Aus dem Leben eines Konzertfan!

 
Triskell
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Aus dem Leben eines Konzertfan!

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Gepostet: 07.11.2006 - 19:16 Uhr  ·  #1
Gin Tonic mit Iggy Pop
Moabit Peter ist Berlins größter Rockfan. Er hat in den letzten vierzig Jahren kaum ein Konzert verpasst

Von Nadine Lange

Bericht aus dem Berliner Tagesspiegel (23.05.2005)

Die langen Haare haben Moabit Peter eine Menge Ärger eingebracht. Auf dem Ku’damm ließ man ihn nicht in die Lokale, und von Baustellen riefen sie ihm „Lolita“ hinterher. Einmal versuchten seine Malerkollegen, ihn beim Feierabend-Besäufnis mit Gewalt zu frisieren. Und in einer 1.-Mai-Nacht geriet er an eine Bande, die ihm mit Rasierklingen ein Loch in die Kopfhaut säbelte. Trotzdem hat sich Moabit Peter nie von seinen langen Haaren getrennt: Für einen echten Beatmusik-Fan der sechziger Jahre waren sie einfach unverzichtbar. Wegen seiner Frisur hat er schließlich sogar einen Knochenjob bei der Reichsbahn angenommen. „Die haben damit Werbung gemacht, dass sie auch Langhaarige nehmen. Und so hat man dann alle, die abends in der Disco waren, anderntags auf der Arbeit wiedergetroffen“, sagt Moabit Peter lachend.

Er trägt die Haare noch immer lang, auch wenn sie inzwischen grau und weniger zahlreich sind. Und er ist immer noch ein großer Rock-Fan und begeisterter Konzertgänger. Ob amerikanische Newcomer-Band oder englischer Altstar – Moabit-Peter ist dabei. Im stets gleichen Outfit – schwarze Jeans und eins der Fan-T-Shirts aus seiner umfangreichen Sammlung – ist er längst zum lebenden Inventar der Berliner Clubszene geworden. Im letzten Jahr hat er 230 Bands gesehen. Manchmal finden mehrere interessante Gigs am selben Abend statt, dann wird Peter – seinen Nachnamen will er nicht nennen – zum Konzerthopper. So wie letztens bei einem Mini-Festival im Postbahnhof, als Moabit Peter anschließend noch in die Maria am Ostbahnhof gespurtet ist, um eine Stunde The Fall mitzubekommen.

Ja, gelegentlich schlaucht das auch, gibt er zu. Aber mehr als zwei, drei Tage Ruhe sind nicht drin. Um auf dem Laufenden zu bleiben, liest Moabit Peter regelmäßig Musikzeitschriften wie den „Rolling Stone“ oder den englischen „New Musical Express“, kauft Platten und hört Radio – besonders gerne die Sendungen von Wolfgang Kraesze und seinem alten Kumpel Wolfgang Doebeling auf Radio Eins.

Das Radio stand auch am Anfang von Moabit Peters Musikbegeisterung. Als er elf war, hörte er – zunächst noch mit den Eltern – den „Schlager der Woche“ auf RIAS. Dann kam eine ähnliche Sendung vom SFB dazu, die englischsprachigen Stationen AFN, BFBS und BBC schaltete er heimlich ein, nachts. Als Moabit Peter 14 Jahre alt war, kam der erste Plattenspieler ins Haus, eine gebraucht gekaufte Musiktruhe. Um sich Platten leisten zu können, trug Peter Zeitungen aus. Er wohnte in Moabit, und weil es in seiner Clique noch zwei andere Peters gab, wurde der Kiez Teil seines Namens.

Peters erste Lieblingsband: die Rolling Stones. Sein Kinderzimmer tapezierte er komplett mit ihren Postern. Natürlich war er dabei, als im September 1965 das legendäre Stones-Konzert in der Waldbühne in einer Massenschlägerei endete. Die Konzertarena wurde völlig verwüstet, doch der damals 16-jährige Schüler kam unbeschadet aus den Tumulten heraus. Ihm war nur ein Grasbüschel in die Fanta geflogen. Sogar die Poster, die er bei einem Würstchenstand in Verwahrung gegeben hatte, konnte er bergen. „Aber draußen packte mich so ein Rowdy und sagte: Ey, was haste da? Ich gab’s ihm, er fand’s okay und wollte es mir gerade zurückgeben, da zerrt ihn ein Polizist weg. So bekam eines der Poster ein Loch. Ich hab’s zu Hause unter den Teppich gelegt – das Loch hat man nachher fast nicht mehr gesehen“, erzählt Moabit Peter. Sein Gedächtnis ist phänomenal, sich mit ihm zu unterhalten ist, wie in einer berlinernden Rock-Enzyklopädie zu blättern. Moabit Peter weiß noch genau, wann Black Sabbath im Audimax der FU spielten (1970), wie viele zahlende Gäste die Talking Heads 1978 im Kant Kino hatten (628) und wer 1979 Vorband für AC/DC in der Eissporthalle war (Judas Priest).

Zu den längsten Leidenschaften des Fans zählt die für Iggy Pop. Den Rock’n’Roll-Berserker hat er mehr als zwanzig Mal live gesehen, zwei Mal traf er ihn persönlich. Als der Sänger Ende der siebziger Jahre in Berlin wohnte, kam er eines späten Abends ins Softrock, wo auch Moabit Peter saß. „Außer mir hat den niemand erkannt. Der kam schon total voll in den Laden rein und hat sich ,Louie Louie‘ von den Kinks gewünscht. Wir haben zusammen Gin Tonic getrunken und statt ,Cheers‘ immer ,Louie Louie‘ gesagt“, erzählt er. Inzwischen trinkt Moabit Peter keinen Alkohol mehr. Die zweite Begegnung fand nach einem Konzert auf dem Ku’damm statt. Iggy Pop kauerte mit einer Begleiterin frierend auf einer Bank, als Moabit Peter vorbeikam. Schnell lieh er sich von einem Taxifahrer einen Stift und bekam ein Autogramm vom müden Punkrock-Gott.

Auch hinter den Kulissen der Konzertszene kennt sich Moabit Peter aus. Er weiß genau, welcher Veranstalter wann welchen Club aufgemacht hat und wer welche Bands in die Stadt geholt hat. Und weil die Macher ihn inzwischen fast alle persönlich kennen, steht er meist auf der Gästeliste. Dass er häufig einer der ältesten Besucher ist, stört ihn nicht, auch Sprüche wie „Ey, Opa, was machst du denn hier?“ prallen an ihm ab. Immer wieder trifft er auf junge Leute, die ihn neugierig ausfragen. Wenn Moabit Peter da ist, das wissen inzwischen viele Berliner Rockfans, sind sie im richtigen Konzert.
The Return of Brian J.
 
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Re: Aus dem Leben eines Konzertfan!

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Gepostet: 07.11.2006 - 19:48 Uhr  ·  #2
Hey Triskell,
tolle Geschichte über Originale, die hinter den Kulissen den "Laden" interessant halten. Berlin scheint eh ein tolles Pflaster für solche "Typen" zu sein. Gibt es Platten-Petro in Berlin-Tegel noch?
Der hatte bereits in den 60er den ersten Platten-Second-Hand - Shop deutschlandweit. Jedesmal, wenn ich in seinem Laden war, saß er auf einer Empore und reparierte Fahrradreifen. Robert Lemke wollte ihn zum heiteren Berufe-Raten einladen - als Plattendoktor.
Ich möchte aber nicht von deiner Geschichte ablenken. Sie hat mir sehr gut gefallen.
Triskell
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Re: Aus dem Leben eines Konzertfan!

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Gepostet: 07.11.2006 - 20:10 Uhr  ·  #3
Zitat geschrieben von The Return of Brian J.
Hey Triskell,
tolle Geschichte über Originale, die hinter den Kulissen den "Laden" interessant halten. Berlin scheint eh ein tolles Pflaster für solche "Typen" zu sein. Gibt es Platten-Petro in Berlin-Tegel noch?
Der hatte bereits in den 60er den ersten Platten-Second-Hand - Shop deutschlandweit. Jedesmal, wenn ich in seinem Laden war, saß er auf einer Empore und reparierte Fahrradreifen. Robert Lemke wollte ihn zum heiteren Berufe-Raten einladen - als Plattendoktor.
Ich möchte aber nicht von deiner Geschichte ablenken. Sie hat mir sehr gut gefallen.


"Platten-Pedro" gibt es noch. Der war unlängst auch im Fernsehen zu sehen.
Ausserdem hat er letztes Jahr ein interessantes Buch herausgebracht. Kenne ich leider selber noch nicht. Da ich keine "Singles" mehr sammle, bin ich auch schon ewig nicht mehr bei ihm gewesen. Vor Weihnachten muss ich aber noch einmal bei Ihm reinsehen. Denke, sein Buch werde ich mir gönnen!
The Return of Brian J.
 
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Re: Aus dem Leben eines Konzertfan!

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Gepostet: 07.11.2006 - 20:22 Uhr  ·  #4
@ Das Buch würde mich natürlich auch interessieren.
Pedro hat mir mal erklärt wie ich eine gewellte Platte begradigen kann.
Kochendes Wasser, 2 Glasplatten und Schraubzangen.
Hab`s dann zu Hause ausprobiert. Außer `ner dicken Brandblase ging das Experiment in die Hose. Die Platte war noch gewellter als vorher und kam in den gelben Sack. Irgendetwas hatte ich wohl falsch gemacht.
Leider muss ich mich ausloggen - der Job ruft.
Triskell
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Re: Aus dem Leben eines Konzertfan!

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Gepostet: 07.11.2006 - 20:29 Uhr  ·  #5
Mal eine Frage nebenbei! Wie sieht das eigentlich rechtlich aus, wenn man einen Bericht aus der Presse mit Quellenangabe hier einstellt?
Ist das legal? Desweiteren würde mich interessieren, wie es mit Zitaten aussieht.
hmc
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Re: Aus dem Leben eines Konzertfan!

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Gepostet: 07.11.2006 - 20:51 Uhr  ·  #6
@Triskell - Zitate sind Allgemeingut (es sei sie sind geschützt) und werden oft verwendet.

Quellenangaben sind für mich ausreichend, schau Dir einmal die TV Morgenmagazine an, ich kann mir kaum vorstellen das diese sich jeden Artikel "freigeben" lassen.

@Herr Richter.. bitte sage uns etwas hierzu.
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