als ich eines Tages nach einem Flohmarktbesuch nach Hause kam. In der Hand stolz die Platte „Sleep Dirt“, eine Platte des Mannes, den seine Familie nur als „das Ding aus dem Keller“ kannte. Die sehr gut erhaltene Platte auf den Dreher gelegt und brav gehört. Da ich sie in der CD Version, die auch besaß, ewig nicht gehört hatte, wurde die Scheibe für den nächsten Tag und das Autoradio bereit gelegt. Auf dem Weg zur Arbeit dann zappaeske Klänge im Auto. Titel 1 „Filthy Habits“ lief wie gewohnt. Dann jedoch Titel 2 „Flambay“ und ich stutzte und stutzte und stutzte. Und tatsächlich hielt ich an und sah nach, ob ich nicht vielleicht die falsche CD erwischt und eingelegt hatte. Nein, die CD war richtig, nur auf der Vortags gekauften Platte muss die falsche Musik drauf gewesen sein, denn im zweiten Track mühte sich eine Dame sichtlich ab, ihre Lautäußerungen als Gesang zu verkaufen. So war das definitiv nicht auf der Platte gewesen, das Kurzzeitgedächtnis funktionierte noch!
Nach Titel 2 & 3 mit „Gesang“ folgte dann noch - Erholungspause bei Track 4 - Nr. 5 mit „Gesang“. Ich war schon geplättet. Und flach wie ich war, begab ich mich auf Spurensuche.
Tatsächlich sind die LP (erschien im Januar 1979) und die Erstausgabe für Europa auf CD ( auf Zappa Records, CDZAP 43) doch verschieden. Zappa hat als ewiger Bastler an seinen Aufnahmen für die CD Ausgabe drei Instrumentalnummern (Flambay, Spider Of Destiny und Time Is Money) mit „dramatischem Gesang“ versehen. Die Texte für die drei Stücke basieren (Abteilung angelesenes Halbwissen vermeldet) angeblich auf „Fragmenten einer Space-Opera, die Cpt. Beefheart und Zappa als Teenager kreiert hatten.“ So gibt es die Zappaforschung an, überprüfen kann ich dies aber nicht. Aber zu tief dringt man doch nicht in die Materie ein, da schlicht & einfach auch die Quellen fehlen. Und auf die Spitze will ich es mit dem Hobby auch nicht treiben, Musik will auch gehört werden.
Den „Gesang“ steuert Tana Harris bei, über die ich auch nichts berichten kann. Nur, dass ihr Beitrag als „gekünstelter Vortrag“ bezeichnet wird, welcher sich „sehr vom bei Zappa üblichen Gesangsstil“ abhebt. Eigentlich will das etwas heißen, erlebt man doch bei Zappa einiges an Gesang, den man nicht unbedingt in gängige Schubladen stecken kann. Und in der Tat wirkt der Gesang gekünstelt, aufgesetzt und bemüht. Es passt irgendwie nicht, aber das passierte bei mir alles im Hinterstübchen und so lange, wie ich die Platte, also das Original, nicht kannte.
Gesang hinzufügen allein reicht nicht, „das Überarbeiten alter Aufnahmen wird bei Zappa zur Droge.“ Schlagzeugspuren werden gelöscht und neu eingespielt (Flambay, Spider Of Destiny, Regyptian Strut, Time Is Money & Sleep Dirt [nebenbei wohl eine der seltenen wenn nicht sogar einzigen Nummer, in denen Zappa eine Akustikgitarre bedient!] Wortmeldungen zum Wahrheitsgehalt meiner Aussage erbeten!), „Flambay“ und „Spiders Of Destiny“ bekommen bass overdubs und „Flambay“, „Spiders Of Destiny“ sowie „The Ocean Is The Ultimate Solution“ bekommen im UMRK ( „Utility Muffin Research Kitchen“, Zappas Home Recording Studio) noch drum & vocal overdubs. Ungeklärt dabei ist, ob Zappa „hier mit dem Spiel von Chester Thompson oder dem Schlagzeugsound von 1974 unzufrieden war.“ Eher wird vermutet, Zappa hätte „einmal mehr versucht eine historisch verbürgte Aufnahme an seine modernisierten, opulenten Klangvorstellungen anzupassen.“ Der „Ersatzdrummer“ ist übrigens Chad Wackerman.
Gibt es auch Worte zur Musik auf der Platte/CD zu verlieren? Sicher doch.
Die Zappaforschung gibt an, das Album reihe sich „in den Hot-Rats Zyklus der jazznahen (Zappa)Instrumentalalben ein.“ Ich als Hörer kann dies durchaus bestätigen und sogar empfehlen, die drei oben schon erwähnten unautorisierten und unbezahlten Warner Alben „Studio Tan“ (09/1978 erschienen, Aufnahmen von 1969, 1974, 1975), „Sleep Dirt“ (01/1979, Aufnahmen von 1974 und 1976) sowie „Orchestral Favorites“ (05/1979, Aufnahmen 09/1975) hintereinander zu hören. Falls man dies aushalten sollte.
Beiseite Spaß: Die Kritik (nicht immer überschwänglich, gewiss), ist sich hier einig, dass die Stücke der Platte, scheinbar beziehungslos zueinander, auf alle Fälle „hochwertige, perfekt ausgeführte Kompositionen“ sind. Mir gefällt die Musik einfach, und erst hinterher wird man durch entsprechende Kritiken auf die vielleicht dazugehörigen Attribute für die Stücke bzw. die Aufnahmen gestoßen: „enorm transparenter Klang, raffinierte Details im Arrangement, überraschende Einsprengsel.“
Die Platte wird gelobt, die CD bzw. die darauf enthaltenen überarbeiteten Stücke geschmäht: „In der Originalfassung ist die Platte ein Kleinod. Für die CD werden vom Meister einige Tracks durch Gesang und Instrumentaloverdubs aufgewertet“ – das Album verliert dadurch jeden Reiz.“
Harte Worte, aber sie treffen wohl zu. Wobei wir heute in der glücklichen Lage sind, ich zumindest, da ich die Originalplatte auch habe, zwischen den Ausgaben zu vergleichen. Original -- LP, erste CD Ausgabe und die letzte(?) CD Ausgabe in der Reihe der 2012er Universal Veröffentlichungen, gezogen vom 1979er Analog Master.
Egal: Immerhin fünf Aufnahmen der Platte werden in den Caribou Studios, Colorado im Dezember 1974 aufgenommen, mithin die Stücke 2 – 6. Und von wem? Einem alten Bekannten, James William Guercio, dem doch recht erfolgreichen Produzenten von Chicago und BS&T. Schmankerl: Guercio war 1966 kurzzeitig Mitglied der MOI. Jetzt aber doch ein paar Worte zu den Stücken.
Titel und Besetzungsangaben, ich war faul, sind aus dem Netz kopiert.
01. Filthy Habits 7:33
Kommt pompös daher, Zappa an Guitarre & Keyboards steuert schöne, schwelgende Soli oder besser ein schönes, schwelgendes Solo bei. Die Keyboards vermitteln mir einen gewissen Orchesterklang, dabei spielt hier „nur“ ein Trio. Mit Zappa also noch Dave Parlato am Bass und Terry Bozzio am Schlagzeug. Parlato und Bozzio spielen, so finde ich, kongenial. Natürlich wird Zappa die Stücke nachträglich irgendwie komplett zusammengebastelt haben, warum auch nicht. Das Ergebnis gibt ihm Recht.
02. Flambay 4:54
Im Original ohne, auf der ersten CD mit und auf der jetzigen Universalausgabe wieder ohne Gesang. Also wie das Original, obwohl da manche Stimmen behaupten, Zappa hätte es schon immer nur mit Gesang gewollt und, und, und. Und Warner sei schuld. Ein schönes ruhiges Stück, es kommt ziemlich intim daher. Neben Zappa g spielen noch George Duke key mit, Patrick O’Hearn am Bass (wundervoll!), Ruth Underwood perc (auch und immer wieder wundervoll!) sowie Chester Thompson dr in der Originalaufnahme und Chad Wackerman in der bearbeiteten Aufnahme, quasi als Overdubdrummer. Welch ein Wort! Im Übrigen, wenn ich jetzt immer und immer wieder zwischen den Versionen mit & ohne Gesang wechsle, bin ich fast versöhnt mit Tana Harris’ „Gesang“. Die Texte der Stücke allerdings sind, wenn man sie nachliest („Zonx“) komplett sinnfrei. Es ist also fast wie im richtigen Leben.
03. Spider Of Destiny 2:33
Wieder mit und ohne Gesang, je nach Version. Und dem Overdubdrummer Chad Wackerman, je nach Version. Musikerbesetzung wie oben und, wie erwähnt, mit den beiden Drummern, je nach Version. Der/die Drummerboy(s) lässt/lassen die Becken auch ordentlich krachen, es hat etwas orchestrales, was sich aber im nächsten Stück noch steigern wird. Und nicht vergessen: eine schön gezupfte Guitarre!
04. Regyptian Strut 4:13
Eines meiner Lieblingsstücke von Zappa, das nun wirklich etwas orchestrales hat, obwohl hier nur ein Sextett am Werk ist. Mit Zappa perc (perc only!!!) spielen George Duke key, Bruce Fowler all brass (was dann in der Schichtung wie ein ganzer Haufen Bläser klingen mag), James „Bird Legs“ Youman nicht brass sondern bass, Ruth Underwood in bewährter Manier perc und Chester Thompson dr.
05. Time Is Money 2:49
Wieder mit und ohne Gesang, wie man es gerne hätte oder sich zutraut. Das Original natürlich (?) ohne. Zappa, Duke, Youman, Underwood, Thompson/Wackerman. Punkt. Der Text des Stückchens (Space Opera Reste oder Stücke für eines der vielen ungeschriebenen und unaufgeführten Musicals Zappas – hier Hunchentoot/Hantchentut) wie schon erwähnt komplett sinnfrei. Da hilft auch nicht die Erkenntnis, Zeit sei Geld.
„Zeit ist Geld
Aber Raum ist eine lange, lange Zeit!...
…Von meiner Couch im Himmel
Während mein Planet seine Bahn zieht
Sehe ich euer ganzes Elend da unten
Ich habe euch lügen und heulen und sterben sehen
Und glaubt mir –
Euer Planet ist eine Pleite!...
(Übers. Nach Carl Weissner in „Zonx“)
06. Sleep Dirt 3:21
Der Titel des Stückes ist falsch, „Wüste Träume“ werden hier nicht akustisch dargestellt. Es ist ein doch verträumtes Guitarrenduo. Zappa und Youman bedienen akustische Guitarren, es poltert ein bisschen bei der Aufnahme, aber dies wurde wohl bewusst nicht retuschiert/entfernt etc. Wenn ich das Prädikat „schön“ für dieses Stück vergeben sollte, ich würde es vergeben.
07. The Ocean Is The Ultimate Solution 13:17
Dann die ultimative Lösung, das ultimative Stück der Platte. Es klingt auch nach größerer Besetzung, ist aber nur im Trio Zappa g, synthi, O’Hearn bass & Bozzio dr eingespielt. Das Stück zu hören macht Spaß! Zappa brilliert auf der Guitarre und seine beiden Mitspieler flankieren ihn phantastisch. Es rockt ganz einfach – im zappatypischen Sound.
Auf die Geschichte mit den „unbezahlten Alben für Warner“, zu denen „Sleep Dirt“ auch gehört, möchte ich hier nicht mehr eingehen. Da gibt es zu viele Wahrheiten & Halbwahrheiten, Meinungen & Vermutungen, bis hin zu „Läther“, dem Album, dass es damals gar nicht gab. („Läther“ erschien tatsächlich erst 1996 auf CD! (Ryko) Auf Vinyl, so berichtet die Zappaforschungsanstalt, gab es „Läther“ nur als Testpressung (1977) und dem Edison-Bootleg (1979).)
Fazit: schöne Musik auf „Sleep Dirt“, sollte zum Weiterhören animieren, man kann sich ewig damit beschäftigen – oder einfach nur anhören. Und immer wieder interessant, wie schön die Beschäftigung mit Musik sein kann.
radiot grüßt!
Und hier noch mal die Übersicht der beteiligten Musiker (Netzkopie, ich bin faul!)
• Frank Zappa - Leadgitarre, Keyboard auf Filthy Habits, Perkussion auf Regyptian Strut
• Thana Harris – Gesang (1st CD / Erstausgabe)
• Dave Parlato – Bass auf Filthy Habits, Spider of Destiny
• Terry Bozzio – Schlagzeug auf Filthy Habits, The Ocean Is the Ultimate Solution
• Chester Thompson – Schlagzeug auf Flambay (LP), Spider of Destiny (LP), Regyptian Strut (LP, CD), Time Is Money
• Chad Wackerman – Schlagzeug auf Flambay (1st CD), Spider of Destiny (1st CD), Regyptian Strut (1st CD 1995)
• George Duke – Keyboard auf Filthy Habits, Spider of Destiny, Regyptian Strut, Timne Is Money, Synthesizer Bass auf Time is Money
• Patrick O’Hearn – Kontrabass auf Flambay, Spider of Destiny, The Ocean Is the Ultimate Solution
• James „Bird Legs“ Youmans – Elektrobass, Akustische Gitarre auf Sleep Dirt
Ruth Underwood – Perkussion auf Flambay, Spider of Destiny, Regyptian Strut, Time Is Money
Caribou Studios, Nederland, Colorado
Record Plant, Los Angeles (Bass Overdub 1976)
Utility Muffin Research Kitchen (Gesang und Schlagzeug Overdub, 1981-1984
Wie es gehen kann, dass man ein Album „wiederentdeckt“, welches jahrelang (als CD) im Regal steht und nicht so recht beachtet wird.
Und wie bei der Wiederentdeckung des Albums entdeckt wird, dass Platte und CD zwei doch recht verschiedene Schuhe sind.
Es geht um „wüste Träume“!
„Sleep Dirt“ von Frank Zappa, erschien im Januar 1979 als „das zweite Album aus dem Reigen der unautorisierten, unbezahlten Veröffentlichungen von Warner Brothers.“
Die anderen beiden Alben sind „Studio Tan“ 9/1978 sowie „Orchestral Favorites“ 5/1979.
Sleep Dirt
1. Filthy Habits
2. Flambay
3. Spider Of Destiny
4. Regyptian Strut
5. Time Is Money
6. Sleep Dirt
7. The Ocean Is The Ultimate solution
Rec. circa 1974 – 1976 and originally released 1979
Als selbsternannter „Zappanatiker“, als Besitzer fast aller Originalalben des „Meisters“ und, wenn man Zappa hört, durchaus musikalisch nicht zu erschüttern, erschütterte es mich doch, als ich eines Tages nach einem Flohmarktbesuch nach Hause kam. In der Hand stolz die Platte „Sleep Dirt“, eine Platte des Mannes, den seine Familie nur als „das Ding aus dem Keller“ kannte. Die sehr gut erhaltene Platte auf den Dreher gelegt und brav gehört. Da ich sie in der CD Version, die auch besaß, ewig nicht gehört hatte, wurde die Scheibe für den nächsten Tag und das Autoradio bereit gelegt. Auf dem Weg zur Arbeit dann zappaeske Klänge im Auto. Titel 1 „Filthy Habits“ lief wie gewohnt. Dann jedoch Titel 2 „Flambay“ und ich stutzte und stutzte und stutzte. Und tatsächlich hielt ich an und sah nach, ob ich nicht vielleicht die falsche CD erwischt und eingelegt hatte. Nein, die CD war richtig, nur auf der Vortags gekauften Platte muss die falsche Musik drauf gewesen sein, denn im zweiten Track mühte sich eine Dame sichtlich ab, ihre Lautäußerungen als Gesang zu verkaufen. So war das definitiv nicht auf der Platte gewesen, das Kurzzeitgedächtnis funktionierte noch!
Nach Titel 2 & 3 mit „Gesang“ folgte dann noch - Erholungspause bei Track 4 - Nr. 5 mit „Gesang“. Ich war schon geplättet. Und flach wie ich war, begab ich mich auf Spurensuche.
Tatsächlich sind die LP (erschien im Januar 1979) und die Erstausgabe für Europa auf CD ( auf Zappa Records, CDZAP 43) doch verschieden. Zappa hat als ewiger Bastler an seinen Aufnahmen für die CD Ausgabe drei Instrumentalnummern (Flambay, Spider Of Destiny und Time Is Money) mit „dramatischem Gesang“ versehen. Die Texte für die drei Stücke basieren (Abteilung angelesenes Halbwissen vermeldet) angeblich auf „Fragmenten einer Space-Opera, die Cpt. Beefheart und Zappa als Teenager kreiert hatten.“ So gibt es die Zappaforschung an, überprüfen kann ich dies aber nicht. Aber zu tief dringt man doch nicht in die Materie ein, da schlicht & einfach auch die Quellen fehlen. Und auf die Spitze will ich es mit dem Hobby auch nicht treiben, Musik will auch gehört werden.
Den „Gesang“ steuert Tana Harris bei, über die ich auch nichts berichten kann. Nur, dass ihr Beitrag als „gekünstelter Vortrag“ bezeichnet wird, welcher sich „sehr vom bei Zappa üblichen Gesangsstil“ abhebt. Eigentlich will das etwas heißen, erlebt man doch bei Zappa einiges an Gesang, den man nicht unbedingt in gängige Schubladen stecken kann. Und in der Tat wirkt der Gesang gekünstelt, aufgesetzt und bemüht. Es passt irgendwie nicht, aber das passierte bei mir alles im Hinterstübchen und so lange, wie ich die Platte, also das Original, nicht kannte.
Gesang hinzufügen allein reicht nicht, „das Überarbeiten alter Aufnahmen wird bei Zappa zur Droge.“ Schlagzeugspuren werden gelöscht und neu eingespielt (Flambay, Spider Of Destiny, Regyptian Strut, Time Is Money & Sleep Dirt [nebenbei wohl eine der seltenen wenn nicht sogar einzigen Nummer, in denen Zappa eine Akustikgitarre bedient!] Wortmeldungen zum Wahrheitsgehalt meiner Aussage erbeten!), „Flambay“ und „Spiders Of Destiny“ bekommen bass overdubs und „Flambay“, „Spiders Of Destiny“ sowie „The Ocean Is The Ultimate Solution“ bekommen im UMRK ( „Utility Muffin Research Kitchen“, Zappas Home Recording Studio) noch drum & vocal overdubs. Ungeklärt dabei ist, ob Zappa „hier mit dem Spiel von Chester Thompson oder dem Schlagzeugsound von 1974 unzufrieden war.“ Eher wird vermutet, Zappa hätte „einmal mehr versucht eine historisch verbürgte Aufnahme an seine modernisierten, opulenten Klangvorstellungen anzupassen.“ Der „Ersatzdrummer“ ist übrigens Chad Wackerman.
Gibt es auch Worte zur Musik auf der Platte/CD zu verlieren? Sicher doch.
Die Zappaforschung gibt an, das Album reihe sich „in den Hot-Rats Zyklus der jazznahen (Zappa)Instrumentalalben ein.“ Ich als Hörer kann dies durchaus bestätigen und sogar empfehlen, die drei oben schon erwähnten unautorisierten und unbezahlten Warner Alben „Studio Tan“ (09/1978 erschienen, Aufnahmen von 1969, 1974, 1975), „Sleep Dirt“ (01/1979, Aufnahmen von 1974 und 1976) sowie „Orchestral Favorites“ (05/1979, Aufnahmen 09/1975) hintereinander zu hören. Falls man dies aushalten sollte.
Beiseite Spaß: Die Kritik (nicht immer überschwänglich, gewiss), ist sich hier einig, dass die Stücke der Platte, scheinbar beziehungslos zueinander, auf alle Fälle „hochwertige, perfekt ausgeführte Kompositionen“ sind. Mir gefällt die Musik einfach, und erst hinterher wird man durch entsprechende Kritiken auf die vielleicht dazugehörigen Attribute für die Stücke bzw. die Aufnahmen gestoßen: „enorm transparenter Klang, raffinierte Details im Arrangement, überraschende Einsprengsel.“
Die Platte wird gelobt, die CD bzw. die darauf enthaltenen überarbeiteten Stücke geschmäht: „In der Originalfassung ist die Platte ein Kleinod. Für die CD werden vom Meister einige Tracks durch Gesang und Instrumentaloverdubs aufgewertet“ – das Album verliert dadurch jeden Reiz.“
Harte Worte, aber sie treffen wohl zu. Wobei wir heute in der glücklichen Lage sind, ich zumindest, da ich die Originalplatte auch habe, zwischen den Ausgaben zu vergleichen. Original -- LP, erste CD Ausgabe und die letzte(?) CD Ausgabe in der Reihe der 2012er Universal Veröffentlichungen, gezogen vom 1979er Analog Master.
Egal: Immerhin fünf Aufnahmen der Platte werden in den Caribou Studios, Colorado im Dezember 1974 aufgenommen, mithin die Stücke 2 – 6. Und von wem? Einem alten Bekannten, James William Guercio, dem doch recht erfolgreichen Produzenten von Chicago und BS&T. Schmankerl: Guercio war 1966 kurzzeitig Mitglied der MOI. Jetzt aber doch ein paar Worte zu den Stücken.
Titel und Besetzungsangaben, ich war faul, sind aus dem Netz kopiert.
01. Filthy Habits 7:33
Kommt pompös daher, Zappa an Guitarre & Keyboards steuert schöne, schwelgende Soli oder besser ein schönes, schwelgendes Solo bei. Die Keyboards vermitteln mir einen gewissen Orchesterklang, dabei spielt hier „nur“ ein Trio. Mit Zappa also noch Dave Parlato am Bass und Terry Bozzio am Schlagzeug. Parlato und Bozzio spielen, so finde ich, kongenial. Natürlich wird Zappa die Stücke nachträglich irgendwie komplett zusammengebastelt haben, warum auch nicht. Das Ergebnis gibt ihm Recht.
02. Flambay 4:54
Im Original ohne, auf der ersten CD mit und auf der jetzigen Universalausgabe wieder ohne Gesang. Also wie das Original, obwohl da manche Stimmen behaupten, Zappa hätte es schon immer nur mit Gesang gewollt und, und, und. Und Warner sei schuld. Ein schönes ruhiges Stück, es kommt ziemlich intim daher. Neben Zappa g spielen noch George Duke key mit, Patrick O’Hearn am Bass (wundervoll!), Ruth Underwood perc (auch und immer wieder wundervoll!) sowie Chester Thompson dr in der Originalaufnahme und Chad Wackerman in der bearbeiteten Aufnahme, quasi als Overdubdrummer. Welch ein Wort! Im Übrigen, wenn ich jetzt immer und immer wieder zwischen den Versionen mit & ohne Gesang wechsle, bin ich fast versöhnt mit Tana Harris’ „Gesang“. Die Texte der Stücke allerdings sind, wenn man sie nachliest („Zonx“) komplett sinnfrei. Es ist also fast wie im richtigen Leben.
03. Spider Of Destiny 2:33
Wieder mit und ohne Gesang, je nach Version. Und dem Overdubdrummer Chad Wackerman, je nach Version. Musikerbesetzung wie oben und, wie erwähnt, mit den beiden Drummern, je nach Version. Der/die Drummerboy(s) lässt/lassen die Becken auch ordentlich krachen, es hat etwas orchestrales, was sich aber im nächsten Stück noch steigern wird. Und nicht vergessen: eine schön gezupfte Guitarre!
04. Regyptian Strut 4:13
Eines meiner Lieblingsstücke von Zappa, das nun wirklich etwas orchestrales hat, obwohl hier nur ein Sextett am Werk ist. Mit Zappa perc (perc only!!!) spielen George Duke key, Bruce Fowler all brass (was dann in der Schichtung wie ein ganzer Haufen Bläser klingen mag), James „Bird Legs“ Youman nicht brass sondern bass, Ruth Underwood in bewährter Manier perc und Chester Thompson dr.
05. Time Is Money 2:49
Wieder mit und ohne Gesang, wie man es gerne hätte oder sich zutraut. Das Original natürlich (?) ohne. Zappa, Duke, Youman, Underwood, Thompson/Wackerman. Punkt. Der Text des Stückchens (Space Opera Reste oder Stücke für eines der vielen ungeschriebenen und unaufgeführten Musicals Zappas – hier Hunchentoot/Hantchentut) wie schon erwähnt komplett sinnfrei. Da hilft auch nicht die Erkenntnis, Zeit sei Geld.
„Zeit ist Geld
Aber Raum ist eine lange, lange Zeit!...
…Von meiner Couch im Himmel
Während mein Planet seine Bahn zieht
Sehe ich euer ganzes Elend da unten
Ich habe euch lügen und heulen und sterben sehen
Und glaubt mir –
Euer Planet ist eine Pleite!...
(Übers. Nach Carl Weissner in „Zonx“)
06. Sleep Dirt 3:21
Der Titel des Stückes ist falsch, „Wüste Träume“ werden hier nicht akustisch dargestellt. Es ist ein doch verträumtes Guitarrenduo. Zappa und Youman bedienen akustische Guitarren, es poltert ein bisschen bei der Aufnahme, aber dies wurde wohl bewusst nicht retuschiert/entfernt etc. Wenn ich das Prädikat „schön“ für dieses Stück vergeben sollte, ich würde es vergeben.
07. The Ocean Is The Ultimate Solution 13:17
Dann die ultimative Lösung, das ultimative Stück der Platte. Es klingt auch nach größerer Besetzung, ist aber nur im Trio Zappa g, synthi, O’Hearn bass & Bozzio dr eingespielt. Das Stück zu hören macht Spaß! Zappa brilliert auf der Guitarre und seine beiden Mitspieler flankieren ihn phantastisch. Es rockt ganz einfach – im zappatypischen Sound.
Auf die Geschichte mit den „unbezahlten Alben für Warner“, zu denen „Sleep Dirt“ auch gehört, möchte ich hier nicht mehr eingehen. Da gibt es zu viele Wahrheiten & Halbwahrheiten, Meinungen & Vermutungen, bis hin zu „Läther“, dem Album, dass es damals gar nicht gab. („Läther“ erschien tatsächlich erst 1996 auf CD! (Ryko) Auf Vinyl, so berichtet die Zappaforschungsanstalt, gab es „Läther“ nur als Testpressung (1977) und dem Edison-Bootleg (1979).)
Fazit: schöne Musik auf „Sleep Dirt“, sollte zum Weiterhören animieren, man kann sich ewig damit beschäftigen – oder einfach nur anhören. Und immer wieder interessant, wie schön die Beschäftigung mit Musik sein kann.
radiot grüßt!
Und hier noch mal die Übersicht der beteiligten Musiker (Netzkopie, ich bin faul!)
• Frank Zappa - Leadgitarre, Keyboard auf Filthy Habits, Perkussion auf Regyptian Strut
• Thana Harris – Gesang (1st CD / Erstausgabe)
• Dave Parlato – Bass auf Filthy Habits, Spider of Destiny
• Terry Bozzio – Schlagzeug auf Filthy Habits, The Ocean Is the Ultimate Solution
• Chester Thompson – Schlagzeug auf Flambay (LP), Spider of Destiny (LP), Regyptian Strut (LP, CD), Time Is Money
• Chad Wackerman – Schlagzeug auf Flambay (1st CD), Spider of Destiny (1st CD), Regyptian Strut (1st CD 1995)
• George Duke – Keyboard auf Filthy Habits, Spider of Destiny, Regyptian Strut, Timne Is Money, Synthesizer Bass auf Time is Money
• Patrick O’Hearn – Kontrabass auf Flambay, Spider of Destiny, The Ocean Is the Ultimate Solution
• James „Bird Legs“ Youmans – Elektrobass, Akustische Gitarre auf Sleep Dirt
Ruth Underwood – Perkussion auf Flambay, Spider of Destiny, Regyptian Strut, Time Is Money
Caribou Studios, Nederland, Colorado
Record Plant, Los Angeles (Bass Overdub 1976)
Utility Muffin Research Kitchen (Gesang und Schlagzeug Overdub, 1981-1984