Pizza und Pasta, Amalfi und viel Sonne, Sergio Leone und Paolo Conte - klar, das kann nicht alles aus den italienischen Landen sein.
So ist mir vor einigen Wochen eine Band in die Quere gekommen, deren fünf Alben, die mittlerweile im Regal stehen, ich hier nach und nach besprechen möchte. Den Anfang macht nun folgende, in der Bad Hindelang gelegenen urigen Teestube belauschte Scheibe:
Höstsonaten - The Rime of the Ancient Mariner
Konzeptalbum - Progrock / Retroprog - Italien 2012
[Die Band]
FABIO ZUFFANTI: Bass guitar, Moog Taurus Bass Pedals
LUCA SCHERANI: Mellotron, Minimoog, Korg Sigma, Hammond organ, Gran Piano, Fender Rhodes, Wurlitzer, Accordion, Mandolin
MAURIZIO DI TOLLO: Drums
MATTEO NAHUM: Lead Guitar, Acoustic & Classical Guitar
SYLVIA TRABUCCO: Violin
JOANNE ROAN: Flute
EDMONDO ROMANO: Bagpipe, Soprano sax, Percussion, Bodhran, Recorders
ALESSANDRO CORVAGLIA: Lead Vocals on Part I
CARLO CARNEVALI: Recitative and Vocals on Part I
DAVIDE MERLETTO: Lead Vocals on Part II
MARCO DOGLIOTTI: Lead Vocals on Part III
SIMONA ANGIOLONI and ALESSANDRO CORVAGLIA: Lead Vocals on Part IV
[Die Songs]
Prologue 07:00
Part One 12:26
Part Two 09:09
Part Three 16:52
Part Four 13:30
Dieses Konzeptalbum vertont eine Ballade des britischen Dichters Samuel Coleridge, welche er 1798 verfasste. Der Text wurde im Album vollständig übernommen.
Wikipedia:
"The Rime of the Ancient Mariner wird oftmals als ein Bild für Sünde und Vergebung gesehen; dafür sprechen zahlreiche Anspielungen innerhalb der Ballade (etwa die Wiederauferstehung des Seefahrers). Auch wird gemutmaßt, dass die Ballade autobiografische Züge beinhaltet. Zur Zeit der Niederschrift der Ballade fühlte sich Coleridge sehr einsam, was er in vielen Briefen beklagt und man somit mit der Einsamkeit vergleichen kann an der auch der Seefahrer in der Ballade fast verzweifelt.
Die Geschichte selbst könnte inspiriert worden sein durch die Fahrten von James Cook, der einige Jahre zuvor eben die südlichen Gefilde der Erde erkundete, denn einer von Coleridges Mentoren William Wales segelte auf dem Flaggschiff von Cook als Astronom mit."
Der Prologue leitet die CD instrumental ein. Nach einem dramaturgisch gut aufgebauten Spannungsbogen wird der Opener zunächst zurückhaltend, vorwiegend von Hammond und Mandoline, getragen, bis sich nach und nach eine Vielzahl von Instrumenten einmischen, um diesem Track mächtig einzuheizen. Ohne Übergang, bei Konzeptalben üblich, schließt sich "Part One" nahtlos und direkt mit Gesang an. Der Song bietet mit seinen vielen Tempiwechseln und verschiedensten Instrumenten eine Vielfalt an Abwechslung. Allein der Gesang - dem Text angepasst zwischen betörendem Flüstern und hilferufendem Schreien - lässt die Stimmung der Vorlage erahnen. Treibende Gitarrenläufe lassen melancholischen Melodieläufen oft den Vortritt, um dann wieder kräftig mitzuspielen und den Sänger tatkräftig zu unterstützen. Viele aus dem Off auftauchende Nebengeräusche sorgen für weitere Abwechslung.
So wie Part One endet, beginnt Part Two: das Echolot wird aufgegriffen, Meeresrauschen wird langsam von Gitarrentönen begleitet, wie ein Geschichtenerzähler bringt DAVIDE MERLETTO seinen Text leise und unaufdringlich. Wunderschöne Flötenpassagen bringen viele tragende Momente in den Song, der immer wieder von heftigen Gesangs- und Gitarrenpassagen vorangetrieben wird.
Eine kleine Überraschung erlebte ich in "Part Three": ganz kurz hatte ich, etwa bei 05:45, ein Deep Purple - Deja Vu. Da rotzt rotzfrech eine Orgel in die Lauscher, dass man für einen Moment der Meinung sein könnte, hier ist Mr. Lord am Werk. Eine Hommage an die Band? Egal - der Moment ist schnell vorbei und wird durch die direkt folgenden Disharmonien aufgehoben, jedoch, ...folgt in diesem Song doch tatsächlich noch der ein oder andere DP-Urschrei. Hier allerdings wäre es fehl am Platze zu meinen, es wird abgekupfert. Dieses Gefühl kommt bei dem gesamten Album nicht auf - ein völlig eigenständiges Werk wird hier abgeliefert. ByTheWay - dieser Track bietet sich prächtig für eine nächste "Dreierpack"-Sendung in unserem MZ On Air an und steht hierfür bereits auf der Merkliste.
Den Schluss dieser CD bildet "Part Four", mit 13:30 das für mich homogenste Stück dieser Scheibe - was die vorangegangenen Songs in keinster Weise abwerten soll. Mandoline und Piano untermalen in wunderbarer Weise die glasklare Stimme der Sängerin SIMONA ANGIOLONI. Auch hier setzen nach und nach immer mehr Instrumente ein und tragen die melancholische Stimmung gemeinsam mit der Sängerin über die gesamte Spielzeit.
Insgesamt betrachtet wird hier ein rundes Album vorgelegt, welches durch den Abwechslungsreichtum verschiedener Sänger, vielseitiger Instrumentierung und wunderbaren Tempiwechseln in keinem Moment Langeweile aufkommen lässt. Meiner Meinung nach wurde die textliche Vorlage musikalisch hervorragend umgesetzt. Und die Tatsache, dass die Ballade aus insgesamt sieben Parts besteht, lässt vermuten und die Hoffnung aufkommen, dass ein Nachfolgealbum erwartet werden darf.
[Verpackung und Booklet]
Die CD wird im Digipack ausgeliefert. Die CD ist noch einmal in einer sep. Schutzhülle eingelegt, sodass sie beim Einschieben in das Digipack nicht beschädigt werden kann. Das beigefügte Booklet ist liebevoll und aufwendig gestaltet. Schöne Illustrationen runden die abgedruckten Songtexte fein ergänzend ab.
[Hörprobe]
RIME OF THE ANCIENT MARINER CHAPTER ONE