Anyones Daughter Interview

am 29.11.07 im Rockmusik Hamlar

 
xanadu
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Anyones Daughter Interview

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Gepostet: 03.12.2007 - 22:59 Uhr  ·  #1
Hier mein Interview mit der sehr sympatischen Band
Anyones Daughter
, dass ich hauptsächlich mit Uwe Karpa, dem Gitarrist geführt hatte.
Anyones Daughter spielte in Trio Besetzung. Ansonsten noch dabei war Matthias Ulmer (Tasten, Gitarre) und Andre Carswell (Gesang) .

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Frage 1: Wie kam es zur Gründung eurer Band und dem Namen?

Uwe:
Matthias und ich kennen uns schon seit ca 1971. Wir hatten uns durch Zufall kennen gelernt, weil unsere beiden Väter Pastoren waren. Uns war schnell klar, dass wir zusammen Musik machen wollten. Zuerst hatten wir in der Kirche mit Orgel und E-Gitarre gespielt. Noch während der Schulzeit gründeten wir eine Band mit Sasha Pavlovic, der die ersten paar Gigs an den Drums saß, danach kam Hansi Derer, der wiederum Harald Bareth mitbrachte, der anfangs nur Bass spielte. Wir hatten da schon ein paar eigene Songs, gemischt mit Covers von Cream und Deep Purple. Diese Zeit war sehr prägend und wir hatten dann im Raum Stuttgart viele Auftritte in Jugendzentren, und die Leute kannten langsam unseren Namen.Wir fanden heraus, dass Harald eigentlich singen kann, und seine Stimme prägte zunehmend den Bandsound und fügte sich harmonisch in die langen Kompositionen. Kono Konopik ersetzte 1977 Hans Derer als Schlagzeuger. In dieser Besetzung nahmen wir dann 1978 unsere erste LP „Adonis“ auf. Den größeren Durchbruch schafften wir dann als Vorband von Alexis Korner, das war 1979. Diese Tournee wurde von einer Bank organisiert und gesponsert. Mit dem Geld konnten wir dann unsere eigene PA plus LKW anschaffen. Der Name Anyone´s Daughter kam natürlich von der LP Fireball von Deep Purple. Wir fanden, dass der Name einfach schön klang, ansonsten legten wir keine konkrete Bedeutung da hinein. Jetzt schon, da Matthias 2 und ich 4 Töchter habe. Schicksal ????

Frage 2: In diesem Forum wird insbesondere sehr viel über Krautrock diskutiert. Was verbindet ihr zu diesem Begriff? Hatte diese Musik für euch Relevanz?

Uwe:

Was ist denn Krautrock überhaupt?????
Dieser Begriff ist für mich sehr ungenau. Wir zählen uns nicht zu Krautrock. Wenn überhaupt, dann fände ich den Begriff Art-Rock am passendsten. Mit der Bezeichnung Krautrock fassten die Amis halt einfach alles zusammen, was sich damals rockmäßig in Deutschland tat, und die deutschen Bands haben dies so akzeptiert. Wir werden manchmal auch verglichen mit Bands wie Eloy oder Jane, aber zu dieser Zeit kannten wir die Bands eigentlich nur vom hörensagen. Und unserer Einfluss liegt eindeutig bei den alten britischen Prog- und den amerikanischen Jazzrock-Bands.


Frage 3: Anyone's Daughter haben sich musikalisch ja doch ziemlich neu ausgerichtet. Haben die Neumitglieder - André, Peter und Raoul - diese Richtungsänderung in die Band gebracht, und war die musikalische Neuausrichtung die logische Konsequenz aus der Zusammenarbeit seit der "Reunion", oder war schon vorher geplant, sich mehr im Mainstream-Bereich zu betätigen ? ( Raoul hat ja immerhin auch mit Kunze und Westernhagen; Peter mit John Lawton's Zar und Faltermeyer zusammengearbeitet.)

Uwe leicht in Rage:

Dies ist wieder so ein Begriff, über den ich mich aufregen könnte. Unsere heutige Musik ist kein Mainstream, sonst würde Sie im Radio laufen! Und selbst wenn sie im Radio liefe, wäre sie damit dennoch nicht automatisch Mainstream! Natürlich entwickeln wir uns weiter und wollen nicht unsere eigene Coverband sein. Wir wollen die Musik machen wie wir Sie zur Zeit fühlen und nicht so tun, als wären wir wieder in denn 70er, denn da haben wir uns anders gefühlt und gelebt. Dies kann man nicht so konservieren. Wir machen unser Ding, was uns hier und heute gefällt . In gewisser Weise war „Moria“ (von 1980) am ehesten “ Mainstream“,, da es tatsächlich viel im Radio gespielt wurde und in gewisser Weise ein "Hit" war. Das zeigt eigentlich nur, dass wir auch damals keine "Schere im Kopf" hatten, sondern uns die Freiheit nahmen, zu spielen was wir wollten.

Zwischenfrage zu der Reunion: Wir kam die neue Bestzung zusammen ?
Nach 1986 hatte die Band eine Pause und wir widmeten uns anderen Projekten. Matthias spielte mit Peter Kumpf zusammen, dieser kannte Andre, und Raoul kannte Matthias wiederum von HR Kunze. So kamen wir wieder zusammen als Anyones Daughter. Wobei der Kontakt zwischen mir (Uwe) und Matthias nie abgebrochen ist. Die erste Scheibe danach war „Danger World“

Frage 4 : Gibt es Nebenprojekte von euch oder einzelnen Bandmitgliedern? Gibt es „Seitenaktivitäten“ (z.B. in anderen Bands)? (Wie verbringt ihr eure Zeit ansonsten?)
Andre ist noch Sänger in einer Rockcoverband Namens „ Lanzer“
Matthias produziert in seinem Studio, (z.B. die aktuelle Helloween, unterlegt zu dieser Scheibe auch die Streicherarrangment) und spielt außerdem mit Heinz Rudolf Kunze zusammen (z.B. beim Eurovision Song Contest Vorentscheid, war er im Fernsehen zu sehen)
Ich selbst gebe Gitarrenseminare und Unterricht (siehe www.uwekarpa-music.de), und kümmere mich ansonsten um meine 4 Daughters...


Frage 5: Gibt es eine/n Band/Musiker mit der/m ihr mal gerne zusammen spielen möchtet?
Andre spontan: Black Sabbath und Rush oder auf diversen großen Open Airs, wie Rock im Park(Ring), Dynamo Festival oder Monsters of Rock
Matthias: mit Emerson, Lake & Palmer als sie jung waren.

Frage 6: Könnt ihr uns auf Anhieb drei so genannte Inselscheiben nennen?
Uwe:

Die erste UK (mit Holdsworth). Dann von Yes die "Going for the one", und von Genesis "The lamb lies down on broadway". Vielleicht aber auch "Deep Purple in Rock".

„Was sind Eure musikalischen Eckpfeiler, bzw. Vorbilder?“
Unsere Vorbilder waren Bands wie YES , Genesis, ELP, Mahavishnu Ochestra, Focus, die in den 70ern unsere Musik auch sehr beeinflussten. Die tragenden Melodieteppiche die komplexen Arrangements, reiche Harmonik und eine gewisse Virtuosität, dazu die erzählenden Gesangsparts, dies war unsere Musik, das hat uns fasziniert. Und natürlich Deep Purple (nicht nur) mit Fireball darf man nicht vergessen.

Frage 7: Wo und was macht Harald Bareth - ihr ursprünglicher Sänger und Bassist - und warum macht der nicht mehr mit ?
Uwe:

Es war 1983, da mussten Matthias und ich zum Zivildienst und Harald war gerade an einen Scheideweg angelangt. Entweder Musik weiterzumachen oder ein „bürgerliches“ Leben zu führen. Er entschied sich fürs 2. und studierte Medizin und ist heute Doktor.

Frage 8 :
Seid ihr zufrieden mit eurer derzeitigen Situation, oder wo seht ihr Verbesserungsbedarf? Uwe: Was heißt hier zufrieden ?

Mit der musikalischen Situation bin ich sogar sehr zufrieden. Wir haben untereinander ein gutes Verhältnis und machen dies alle mit Leidenschaft. Das andere ist, man muss natürlich auch davon leben können und die Ausgaben müssen auch gedeckt werden. Die aktuelle CD verkauft sich leider auch nicht so gut, dies ist eher eine bedenkliche Situation, mit der wir nicht zufrieden sind.

Frage 9:
Was gibt es aktuell als wichtigstes von eurer Seite zu berichten? Gibt es schon evtl. Projekte für die Zukunft?
Uwe:

Wir sind momentan ja auf der AD Trio Tour, die gut läuft und von dieser haben wir eine Live CD/DVD mit Mitschnitten herausgebracht. Darüber hinaus wird es von Anyones Daughter vorerst nichts neues geben, da die meisten Leute ja nicht einmal die aktuelle CD „Wrong“ von 2005 kennen. Also es ist nichts geplant.


Frage 10:
Entsteht eure Musik gemeinsam, oder gibt es „die“ treibende Kraft?


Die treibende Kraft ist eindeutig Matthias, er hat die meisten Sound- und Songideen und nimmt es in seinem Studio auf. Dies spielt er mir und auch den Anderen vor. Dann kommen meine Ideen und Vorschläge dazu. Nach und nach nehmen die Stücke ihre endgültige Gestalt an, und wenn alle Musiker im Studio waren, sind die sie fertig!

Frage 11:
Nun zu Piktors Verwandlung: wie kam es zu dieser Scheibe?
Matthias:

Die Idee hatte Harald in seinem Sommerurlaub und stellte uns diese bei der nächste Bandprobe vor. Wir unterlegten den Text teils mit bereits vorhandenem Material, teils wurde extra Neues komponiert und der Atmosphäre und dem Ablauf des Märchens angepasst. Aber die erste Version verwarfen wir damals. Dies war schon vor dem ersten AD Album, also ca. 1977. Erst Jahre später nahmen wir diese Idee wieder auf und verwirklichten sie dann mit teils stark veränderten musikalischen Elementen gegenüber der ersten Version. Den Text von Hesse kürzten wir ein wenig und holten uns die Genehmigung vom Surkamp Verlag. So entstand völlig unerwartet unser bestverkauftetes Album.

Frage 12:
Seht ihr euch lieber mehr als Live- oder Studioband? (Wie wichtig ist euch der direkte Kontakt zum Publikum?)

Uwe:

Eigentlich hebt sich das auf, es kommt auf die Situation an. Wenn wir gerade was neues aufnehmen, ist natürlich das Studio der liebste Arbeitsplatz, ansonsten sehen wir uns schon als Liveband. Außer vielleicht Matthias, er ist mehr der Sound-Techniker und verbringt sehr viel Zeit im Studio, da er auch andere Bands aufnimmt. Der direkte Kontakt zum Publikum ist immens wichtig. Wenn Musik lebt, dann hier. Wenn ein Stück nicht gut ist, merkt man das hier. Und wenn es etwas Ermutigendes für einen Musiker gibt, dann der Zuspruch seiner Zuhörer! Zudem sind wir durch die vielen Konzerte bekannt geworden, nicht durch das Airplay oder die Werbung!

Im Namen des Musikzirkus bedanke ich mich recht herzlich für das sehr angenehme Interview. Ich(Wir) wünschen euch und uns ein sehr gutes Konzert. Danke

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CathedralDreamer
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Re: Anyones Daughter Interview

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Gepostet: 03.12.2007 - 23:17 Uhr  ·  #2
xanadu, well done. Hat Spaß gemacht, das Interview zu lesen. Danke Dir.
wolf
 
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Re: Anyones Daughter Interview

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Gepostet: 03.12.2007 - 23:25 Uhr  ·  #3
sehr gut . hat mir auch Spaß gemacht zu lesen.
Guestuser
 
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Re: Anyones Daughter Interview

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Gepostet: 04.12.2007 - 07:18 Uhr  ·  #4
Jau, danke Dir! Meine Frage nach dem "Mainstream" ist genauso eingeschlagen, wie ich das vermutet hatte, denn das von mir fett Hervorgehobene in Uwe's Antwort gibt mir so viel Bestätigung, weil ich das eben genauso sehe und auch seit Jahren in mein Musikmachen einfliessen lasse:

Dies ist wieder so ein Begriff, über den ich mich aufregen könnte. Unsere heutige Musik ist kein Mainstream, sonst würde Sie im Radio laufen! Und selbst wenn sie im Radio liefe, wäre sie damit dennoch nicht automatisch Mainstream! Natürlich entwickeln wir uns weiter und wollen nicht unsere eigene Coverband sein. Wir wollen die Musik machen wie wir Sie zur Zeit fühlen und nicht so tun, als wären wir wieder in denn 70er, denn da haben wir uns anders gefühlt und gelebt. Dies kann man nicht so konservieren. Wir machen unser Ding, was uns hier und heute gefällt . In gewisser Weise war „Moria“ (von 1980) am ehesten “ Mainstream“,, da es tatsächlich viel im Radio gespielt wurde und in gewisser Weise ein "Hit" war. Das zeigt eigentlich nur, dass wir auch damals keine "Schere im Kopf" hatten, sondern uns die Freiheit nahmen, zu spielen was wir wollten.

Ich denke, der letzte Satz ist essenziell für einen Künstler: Wenn er wirklich glaubwürdig sein will, dann zahlt er keine Konzessionen an die Kreativität.

:daumen:
freaksound
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Re: Anyones Daughter Interview

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Gepostet: 04.12.2007 - 10:07 Uhr  ·  #5
@Xanadu : :daumen: :daumen: :daumen:

@Beatnik : Zustimmung !!
Mr. Upduff
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Re: Anyones Daughter Interview

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Gepostet: 04.12.2007 - 10:40 Uhr  ·  #6
Endlich mal wieder ein MZ-Interview! Gute Fragen und sehr aufschlußreiche Antworten (...auch wenn ich von der Band fast gar nichts kenne...)
hmc
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Re: Anyones Daughter Interview

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Gepostet: 04.12.2007 - 13:39 Uhr  ·  #7
Ja klasse,
sehr gutes Interview. Habe es mit Freuden gelesen.
dan
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Re: Anyones Daughter Interview

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Gepostet: 04.12.2007 - 17:37 Uhr  ·  #8
Wirklich ein gut gemachtes Interview. Die Inselscheiben gehören auch zu meinen Faves. Schön, daß dieser MZ - Teil wieder aufgelebt ist!
Guestuser
 
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Re: Anyones Daughter Interview

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Gepostet: 04.12.2007 - 20:06 Uhr  ·  #9
Klasse gemacht! Ist sehr interessant und schön zu lesen.
Hätte man nicht besser machen können.
:Respekt
stanweb
 
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Re: Anyones Daughter Interview

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Gepostet: 05.12.2007 - 17:01 Uhr  ·  #10
Hi Achim-

sehr gut gemacht.
Respekt!
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