Anfang der 30er Jahre war ein florierendes Nürnberger Textilunternehmen wegen beginnender Judenhetze gezwungen, seinen Geschäftssitz von Nürnberg nach Berlin zu verlegen. Das Unternehmen wuchs weiter und erzielte Millionenumsätze.
Wegen der einsetzenden Arisierung war der jüdische Unternehmer gezwungen, sein Unternehmen weit unter Wert zu "verkaufen".
Neckermann "übernahm" das Unternehmen, aber - selbst die vereinbarte Kaufsumme deponierte er auf einem Treuhandkonto. Der jüdische Unternehmer selber sah nur einen Bruchteil des vereinbarten Kaufpreises und auch die Nachfahren wurde bis heute nicht angemessen entschädigt. Der seinerzeit hoch geschätzte und den Nationalsozialisten nahestehende Josef Neckermann errichtete mit Hilfe dieser Gelder sein Versandhaus-Imperium.
"NECKERMANN MACHT'S MÖGLICH" war dann in der Nachkriegszeit in aller Munde - aus der geraubten jüdischen Wäschemanufaktur wurde ein Weltunternehmen - der Rest ist Geschichte.
Aber, was bitte hat das in einem Musikforum zu suchen?
Der Begründer der Wäschemanufaktur war niemand geringerer als Karl Joel. Er war ein jüdischer Kaufmann und Kunstsammler, der gemeinsam mit seiner Frau Meta vor den Verfolgungen des NS-Regimes fliehen musste, um dem Holocaust zu entkommen. Die Flucht führte sie zunächst in die Schweiz, dann über Kuba in die USA, wo sie letztendlich überleben konnten. Viele Mitglieder der jüdischen Familie Joel wurden jedoch Opfer des Holocaust.
Karl und Meta Joel bekamen noch im Jahr 1923 ihren Sohn Helmut. Am Ende der Odyssee seiner Eltern lebte er letztendlich in den USA. 1947 heiratet Helmut, der mittlerweile den Vornamen Howard erhalten hat, seine Frau Rosalind Nyman. Rosalind - und nun schließt sich der Kreis, schenkte am 9. Mai 1949 ihrem zweiten Kind das Licht der Welt. Es war ein Junge, er sollte auf den Namen William Martin „Billy“ hören und es viele Jahre später zu Weltruhm bringen.
(Für Interessierte: Am Ende dieses Beitrages folgen Hinweise auf Informationsquellen zur Lebensgeschichte der Famile Joel)
Billy Joels musikalischer Werdegang ist also eng mit seiner Familiengeschichte verbunden. Und damit - endlich zu meiner Wiederentdeckung:
Billy Joel - Songs In The Attic | Rock | USA 1981
In der Zeit um 1980 herum war Billy Joel bereits ein bekannter Künstler mit hoher Anerkennung in Kritikerkreisen. Sein Album "The Stranger" aus dem Jahr 1977 verzeichnete schon erste große Erfolge, den ganz großen Durchbruch jedoch bescherten ihm seine Werke "52nd Street" (1978) und "Glass Houses" (1980). Seine zuvor veröffentlichten vier Alben jedoch (Turnstiles / Streetlive Serenade / Cold Spring Harbour / Piano Man) fanden bis dahin kaum Beachtung.
So kam Joel auf die geniale Idee, seinen mittlerweile aufgekommenen Ruhm zu nutzen, um diese Alben wieder einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen.
Er wählte einzelne Stücke dieser Werke aus, die im Sommer 1980 an verschiedenen Orten in New York City, Washington, D.C., Philadelphia, Boston, Chicago, Milwaukee, St. Paul und New Haven aufgeführt wurden. Den auf den Originalalben vielleicht etwas angestaubt klingenden Songs wurden in den Liveversionen wesentlich mehr Frische und Pep verpasst. Damit machte man die Hörerschaft, wie wahrscheinlich erhofft, auf die Alben neugierig, auf denen diese wunderbaren Titel enthalten waren.
"Songs In The Attic", veröffentlich am 14.09.81, ist nach sieben Studioalben also das erste Livealbum des Künstlers. Es ist ein exzellentes Album und zählt für mich zu seinen besten Werken. Jeder Song erhält ein kräftigeres, volleres, besseres Arrangement als auf den zugrundeliegenden Originalalben, welches ihn scheinbar zu neuem Leben erweckt. Mitverantwortlich hierfür zeichnet wohl auch die Begleitband während der Konzerte. Dies ist nun eine feste Band, während auf früheren Konzerten unterschiedliche Begleitmusiker mitwirkten. Der Sound ist großartig, was wohl auch daran liegt, dass dies das erste Livekonzert war, das komplett digital aufgezeichnet wurde. Neben seinen Gesangsqualitäten stellt Joel hier bestens unter Beweis, wie virtuos er sein! Instrument, das Klavier, beherrscht.
Gleich der Opener Miami 2017 (Seen the Lights Go Out on Broadway), ein fiktionales, apokalyptisches Epos über die Zerstörung New Yorks, hat es in sich und zählt zu den Höhepunkten dieses Albums. Das Publikum tobt, und bei jeder Erwähnung eines New Yorker Stadtteils rastet es völlig aus. Leider gibt es zu keinem Song dieses Albums Videodokumente, diese Liveaufnahme zeugt dennoch von der Dynamik dieses Stückes:
Eingebettetes Medium: https://www.youtube.com/watch?v=46IGAbJbykI
Trotz der treibenden, rhythmischen und flockigen Melodie beinhaltet der Text allerdings ein düsteres, fast dystopisches Bild von New York: Billy kehrte 1975 nach New York zurück, wo er diesen Song schrieb und sich dabei das schlimmste Szenario vorstellte: Finanzkollaps, Morde, Plünderungen – eine apokalyptische Vision, die wie aus den Mad Max-Filmen wirken würde. Joels Geschichte war Science-Fiction, basierte aber auf sehr realen Sorgen.
Dieses Lied bekam eine neue Bedeutung, als New York 2001, 25 Jahre nachdem Joel ihn geschrieben hatte, von Terroristen angegriffen wurde. Er betrachtete ihn als Science-Fiction-Song und hätte nie gedacht, dass so etwas wie der 11. September tatsächlich passieren würde.
Joel sang ihn zusammen mit „New York State Of Mind“ bei einem Benefizkonzert im Madison Square Garden, das Paul McCartney für die Opfer der Terroranschläge von 2001 organisiert hatte. Joel hatte beim Spielen den Helm eines gefallenen Feuerwehrmanns auf seinem Klavier liegen.
Mit ---> Summer, Highland Falls folgt ein weiterer, sehr harmonischer, großartiger Song. Eine der großartigsten Kompositionen in Joels Karriere. Jedoch - auch hier gaukelt die Melodie mehr Wohlgefallen vor, als der Text beinhaltet. So soll Joel sich dazu geäußert haben "...dass das Lied von seiner Zeit in Highland Falls, New York, inspiriert wurde, wo er eine Zeit der Selbstreflexion erlebte und erkannte, dass das Leben nicht so einfach ist, wie er einst dachte."
Eine leicht sentimentale Ballade schließt sich mit ---> Streetlife Serenader an, mittlerweile zu einem seiner Klassiker avanciert. Gegen Ende des Stückes ist ein kleines, feines Gitarrensolo zu hören.
Los Angelenos, She’s Got a Way und Everybody Loves You Now sind die folgenden drei Stücke des Albums. Während ---> She's Got a Way wiederum eine schöne, sanft getragene Ballade ist, geht bei den anderen beiden Songs ganz schön die Post ab, was vom Publikum mit kräftigem Beifall honoriert wird.
Bevor nun mein Höhepunkt auf diesem Album folgt, gibt Joel erst einmal ---> Say Goodbye To Hollywood zum Besten. Dies ist wohl ein Lied über die Vergänglichkeit des Lebens und über Beziehungen. Hollywood dient hierbei lediglich als Metapher für flüchtigen Ruhm und Oberflächlichkeit.
Hier kommt es endlich - mein Highlight des Albums. Captain Jack, eine dynamische Nummer, kraftvoll vorgetragen und vom Publikum begeistert aufgenommen, was auch durch den frenetischen Beifall belegt wird. Die Aussage des Liedes wird durch die Melodie, den Gesang - beides wechselt von laut, dynamisch zu leise und zurückhaltend - widergespiegelt. Im Grundsatz geht es um einen Looser, der mehr oder weniger nur herumhängt, nichts mit sich anzufangen weiß, sich langweilt, mit seinem Leben und dem Schicksal um sich herum hadert. Aber - es gibt ja "Captain Jack", den Drogendealer, der mit seinen Drogen alles wieder in Ordnung bringt, das Leben wieder schön und lebenswert macht.
Die Version von ---> Captain Jack auf diesem Album ist für mich nicht zu toppen, eine vergleichbar gute Version ist in diesem Mitschnitt zu hören und zu sehen:
Eingebettetes Medium: https://www.youtube.com/watch?v=qamS-60g_QM
Zuhause kann der Pennsylvania Turnpike sein. / Indianas Morgentau. / Hoch oben in den Hügeln Kaliforniens. / "Zu Hause" ist nur ein anderes Wort für Dich. / Nun, ich hatte nie einen Ort, den ich mein Eigen nennen konnte - aber das ist okay, mein Liebling, denn Du bist mein Zuhause.
So lautet eine Passage des Songs ---> You're My Home. Wie kann jemand solch schöne Worte für seine Liebste finden? Einfach wunderschön, diese Textzeilen dieses Songs, umrahmt von wunderbarer, warmer Melodie. Ein weiteres schönes Lied auf diesem hervorragenden Album.
Eingebettetes Medium: https://www.youtube.com/watch?v=zDH2E2wWjc0
Der Longplayer endet mit den beiden Stücken ---> The Ballad of Billy the Kid und ---> I’ve Loved These Days. Mit The Ballad of Billy the Kid stellt Joel seine Begabung als Songwriter unter Beweis. Cowboyfeeling kommt auf, Joel schnalzt mit der Zunge die Geräusche eines langsam trabenden Pferdes, das leise spielende rhythmische Klavier und die Mundharmonika verstärken dies. Ein großartiger Abschluss für ein großartiges Album ist letztendlich I’ve Loved These Days, womit nach 48 Minuten ein hervorragendes Album endet.
"Songs In The Attic" - ein unglaublich energetisches Album, vollgepackt mit hervorragend live dargebotenen Songs aus Joels "Mottenkiste". Ein Album voll Power und Energie, einem Wahnsinns Drive und voll unglaublicher Spielfreude. Ein Album, welches fast 44 Jahre nach Erscheinen nichts von seiner Magie verloren hat. Sollte ich jemandem, der von Joel noch nichts gehört haben sollte ein Album empfehlen müssen, wäre es SONGS IN THE ATTIC.
[Die Band]
* Billy Joel – vocals, pianos, synthesizer, harmonica
* David Brown – electric guitar (lead), acoustic guitar (lead)
* Richie Cannata – saxophones, flute, organ
* Liberty DeVitto – drums, percussion
* Russell Javors – electric guitar (rhythm), acoustic guitar (rhythm)
* Doug Stegmeyer – bass guitar
Die Songs
01 Miami 2017 (Seen the Lights Go Out on Broadway)
02 Summer, Highland Falls
03 Streetlife Serenader
04 Angelenos
05 She's Got a Way
06 Everybody Loves You Now
07 Say Goodbye to Hollywood
08 Captain Jack
09 You're My Home
10 Ballad of Billy the Kid
11 I've Loved These Days
Hier eine Übersicht der Alben, aus denen die Songs auf diesem Werk stammen:
Turnstiles | 1976
Miami 2017 (Seen the Lights Go Out on Broadway)
Summer, Highland Falls
Say Goodbye to Hollywood
I've Loved These Days
Streetlive Serenade | 1974
Streetlife Serenader
Angelenos
Cold Spring Harbour | 1971
She's Got a Way
Everybody Loves You Now
Piano Man | 1973
Captain Jack
You're My Home
Ballad of Billy the Kid
[Literatur]
Die Joel Story:
Billy Joel und seine deutsch-jüdische Familiengeschichte. Mit einem Vorwort von Billy Joel
»Ich hoffe, dass sich diese Nazi-Scheiße niemals wiederholt.« Billy Joel
Billy Joel zählt zu den erfolgreichsten Popmusikern der Welt und erlebte als Künstler wie als Mensch alle Höhen und Tiefen. Was aber nur wenige wissen: Der »Piano-Man« hat deutsch-jüdische Wurzeln. Steffen Radlmaier verknüpft die Biografie des Weltstars mit der packenden Geschichte seiner Familie, die im nationalsozialistischen Nürnberg und in New York, in Berlin und Auschwitz, Havanna und Wien spielt. Doch wohin das Leben die Joels auch führte, eines verband sie immer über alle Grenzen hinweg: die Liebe zur Musik.
Billy Joel - Die Biografie
Billy Joel zählt zu den ganz großen Sängern und Songschreibern der USA: Bei seinen Hits wie "New York State Of Mind", "Uptown Girl" oder "We Didn't Start The Fire" verband er die verschiedensten musikalischen Einflüsse mit unwiderstehlichen Melodien, und in seinen Texten erwies er sich als aufmerksamer Beobachter und einfühlsamer Chronist der amerikanischen Seele. Der renommierte Journalist Fred Schruers führte für seine Biografie über hundert Stunden intime Interviews mit Joel selbst, sprach aber auch mit Freunden, Weggefährten, Exfrauen und -Freundinnen, Musikerkollegen und Familienmitgliedern. Daraus entstand ein packendes Porträt, so nah an Joel selbst wie nie zuvor: Schruers schildert die faszinierende Geschichte eines Arbeiterjungen aus der Vorstadt, der mit Ehrgeiz und unbändigem Wissensdurst seinen Weg geht. Der autobiografische Song vom "Piano Man" macht Billy Joel berühmt, und mit dem Aufstieg in den Rockolymp beginnt eine aufregende Zeit: Welthits, Verkaufsrekorde, Affären und Ehen mit Fotomodellen, triumphale Auftritte in den berühmtesten Hallen und Stadien der Welt, aber auch Betrug und Verrat. In Billy Joel - die Biografie kombiniert Schruers meisterlich Billy Joels eigene Einschätzungen und Erinnerungen mit seiner ausgewogenen, gründlichen Recherche. Damit ist ihm ein Buch gelungen, das Nähe, Authentizität und Detailfülle mit dem kritischen Blick eines Außenstehenden vereint, der auch die Widersprüche und Schattenseiten einer beeindruckenden Karriere zu erkennen vermag.
[Im Web:]
Familiengeschichte Billy Joels: eine fränkisch-jüdische Tragödie

Neckermann "übernahm" das Unternehmen, aber - selbst die vereinbarte Kaufsumme deponierte er auf einem Treuhandkonto. Der jüdische Unternehmer selber sah nur einen Bruchteil des vereinbarten Kaufpreises und auch die Nachfahren wurde bis heute nicht angemessen entschädigt. Der seinerzeit hoch geschätzte und den Nationalsozialisten nahestehende Josef Neckermann errichtete mit Hilfe dieser Gelder sein Versandhaus-Imperium.
"NECKERMANN MACHT'S MÖGLICH" war dann in der Nachkriegszeit in aller Munde - aus der geraubten jüdischen Wäschemanufaktur wurde ein Weltunternehmen - der Rest ist Geschichte.
Aber, was bitte hat das in einem Musikforum zu suchen?
Der Begründer der Wäschemanufaktur war niemand geringerer als Karl Joel. Er war ein jüdischer Kaufmann und Kunstsammler, der gemeinsam mit seiner Frau Meta vor den Verfolgungen des NS-Regimes fliehen musste, um dem Holocaust zu entkommen. Die Flucht führte sie zunächst in die Schweiz, dann über Kuba in die USA, wo sie letztendlich überleben konnten. Viele Mitglieder der jüdischen Familie Joel wurden jedoch Opfer des Holocaust.
Karl und Meta Joel bekamen noch im Jahr 1923 ihren Sohn Helmut. Am Ende der Odyssee seiner Eltern lebte er letztendlich in den USA. 1947 heiratet Helmut, der mittlerweile den Vornamen Howard erhalten hat, seine Frau Rosalind Nyman. Rosalind - und nun schließt sich der Kreis, schenkte am 9. Mai 1949 ihrem zweiten Kind das Licht der Welt. Es war ein Junge, er sollte auf den Namen William Martin „Billy“ hören und es viele Jahre später zu Weltruhm bringen.
(Für Interessierte: Am Ende dieses Beitrages folgen Hinweise auf Informationsquellen zur Lebensgeschichte der Famile Joel)
Billy Joels musikalischer Werdegang ist also eng mit seiner Familiengeschichte verbunden. Und damit - endlich zu meiner Wiederentdeckung:
Billy Joel - Songs In The Attic | Rock | USA 1981
In der Zeit um 1980 herum war Billy Joel bereits ein bekannter Künstler mit hoher Anerkennung in Kritikerkreisen. Sein Album "The Stranger" aus dem Jahr 1977 verzeichnete schon erste große Erfolge, den ganz großen Durchbruch jedoch bescherten ihm seine Werke "52nd Street" (1978) und "Glass Houses" (1980). Seine zuvor veröffentlichten vier Alben jedoch (Turnstiles / Streetlive Serenade / Cold Spring Harbour / Piano Man) fanden bis dahin kaum Beachtung.
So kam Joel auf die geniale Idee, seinen mittlerweile aufgekommenen Ruhm zu nutzen, um diese Alben wieder einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen.

"Songs In The Attic", veröffentlich am 14.09.81, ist nach sieben Studioalben also das erste Livealbum des Künstlers. Es ist ein exzellentes Album und zählt für mich zu seinen besten Werken. Jeder Song erhält ein kräftigeres, volleres, besseres Arrangement als auf den zugrundeliegenden Originalalben, welches ihn scheinbar zu neuem Leben erweckt. Mitverantwortlich hierfür zeichnet wohl auch die Begleitband während der Konzerte. Dies ist nun eine feste Band, während auf früheren Konzerten unterschiedliche Begleitmusiker mitwirkten. Der Sound ist großartig, was wohl auch daran liegt, dass dies das erste Livekonzert war, das komplett digital aufgezeichnet wurde. Neben seinen Gesangsqualitäten stellt Joel hier bestens unter Beweis, wie virtuos er sein! Instrument, das Klavier, beherrscht.
Gleich der Opener Miami 2017 (Seen the Lights Go Out on Broadway), ein fiktionales, apokalyptisches Epos über die Zerstörung New Yorks, hat es in sich und zählt zu den Höhepunkten dieses Albums. Das Publikum tobt, und bei jeder Erwähnung eines New Yorker Stadtteils rastet es völlig aus. Leider gibt es zu keinem Song dieses Albums Videodokumente, diese Liveaufnahme zeugt dennoch von der Dynamik dieses Stückes:
Eingebettetes Medium: https://www.youtube.com/watch?v=46IGAbJbykI
Trotz der treibenden, rhythmischen und flockigen Melodie beinhaltet der Text allerdings ein düsteres, fast dystopisches Bild von New York: Billy kehrte 1975 nach New York zurück, wo er diesen Song schrieb und sich dabei das schlimmste Szenario vorstellte: Finanzkollaps, Morde, Plünderungen – eine apokalyptische Vision, die wie aus den Mad Max-Filmen wirken würde. Joels Geschichte war Science-Fiction, basierte aber auf sehr realen Sorgen.
Dieses Lied bekam eine neue Bedeutung, als New York 2001, 25 Jahre nachdem Joel ihn geschrieben hatte, von Terroristen angegriffen wurde. Er betrachtete ihn als Science-Fiction-Song und hätte nie gedacht, dass so etwas wie der 11. September tatsächlich passieren würde.
Joel sang ihn zusammen mit „New York State Of Mind“ bei einem Benefizkonzert im Madison Square Garden, das Paul McCartney für die Opfer der Terroranschläge von 2001 organisiert hatte. Joel hatte beim Spielen den Helm eines gefallenen Feuerwehrmanns auf seinem Klavier liegen.
Mit ---> Summer, Highland Falls folgt ein weiterer, sehr harmonischer, großartiger Song. Eine der großartigsten Kompositionen in Joels Karriere. Jedoch - auch hier gaukelt die Melodie mehr Wohlgefallen vor, als der Text beinhaltet. So soll Joel sich dazu geäußert haben "...dass das Lied von seiner Zeit in Highland Falls, New York, inspiriert wurde, wo er eine Zeit der Selbstreflexion erlebte und erkannte, dass das Leben nicht so einfach ist, wie er einst dachte."
Eine leicht sentimentale Ballade schließt sich mit ---> Streetlife Serenader an, mittlerweile zu einem seiner Klassiker avanciert. Gegen Ende des Stückes ist ein kleines, feines Gitarrensolo zu hören.
Los Angelenos, She’s Got a Way und Everybody Loves You Now sind die folgenden drei Stücke des Albums. Während ---> She's Got a Way wiederum eine schöne, sanft getragene Ballade ist, geht bei den anderen beiden Songs ganz schön die Post ab, was vom Publikum mit kräftigem Beifall honoriert wird.
Bevor nun mein Höhepunkt auf diesem Album folgt, gibt Joel erst einmal ---> Say Goodbye To Hollywood zum Besten. Dies ist wohl ein Lied über die Vergänglichkeit des Lebens und über Beziehungen. Hollywood dient hierbei lediglich als Metapher für flüchtigen Ruhm und Oberflächlichkeit.
Hier kommt es endlich - mein Highlight des Albums. Captain Jack, eine dynamische Nummer, kraftvoll vorgetragen und vom Publikum begeistert aufgenommen, was auch durch den frenetischen Beifall belegt wird. Die Aussage des Liedes wird durch die Melodie, den Gesang - beides wechselt von laut, dynamisch zu leise und zurückhaltend - widergespiegelt. Im Grundsatz geht es um einen Looser, der mehr oder weniger nur herumhängt, nichts mit sich anzufangen weiß, sich langweilt, mit seinem Leben und dem Schicksal um sich herum hadert. Aber - es gibt ja "Captain Jack", den Drogendealer, der mit seinen Drogen alles wieder in Ordnung bringt, das Leben wieder schön und lebenswert macht.
Die Version von ---> Captain Jack auf diesem Album ist für mich nicht zu toppen, eine vergleichbar gute Version ist in diesem Mitschnitt zu hören und zu sehen:
Eingebettetes Medium: https://www.youtube.com/watch?v=qamS-60g_QM
Zuhause kann der Pennsylvania Turnpike sein. / Indianas Morgentau. / Hoch oben in den Hügeln Kaliforniens. / "Zu Hause" ist nur ein anderes Wort für Dich. / Nun, ich hatte nie einen Ort, den ich mein Eigen nennen konnte - aber das ist okay, mein Liebling, denn Du bist mein Zuhause.
So lautet eine Passage des Songs ---> You're My Home. Wie kann jemand solch schöne Worte für seine Liebste finden? Einfach wunderschön, diese Textzeilen dieses Songs, umrahmt von wunderbarer, warmer Melodie. Ein weiteres schönes Lied auf diesem hervorragenden Album.
Eingebettetes Medium: https://www.youtube.com/watch?v=zDH2E2wWjc0
Der Longplayer endet mit den beiden Stücken ---> The Ballad of Billy the Kid und ---> I’ve Loved These Days. Mit The Ballad of Billy the Kid stellt Joel seine Begabung als Songwriter unter Beweis. Cowboyfeeling kommt auf, Joel schnalzt mit der Zunge die Geräusche eines langsam trabenden Pferdes, das leise spielende rhythmische Klavier und die Mundharmonika verstärken dies. Ein großartiger Abschluss für ein großartiges Album ist letztendlich I’ve Loved These Days, womit nach 48 Minuten ein hervorragendes Album endet.
"Songs In The Attic" - ein unglaublich energetisches Album, vollgepackt mit hervorragend live dargebotenen Songs aus Joels "Mottenkiste". Ein Album voll Power und Energie, einem Wahnsinns Drive und voll unglaublicher Spielfreude. Ein Album, welches fast 44 Jahre nach Erscheinen nichts von seiner Magie verloren hat. Sollte ich jemandem, der von Joel noch nichts gehört haben sollte ein Album empfehlen müssen, wäre es SONGS IN THE ATTIC.
[Die Band]
* Billy Joel – vocals, pianos, synthesizer, harmonica
* David Brown – electric guitar (lead), acoustic guitar (lead)
* Richie Cannata – saxophones, flute, organ
* Liberty DeVitto – drums, percussion
* Russell Javors – electric guitar (rhythm), acoustic guitar (rhythm)
* Doug Stegmeyer – bass guitar
Die Songs
01 Miami 2017 (Seen the Lights Go Out on Broadway)
02 Summer, Highland Falls
03 Streetlife Serenader
04 Angelenos
05 She's Got a Way
06 Everybody Loves You Now
07 Say Goodbye to Hollywood
08 Captain Jack
09 You're My Home
10 Ballad of Billy the Kid
11 I've Loved These Days
Hier eine Übersicht der Alben, aus denen die Songs auf diesem Werk stammen:

Miami 2017 (Seen the Lights Go Out on Broadway)
Summer, Highland Falls
Say Goodbye to Hollywood
I've Loved These Days

Streetlife Serenader
Angelenos

She's Got a Way
Everybody Loves You Now

Captain Jack
You're My Home
Ballad of Billy the Kid
[Literatur]

Billy Joel und seine deutsch-jüdische Familiengeschichte. Mit einem Vorwort von Billy Joel
»Ich hoffe, dass sich diese Nazi-Scheiße niemals wiederholt.« Billy Joel
Billy Joel zählt zu den erfolgreichsten Popmusikern der Welt und erlebte als Künstler wie als Mensch alle Höhen und Tiefen. Was aber nur wenige wissen: Der »Piano-Man« hat deutsch-jüdische Wurzeln. Steffen Radlmaier verknüpft die Biografie des Weltstars mit der packenden Geschichte seiner Familie, die im nationalsozialistischen Nürnberg und in New York, in Berlin und Auschwitz, Havanna und Wien spielt. Doch wohin das Leben die Joels auch führte, eines verband sie immer über alle Grenzen hinweg: die Liebe zur Musik.

Billy Joel zählt zu den ganz großen Sängern und Songschreibern der USA: Bei seinen Hits wie "New York State Of Mind", "Uptown Girl" oder "We Didn't Start The Fire" verband er die verschiedensten musikalischen Einflüsse mit unwiderstehlichen Melodien, und in seinen Texten erwies er sich als aufmerksamer Beobachter und einfühlsamer Chronist der amerikanischen Seele. Der renommierte Journalist Fred Schruers führte für seine Biografie über hundert Stunden intime Interviews mit Joel selbst, sprach aber auch mit Freunden, Weggefährten, Exfrauen und -Freundinnen, Musikerkollegen und Familienmitgliedern. Daraus entstand ein packendes Porträt, so nah an Joel selbst wie nie zuvor: Schruers schildert die faszinierende Geschichte eines Arbeiterjungen aus der Vorstadt, der mit Ehrgeiz und unbändigem Wissensdurst seinen Weg geht. Der autobiografische Song vom "Piano Man" macht Billy Joel berühmt, und mit dem Aufstieg in den Rockolymp beginnt eine aufregende Zeit: Welthits, Verkaufsrekorde, Affären und Ehen mit Fotomodellen, triumphale Auftritte in den berühmtesten Hallen und Stadien der Welt, aber auch Betrug und Verrat. In Billy Joel - die Biografie kombiniert Schruers meisterlich Billy Joels eigene Einschätzungen und Erinnerungen mit seiner ausgewogenen, gründlichen Recherche. Damit ist ihm ein Buch gelungen, das Nähe, Authentizität und Detailfülle mit dem kritischen Blick eines Außenstehenden vereint, der auch die Widersprüche und Schattenseiten einer beeindruckenden Karriere zu erkennen vermag.
[Im Web:]
Familiengeschichte Billy Joels: eine fränkisch-jüdische Tragödie