Christy Doran / Izumi Kimura - Glacial Voyage

Ja, in der Tat, ein absolut faszinierendes Erlebnis der ganz besonderen Art!!!

 
firebyrd
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Christy Doran / Izumi Kimura - Glacial Voyage

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Gepostet: 29.04.2025 - 23:46 Uhr  ·  #1
Christy Doran / Izumi Kimura - Glacial Voyage

Das ist ungewöhnlich wie die Musik, ein in der Schweiz lebender Ire und eine in Irland lebende Japanerin vereinen sich zu diesem avantgardistischen Mix von "Glacial Voyage". Doran fiel bereits in den Siebzigern mit der Band Om mit außergewöhnlichem Sound auf und setzte wichtige Akzente im Bereich Fusion-Jazz. Damals bereits war sein Gitarrensound besonders, besonders anders. Nicht nur im Jazz Rock oder der Fusion, sondern im Bereich von Avantgarde und Funk war der Gitarrist immer wieder tätig in den letzten Jahren.
Seine musikalische Partnerin Izumi Kimura studierte in Tokio und und absolvierte anschließend eine Ausbildung an der Royal Irish Academy of Music. Ihre Interessen konzentrierten sich auf zeitgenössische Musik und die Improvisation, was sich widerspiegelte in ihrer Zusammenarbeit mit vielen Jazzmusikern.

Anläßlich eines Besuchs in der Heimat Irland traf Doran mit ihr zusammen und man beschloß diese gemeinsamen Einspielungen für "Glacial Voyage". Improvisation, Spontaneität, Einfallsreichtum, Unerwartetes, Ungewöhnliches, das steht für die Musik der Beiden. Am ehestens ist das in den Bereich Avantgarde einzustufen, denn die hier spontan entstandene Kreativität im Zusammenspiel der Beiden kann man schwerlich in eine andere Sparte einordnen.

So bietet die Musik (zumindest für mich) reichlich Raum für freie Assoziationen, der Fantasie wird ein sehr breiter Weg geebnet, und genau das braucht es auch! Denn will man sich darauf einlassen, was hier in den zehn Songs entstanden ist, dann muss man sich frei machen von gewohnten Strukturen, sich fallen lassen und dem ganz einfach lauschen, was geboten wird, was hier im Augenblick geschieht und was sich nach und nach entwickelt, eigentlich kann man gar nichts wirklich festhalten, und viele kleine Eindrücke, die entstehen mögen, verdichten sich letztlich zu einem Ganzen, gleich einem Strudel, der mit seinem Sog in die Tiefe zieht, in die Tiefe dieses Klangkosmos.

So werden in diesem Akt des Fallenlassens Träume, Landschaften offenbart, die offenbar Geheimnisse bergen, die sich aber lösen lassen werden, sobald man sich dieser Visualität tief hingibt. So kann man durchaus viel entdecken, vielleicht ist es dann auch jedem Hörenden/jeder Hörenden freigestellt, wie man das persönlich für sich umsetzt. So meine ich, das Gefühl von Meer und Weite zu spüren, von den Elementen, die hiermit in Verbindung stehen, Sturm und Ebbe und Flut. Alles ist halt offen, und vielleicht ist auch etwas davon eingeflossen, was die Beiden während der Aufnahmen miteinander verband, und das ist Irland, seine Landschaft, seine Lebensweise, seine Mystik. Gerade Doran wird anlässlich seiner kurzzeitigen Rückkehr in das Heimatland Einiges empfunden und möglicherweise umgesetzt haben.

"Electric Guitar & Devices", so im Line-up, Doran betreffend, und das beinhaltet so manche Zubereitung seines ohnehin bereits ungewöhnlichen Gitarrensounds, streichende, streichelnde Geräusche, Geschepper, Klänge wie das Tuten von Schiffshörnern, das Schreien von Vögeln, oft erinnert er mich dann an den deutschen Gitarristen Hans Reichel, der im Bereich improvisierter Musik und im Free Jazz unterwegs war. Das eine oder andere Mal wird es auch laut, wenn die Gitarre mit satt verzerrtem Ton dröhnt.

Dazu gesellt sich dann das ebenfalls recht ausdrucksvolle und unterschiedlich geprägte Pianospiel der Japanerin, die mal zart tupfende Klänge vorträgt und dann wieder mit dumpfen perkussiven Mustern arbeitet sowie das Spektrum ihres Instruments auslotet. So, obwohl alle zehn Songs gewissermaßen eine Einheit bilden, besitzt jeder von ihnen einen eigenen Anstrich, einen individuellen Charakter. Hierzu bedarf es jedoch auch eines aufmerksamen Zuhörens, ja, es empfiehlt sich, von bekannten Mustern Abstand zu nehmen und sich wirklich mit den Beiden zu vereinen, um etwas Gemeinsames zu erleben und ggf. auch zu genießen! Ja, in der Tat, ein absolut faszinierendes Erlebnis der ganz besonderen Art!!!

Christy Doran (electric guitar, devices)
Izumi Kimura (piano)

1 Breakwater (4:20)
2 lnishkea Islands (5:16)
3 High Tide (5:54)
4 Belmullet (2:48)
5 Whale Tea Party (5:37)
6 Downpatrick Head (5:50)
7 Light Frames (3:36)
8 Moon Pull (4:28)
9 Blacksod Lighthouse (3:30)
10 Horizon’s lnvitation (4:00)

hmc
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Re: Christy Doran / Izumi Kimura - Glacial Voyage

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Gepostet: 30.04.2025 - 16:05 Uhr  ·  #2
Avantgarde ist nicht immer für meine Ohren geeignet.
Die Rezi ist klasse, nur befürchte ich, dass es nicht meine Musik sein könnte.
Ich höre relativ viel "schräges" oder ungewöhnliches, aber das hie sieht nach schwerer Kost aus.

Das heißt nicht, dass ich nicht testen werde.
Danke für die wundervolle Beschreibung.
firebyrd
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Re: Christy Doran / Izumi Kimura - Glacial Voyage

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Gepostet: 30.04.2025 - 16:37 Uhr  ·  #3
Zitat geschrieben von hmc

Avantgarde ist nicht immer für meine Ohren geeignet.
Die Rezi ist klasse, nur befürchte ich, dass es nicht meine Musik sein könnte.
Ich höre relativ viel "schräges" oder ungewöhnliches, aber das hie sieht nach schwerer Kost aus.

Das heißt nicht, dass ich nicht testen werde.
Danke für die wundervolle Beschreibung.


eigentlich ist es eher "leicht", schwer dürfte es lediglich sein, sich darauf einzulassen...
Trurl
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Re: Christy Doran / Izumi Kimura - Glacial Voyage

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Gepostet: 30.04.2025 - 17:50 Uhr  ·  #4
Danke für die wieder tolle Rezi

Ich habe mir das heute Mittag bei strahlendem Sonnenschein und (für mich gerade noch erträglicher Wärme) beim Einkaufen angehört. Ich mag es, solcher Musik in Alltagssituationen zu lauschen. Von der Konzeption erinnert es mich an Vangelis' "Beaubourg". Auf den ersten und zweiten Eindruck völlig atonal und wirr (mir kommt Kerkelings HURTZ in den Kopf, meinen die beide n das wirklich ernst?) wird es im Verlauf aber immer spannender. Für mich ist es eher ein "akustisches Hörspiel" denn Musik im umgangssprachlichen Sinne. Der Titel passt total, man hört quasi das Gletschereis über die Steine schrammen, ins Meer abbrechen oder langsam abtauen. Ich werde heute Nacht noch einmal unter dem Kopfhörer im Dunkeln lauschen. Aktuell gefällt mir besonders der 2. Titel sehr, er ist etwas eingängiger :-) Und ich mag den Einsatz der DEVICES sehr

trurl
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