Barr - Skogsbo Is The Place

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firebyrd
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Barr - Skogsbo Is The Place

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Gepostet: 02.12.2008 - 09:35 Uhr  ·  #1
Barr - Skogsbo Is The Place

Musik aus Schweden: Für mich in der Regel stets ein Garant für ungewöhnliche Klänge, für hochwertige Qualität, sei es im Bereich Pop, Rock, Jazz oder auch Folk - ja, gerade Volksmusik, die oft Einzug gehalten hat, als Bestandteil und Einfluss diverser Musikstile.

Hier nun Folkiges aus dem Norden, doch bevor mir hier bevorzugt Schweden einfällt, erinnert mich das spontan an eine Zeit, die fast 40 Jahre zurück liegt. Die frühen 70er und Großbritannien nämlich, als der britische Folk mit Bands wie Pentangle, Fairport Convention oder Lindisfarne seine Hochblüte erlebte.
Hier sind es im besonderen Pentangle, die auch sehr akustisch instrumentiert waren.
Und so sind auch Barr vordergründig mit Gitarren, Harmonium, Double Bass und Flöten sowie ein oft mit Besen sanft gestreicheltes Schlagzeug musikalisch unterwegs.

Schwedische Folklore, wie sie mir bekannt ist: Fehlanzeige.
Und dennoch hat die Musik etwas skandinavisches, und zwar aus jenem zeitlichen Bereich, wenn sich die Sonne schon früh zurück zieht, der Sommer längst vorbei ist und der Winter vor der Tür steht. Die Musik atmet etwas Herbstliches, und alles, was zu dieser Jahreszeit dazugehört, bzw. was man sich darunter so vorstellt. Dazu gehört, und so sehe ich es, Melancholie, das Verschwinden von Freude, Unbekümmertheit, der Einzug von Vergänglichkeit, Trübsal, Verlorenheit, von Eindrücken, die man an Nebeltagen gewinnt, wenn die graue Soße Geist und Körper einhüllt und gefangen hält.

Depressiv kommt mir die Musik vor, verloren, eintönig, verlassen, trübsinnig, sie fließt einfach dahin, es gibt kaum Höhepunkte, die Texte werden in weinerlichem Ausdruck vorgetragen, es wirkt oft so hoffnungslos. Eine unendliche Traurigkeit, wie sie auch in der Musik von Nick Drake vorkommt, eine Melancholie, wie sie auch bei Neil Young in einigen ruhig-folkigen Stücken zu finden ist.

Und - die stimmlichen Qualitäten der Sängerin und des Sängers halte ich für sehr begrenzt, es wirkt sehr konturlos, sehr 'weggetreten und lustlos'. Vielleicht ist das aber ja auch gewollt, um die Atmosphäre dadurch zu unterstützen. Einer gewissen Faszination kann ich mich nicht entziehen, doch nur selten kommt bei mir ein 'Aha-Erlebnis', nämlich dann, wenn die Musik etwas an Fahrt gewinnt, wie z.B. bei "He Ain't A Friend, He's A Brother", wenn sich die akustischen Gitarren mit dem Harmonium in Einheit mit der Perkussion dem Ende zu richtig 'hochschaukeln' - das ist dann einer der magischen Momente, wo mich die Band auch packen kann.

Ansonsten ist mir das zu ruhig, aber nicht diese Art Ruhe, die mit Schönheit einhergeht, sondern eher mit Belanglosigkeit. Darüber hinaus schwebt über dem Ganzen, nicht unbedingt inhaltlich tiefgehend, eher oberflächlich, eine gewisse 'unschuldige Hippiementalität' oder 'Friede, Freude, Eierkuchen'…

Wie sagt die Plattenfirma: »Barr is an acoustic six-piece orchestra playing psychedelic lullabies in the spirit of Pentangle, Fairport Convention and Popol Vuh.«.
Na ja, den Geist Pentangles lasse ich noch gelten. Fairport Convention und Popol Vuh sehe ich hier nicht, weder als Pendant, noch als über der Musik schwebenden atmosphärischen Geist. Dann schon eher der Geist der Incredible String Band mit ihrem skurrilen Anspruch, oder Pearls Before Swine, vielleicht auch noch die Third Ear Band… allesamt mit diesem speziell folkig-psychedelischem Anstrich, dazu vielleicht auch die atmosphärischen frühen Stücke mit ausschließlich akustischer Ausprägung von Jefferson Airplane.

Doch letztlich wird mir hier zu viel Laszivität verbreitet, die Musik scheint oft eher tot als lebendig, obgleich die Instrumentierung in ihrer Verlorenheit auch sehr schön und harmonisch wirken kann. Es fehlt mir jedoch ein spezielles Element von Musik jeder Art, nämlich das des 'Anspringens', der 'Aufdringlichkeit', des inneren Zwanges, immer wieder zuhören zu müssen. Es plätschert mir zu belanglos daher. Ich kenne genügend ruhige Musik, die mitreißen kann, die in das Mark dringt, doch auf "Skogsbo Is The Place" geht's mir nicht mal unter die Haut.

Für alle, die auf Musik stehen, die nicht zwingend fordert, die einfach nur Gleichförmigkeit verbreitet, sind Barr eine gute Wahl, aber dann nicht für jene dieses Personenkreises, die zu Depressionen neigen.

Mit dem knapp 10 ½-minütigen "Sisters-Lovers Alone" verabschiedet sich die Band mit einem im Duett gesungenen Stück und hier klingt es dann etwas eindringlicher, wenn sich Frau Fritzson und Herr Andersson harmonisch ergänzen und dazu die Instrumente einfühlsam begleiten, und zwar wirklich schön und harmonisch. Das ist ein Stück Musik, wie ich es gern schon eher erwartet hätte. Der Einsatz vom Glockenspiel bringt auch eine weitere Nuance ins Spiel. Nach einer kurzen Unterbrechung mit einem eingestreuten Sample mit rückwärts abgespielter Musik klingt "Sisters-Lovers Alone" wieder ganz ruhig aus…

Fazit: Nicht sonderlich herausragend, nicht zwingend schlecht, auch wieder werden es verschiedene subjektive Eindrücke von Hörern sein, die über 'Daumen hoch oder Daumen runter' entscheiden. 'Daumen runter' gibt es nicht von mir, denn interessant ist das Konzept allemal. Mir selbst schmeckt die Ausführung jedoch nicht durchgehend gut.

Besetzung:


Patrik Andersson (vocals, guitar)
Andreas Söderström (vocals, harmonium)
Marcus Palm (vocals, 12-string acoustic guitar)
Oskar Schönning (double bass)
Svante Söderqvist (double bass)
Fredrik Ohlsson (drums & percussion)
Hanna Fritzson (vocals, piano, flute, glockenspiel)

Titel:

01:Summerwind (6.04)
02:Words Would Do (4.32)
03:He Ain't A Friend, He's A Brother (6.04)
04:Calling My Name (6.49)
05:Skogsbo Is The Place (3.02)
06:Moonfall (6.53)
07:Sister - Lovers Alone (10.28)


Wolffolk
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