Diego Urcola Quartet - Appreciation

 
firebyrd
Labelboss
Avatar
Geschlecht: keine Angabe
Herkunft: Hausgeburt (Ausgeburt?)
Beiträge: 38027
Dabei seit: 05 / 2006
Betreff:

Diego Urcola Quartet - Appreciation

 · 
Gepostet: 27.09.2011 - 08:17 Uhr  ·  #1
Diego Urcola Quartet - Appreciation


"Appreciation" = Anerkennung, braucht sie dieser Trompeter aus Argentinien? Schon vorab - meine hat er!
Doch den Begriff kann man auch anders deuten: Dankbarkeit, und dies passt viel eher, da er jeden einzelnen Titel einem Vorbild gewidmet hat.
Ob es eine Gewichtung bedeutet oder nicht, ich freue mich jedenfalls, dass die längste Widmung an John Coltrane gerichtet ist.
Allerdings vermisse eine Widmung an Gato Barbieri, den argentinischen Musikerkollegen, der auch verantwortlich dafür war, dass Argentinien mit Wucht auf die 'Jazz-Landkarte' kam.
Eine starke Verbindung dürfte Diego Urcola sicher zu Paquito D'Rivera haben, spielte er doch einst in dessen Band. 1991 war es, als der Trompeter seine erste Platte veröffentlichte, "Libertango" - "Appreciation" ist seine vierte CD.
Schon nach den ersten Takten des ersten Titels erweist sich Urcola als kraftvoller Trompeter, der mich in manchen Momenten im Laufe der Platte an andere seiner Kollegen erinnert: Druck und Kraft wie bei Clifford Brown oder auch Valery Ponomarev, Gestaltung höchster Töne à la Maynard Ferguson oder Hannibal Marvin Peterson. Aber auch die besondere Art eines Freddie Hubbard spüre ich als Einfluss - die Musik, wie sie einst von Woody Shaw gespielt wurde, dringt ebenfalls durch. Es ist gelungen, diese verschiedenen Inspirationen unter einen Hut zu bringen und in ein spielfreudiges Umfeld zu packen.

Nichts scheint dem Zufall überlassen zu sein, die Arrangements sind streng und geordnet, auf Risiko wird nicht gesetzt. Einige könnten bemängeln, dass dieser Jazz zu 'gepflegt' sei, doch empfinde ich es höchstens als Pflege und Bewahrung von Tradition auf hohem musikalischem Niveau und mit großem Unterhaltungscharakter. Der Jazz wurde hier nicht neu erfunden, die Orientierung ist vielmehr stark auf die Vergangenheit gerichtet.

Teils ungewöhnliche, rhythmische Metren begleiten uns durch eine Reise voller Abenteuer aus dem Reich des Jazz, finden wir doch verschiedene Einflüsse, vom Be Bop über Latin Jazz bis zum modalen Jazz eines Miles Davis. Insgesamt empfinde ich die Atmosphäre als sehr traditionell, ohne Wagnisse und Ausbrüche. Die 'Gewürze in der Suppe' sind sicher die feurigen lateinamerikanischen Elemente und die beiden Male, wo Yosvany Terry mit der Chekere für zusätzlichen Dampf sorgt. Aber auch völlig entspannt geht es auf "Milonga Para Paquito", einer sehr einfühlsam vorgetragenen Widmung, zu. Alle Solisten glänzen mit gefühlvollen Beiträgen - sehr schön empfinde ich das Pianosolo. Mit druckvollem Swing stark nach vorn treibend, reißt mich "Super Mario Forever" aus dem Sessel und weckt in mir das Verlangen, diese Band live erleben zu dürfen. Nein, das ist nicht Miles Davis auf "Deep", dem ihm gewidmeten Stück, doch diese Würdigung ist überzeugend gelungen, die Atmosphäre sehr gut getroffen, eine wunderbare Ballade. Den 'balladesken' Höhepunkt stellt für mich jedoch "Camila" dar, das offensichtlich Anteile einer Folk-Melodie zu beinhalten scheint und Ähnlichkeiten zu "Naima" nicht leugnen kann.
Damit ist der Reigen für eine wirklich sehr gut gemachte Platte geschlossen - nichts wirkt aufdringlich, gestresste Nerven werden nicht belastet und Freunde rhythmischer Lebensfreude erhalten auch ihr Recht.

Hinter CAM verbirgt sich die italienische Plattenfirma Creazioni Artistiche Musicali. Im Jahr 2000 entschloss man sich für eine Jazzsparte, CAM Jazz. Die Produktionen zeichnen sich nicht nur durch hervorragende Klangqualität, sondern auch durch die hochkarätigen, dort veröffentlichenden Künstler aus. Und die Booklets, so natürlich auch bei dieser CD, sind mit festem Glanzpapier stilvoll aufgemacht. Die CAM-Produktionen werden hier nun von Edel:Kultur hier vertrieben und so darf man sich schon jetzt auf feine Wiederveröffentlichungen freuen.
Neben dem Booklet hat man "Appreciation" noch vier kleine Aufkleber mit den Covern der aktuellen und einer früheren Veröffentlichung,"Viva", beigefügt.

Musiker:


Diego Urcola (trumpet, flugelhorn, valve trombone, vocals)
Luis Perdomo (piano, Fender Rhodes)
Hans Glawischnig (bass)
Eric MacPherson (drums)
Yosvany Terry (chekere - #1, 8)

Titel:

01:The Natural (to Freddie Hubbard) (5:34)
02:El Brujo (to Hermeto Pascoal) (5:45)
03:Milonga Para Paquito (to Paquito D'Rivera) (5:00)
04:Super Mario Forever (to Mario Rivera) (5:00)
05:Guachos (to Guillermo Klein & Los Guachos) (7:21)
06:Deep (to Astor Piazzola & Miles Davis) (7:37)
07:Senhor Wayne (to Wayne Shorter) (4:58)
08: Woody'n Diz (to Woody Shaw & Dizzy Gillespie) (4:35)
09:Camila (to John Coltrane) (8:37)
(all composed and arranged by Diego Urcola)



http://www.diegourcola.com/Diego_Urcola/Home.html


Wolfgang
Der an diesem Beitrag angefügte Anhang ist entweder nur im eingeloggten Zustand sichtbar oder die Berechtigung Deiner Benutzergruppe ist nicht ausreichend.
Gewählte Zitate für Mehrfachzitierung:   0

Registrierte in diesem Topic

Aktuell kein registrierter in diesem Bereich

Die Statistik zeigt, wer in den letzten 5 Minuten online war. Erneuerung alle 90 Sekunden.