Oscar Louise - Empty House

 
firebyrd
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Oscar Louise - Empty House

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Gepostet: 18.10.2012 - 08:10 Uhr  ·  #1
Oscar Louise - Empty House


Oscar Louise heißt tatsächlich Rachel Hamel und ist eine Künstlerin aus Lausanne. "Empty House" ist ihre erste Platte und offenbart eine Mixtur unangepasster Musik, mit der sie es schwer haben wird, massenkompatible Aufmerksamkeit zu erzielen.
Ab und zu blitzt ein etwas zugänglicherer Song auf, der sich mit einem Hauch Pop innerhalb gewohnter Strukturen bewegt, wie "Beyond The Wall". Aber eher ist es der Eröffnungssong, der die Richtung vorgibt. Ein tief gestrichenes Cello leitet ihn schwermütig ein. Gitarre, Glockenspiel und gelegentliche Schlagzeugtupfer umrahmen den Gesang, der zusätzlich von - wie ich vermute - gezupften Saiteninstrumenten unterstützt wird - recht mysteriös und mich stark an Musik von Nick Cave erinnernd. Gar düster auch der Text, der so startet: »Once I had a husband, I don't have him anymore, I shot him with a bullet, then I walked out the door.«

Ein ums andere Mal fällt mir lang zurückliegende Musik ein - ich denke da an Nico und ihre Art, zu arrangieren. Aber auch theatralisch und dramatisch Wirkendes, wie man es aus der Songschmiede von Kurt Weill gelernt hat (vgl. "Daffodils"), mischt sich immer wieder unter den feinfühligen Pop-Ausdruck. Sehr geheimnisvoll wabern und zittern die Gitarren zu tupfender Perkussion. Mit ein wenig vom Ausdruck einer düsteren Geschichte aus der Folklore gehört der Song "Fourteen" , der wirklich spannend anzuhören ist, zu den ungewöhnlichen dieser Platte. Einem Titel aus der E-Musik, Beethoven könnte Pate gestanden haben, kommt die Pianoeinleitung zu "Lucinda" gleich. Dazu der gestrichene Bass und die hintergründig agierende E-Gitarre - das alles macht auch dieses Stück zu einem Juwel der besonderen Art.

"Oklahoma Betty" mit dem schnarrenden Upright Bass, der eingestreuten E-Gitarre und den darüber gesetzten Rap-Einlagen erinnert mich hinsichtlich des Arrangements an den einen oder anderen Song von Marla Glen. Cool eingesetzt ist die locker gespielte Gitarre mit leicht angezerrtem Ton, dadurch wird der Song ausgeschmückt.
Viel Melancholie umfängt mich sehr oft, ein hohes Maß an Traurigkeit hat sich in die Stimmung manchmal dazu eingeschlichen. Der Ausdruck ist insofern eher nachdenklich und düster als heiter und lebensbejahend. Rachel Hamel aka Oscar Louise scheint ihre Botschaften oft in die Ohren der Hörerschaft flüstern zu wollen. Sie soll sowohl in klassischem als auch im Jazzgesang ausgebildet worden sein. Sicher im Ausdruck ist sie, mich würde jedoch auch interessieren, wie es sich anhört, wenn sie einmal kraftvoll den Tontechniker zur Regulierung der Pegel veranlassen würde. So hält sich die Tonlage fast durchgehend eher subtil und zurückhaltend, aber immer fein und elastisch-elegant phrasierend.
"Unhappy" ist ein schönes Beispiel dafür, wie Musik auch minimalistisch existieren und vortrefflich wirken kann - nur Gesang und Piano, aber mit großer Wirkung. Sehr schwermütig ist "Practically Blue" (»The corridor is empty and so is the dining room«) und geht unter die Haut, spätestens dann, wenn die Streicher nach einer Minute einfallen. "Cold Steel" wiederum zeichnet sich durch eine Lockerheit aus, die recht zugänglich ist.

Insgesamt betrachtet, sehr interessante und ausgeprägt außergewöhnliche Musik mit dem ganz bestimmten Kick. Musik mit großer Tiefe, voller Dramatik und Theatralik, sehr emotional und Emotionen weckend... Dieses wird dann noch einmal deutlich und eindrucksvoll mit dem Abschlusssong unterstrichen, der alle Attribute erneut in prachtvoller Ausgestaltung, zusammenfasst - ein richtiger Appetizer auf mehr.


Die Band:

Rachel Hamel (vocals)
Michael Frei (vocals)
Julien Feltin (guitars)
Fabien Sevilla (contrabass)
Massimo Zampieri (drums)
Fabrizio di Donato (piano)
Barbouze de chez Fior (string quartet)

Die Songs:

01:Forever And A Week (3:34)
02:Beyond The Wall (3:41)
03:A Tale Of The Sea [feat. Hemlock Smith] (3:23)
04:Fourteen (4:58)
05:Lucinda (3:26)
06:Practically Blue (2:59)
07:Oklahoma Betty (2:58)
08:Unhappy (3:19)
09:Absence (4:19)
10:Cold Steel (3:38)
11:Daffodils (3:35)
12:Empty House (3:33)
13:Seconds (6:58)



http://www.oscarlouise.com/

Wolfgang
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nobbygard
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Re: Oscar Louise - Empty House

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Gepostet: 18.10.2012 - 09:36 Uhr  ·  #2
Ja, das ist eine sehr schöne CD!

Eigentlich liegt sie bei mir auch zum Rezensieren, aber ich habe keine Zeit gehabt. Ist ja auch besser, wenn Du das machst, Popbyrd!

Ich werde einen zweiten Hörgang starten und ggfs noch kommentieren.

Nobby
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