Helen Merrill - With Clifford Brown, Complete Recordings

 
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Helen Merrill - With Clifford Brown, Complete Recordings

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Gepostet: 22.08.2011 - 07:53 Uhr  ·  #1
Helen Merrill - With Clifford Brown, Complete Recordings


“Hush now, don't explain“, mit diesen in meinem Kopf unverrückbaren Anfangszeilen von "Don't Explain" - ursprünglich von der für mich größten Jazzsängerin Billie Holiday gesungen - startet diese Platte, die Helen Merrill im Jahre 1954 in New York zusammen mit dem Trompeter Clifford Brown aufgenommen hat. Quincy Jones, schon damals sehr aktiv, arrangierte die Aufnahmen und leitete die Band.
Die Referenzstellung Billie Holidays soll die Leistung von Helen Merrill nicht abwerten, denn sie singt ganz anders und ist für mich ebenfalls eine der großartigsten Vokalistinnen, die der Jazz hervorgebracht hat.

Sie wurde 1930 als Tochter kroatischer Einwanderer in New York unter dem bürgerlichen Namen Jelena Ana Milcetic geboren. Bereits im Alter von vierzehn Jahren trat sie in bekannten New Yorker Clubs auf. Die erste Plattenaufnahme erfolgte 1952 und die hier vorliegende CD beinhaltet ihre erste Langspielplatte sowie als Bonus noch alle Titel der 1955 aufgenommenen Platte "Helen Merrill With Strings". In diesem Zusammenhang möchte ich noch empfehlend auf die von Gil Evans arrangierten Aufnahmen zu "Dream Of You" von 1956 hinweisen.

Doch nun zu den Aufnahmen dieser CD. Die Titel eins bis sieben stellen ihre erste LP dar, der Rest ist also von der Bonus-Platte. Alle von Jones arrangierten Titel sind Sextett-Aufnahmen und bieten im Wechsel Balladen und im angezogenem Tempo oder hart swingend vorgetragenen Bop. Allen ist der Ausdruck der starken Persönlichkeit gemein, die von Clifford Brown ausging. Der leider viel zu früh verstorbene Trompeter ist eindeutig der Star unter den Solisten und wird entsprechend vorrangig 'gefeatured'. Doch über allem schwebt die klare und warme Stimme der Protagonistin. Herrlich, mit welcher Eleganz und Geschmeidigkeit sie mit der Band verflochten ist. Diese ist brillant zusammen gestellt und angetrieben von der energischen Rhythm-Section legt Brown auf "'S Wonderful" ein bestechendes Solo vor. Ebenso schön ist das Solo des Gitarristen Barry Galbraith.
Doch die Stärke dieser Aufnahmen liegt für mich eindeutig in den Balladen, die sich enorm gefühlvoll unter die Haut schieben. Ganz hervorragend, wie Merrill besonders bei diesen ihre Fähigkeit stimmlicher Gestaltung ausspielt! Sie kann die Worte unglaublich zart gestalten, ohne dass es kraftlos wirken würde. Watteweich klingt das bisweilen und so bildet der raue Trompetenton von Brown einen wundervollen Gegenpart, der diese Aufnahmen zu einem Hochgenuss macht.

Diese Aufnahmen aus 1954 sind stark im Bop verwurzelt. Man witterte damals offensichtlich ein Geschäft und versuchte mit der Folgeplatte und den dazu gefügten Streicherarrangements mehr in die kommerzielle und finanzielle ertragreichere Welt einzutauchen. Arrangiert wurden diese Titel um die im Kern als Quartett agierende Band von Richard Heyman. Klar, so klingen sie viel stärker in Richtung 'Unterhaltungsmusik', ohne jedoch die Spannung der Balladen des ersten Albums zu verlieren. Nur noch süßer sind sie geworden, diese Zuckerstückchen.
So finden wir neben einem nur leicht im Tempo angezogenen Songs wie "Just You, Just Me" auch schon fast Chanson Anmutendes bei "Beautiful Love", das eine gewisse Dramatik im Walzerrhythmus vorträgt. Asiatische Klänge gibt es dann wiederum auf "Mountain High Valley Low " zu hören, ein sehr interessantes Stück, auch was den Einsatz der Stimme betrifft! Erneut ist es Merrills Stimme, die alles zu einem Genuss macht, unwiderstehlich, betörend, manchmal kindlich, stets stark emotional ausgeprägt und hochmusikalisch führt sie durch eine Oase der Entspannung. Das ist Musik, die im Sinne dieses Wortes einfach 'wunderschön' ist, beruhigend und ganz viel Wärme ausstrahlend.

Für mich gehören diese beiden Erstwerke sowie der empfehlend erwähnte Nachfolger "Dream Of You" zu den Glanzstücken unterhaltendem Vocal Jazz der Fünfziger. Gemein ist allen Stücken die gelungene Auswahl von Klassikern des 'Great American Songbook' sowie solchen, die zu diesen noch avancieren sollten. Und - es ist Musik auf höchstem Niveau!

Die Mitwirkenden:

Helen Merrill (vocals)
Clifford Brown (trumpet - #1-7)
Danny Banks (baritone sax, flute -# 1-7)
Jimmy Jones (piano -#1-7)
Barry Galbraith (guitar, all tracks)
Milt Hinton (bass - #1-4, 8-19)
Osie Johnson (drums - #1-4)
Oscar Pettiford (bass & cello - #5-7)
Bobby Donaldson (drums - #5-7)
Sol Gubin (drums -#8-19)


Die Titel:

01:Don't Explain [Herzog-Holiday] (5:13)
02:Born To Be Blue [Tormé-Wells] (5:15)
03:You'd Be So Nice To Come Home To [C. Porter] (4:22)
04:'S Wonderful [Gershwin-Gershwin] (3:16)
05:Yesterdays [Harbach-Kern] (6:01)
06:Falling In Love With Love [Hart-Rodgers] (3:52)
07:What's New? [Burke-Haggart] (5:01)
08:You Won't Forget Me [Goell-Spielman] (3:07)
09:Lilac Wine [Chappell-Shelton] (4:23)
10:Spring Will Be A Little Late This Year [F. Loesser] (3:49)
11:Beautiful Love [Gillespie-King-VanAlstyne-Young] (3:12)
12:Just You, Just Me [Greer-Klages] (3:35)
13:When I Fall In Love [Heyman-Young] (3:19)
14:The End Of A Love Affair [Redding] (3:24)
15:Mountain High, Valley Low [Goldsen-Hanighen-Scott] (3:00)
16:Anything Goes [C. Porter] (3:06)
17:Comes Love [Brown-Stept-Tobias] (2:59)
18:The Masquerade Is Over [Magidson-Wrubel] (4:01)
19:Wait Till You See Him [Hart-Rodgers] (3:23)


http://www.helenmerrill.com/


Wolfgang
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