Der folgende Artikel wurde von mir für das Magazin "Rock News" der German Rock e.V geschrieben und erschien im Heft Nummer 31 / 2006. Mit freundlicher Genehmigung der German Rock e.V. darf ich ihn hier veröffentlichen.
Musik in der DDR — vom Staat misstrauisch beäugt und in den Grenzen des Landes gefangen.
Untertitel: Erfahrungsbericht eines "Wessis", der die DDR-Rockmusik der frühen 70er leider erst in den späten 90ern kennen und lieben gelernt hat.
Daten und Fakten:
1949: Gründung der DDR
Mitte der 50er Jahre hält der Rock ‚n’ Roll auch in der DDR Einzug.
1957 erscheint die erste Ausgabe von „Melodie und Rhythmus“, der einzigen Fachzeitschrift der DDR, die sich ausschließlich der populären Musik widmet.
Bis 1958 ist das Verhältnis ausländischer Musik zu inländischen Produktionen ca. 2:1.
Am 2.1Januar 1958 tritt dann die so genannte „Repertoirequotenregelung“ in Kraft. 60% der Titel sollen aus dem Inland, sozialistischen Bruderländern oder urheberrechtlich frei sein.
Anfang der Sechziger inspiriert der Swing viele Gitarrenbands.
13. August 1961: Sperren der Grenze nach Westberlin, Beginn des Mauerbaus.
16. August 1961: Den Bürgern der DDR wird die Ausreise in die Bundesrepublik untersagt.
1964 lösen die Beatles einen positiven Schock bei vielen Musikern aus. 4500 Tanzkapellen musizieren auf Tanzabenden, ein Großteil davon beschäftigt sich mit der neuen Beatmusik, die trotz der englischen Texte eine große Wirkung auf die Jugend ausübt.
Die technische Ausstattung ist problematisch, weswegen sich viele Bands ihre Ausrüstung selber bauen.
Es ist gar nicht so einfach Musik zu machen: Eine so genannte „Einstufungskommission“, der die Bands sich vorstellen müssen, entscheidet über die Auftrittslizenz. Wer diese Lizenz nicht besitzt und trotzdem spielt, taucht sozusagen in den Untergrund ab.
Am 29. Juni 1964 wird vom Berliner Rundfunk ein Begleitprogramm zum Deutschlandtreffen eröffnet, das wegen des großen Zuspruchs als DT 64 fester Bestandteil des Hörfunkprogramms wird.
1965 erscheinen die ersten Beatplatten der DDR mit einheimischer Beatmusik, die legendären Kompilationen „Big Beat“ und „Big Beat 2“.
Beat- und Rockmusik wird als „psychologische Waffe des Klassenfeindes“ betrachtet. Das Konzert der Rolling Stones am 15. September 1965, bei dem die Berliner Waldbühne zerlegt wird, liefert den Anlass für das Beatverbot, das bis 1970 dauert.
Der damalige Erste Sekretär des ZK der SED Walter Ulbricht leitet eine kulturpolitische Eiszeit ein, in der alles Englische verpönt ist.
In Leipzig wird am 31. Oktober 1965 eine Pro-Beat-Demonstration von der Polizei niedergeknüppelt.
Im Dezember 1965 wird der Antibeatkurs der SED offiziell besiegelt. Jegliche offizielle Förderung der Beatmusik kommt zum Erliegen, Musiker verlieren ihre Auftrittsgenehmigungen.
In den sozialistischen Bruderländern kann sich währenddessen die Beatszene ungehindert weiterentwickeln.
Zwischen 1967 und 1969 nehmen die Rundfunkproduktionen zu und deutsche Texte halten Einzug in die Beatmusik.
1968 wird die erste deutschsprachige Beat-LP „Die Straße“ von Team 4 veröffentlicht.
In frühen Werken von DDR-Bands werden pausenlos hübschen Mädchen schwere Koffer getragen – ein Tribut an die Forderung der Kultur-Kontrolleure, die Texte müssten von „Achtung gegenüber dem anderen Geschlecht“ geprägt sein.
In den späten 60ern werden verstärkt osteuropäische Bands importiert, sowohl auf Platte als auch auf Konzerten.
Die aufkommende Flower-Power-Zeit Ende der 60er führt zur Gründung sehr vieler Bands. Davon spielen viele die Musik ihrer unerreichbaren westlichen Vorbilder nach und bilden so eine wichtige Ersatzfunktion (Puhdys – Uriah Heep, Electra – Jethro Tull).
Auch der Jazzrock erlebt, inspiriert durch Chicago und Blood Sweat & Tears, einen Aufschwung, vertreten durch Panta Rhei, das Dresden Sextett, Horst Krüger und die frühen Stern Combo Meißen.
Anfang der 70er wird es immer deutlicher, dass die Sowjetunion die Entspannung mit dem Westen, insbesondere Deutschland, sucht.
1971 wird in der DDR Beat- und Rockmusik dank Ulbrichts Nachfolger Erich Honecker wieder staatlicherseits toleriert, ja sogar gefördert und als wichtiger Faktor in der Jugend- und Kulturpolitik betrachtet. Die Verantwortlichen versuchen die DDR-Beatszene wieder zu reanimieren. Der Auslöser ist, dass man in Hinblick auf die Weltfestspiele der Jugend und Studenten 1973 in Berlin um (fast) jeden Preis Weltoffenheit demonstrieren will.
Schon bald entwickelt die Rockmusik in der DDR eine gewisse Eigenständigkeit. Es entsteht eine unglaubliche Vielfalt deutschsprachiger Rock-, Blues- und Jazzmusik.
Es werden auch westliche Lizenz-LPs angeboten, meistens Best-Of-Alben wie von den Beatles, Rolling Stones, Genesis, Joe Cocker, etc.
Die Menschen stehen dafür vor den Plattenläden Schlange und der Besitz eines dieser Alben gilt als Privileg.
Selbstverständlich achteten die Lektoren immer auf die Textaussagen. Künstler, die der DDR suspekt sind, haben keine Chance. So gibt es zwar Platten von Floh De Cologne, BAP, Udo Lindenberg oder Peter Maffay, aber nicht von Heino oder Karl Moik.
1972 erscheint die legendäre hallo-Sampler-Serie.
Nr. 1 bis 6 werden mit einer Auflage von je 350.000 Exemplaren hergestellt.
1973 erscheinen die Folgen 7 bis 12.
Die Serie ist ein absoluter Geheimtipp, vor allem deswegen, weil viele Stücke exklusiv auf den hallo-Samplern erscheinen. Sie enthält einen Querschnitt einheimischer Produktionen sowie Importe aus dem sozialistischen Ausland. Jeder der Kompilationen liegt ein schönes Poster bei, welches auch die Trackliste enthält.
Von 1971 bis 1978 erscheinen die Rhythmus-Kompilationen.
Die Serie enthält so manches interessante Stück, hat aber leider einen sehr hohen Schlageranteil.
1972 veröffentlicht die Uve Schikora-Combo mit „Das Gewitter“ die erste Rock-LP der DDR.
In den aufkommenden Diskotheken spielt die Rock- und Popmusik der DDR fast keine Rolle, da ihr die „Tanzbarkeit“ fehlt. Am beliebtesten sind Rockballaden von Karat, Lift oder Karussell.
1973 wird das „Komitee für Unterhaltungsmusik“ gegründet, dessen Aufgabe es ist mit ausgewählten Interpreten und Bands Förderverträge zu schließen.
Beim 1973 erschienenen DDR-Kultfilm „Die Legende von Paul und Paula“ tobt das Publikum vor Begeisterung: Flucht aus dem Alltag, rebellischer Hippie-Esprit und freche Puhdys-Songs („Geh zu ihr und lass deinen Drachen steigen“). Erst in den 80ern, nachdem sich die Hauptdarstellen in den Westen absetzen, wird der Film verboten.
1974 veröffentlichen die Puhdys und Electra ihre ersten LPs.
Im September 1975 wird die Klaus-Renft-Combo verboten.
1976 geben die Puhdys ihr erstes Konzert im Westen. Die 14-Tage-Tournee geht durch 12 Städte.
Im November 1976 spielt Wolf Biermann ein Konzert in Köln mit einem sehr kritischen Programm, weswegen er aus der DDR ausgebürgert wird. Nina Hagen folgt ihrem Ziehvater in den Westen.
1978 schreibt die Band City mit ihrem Hit „Am Fenster“ Musikgeschichte. Er wird in der Bundesrepublik Deutschland und Griechenland vergoldet.
1980 verhilft Peter Maffays Coverversion von „Über sieben Brücken musst du gehen“ der Gruppe Karat zu Popularität im Westen.
1980 tritt Tangerine Dream als erstes hochkarätiges internationales Rockensemble im Palast der Republik auf.
Die Stücke von osteuropäischen Bands, die z. B. auf den legendären Hallo-Samplern vertreten sind, haben kurioserweise überwiegend deutsche Texte, die mit den Originaltexten manchmal überhaupt nichts zu tun haben und deswegen unfreiwillig komisch wirken.
Beispiele: „Der Hirtenjunge ist gestorben“, „Der Briefträger kommt“, „Trag diesen Ring“.
Man stelle sich vor, Deep Purple hätten eine deutsche Fassung von „Child in Time“ mit dem Text „Wie zwei Heidelbeeren leuchten ihre Augen...“ herausgebracht! Es gibt z. B. von vielen Omega-Titeln eine ungarisch-, eine deutsch- und eine englischsprachige Version, die zum Teil auch musikalisch unterschiedlich interpretiert werden.
Der Grad zwischen Schlager und Rock ist ziemlich schmal. Viele Interpreten können nicht eindeutig einem Genre zugeordnet werden. Ähnliches gilt übrigens auch für italienische oder spanische Produktionen, wo man auf vielen genialen Progressiv-Alben auch die peinlichsten Schlagerschnulzen findet.
Alle Platten werden auf dem Amiga-Label veröffentlicht, das von 1947 bis 1994 existierte und die gesamte Bandbreite der öffentlichen Musik abdeckt: Klassik, Beat, Rock, Schlager und volkstümliche Musik.
Das Amiga-Label kann seiner Aufgabe nur eingeschränkt nachkommen, da sowohl die Kapazitäten für den Druck der Platten und Covers als auch die Devisen für Lizenzausgaben begrenzt sind. Der komplette Output des Amiga-Labels zwischen 1965 bis 1980 beschränkt sich auf ca. 175 Beat- und Rock-LPs, davon sind 35 von ausländischen Gruppen.
Die Platten der Amiga-Alben sind sehr stabil, schon fast unzerstörbar, so als hätte es niemals eine Ölkrise gegeben. Dafür sind die Covers sehr einfach, hauchdünn und sehr empfindlich.
Bis Ende der 70er herrscht in der DDR eine extreme Zensur, der alle öffentlichen Produktionen unterliegen. Während der Zeit des Beatverbots werden viele Bands einfach verboten, andere, wie z. B. „Team 4“, mussten ihren englischen Namen in den deutschen Namen „Thomas Natschinski Gruppe“ ändern.
Auftritte werden beobachtet und auch westdeutsche Produktionen, wie z. B. ein Lied von Udo Jürgens, mit der Zeile „Sie kennen keine Grenzen, die Luftballons der Welt“ kommen auf den Index.
Die meisten Produktionen hören sich an, als wären sie 5 Jahre früher produziert worden. Man kann also von einer musikalischen „Ostblockverspätung“ sprechen!
Lyrik:
Die Texte vieler DDR-Produktionen werden beim westdeutschen Hörer vermutlich wegen ihrer extremen Schwülstigkeit Heiterkeit auslösen.
Electra Combo – Das kommt, weil deine Seele brennt
Verbrennt ein Holz ein Stroh
so lichterloh
bleibt nichts als Asche zurück
doch eine Seele die so brennt
wächst dabei bis ans Firmament
ein roter Schein den jeder kennt
das kommt weil deine Seele brennt
Lift – Wasser und Wein
Jeder Tag ist offen wie ein Krug
und am Morgen leer daß man ihn füllt
hat man ihn am Abend voll genug
wird der Durst der Träume gefüllt
City – Am Fenster
Einmal wissen dieses bleibt für immer
ist nicht Rausch der schon die Nacht verklagt
ist nicht Farbenschmelz noch Kerzenschimmer
Von dem Grau des Morgen längst verjagt
Einmal fassen tief im Blute fühlen
Dies ist mein und es ist nur durch Dich
Nicht die Stirne mehr am Fenster kühlen
Dran ein Nebel schwer vorüber strich
Einmal fassen tief im Blute fühlen
Dies ist mein und es ist nur durch Dich
Klagt ein Vogel ach auch mein Gefieder
Näßt der Regen flieg ich durch die Welt
Lift – Nach Süden
Als ich ein Kind noch war
da war mir gar nicht klar
wohin die Vögel gehn
wenn kalt schon die Winde wehn
Der Vater lachte leis
die fliehn vor Schnee und Eis
die ziehn nach Süden
um immer die Sonne zu sehn
Omega – Nach einem schweren Jahr
Freunde trennen sich mit Zorn in jedem Blick,
jahrelang führt kein Weg zurück.
Klüfte tun sich auf,
ihr Stolz ist tief verletzt,
Freunde sind sich Fremde jetzt.
Aber dann die Ferne ruft,
auf zu großer Fahrt.
Ewig Schnee und Eis,
Neuland unterm Pflug.
Meere unter hohem Bug.
Fremde Menschen nur,
die Trennung wird zur Last,
Heimweh ist nun ständig Gast.
Die Gedanken eilen schon zu den Freunden heim.
Männer kehrn zurück nach einem schweren Jahr,
fragen nach der Freunde Schar.
Endlich weicht der Stolz,
sie reichen sich die Hand,
sorgsam hüten sie das Band.
So erleben sie den Wert,
den die Freundschaft hat.
Skaldowie – Heidelbeeren
Heidelbeeren stehn,
wo wir durch unsre Wälder streifen.
Und wir suchen immer weiter
naschen Beeren hier und dort.
Heidelbeeren sind
uns beiden ein Vergnügen
verfüllt die meisten Krüge,
Heidelbeeren sind so süß.
Iß die Heidelbeeren
säuseln ihre Augen,
wie blau und von weichem Glas.
Aber wie im Wald die Beeren
muss man sie erst finden, ja.
Ißt sie Heidelbeeren
leuchten ihre Augen
locken mich zum süßen Mahl.
Aber wie schönsten Beeren,
sind sie schon geerntet, ja.
Heidelbeeren hat
ein jeder schon in seinem Korbe.
Doch was soll ich mit den Beeren,
denn mir liegt ja nur an ihr.
Heidelbeeren sind
für sie die reinste Freude.
Doch leider nicht für beide.
Heidelbeeren will sie nur.
Iß die Heidelbeeren
säuseln ihre Augen,
wie blau und von weichem Glas.
Aber wie im Wald die Beeren
muss man sie erst finden, ja.
Ißt sie Heidelbeeren
leuchten ihre Augen
locken mich zum süßen Mahl.
Aber wie schönsten Beeren,
sind sie schon geerntet, ja.
Die wichtigsten Bands:
Bayon
1971 in Weimar gegründete Band spielte konzertante Rockmusik mit asiatischen und lateinamerikanischen Einflüssen und stand nie im Mittelpunkt des kommerziellen Rockinteresses. Das Personal wurde aus mindestens 3 Erdteilen rekrutiert. Den harten Kern bildeten Bandchef Christoph Teusner und Sony Thet.
Blue Effect
Die Prager Band wurde 1968 gegründet und war eine der erfolgreichsten Band in der ehemaligen CSSR. In den 70ern tourte sie durch Belgien, die Schweiz und die DDR. Anfangs wurde psychedelischer Rock, später progressiver Jazzrock gespielt.
Breakout
Die 1970 entstandene Band mit dem Leiter Tadeusz Nalepa war eine der Spitzenbands Polens und ein Markenzeichen für progressiven Bluesrock. Auf diversen Amiga-Samplern findet man Songs von Breakout in deutscher Sprache.
City
Die 1972 gegründeten City hatten 1978 mit dem „Am Fenster“ einen Riesenerfolg, das Titelstück wurde der Sommerhit 1978 in der DDR.
Collegium Musicum
Die Gruppe, deren Kopf Marian Varga war, wurde 1970 in der jetzigen Slowakei gegründet. Sie präsentierte perfekte Adaptionen klassischer Meisterwerke.
Electra
Die 1969 gegründete Rockband aus Dresden ist eine der ältesten aktiven Bands Deutschlands und schafft es auch heute noch riesige Konzerthallen zu füllen. Neben den Puhdys, Panta Rhei und Renft gehören sie zur Rock-Elite der frühen 70er. Zu ihrem Repertoire gehörten auch Cover-Versionen von Jethro Tull-Stücken.
Engerling
Die 1975 gegründete Berliner Bluesband wurde zum Kultobjekt der DDR-Bluesfans.
Günther Fischer
Der 1944 geborene Günther Fischer war der erfolgreichste Jazz- und Rockmusiker der DDR. Er arbeitete sehr eng mit Manfred Krug zusammen und produzierte Musik für Film und Fernsehen.
Karat
Karat formierte sich 1975 aus der Band Panta Rhei. Allerdings spielte man keinen Rockjazz mehr, sondern melodiösen Rock.
Jürgen Kerth
Der 1948 in Erfurt geborene Musiker ist einer der führenden Bluesinterpreten und Gitarristen der DDR, der seine erste Profiband 1970 hatte. Er kann sich bis heute einer treuen Fangemeinde erfreuen.
Horst Krüger Band
Die Horst Krüger Band existierte von 1975 bis 1977 und veröffentlichte mit „Tagesreise“ einen der besten Rocksongs der DDR.
Reinhard Lakomy
In den 80ern spielte der bekannte Unterhaltungskünstler, der auch mit zwei Kinder-LPs große kommerzielle Erfolge feierte, drei Electronic-LPs ein, die von der Kritik oft verrissen wurden, aber beim Publikum sehr gut ankamen.
Klaus Lenz
Der geniale Jazzmusiker wurde 1940 in Berlin geboren. Er gründete in der 60ern diverse Big-Bands, erregte 1972 mit dem Musical „Es waren zwei Königskinder“ Aufsehen und schloss sich mit Gerhard Laartz zur Modern Soul-Big-Band zusammen.
Locomotiv GT
Die polnische Band wurde 1971 von den Omega-Mitgliedern Gabor Presser und Josef Laux gegründet. Auf den zahlreichen Alben findet man unterschiedlichste musikalische Stile vor. Auf diversen Amiga-Kompilationen findet man Songs in deutscher Sprache. Das Album „Ringasd El Magad“ von 1972 ist ein progressives Meisterwerk.
Modern Soul Band
Die Vorbilder dieser 1969 gegründeten Band waren die frühen Chicago und Blood, Sweat & Tears. Sie spielte ein exzellentes Gemisch aus Jazz, Rock und Soul.
Niemen
Der „König der polnischen Musik“ mit der markanten Stimme war seit 1962 musikalisch aktiv. Auf seinen Alben findet man Folklore, mystische Elektronik und Jazzrock.
Omega
Der erste Live-Auftritt der auch heute noch populärsten Band Ungarns fand 1962 statt, danach erfolgten unzählige Auftritte sowohl in Ungarn wie auch im Ausland. Auf vielen Amiga-Kompilationen sind Songs in deutscher Sprache vorhanden. Omega hatte in den 70ern auch viele Auftritte in Westdeutschland und mehrere Alben wurden auf dem Bacillus-Label in englischer Sprache veröffentlicht. Auch auf diversen Krautrock-Samplern war Omega vertreten.
Panta Rhei
Die 1971 gegründete Band spielte in wechselhaften Formationen hochkarätiger Musiker qualitativ hochwertigen Jazzrock und gehörte zu den führenden Formationen der DDR.
Puhdys
Die Puhdys waren die erfolgreichste DDR-Rockgruppe der 70er Jahre. Nachdem sie sich zunächst an Vorbildern wie Uriah Heep und Deep Purple orientierten, entwickelten sie mit eigenen Texten und Kompositionen Eigenständigkeit. Sie waren eine der wenigen Bands, die im westlichen Ausland Konzerte geben durften.
Klaus Renft Combo
Das Debütalbum von 1973 wurde mit einer Mischung aus originellen, engagierten und witzigen Titeln ein großer Erfolg und war der einheimischen Konkurrenz um Meilen voraus. Wegen ihrer kritischen Texte wurde die Band 1975 verboten.
Rote Gitarren
Die 1965 gegründete polnische Band produzierte einfache Melodien, aus denen polnische Folklore durchschimmerte. Auf einigen wenigen Stücken machte man auch Ausflüge in psychedelische Gefilde.
Skaldowie (Die Skalden)
Die 1967 gegründete polnische Band war eine der gefragtesten Bands Polens und auch in der DDR sehr beliebt. Sie spielte auf ihren ersten Alben einen melodiösen, folkloristischen Stil. Auf vielen Amiga-Kompilationen ist sie mit Songs in deutscher Sprache vertreten. 1971 erschien eine Amiga-LP in deutscher Sprache. 1972 wurde das geniale Progressiv-Album „Krywan, Krywan“ veröffentlich.
SBB
Die polnische Rock-Jazz-Formation, die auch als Niemen-Gruppe internationale Erfolge erringen konnte, verfolgte ähnliche Grundsätze wie das Mahavishnu Orchestra von John McLaughlin. 1974 wurde die Gruppe in Polen als größte musikalische Sensation des Jahres gefeiert.
Uve Schikora
Uve Schickora spielte mit seiner Uve-Schikora-Combo 1972 das exzellente Album „Das Gewitter“ ein, das als erstes Rock-Album der DDR gilt. Im Kultbuch „A Crack In The Cosmic Egg“ wird dieses Album als „bestes ostdeutsches Album“ bewertet.
Theo Schumann Combo
Der Bandleiter und Pianist Theo Schumann wandte sich in den 60ern der Beatmusik zu. Die Theo Schumann Combo erlangte im Dresdener Raum Kultstatus.
Stern Combo Meißen
Stern Combo Meißen, bereits 1963 als Tanzkapelle gegründet, waren die bekanntesten und erfolgreichsten Vertreter des Artrocks der DDR und ließen mit Adaptionen und überlangen Titeln die Kritiker jubeln. Der Keyboarder Thomas Kurzhals wird manchmal als der „Keith Emerson“ der DDR bezeichnet. Erstaunlich ist, wie es der Band damals gelang das ganze Equipment zu beschaffen.
Albenbesprechung:
Die folgende Auflistung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern ist eine zugegebenermaßen subjektive Empfehlung meinerseits, womit man als „Ungeübter“ den Einstieg in den DDR-Rock versuchen sollte. Ich muss hinzufügen, dass ich bevorzugt Krautrock und Underground-Musik höre und deswegen reine Popmusik absichtlich vernachlässigt habe:
Blue Effect – Meditace; Supraphon; 0 13 0689; 1970
Auf diesem teils in tschechischer, teils in englischer Sprache gesungenen Album wird ein exzellenter und vielseitiger Mix aus Psychedelic, Underground und progressivem Blues geboten. Einige Stücke erinnern an die Gruppe „Wonderland“.
Breakout – Ogien; Muza; L 1004; 1973
Das in polnischer Sprache gesungene Album ist ein Meisterwerk des progressiven Bluesrocks. Wer die Alben von Livin’ Blues und „Then Play On“ von Fleetwood Mac liebt, kommt hier voll auf seine Kosten.
Electra – Adaptionen; Amiga; 8 55 501; 1976
Dieses außergewöhnliche Instrumentalalbum enthält, wie der Titel schon andeutet, schön verrockte Adaptionen bekannter Klassiker wie “Säbeltanz”, “In der Halle des Bergkönigs”, etc. Die Adaptionen sind wesentlich gelungener als z. B. diejenigen auf den Pink Mice-LPs. Meiner Meinung ist dies das homogenste und rockigste Album von Electra. Sehr empfehlenswert.
Uschi Brüning und das Günther-Fischer-Quartett; Amiga; 8 55 314; 1973
Uschi Brüning und Günther Fischer; Amiga; 8 55 414; 1974
Auf beiden Alben wird feinster, zum Teil progressiver Jazzrock gespielt. Circa die Hälfte der Stücke sind instrumental, die anderen mit Gesang von Uschi Brüning.
Puhdys – Puhdys; Amiga; 8 55 348; 1974
Das coole Cover ist absolut sehenswert: die Frisuren der Musiker erinnern an den Komiker Atze Schröder. Es handelt sich um ein sehr durchschnittliches Album mit ein paar außergewöhnlich guten Stücken, die stark von den frühen Uriah Heep beeinflußt sind. Anspieltipp: „Türen öffnen sich zur Stadt“. Hier stand unüberhörbar „Gypsy“ Pate.
Puhdys – Sturmvogel; Amiga; 8 55 454; 1976
Außer dem genialen Titeltrack, wegen dem ich mich eigentlich erst für die Puhdys interessierte, gefällt mir an diesem Album überhaupt nichts! Bei den meisten Stücken handelt es sich um kitschige Balladen, deren schwülstige Texte kaum zu ertragen sind. Mich erinnert das alles unangenehm an „One Way Wind“ von den Cats.
Skaldowie – Krywan, Krywan; Muza; SX 1088; 1972
Im Gegensatz zu den relativ folkloristisch-melodiösen Vorgängern veröffentlichte die Band mit „Krywan-Krywan“ ein faszinierendes Progressiv-Album, dessen Höhepunkt das 18 Minuten lange Titelstück ist. Die Instrumentierung ist sehr reichhaltig und beinhaltet Keyboards, Violine und Bläser.
Engerling – Same; Amiga; 8 55 597; 1978
Das Debütalbum von Engerling ist relativ durchschnittlich, enthält aber 2 außergewöhnlich interessante Stücke: Der „Moll-Blues“ ist eine der schönsten deutschsprachigen Bluesnummern, die ich je gehört habe mit hervorragendem Text. Und der Instrumentaltitel „Montgolfiere“ könnte von der Machart her auch ohne weiteres von Krokodil stammen.
Reinhard Lakomy – Das geheime Leben; Amiga; 8 55 893; 1982
Die erste elektronische Veröffentlichung von „Lacky“ ist ein hervorragendes Elektronikalbum, das sich hinter denen von „Tangerine Dream“ und Klaus Schulze nicht zu verstecken braucht. Auch das Nachfolgealbum „Der Traum von Asgard“ soll ähnlich gut sein. Von allen anderen Alben rate ich ab, da es sich hierbei eher um Liedermacher- oder gar Schlagermusik handelt.
Stern Combo Meißen – Same; Amiga; 8 55 567; 1977
Auszug aus einer Besprechung der „Baby-Blaue-Seiten Prog Reviews“:
Der Titel “Der Kampf um den Südpol” ist der unverwüstliche Klassiker der Band schlechthin und ist von Musik und Text her erstaunlich umgesetzt. Danach kommt erst einmal ein qualitativer Einbruch in der Form des belanglosen "Der Alte auf der Müllkippe". Auch ein schon vom Text her ziemlich schwülstiger Titel namens "Mütter gehen fort ohne Laut" weiß keinesfalls zu begeistern. Mit der Adaption des Werkes "Eine Nacht auf dem kahlen Berge" von Modest Mussorgski zeigt der Daumen aber wieder nach oben. Hier tritt man vollends in die Fußstapfen von ELP. Am Ende kommt sogar der hervorragende Sänger Reinhard Fißler kurz zum Einsatz. Die Umsetzung dieses klassischen Werkes gelingt Stern-Combo Meißen überaus gekonnt.
Der Titel "Licht in das Dunkel" schließt das Erstlingswerk von Stern-Combo Meißen ab. Dieses Stück beginnt mit schönen symphonischen Keyboards sehr viel versprechend. Der Gesang ist hier sehr pathetisch. An dieser Stelle muss man einräumen, dass es die Band hier mit ihrem Pathos ein wenig übertreibt. Vielleicht fällt einem all dies aber auch wegen der deutschen Texte einfach eher auf. Für eine Spielzeit von über 13 Minuten fehlen diesem Stück ein wenig die zündenden Ideen. Somit ist dies mal wieder ein Beweis dafür, dass der längste Titel keinesfalls auch der Beste sein muss.
Discographie:
Bayon – Same; Amiga; 8 55 570; 1977
Bayon – Suite; Amiga; 8 55 772; 1980
Blue Effect – Meditace; Supraphon; 0 13 0689; 1970
Breakout – Ogien; Muza; L 1004; 1973
Uschi Brüning und das Günther-Fischer-Quartett; Amiga; 8 55 314; 1973
Uschi Brüning und Günther Fischer; Amiga; 8 55 414; 1974
City – Am Fenster; Amiga; 8 55 586; 1979
Electra – Adaptionen; Amiga; 8 55 501; 1976
Electra – 3; Amiga; 8 55 762; 1980
Engerling – Same; Amiga; 8 55 597; 1978
Karat – Same; Amiga 8 55 573; 1978
Gruppe Jürgen Kerth –Same; Amiga 8 55 599; 1978
Horst Krüger-Septett – Geh durch die Stadt; Amiga; 8 55 298; 1972
Horst Krüger-Band – Same; Amiga; 8 55 418;1975
Reinhard Lakomy – Das geheime Leben; Amiga; 8 55 893; 1982
Reinhard Lakomy – Der Traum von Asgard; Amiga; 8 56 201; 1983
Klaus Lenz Big Band – Same; Amiga; 8 55 433; 1975
Modern Soul Band – Same; Amiga; 8 55 555; 1977
Niemen – Aerolit; Muza; SX 1192; 1974
Panta Rhei – Same; Amiga; 8 55 318; 1973
Panta Rhei – Die frühen Jahre; Amiga: 8 55 820; 1980
Puhdys – Puhdys; Amiga; 8 55 348; 1974
Puhdys – Puhdys; Amiga; 8 55 404 ; 1975
Puhdys – Sturmvogel; Amiga; 8 55 454; 1976
Klaus Renft Combo – Same; Amiga; 8 55 326; 1973
Renft – Same; Amiga; 8 55 396; 1974
Uve Schikora und seine Gruppe - Das Gewitter; Amiga; 8 55 290; 1972
Theo Schumann-Combo – Same; Amiga; 8 55 200; 1969
Skaldowie – Krywan, Krywan; Muza; SX 1088; 1972
Schumann-Combo – Für junge Leute; Amiga; 8 55 222; 1970
Schumann-Combo – Guten Abend Carolina; Amiga; 8 55 268; 1971
Stern Combo Meißen – Same; Amiga; 8 55 567; 1977
Stern Combo Meißen – Weißes Gold; 8 55 636; 1979
Kompilationen:
hallo Nr. 1; Amiga 8 55 331, 1972
hallo Nr. 2; Amiga 8 55 332; 1972
hallo Nr. 3; Amiga 8 55 333; 1972
hallo Nr. 4; Amiga 8 55 334; 1972
hallo Nr. 5; Amiga 8 55 335; 1972
hallo Nr. 6; Amiga 8 55 336; 1972
hallo Nr. 7; Amiga 8 55 337; 1973
hallo Nr. 8; Amiga 8 55 338; 1973
hallo Nr. 9; Amiga 8 55 339; 1973
hallo Nr. 10; Amiga 8 55 340; 1973
hallo Nr. 11; Amiga 8 55 341; 1973
hallo Nr. 12; Amiga 8 55 342; 1973
Beat-Kiste; Amiga 8 55 539, 1977
Beat-Party; Amiga 8 55 520; 1977
Beat, Rock & Blues aus der VR Polen; Amiga 8 55 394; 1974
Big Beat; Amiga 8 50 039; 1965
Big Beat II; Amiga 8 50 049; 1965
Non stop Beat; Amiga 8 55 477; 1976
Rhythmus 71; Amiga 8 55 242; 1971
Rhythmus 72; Amiga 8 55 284; 1972
20 x Beat; Amiga 8 55 399; 1975
Meine persönliche Top-Hundert (Reihenfolge willkürlich):
Orchester Lothar Stuckart – Maskentanz
Stern-Combo-Meißen – Der Alte
Uve-Schikora-Combo – Auf dem Wege zu dir
Prinzip – Der große Star
Set – Eisen
Horst Krüger Band – Rosenpflücken
Modern Soul Band – Zickenrock
Vaclav Neckar & die Bazillen – Geben
Bläsergruppe Fusion – Hei, kleine Linda
Theo Schumann Combo – Luchs
Theo Schumann Combo – Säbeltanz
Collegium Musicum – Musik zum Springbrunnen Nr. 1
Horst Krüger Band – Da ist Feuer
Energit – Night butterfly
Niemen – Kehr’ noch heut’ zurück
Locomotiv GT – Nen nekem valo
Günther Fischer – Welch ein Zufall
Günther Fischer – Erinnerungen an Jürgen H.
Halina Franckowiak und die Gruppe ABC – Ich gehe weiter
Locomotiv GT – A semmi Kertje
Klaus Lenz – Sisyphos
Horst Krüger Band – Rotes Licht
Prinzip – Sieben Meter Seidenband
Angelika Mann und das Reinhard Lakomy Ensemble – Ein irrer Typ
Breakout – Heute hast du alles
Modern Soul Band – Was mir fehlt
Electra – Ach, Schneewittchen
Klauf Lenz – Aufbruch
Günther Fischer – An H. E.
Niemen – Wroc jesce dzis
Jürgen Kerth – Ich bin k.o.
Modern Soul Band – Schlafen gehen
Electra – Der grüne Esel
Panta Rhei – Blues für John Henry
Joco-Dev-Sextett – Wir lagen im Grase
Bayon – Stell dich mitten in den Regen
Panta Rhei -. Aus und vorbei
Puhdys – Türen öffnen sich zur Stadt
Studio 66 – Nicht eine Stunde
Joco-Dev-Sextett – Stapellauf
Electra – Das Lächeln
Modern Soul Septett – Wie schön
Skaldowie – Der Hirtenjunge ist gestorben
Puhdys – Steige nicht auf einen Baum
Klaus Renft Combo – Cäsars Blues
Jürgen Kerth Quintett – Geburtstag im Internat
Electra – Über Feuer
Klaus Lenz – Satrapen
Günther Fischer – Szekes fehervar
Halina Franckowiak und die Gruppe ABC – Du willst zuviel
Locomotiv GT – Megvarlak ma delben
Horst Krüger Band – Ich kann barfuß durch Dornen gehen
Nina Hagen – Hey, wir fahr’n auf’s Land
Puhdys – Wie ein Pfeil
Horst Krüger Band – Ohne ein Wort
Omega – Sie ruft alle Tage herbei
Skaldowie – Where am I to ask for you
Klaus Lenz – Hallo Igor
Günther Fischer – Gestern abend
Kristina Pronko – Sag
Breakout – Nie zapalaj swiatla
Panta Rhei -Tuyet
Orchester Klaus Lenz – Esperanto
Stern Combo Meißen – Ein Tag in der Stadt
Omega – Reise auf dem grauen Fluß
Die singenden Gitarren – Salaspilsz
Pavol Hammel – Die sechs Weisen
Wojcioch Korda und Blau-Schwarz – Lied über die nackte Wahrheit
Vaclav Neckar und die Bazillen – Naruc Kras
Pavol Hammel und die Gruppe Prudy – Abra Kadabra
Klaus Renft Combo – Wandersmann
Electra – Einen kleinen Tag lang
Omega – Untreue Freunde
Express – Leben, um ein Mensch zu sein
Bayon – Die Nacht
Joco-Dev-Sextett – Du bist mir nah
Centric – Rauch am Horizont
Locomotiv GT – Kotta nelkül
Blue Effect – Clara
Electra Feuer
Omega – Nach einem schweren Jahr
Blue Effect – Armageddon
Bürkholz Formation – Sei kein Vulkan
Skaldowie – Heidelbeeren
2 + 1 – Hei, ich fang den Sommer
Breakout – Aber ich sag dir nichts davon
Lift – Komm nicht wieder
Wir – Black power
Breakout – Rzeka dziecinstwa
Engerling – Moll Blues
Engerling - Montolfiere
Quellenangaben:
Buch Amiga – Birgit und Michael Rauhut, 3-89602-189-3
Internet: Folker Labelporträt
Internet: T-Online.de
Internet: Wikipedia
CD Amiga Rock Raritäten, BMG, 74321 66099 2
Musik in der DDR — vom Staat misstrauisch beäugt und in den Grenzen des Landes gefangen.
Untertitel: Erfahrungsbericht eines "Wessis", der die DDR-Rockmusik der frühen 70er leider erst in den späten 90ern kennen und lieben gelernt hat.
Daten und Fakten:
1949: Gründung der DDR
Mitte der 50er Jahre hält der Rock ‚n’ Roll auch in der DDR Einzug.
1957 erscheint die erste Ausgabe von „Melodie und Rhythmus“, der einzigen Fachzeitschrift der DDR, die sich ausschließlich der populären Musik widmet.
Bis 1958 ist das Verhältnis ausländischer Musik zu inländischen Produktionen ca. 2:1.
Am 2.1Januar 1958 tritt dann die so genannte „Repertoirequotenregelung“ in Kraft. 60% der Titel sollen aus dem Inland, sozialistischen Bruderländern oder urheberrechtlich frei sein.
Anfang der Sechziger inspiriert der Swing viele Gitarrenbands.
13. August 1961: Sperren der Grenze nach Westberlin, Beginn des Mauerbaus.
16. August 1961: Den Bürgern der DDR wird die Ausreise in die Bundesrepublik untersagt.
1964 lösen die Beatles einen positiven Schock bei vielen Musikern aus. 4500 Tanzkapellen musizieren auf Tanzabenden, ein Großteil davon beschäftigt sich mit der neuen Beatmusik, die trotz der englischen Texte eine große Wirkung auf die Jugend ausübt.
Die technische Ausstattung ist problematisch, weswegen sich viele Bands ihre Ausrüstung selber bauen.
Es ist gar nicht so einfach Musik zu machen: Eine so genannte „Einstufungskommission“, der die Bands sich vorstellen müssen, entscheidet über die Auftrittslizenz. Wer diese Lizenz nicht besitzt und trotzdem spielt, taucht sozusagen in den Untergrund ab.
Am 29. Juni 1964 wird vom Berliner Rundfunk ein Begleitprogramm zum Deutschlandtreffen eröffnet, das wegen des großen Zuspruchs als DT 64 fester Bestandteil des Hörfunkprogramms wird.
1965 erscheinen die ersten Beatplatten der DDR mit einheimischer Beatmusik, die legendären Kompilationen „Big Beat“ und „Big Beat 2“.
Beat- und Rockmusik wird als „psychologische Waffe des Klassenfeindes“ betrachtet. Das Konzert der Rolling Stones am 15. September 1965, bei dem die Berliner Waldbühne zerlegt wird, liefert den Anlass für das Beatverbot, das bis 1970 dauert.
Der damalige Erste Sekretär des ZK der SED Walter Ulbricht leitet eine kulturpolitische Eiszeit ein, in der alles Englische verpönt ist.
In Leipzig wird am 31. Oktober 1965 eine Pro-Beat-Demonstration von der Polizei niedergeknüppelt.
Im Dezember 1965 wird der Antibeatkurs der SED offiziell besiegelt. Jegliche offizielle Förderung der Beatmusik kommt zum Erliegen, Musiker verlieren ihre Auftrittsgenehmigungen.
In den sozialistischen Bruderländern kann sich währenddessen die Beatszene ungehindert weiterentwickeln.
Zwischen 1967 und 1969 nehmen die Rundfunkproduktionen zu und deutsche Texte halten Einzug in die Beatmusik.
1968 wird die erste deutschsprachige Beat-LP „Die Straße“ von Team 4 veröffentlicht.
In frühen Werken von DDR-Bands werden pausenlos hübschen Mädchen schwere Koffer getragen – ein Tribut an die Forderung der Kultur-Kontrolleure, die Texte müssten von „Achtung gegenüber dem anderen Geschlecht“ geprägt sein.
In den späten 60ern werden verstärkt osteuropäische Bands importiert, sowohl auf Platte als auch auf Konzerten.
Die aufkommende Flower-Power-Zeit Ende der 60er führt zur Gründung sehr vieler Bands. Davon spielen viele die Musik ihrer unerreichbaren westlichen Vorbilder nach und bilden so eine wichtige Ersatzfunktion (Puhdys – Uriah Heep, Electra – Jethro Tull).
Auch der Jazzrock erlebt, inspiriert durch Chicago und Blood Sweat & Tears, einen Aufschwung, vertreten durch Panta Rhei, das Dresden Sextett, Horst Krüger und die frühen Stern Combo Meißen.
Anfang der 70er wird es immer deutlicher, dass die Sowjetunion die Entspannung mit dem Westen, insbesondere Deutschland, sucht.
1971 wird in der DDR Beat- und Rockmusik dank Ulbrichts Nachfolger Erich Honecker wieder staatlicherseits toleriert, ja sogar gefördert und als wichtiger Faktor in der Jugend- und Kulturpolitik betrachtet. Die Verantwortlichen versuchen die DDR-Beatszene wieder zu reanimieren. Der Auslöser ist, dass man in Hinblick auf die Weltfestspiele der Jugend und Studenten 1973 in Berlin um (fast) jeden Preis Weltoffenheit demonstrieren will.
Schon bald entwickelt die Rockmusik in der DDR eine gewisse Eigenständigkeit. Es entsteht eine unglaubliche Vielfalt deutschsprachiger Rock-, Blues- und Jazzmusik.
Es werden auch westliche Lizenz-LPs angeboten, meistens Best-Of-Alben wie von den Beatles, Rolling Stones, Genesis, Joe Cocker, etc.
Die Menschen stehen dafür vor den Plattenläden Schlange und der Besitz eines dieser Alben gilt als Privileg.
Selbstverständlich achteten die Lektoren immer auf die Textaussagen. Künstler, die der DDR suspekt sind, haben keine Chance. So gibt es zwar Platten von Floh De Cologne, BAP, Udo Lindenberg oder Peter Maffay, aber nicht von Heino oder Karl Moik.
1972 erscheint die legendäre hallo-Sampler-Serie.
Nr. 1 bis 6 werden mit einer Auflage von je 350.000 Exemplaren hergestellt.
1973 erscheinen die Folgen 7 bis 12.
Die Serie ist ein absoluter Geheimtipp, vor allem deswegen, weil viele Stücke exklusiv auf den hallo-Samplern erscheinen. Sie enthält einen Querschnitt einheimischer Produktionen sowie Importe aus dem sozialistischen Ausland. Jeder der Kompilationen liegt ein schönes Poster bei, welches auch die Trackliste enthält.
Von 1971 bis 1978 erscheinen die Rhythmus-Kompilationen.
Die Serie enthält so manches interessante Stück, hat aber leider einen sehr hohen Schlageranteil.
1972 veröffentlicht die Uve Schikora-Combo mit „Das Gewitter“ die erste Rock-LP der DDR.
In den aufkommenden Diskotheken spielt die Rock- und Popmusik der DDR fast keine Rolle, da ihr die „Tanzbarkeit“ fehlt. Am beliebtesten sind Rockballaden von Karat, Lift oder Karussell.
1973 wird das „Komitee für Unterhaltungsmusik“ gegründet, dessen Aufgabe es ist mit ausgewählten Interpreten und Bands Förderverträge zu schließen.
Beim 1973 erschienenen DDR-Kultfilm „Die Legende von Paul und Paula“ tobt das Publikum vor Begeisterung: Flucht aus dem Alltag, rebellischer Hippie-Esprit und freche Puhdys-Songs („Geh zu ihr und lass deinen Drachen steigen“). Erst in den 80ern, nachdem sich die Hauptdarstellen in den Westen absetzen, wird der Film verboten.
1974 veröffentlichen die Puhdys und Electra ihre ersten LPs.
Im September 1975 wird die Klaus-Renft-Combo verboten.
1976 geben die Puhdys ihr erstes Konzert im Westen. Die 14-Tage-Tournee geht durch 12 Städte.
Im November 1976 spielt Wolf Biermann ein Konzert in Köln mit einem sehr kritischen Programm, weswegen er aus der DDR ausgebürgert wird. Nina Hagen folgt ihrem Ziehvater in den Westen.
1978 schreibt die Band City mit ihrem Hit „Am Fenster“ Musikgeschichte. Er wird in der Bundesrepublik Deutschland und Griechenland vergoldet.
1980 verhilft Peter Maffays Coverversion von „Über sieben Brücken musst du gehen“ der Gruppe Karat zu Popularität im Westen.
1980 tritt Tangerine Dream als erstes hochkarätiges internationales Rockensemble im Palast der Republik auf.
Die Stücke von osteuropäischen Bands, die z. B. auf den legendären Hallo-Samplern vertreten sind, haben kurioserweise überwiegend deutsche Texte, die mit den Originaltexten manchmal überhaupt nichts zu tun haben und deswegen unfreiwillig komisch wirken.
Beispiele: „Der Hirtenjunge ist gestorben“, „Der Briefträger kommt“, „Trag diesen Ring“.
Man stelle sich vor, Deep Purple hätten eine deutsche Fassung von „Child in Time“ mit dem Text „Wie zwei Heidelbeeren leuchten ihre Augen...“ herausgebracht! Es gibt z. B. von vielen Omega-Titeln eine ungarisch-, eine deutsch- und eine englischsprachige Version, die zum Teil auch musikalisch unterschiedlich interpretiert werden.
Der Grad zwischen Schlager und Rock ist ziemlich schmal. Viele Interpreten können nicht eindeutig einem Genre zugeordnet werden. Ähnliches gilt übrigens auch für italienische oder spanische Produktionen, wo man auf vielen genialen Progressiv-Alben auch die peinlichsten Schlagerschnulzen findet.
Alle Platten werden auf dem Amiga-Label veröffentlicht, das von 1947 bis 1994 existierte und die gesamte Bandbreite der öffentlichen Musik abdeckt: Klassik, Beat, Rock, Schlager und volkstümliche Musik.
Das Amiga-Label kann seiner Aufgabe nur eingeschränkt nachkommen, da sowohl die Kapazitäten für den Druck der Platten und Covers als auch die Devisen für Lizenzausgaben begrenzt sind. Der komplette Output des Amiga-Labels zwischen 1965 bis 1980 beschränkt sich auf ca. 175 Beat- und Rock-LPs, davon sind 35 von ausländischen Gruppen.
Die Platten der Amiga-Alben sind sehr stabil, schon fast unzerstörbar, so als hätte es niemals eine Ölkrise gegeben. Dafür sind die Covers sehr einfach, hauchdünn und sehr empfindlich.
Bis Ende der 70er herrscht in der DDR eine extreme Zensur, der alle öffentlichen Produktionen unterliegen. Während der Zeit des Beatverbots werden viele Bands einfach verboten, andere, wie z. B. „Team 4“, mussten ihren englischen Namen in den deutschen Namen „Thomas Natschinski Gruppe“ ändern.
Auftritte werden beobachtet und auch westdeutsche Produktionen, wie z. B. ein Lied von Udo Jürgens, mit der Zeile „Sie kennen keine Grenzen, die Luftballons der Welt“ kommen auf den Index.
Die meisten Produktionen hören sich an, als wären sie 5 Jahre früher produziert worden. Man kann also von einer musikalischen „Ostblockverspätung“ sprechen!
Lyrik:
Die Texte vieler DDR-Produktionen werden beim westdeutschen Hörer vermutlich wegen ihrer extremen Schwülstigkeit Heiterkeit auslösen.
Electra Combo – Das kommt, weil deine Seele brennt
Verbrennt ein Holz ein Stroh
so lichterloh
bleibt nichts als Asche zurück
doch eine Seele die so brennt
wächst dabei bis ans Firmament
ein roter Schein den jeder kennt
das kommt weil deine Seele brennt
Lift – Wasser und Wein
Jeder Tag ist offen wie ein Krug
und am Morgen leer daß man ihn füllt
hat man ihn am Abend voll genug
wird der Durst der Träume gefüllt
City – Am Fenster
Einmal wissen dieses bleibt für immer
ist nicht Rausch der schon die Nacht verklagt
ist nicht Farbenschmelz noch Kerzenschimmer
Von dem Grau des Morgen längst verjagt
Einmal fassen tief im Blute fühlen
Dies ist mein und es ist nur durch Dich
Nicht die Stirne mehr am Fenster kühlen
Dran ein Nebel schwer vorüber strich
Einmal fassen tief im Blute fühlen
Dies ist mein und es ist nur durch Dich
Klagt ein Vogel ach auch mein Gefieder
Näßt der Regen flieg ich durch die Welt
Lift – Nach Süden
Als ich ein Kind noch war
da war mir gar nicht klar
wohin die Vögel gehn
wenn kalt schon die Winde wehn
Der Vater lachte leis
die fliehn vor Schnee und Eis
die ziehn nach Süden
um immer die Sonne zu sehn
Omega – Nach einem schweren Jahr
Freunde trennen sich mit Zorn in jedem Blick,
jahrelang führt kein Weg zurück.
Klüfte tun sich auf,
ihr Stolz ist tief verletzt,
Freunde sind sich Fremde jetzt.
Aber dann die Ferne ruft,
auf zu großer Fahrt.
Ewig Schnee und Eis,
Neuland unterm Pflug.
Meere unter hohem Bug.
Fremde Menschen nur,
die Trennung wird zur Last,
Heimweh ist nun ständig Gast.
Die Gedanken eilen schon zu den Freunden heim.
Männer kehrn zurück nach einem schweren Jahr,
fragen nach der Freunde Schar.
Endlich weicht der Stolz,
sie reichen sich die Hand,
sorgsam hüten sie das Band.
So erleben sie den Wert,
den die Freundschaft hat.
Skaldowie – Heidelbeeren
Heidelbeeren stehn,
wo wir durch unsre Wälder streifen.
Und wir suchen immer weiter
naschen Beeren hier und dort.
Heidelbeeren sind
uns beiden ein Vergnügen
verfüllt die meisten Krüge,
Heidelbeeren sind so süß.
Iß die Heidelbeeren
säuseln ihre Augen,
wie blau und von weichem Glas.
Aber wie im Wald die Beeren
muss man sie erst finden, ja.
Ißt sie Heidelbeeren
leuchten ihre Augen
locken mich zum süßen Mahl.
Aber wie schönsten Beeren,
sind sie schon geerntet, ja.
Heidelbeeren hat
ein jeder schon in seinem Korbe.
Doch was soll ich mit den Beeren,
denn mir liegt ja nur an ihr.
Heidelbeeren sind
für sie die reinste Freude.
Doch leider nicht für beide.
Heidelbeeren will sie nur.
Iß die Heidelbeeren
säuseln ihre Augen,
wie blau und von weichem Glas.
Aber wie im Wald die Beeren
muss man sie erst finden, ja.
Ißt sie Heidelbeeren
leuchten ihre Augen
locken mich zum süßen Mahl.
Aber wie schönsten Beeren,
sind sie schon geerntet, ja.
Die wichtigsten Bands:
Bayon
1971 in Weimar gegründete Band spielte konzertante Rockmusik mit asiatischen und lateinamerikanischen Einflüssen und stand nie im Mittelpunkt des kommerziellen Rockinteresses. Das Personal wurde aus mindestens 3 Erdteilen rekrutiert. Den harten Kern bildeten Bandchef Christoph Teusner und Sony Thet.
Blue Effect
Die Prager Band wurde 1968 gegründet und war eine der erfolgreichsten Band in der ehemaligen CSSR. In den 70ern tourte sie durch Belgien, die Schweiz und die DDR. Anfangs wurde psychedelischer Rock, später progressiver Jazzrock gespielt.
Breakout
Die 1970 entstandene Band mit dem Leiter Tadeusz Nalepa war eine der Spitzenbands Polens und ein Markenzeichen für progressiven Bluesrock. Auf diversen Amiga-Samplern findet man Songs von Breakout in deutscher Sprache.
City
Die 1972 gegründeten City hatten 1978 mit dem „Am Fenster“ einen Riesenerfolg, das Titelstück wurde der Sommerhit 1978 in der DDR.
Collegium Musicum
Die Gruppe, deren Kopf Marian Varga war, wurde 1970 in der jetzigen Slowakei gegründet. Sie präsentierte perfekte Adaptionen klassischer Meisterwerke.
Electra
Die 1969 gegründete Rockband aus Dresden ist eine der ältesten aktiven Bands Deutschlands und schafft es auch heute noch riesige Konzerthallen zu füllen. Neben den Puhdys, Panta Rhei und Renft gehören sie zur Rock-Elite der frühen 70er. Zu ihrem Repertoire gehörten auch Cover-Versionen von Jethro Tull-Stücken.
Engerling
Die 1975 gegründete Berliner Bluesband wurde zum Kultobjekt der DDR-Bluesfans.
Günther Fischer
Der 1944 geborene Günther Fischer war der erfolgreichste Jazz- und Rockmusiker der DDR. Er arbeitete sehr eng mit Manfred Krug zusammen und produzierte Musik für Film und Fernsehen.
Karat
Karat formierte sich 1975 aus der Band Panta Rhei. Allerdings spielte man keinen Rockjazz mehr, sondern melodiösen Rock.
Jürgen Kerth
Der 1948 in Erfurt geborene Musiker ist einer der führenden Bluesinterpreten und Gitarristen der DDR, der seine erste Profiband 1970 hatte. Er kann sich bis heute einer treuen Fangemeinde erfreuen.
Horst Krüger Band
Die Horst Krüger Band existierte von 1975 bis 1977 und veröffentlichte mit „Tagesreise“ einen der besten Rocksongs der DDR.
Reinhard Lakomy
In den 80ern spielte der bekannte Unterhaltungskünstler, der auch mit zwei Kinder-LPs große kommerzielle Erfolge feierte, drei Electronic-LPs ein, die von der Kritik oft verrissen wurden, aber beim Publikum sehr gut ankamen.
Klaus Lenz
Der geniale Jazzmusiker wurde 1940 in Berlin geboren. Er gründete in der 60ern diverse Big-Bands, erregte 1972 mit dem Musical „Es waren zwei Königskinder“ Aufsehen und schloss sich mit Gerhard Laartz zur Modern Soul-Big-Band zusammen.
Locomotiv GT
Die polnische Band wurde 1971 von den Omega-Mitgliedern Gabor Presser und Josef Laux gegründet. Auf den zahlreichen Alben findet man unterschiedlichste musikalische Stile vor. Auf diversen Amiga-Kompilationen findet man Songs in deutscher Sprache. Das Album „Ringasd El Magad“ von 1972 ist ein progressives Meisterwerk.
Modern Soul Band
Die Vorbilder dieser 1969 gegründeten Band waren die frühen Chicago und Blood, Sweat & Tears. Sie spielte ein exzellentes Gemisch aus Jazz, Rock und Soul.
Niemen
Der „König der polnischen Musik“ mit der markanten Stimme war seit 1962 musikalisch aktiv. Auf seinen Alben findet man Folklore, mystische Elektronik und Jazzrock.
Omega
Der erste Live-Auftritt der auch heute noch populärsten Band Ungarns fand 1962 statt, danach erfolgten unzählige Auftritte sowohl in Ungarn wie auch im Ausland. Auf vielen Amiga-Kompilationen sind Songs in deutscher Sprache vorhanden. Omega hatte in den 70ern auch viele Auftritte in Westdeutschland und mehrere Alben wurden auf dem Bacillus-Label in englischer Sprache veröffentlicht. Auch auf diversen Krautrock-Samplern war Omega vertreten.
Panta Rhei
Die 1971 gegründete Band spielte in wechselhaften Formationen hochkarätiger Musiker qualitativ hochwertigen Jazzrock und gehörte zu den führenden Formationen der DDR.
Puhdys
Die Puhdys waren die erfolgreichste DDR-Rockgruppe der 70er Jahre. Nachdem sie sich zunächst an Vorbildern wie Uriah Heep und Deep Purple orientierten, entwickelten sie mit eigenen Texten und Kompositionen Eigenständigkeit. Sie waren eine der wenigen Bands, die im westlichen Ausland Konzerte geben durften.
Klaus Renft Combo
Das Debütalbum von 1973 wurde mit einer Mischung aus originellen, engagierten und witzigen Titeln ein großer Erfolg und war der einheimischen Konkurrenz um Meilen voraus. Wegen ihrer kritischen Texte wurde die Band 1975 verboten.
Rote Gitarren
Die 1965 gegründete polnische Band produzierte einfache Melodien, aus denen polnische Folklore durchschimmerte. Auf einigen wenigen Stücken machte man auch Ausflüge in psychedelische Gefilde.
Skaldowie (Die Skalden)
Die 1967 gegründete polnische Band war eine der gefragtesten Bands Polens und auch in der DDR sehr beliebt. Sie spielte auf ihren ersten Alben einen melodiösen, folkloristischen Stil. Auf vielen Amiga-Kompilationen ist sie mit Songs in deutscher Sprache vertreten. 1971 erschien eine Amiga-LP in deutscher Sprache. 1972 wurde das geniale Progressiv-Album „Krywan, Krywan“ veröffentlich.
SBB
Die polnische Rock-Jazz-Formation, die auch als Niemen-Gruppe internationale Erfolge erringen konnte, verfolgte ähnliche Grundsätze wie das Mahavishnu Orchestra von John McLaughlin. 1974 wurde die Gruppe in Polen als größte musikalische Sensation des Jahres gefeiert.
Uve Schikora
Uve Schickora spielte mit seiner Uve-Schikora-Combo 1972 das exzellente Album „Das Gewitter“ ein, das als erstes Rock-Album der DDR gilt. Im Kultbuch „A Crack In The Cosmic Egg“ wird dieses Album als „bestes ostdeutsches Album“ bewertet.
Theo Schumann Combo
Der Bandleiter und Pianist Theo Schumann wandte sich in den 60ern der Beatmusik zu. Die Theo Schumann Combo erlangte im Dresdener Raum Kultstatus.
Stern Combo Meißen
Stern Combo Meißen, bereits 1963 als Tanzkapelle gegründet, waren die bekanntesten und erfolgreichsten Vertreter des Artrocks der DDR und ließen mit Adaptionen und überlangen Titeln die Kritiker jubeln. Der Keyboarder Thomas Kurzhals wird manchmal als der „Keith Emerson“ der DDR bezeichnet. Erstaunlich ist, wie es der Band damals gelang das ganze Equipment zu beschaffen.
Albenbesprechung:
Die folgende Auflistung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sondern ist eine zugegebenermaßen subjektive Empfehlung meinerseits, womit man als „Ungeübter“ den Einstieg in den DDR-Rock versuchen sollte. Ich muss hinzufügen, dass ich bevorzugt Krautrock und Underground-Musik höre und deswegen reine Popmusik absichtlich vernachlässigt habe:
Blue Effect – Meditace; Supraphon; 0 13 0689; 1970
Auf diesem teils in tschechischer, teils in englischer Sprache gesungenen Album wird ein exzellenter und vielseitiger Mix aus Psychedelic, Underground und progressivem Blues geboten. Einige Stücke erinnern an die Gruppe „Wonderland“.
Breakout – Ogien; Muza; L 1004; 1973
Das in polnischer Sprache gesungene Album ist ein Meisterwerk des progressiven Bluesrocks. Wer die Alben von Livin’ Blues und „Then Play On“ von Fleetwood Mac liebt, kommt hier voll auf seine Kosten.
Electra – Adaptionen; Amiga; 8 55 501; 1976
Dieses außergewöhnliche Instrumentalalbum enthält, wie der Titel schon andeutet, schön verrockte Adaptionen bekannter Klassiker wie “Säbeltanz”, “In der Halle des Bergkönigs”, etc. Die Adaptionen sind wesentlich gelungener als z. B. diejenigen auf den Pink Mice-LPs. Meiner Meinung ist dies das homogenste und rockigste Album von Electra. Sehr empfehlenswert.
Uschi Brüning und das Günther-Fischer-Quartett; Amiga; 8 55 314; 1973
Uschi Brüning und Günther Fischer; Amiga; 8 55 414; 1974
Auf beiden Alben wird feinster, zum Teil progressiver Jazzrock gespielt. Circa die Hälfte der Stücke sind instrumental, die anderen mit Gesang von Uschi Brüning.
Puhdys – Puhdys; Amiga; 8 55 348; 1974
Das coole Cover ist absolut sehenswert: die Frisuren der Musiker erinnern an den Komiker Atze Schröder. Es handelt sich um ein sehr durchschnittliches Album mit ein paar außergewöhnlich guten Stücken, die stark von den frühen Uriah Heep beeinflußt sind. Anspieltipp: „Türen öffnen sich zur Stadt“. Hier stand unüberhörbar „Gypsy“ Pate.
Puhdys – Sturmvogel; Amiga; 8 55 454; 1976
Außer dem genialen Titeltrack, wegen dem ich mich eigentlich erst für die Puhdys interessierte, gefällt mir an diesem Album überhaupt nichts! Bei den meisten Stücken handelt es sich um kitschige Balladen, deren schwülstige Texte kaum zu ertragen sind. Mich erinnert das alles unangenehm an „One Way Wind“ von den Cats.
Skaldowie – Krywan, Krywan; Muza; SX 1088; 1972
Im Gegensatz zu den relativ folkloristisch-melodiösen Vorgängern veröffentlichte die Band mit „Krywan-Krywan“ ein faszinierendes Progressiv-Album, dessen Höhepunkt das 18 Minuten lange Titelstück ist. Die Instrumentierung ist sehr reichhaltig und beinhaltet Keyboards, Violine und Bläser.
Engerling – Same; Amiga; 8 55 597; 1978
Das Debütalbum von Engerling ist relativ durchschnittlich, enthält aber 2 außergewöhnlich interessante Stücke: Der „Moll-Blues“ ist eine der schönsten deutschsprachigen Bluesnummern, die ich je gehört habe mit hervorragendem Text. Und der Instrumentaltitel „Montgolfiere“ könnte von der Machart her auch ohne weiteres von Krokodil stammen.
Reinhard Lakomy – Das geheime Leben; Amiga; 8 55 893; 1982
Die erste elektronische Veröffentlichung von „Lacky“ ist ein hervorragendes Elektronikalbum, das sich hinter denen von „Tangerine Dream“ und Klaus Schulze nicht zu verstecken braucht. Auch das Nachfolgealbum „Der Traum von Asgard“ soll ähnlich gut sein. Von allen anderen Alben rate ich ab, da es sich hierbei eher um Liedermacher- oder gar Schlagermusik handelt.
Stern Combo Meißen – Same; Amiga; 8 55 567; 1977
Auszug aus einer Besprechung der „Baby-Blaue-Seiten Prog Reviews“:
Der Titel “Der Kampf um den Südpol” ist der unverwüstliche Klassiker der Band schlechthin und ist von Musik und Text her erstaunlich umgesetzt. Danach kommt erst einmal ein qualitativer Einbruch in der Form des belanglosen "Der Alte auf der Müllkippe". Auch ein schon vom Text her ziemlich schwülstiger Titel namens "Mütter gehen fort ohne Laut" weiß keinesfalls zu begeistern. Mit der Adaption des Werkes "Eine Nacht auf dem kahlen Berge" von Modest Mussorgski zeigt der Daumen aber wieder nach oben. Hier tritt man vollends in die Fußstapfen von ELP. Am Ende kommt sogar der hervorragende Sänger Reinhard Fißler kurz zum Einsatz. Die Umsetzung dieses klassischen Werkes gelingt Stern-Combo Meißen überaus gekonnt.
Der Titel "Licht in das Dunkel" schließt das Erstlingswerk von Stern-Combo Meißen ab. Dieses Stück beginnt mit schönen symphonischen Keyboards sehr viel versprechend. Der Gesang ist hier sehr pathetisch. An dieser Stelle muss man einräumen, dass es die Band hier mit ihrem Pathos ein wenig übertreibt. Vielleicht fällt einem all dies aber auch wegen der deutschen Texte einfach eher auf. Für eine Spielzeit von über 13 Minuten fehlen diesem Stück ein wenig die zündenden Ideen. Somit ist dies mal wieder ein Beweis dafür, dass der längste Titel keinesfalls auch der Beste sein muss.
Discographie:
Bayon – Same; Amiga; 8 55 570; 1977
Bayon – Suite; Amiga; 8 55 772; 1980
Blue Effect – Meditace; Supraphon; 0 13 0689; 1970
Breakout – Ogien; Muza; L 1004; 1973
Uschi Brüning und das Günther-Fischer-Quartett; Amiga; 8 55 314; 1973
Uschi Brüning und Günther Fischer; Amiga; 8 55 414; 1974
City – Am Fenster; Amiga; 8 55 586; 1979
Electra – Adaptionen; Amiga; 8 55 501; 1976
Electra – 3; Amiga; 8 55 762; 1980
Engerling – Same; Amiga; 8 55 597; 1978
Karat – Same; Amiga 8 55 573; 1978
Gruppe Jürgen Kerth –Same; Amiga 8 55 599; 1978
Horst Krüger-Septett – Geh durch die Stadt; Amiga; 8 55 298; 1972
Horst Krüger-Band – Same; Amiga; 8 55 418;1975
Reinhard Lakomy – Das geheime Leben; Amiga; 8 55 893; 1982
Reinhard Lakomy – Der Traum von Asgard; Amiga; 8 56 201; 1983
Klaus Lenz Big Band – Same; Amiga; 8 55 433; 1975
Modern Soul Band – Same; Amiga; 8 55 555; 1977
Niemen – Aerolit; Muza; SX 1192; 1974
Panta Rhei – Same; Amiga; 8 55 318; 1973
Panta Rhei – Die frühen Jahre; Amiga: 8 55 820; 1980
Puhdys – Puhdys; Amiga; 8 55 348; 1974
Puhdys – Puhdys; Amiga; 8 55 404 ; 1975
Puhdys – Sturmvogel; Amiga; 8 55 454; 1976
Klaus Renft Combo – Same; Amiga; 8 55 326; 1973
Renft – Same; Amiga; 8 55 396; 1974
Uve Schikora und seine Gruppe - Das Gewitter; Amiga; 8 55 290; 1972
Theo Schumann-Combo – Same; Amiga; 8 55 200; 1969
Skaldowie – Krywan, Krywan; Muza; SX 1088; 1972
Schumann-Combo – Für junge Leute; Amiga; 8 55 222; 1970
Schumann-Combo – Guten Abend Carolina; Amiga; 8 55 268; 1971
Stern Combo Meißen – Same; Amiga; 8 55 567; 1977
Stern Combo Meißen – Weißes Gold; 8 55 636; 1979
Kompilationen:
hallo Nr. 1; Amiga 8 55 331, 1972
hallo Nr. 2; Amiga 8 55 332; 1972
hallo Nr. 3; Amiga 8 55 333; 1972
hallo Nr. 4; Amiga 8 55 334; 1972
hallo Nr. 5; Amiga 8 55 335; 1972
hallo Nr. 6; Amiga 8 55 336; 1972
hallo Nr. 7; Amiga 8 55 337; 1973
hallo Nr. 8; Amiga 8 55 338; 1973
hallo Nr. 9; Amiga 8 55 339; 1973
hallo Nr. 10; Amiga 8 55 340; 1973
hallo Nr. 11; Amiga 8 55 341; 1973
hallo Nr. 12; Amiga 8 55 342; 1973
Beat-Kiste; Amiga 8 55 539, 1977
Beat-Party; Amiga 8 55 520; 1977
Beat, Rock & Blues aus der VR Polen; Amiga 8 55 394; 1974
Big Beat; Amiga 8 50 039; 1965
Big Beat II; Amiga 8 50 049; 1965
Non stop Beat; Amiga 8 55 477; 1976
Rhythmus 71; Amiga 8 55 242; 1971
Rhythmus 72; Amiga 8 55 284; 1972
20 x Beat; Amiga 8 55 399; 1975
Meine persönliche Top-Hundert (Reihenfolge willkürlich):
Orchester Lothar Stuckart – Maskentanz
Stern-Combo-Meißen – Der Alte
Uve-Schikora-Combo – Auf dem Wege zu dir
Prinzip – Der große Star
Set – Eisen
Horst Krüger Band – Rosenpflücken
Modern Soul Band – Zickenrock
Vaclav Neckar & die Bazillen – Geben
Bläsergruppe Fusion – Hei, kleine Linda
Theo Schumann Combo – Luchs
Theo Schumann Combo – Säbeltanz
Collegium Musicum – Musik zum Springbrunnen Nr. 1
Horst Krüger Band – Da ist Feuer
Energit – Night butterfly
Niemen – Kehr’ noch heut’ zurück
Locomotiv GT – Nen nekem valo
Günther Fischer – Welch ein Zufall
Günther Fischer – Erinnerungen an Jürgen H.
Halina Franckowiak und die Gruppe ABC – Ich gehe weiter
Locomotiv GT – A semmi Kertje
Klaus Lenz – Sisyphos
Horst Krüger Band – Rotes Licht
Prinzip – Sieben Meter Seidenband
Angelika Mann und das Reinhard Lakomy Ensemble – Ein irrer Typ
Breakout – Heute hast du alles
Modern Soul Band – Was mir fehlt
Electra – Ach, Schneewittchen
Klauf Lenz – Aufbruch
Günther Fischer – An H. E.
Niemen – Wroc jesce dzis
Jürgen Kerth – Ich bin k.o.
Modern Soul Band – Schlafen gehen
Electra – Der grüne Esel
Panta Rhei – Blues für John Henry
Joco-Dev-Sextett – Wir lagen im Grase
Bayon – Stell dich mitten in den Regen
Panta Rhei -. Aus und vorbei
Puhdys – Türen öffnen sich zur Stadt
Studio 66 – Nicht eine Stunde
Joco-Dev-Sextett – Stapellauf
Electra – Das Lächeln
Modern Soul Septett – Wie schön
Skaldowie – Der Hirtenjunge ist gestorben
Puhdys – Steige nicht auf einen Baum
Klaus Renft Combo – Cäsars Blues
Jürgen Kerth Quintett – Geburtstag im Internat
Electra – Über Feuer
Klaus Lenz – Satrapen
Günther Fischer – Szekes fehervar
Halina Franckowiak und die Gruppe ABC – Du willst zuviel
Locomotiv GT – Megvarlak ma delben
Horst Krüger Band – Ich kann barfuß durch Dornen gehen
Nina Hagen – Hey, wir fahr’n auf’s Land
Puhdys – Wie ein Pfeil
Horst Krüger Band – Ohne ein Wort
Omega – Sie ruft alle Tage herbei
Skaldowie – Where am I to ask for you
Klaus Lenz – Hallo Igor
Günther Fischer – Gestern abend
Kristina Pronko – Sag
Breakout – Nie zapalaj swiatla
Panta Rhei -Tuyet
Orchester Klaus Lenz – Esperanto
Stern Combo Meißen – Ein Tag in der Stadt
Omega – Reise auf dem grauen Fluß
Die singenden Gitarren – Salaspilsz
Pavol Hammel – Die sechs Weisen
Wojcioch Korda und Blau-Schwarz – Lied über die nackte Wahrheit
Vaclav Neckar und die Bazillen – Naruc Kras
Pavol Hammel und die Gruppe Prudy – Abra Kadabra
Klaus Renft Combo – Wandersmann
Electra – Einen kleinen Tag lang
Omega – Untreue Freunde
Express – Leben, um ein Mensch zu sein
Bayon – Die Nacht
Joco-Dev-Sextett – Du bist mir nah
Centric – Rauch am Horizont
Locomotiv GT – Kotta nelkül
Blue Effect – Clara
Electra Feuer
Omega – Nach einem schweren Jahr
Blue Effect – Armageddon
Bürkholz Formation – Sei kein Vulkan
Skaldowie – Heidelbeeren
2 + 1 – Hei, ich fang den Sommer
Breakout – Aber ich sag dir nichts davon
Lift – Komm nicht wieder
Wir – Black power
Breakout – Rzeka dziecinstwa
Engerling – Moll Blues
Engerling - Montolfiere
Quellenangaben:
Buch Amiga – Birgit und Michael Rauhut, 3-89602-189-3
Internet: Folker Labelporträt
Internet: T-Online.de
Internet: Wikipedia
CD Amiga Rock Raritäten, BMG, 74321 66099 2