Nolan & Wakeman - Jabberwocky

 
hmc
Produzent
Avatar
Geschlecht:
Herkunft: NRW
Alter: 68
Homepage: studio.youtube.com…
Beiträge: 16734
Dabei seit: 04 / 2006
Betreff:

Nolan & Wakeman - Jabberwocky

 · 
Gepostet: 09.02.2025 - 11:09 Uhr  ·  #1
Clive Nolan & Oliver Wakeman - Jabberwocky
(1999)



Hinter dem Konzeptalbum "Jabberwocky" stehen die beiden Keyboarder Clive Nolan und Oliver Wakeman. Nolan, der auch für "Arena", "Pendragon" und diverse eigene Soloprojekte (u.a. "Shadowland") spielt, und Wakeman, Sohn von "Yes"-Keyboarder Rick Wakeman, präsentieren hierbei ein Konzeptalbum, das auf ein altes Gedicht von "Alice in Wunderland" Autor Lewis Carroll basiert (es gab auch mal einen Nonsensfilm zu diesem Thema mit einigen Darstellern aus der Monthy Pythons Riege).

Neben den beiden Initiatoren des Albums gibt es auch eine illustre Riege an Gastmusikern.

Allen voran Ex-Yes Gitarrist Peter Banks, der auf den ersten beiden Alben der Gruppe vor Steve Howe die Saiten zupfte. Daneben sind auch noch Pendragon-Bassist Pete Gee, die neue Landmarqsängerin Tracy Hitchings und neben einigen anderen Beteiligten auch noch der Thresholdgitarrist Jon Jeary, sowie als kleines Bonbon Rick Wakeman als Erzähler dabei.

Die große Liste an illustren Beteiligten läßt also auf einiges hoffen.

Nolan, der auf dem letzten "Ayreon" Album "Into The Electric Castle" einen kurzen Gastpart hatte, wurde vielleicht von dem Holländer inspiriert, eine eigene Progrock-Oper zu schreiben. Zumindest präsentiert sich Jabberwocky stellenweise in einem ähnlichen Gewand wie Ayreons Konzeptalben. Und somit ist klar, woran sich Nolan & Wakeman messen müssen.

Das Album beginnt mit leisem Wind und schon setzt auch Rick Wakemans Stimme ein, er rezitiert die erste Strophe von Carrolls Gedicht und verbindet die einzelnen Stücke auf dem Album, indem er nach beinahe jedem Lied eine weitere Strophe vorliest, was auch den Fortgang der Geschichte andeutet.

Es folgt eine klassische Keyboardfanfare (was auch bereits Erinnerungen an Ayreons erstes Album wach werden läßt) und danach ein schönes Keyboardintro, das sich leicht an die zuerst gespielte Fanfare anlehnt.

Es setzt die erste Gesangsrolle ein: "The Boy" (der Held in der Geschichte, der den bösen Jabberwock zur Strecke bringt). Dieser Part klingt, wie schon das Intro, ein wenig mittelalterlich und versetzt den Zuhörer sofort in die Atmosphäre, die das Album prägen soll.

Allerdings setzen Nolan & Wakeman dabei weniger auf Bombast oder spacige Keyboardparts wie das hier als Referenz herangezogene Debutalbum von Ayreon. Es klingt insgesamt ein wenig geradliniger.

Dies bestätigt auch das zweite Lied "Coming To Town", das sehr rockig und dynamisch klingt. Mir geht der Song ins Blut über, er ist zwar nicht sonderlich komplex oder sonst wie übermäßig progressiv, aber einfach in seiner Flottheit sehr gelungen. Das kurze Stück hat in der Mitte den ersten kurzen und dem allgemeinen Tempo des Songs entgegenwirkenden langsamen Gesangsteil von Tracy Hitchings, die "The Girl" darstellt (das Mädchen, das vorm Jabberwock gerettet wird). Danach folgt ein nettes Keyboardsolo, das sogar ein wenig jazzig klingt und mir gut gefällt.

"Dangerous World" hingegen beginnt wieder sehr klassisch, mit Cembaloklang und zu diesen barocken Tönen hört man nun den Jabberwock mit seinem irgendwie komödiantisch klingenden Sprechgesang - in diesem Teil hat das Lied fast ein wenig Musicalcharakter.

Die folgende Passage weist dagegen eine sehr schöne, fast poppige Melodie auf und Tracy Hitchings zeigt ihr ganzes Talent. Ihre Stimme klingt einerseits zart, dann aber auch wiederum voller Kraft und obwohl "Dangerous World" hier eigentlich mehr ein gewöhnliches Rocklied mit Mainstreamcharakter ist, gefällt es mir gut. Es gibt auch ein erstes, kurzes, Gitarrensolo von Peter Banks - ansonsten agiert die E-Gitarre mehr im Hintergrund.

Das Lied endet dann aber wieder, wie es begonnen hat. Mit dem Sprechgesang des Jabberwocks und barocken Cembaloklängen.

Mit "The Forest" folgt der erste mehr instrumental ausgelegte Song. Außer einigen kurzen lateinischen Chorpassagen (wo sich Nolans Stimme gut einfügt) kommt das Lied ohne Text aus. So richtig mitreißen kann mich dieser Teil aber nicht. Der etwas eintönige Bass wiederholt stur eine Linie und die Keyboardvariationen hat man woanders schon mal besser gehört. Auch finde ich den Chorgesang ein wenig zu schwülstig stellenweise.

"A Glimmer Of Light" ist dann eine schöne, recht kurze, Ballade mit Tracy Hitchings (die mit ihrer Stimme wirklich eine Bereicherung für das Album ist).

"Shadows" ist dann ein Instrumental. Es beginnt mit sehr dramatischen Pianoklängen und erzeugt eine klassische Atnosphäre (es erinnert mich ganz vage an die Revolutionsetüde von Chopin), die Keyboards aber, die etwas später einsetzen, klingen mir zu synthetisch und ein wenig nach "Plastik", hier hätten etwas wärmere Sounds dem Lied mehr geholfen, das mir ansonsten recht gut gefällt, wenn es auch nicht wirklich grandios ist. Dafür gefallen mir die Keyboards einfach nicht genug. Die besten Stellen hat das Lied, wenn die Pianoklänge dominieren und sehr klassisch, dramatisch daherkommen.

"Enlightement" ist dann ein etwas ruhigeres Lied. "The Tree" singt seinen einzigen Teil auf dem Album und er gibt dem Jungen ein paar Ratschläge für seinen Kampf gegen den Jabberwock.

Der Gesang ist recht unspektakulär, wirkt aber angenehm, die Klavierbegleitung ist auch recht schön - doch auch hier klingen für mich die später einsetzenden Keyboards zu synthetisch, allein das im Hintergrund zu hörende Mellotron erzeugt Wärme. Zur Mitte hin nimmt das Lied dann etwas mehr an Tempo auf und es setzt der Gesang des Jungen ein. Danach gibt es dann ein wunderschönes Gitarrensolo von Peter Banks und hier hat dann das Lied auch seinen besten Part.

Der abschließende Gesang klingt mir persönlich aber ein wenig zu schwülstig und insgesamt gefällt mir außer dem Schluß das Lied aber wirklich gut.

"Dancing Water" beginnt mit dunklen Keyboardlayern und erzeugt damit eine atmosphärische Stimmung. In diesem Lied singen abwechselnd der Junge, der Jabberwock und das Mädchen und dementsprechend divers sind dann auch die Stimmungen, während der Junge die eher melancholische nachdenkliche Stimmung hat, klingt es beim Jabberwok ein wenig komödiantisch, beim Mädchen hingegen romantisch und so bietet das Lied auf knapp 4 Minuten sehr viel Abwechslung.

"The Burgundy Rose" ist eine schöne Ballade, die vom Jungen gesungen wird.

"The Mission" beginnt mit gespenstischen Keyboardklängen und langgezogenen E-Gitarrenakkorden, ehe der pulsierende Baß einsetzt - dieser recht gute Beginn wird aber nicht fortgeführt, das Lied an sich klingt für mich hier nicht sehr gut, es erinnert vom Gesang und der Gitarrenbegleitung her zu sehr an einen schlechten "Shadowland"-Song. Dafür ist das instrumentale Mittelstück mit einem E-Gitarrensolo von Banks und einer Keyboardeinlage gut gelungen und hier gefällt mir der Song am besten.

Mit "A Call To Arms" und "Finale" schließen zwei hauptsächlich instrumental ausgelegte Stücke das Album ab. "A Call To Arms" beginnt sehr atmosphärisch und erinnert dabei fast an einen Filmsoundtrack - es folgt eine kurze lateinische Chorpassage, aber die sagt mir nicht so zu, es folgen Variationen auf dem Keyboard und irgendwie kann mich das Stück nicht wirklich mitreißen.

Das sehr kurze "Finale" endet damit, daß Rick Wakeman die letzte Strophe des Gedichtes vorliest (die identisch mit der ersten Strophe ist) und eine klassisch gehaltene, sehr dramatische Keyboardfanfare beschließt das Album.

Was bleibt als Fazit stehen?

Noland & Wakeman begeben sich mit ihrem Projekt auf ein Terrain, das von "Ayreon" in den 90er Jahren für mich klar definiert wurde. Jabberwocky, als klassisch angehauchtes Konzeptalbum, hat zwar eine sympathische Geschichte, aber die Tiefe und Komplexität wie bei Ayreons Erstling wird weder auf erzählerischer noch auf musikalischer Ebene erreicht.

Das Album ist auch für mich nicht immer progressiv. So finden sich neben den sehr schönen Balladen eigentlich mehr rockige Stücke, die progressiv durchsetzt sind hier und da oder aber klassische Elemente beinhalten. Die kommen aber ein wenig kurz, wie ich finde.

Auch gefallen mir die Keyboardklänge nicht immer. Dort hat Ayreon das um einiges bessere Arrangement zu bieten - die Lieder dort werden mit einer Wucht und Dramatik intoniert, daß "Jabberwocky" dagegen eher klein wirkt manchmal.

Das Album hat jedoch auch viele gute und schöne Momente: die rockigen Lieder, die sehr schönen Balladen, Tracy Hitchings Gesang, Peter Banks' Gitarrensoli, einige Keyboardeinlagen und die durchaus abwechslungsreiche Inszenierung der einzelnen Parts, die ein wenig Filmcharakter aufweist - doch wenn ich mich zu entscheiden hätte, würde ich immer "Ayreon" vorziehen. Denn leider gibt es auf "Jabberwocky" auch die erwähnten etwas langweiligen Teile, die manchmal zu synthetischen Synthieklänge und stellenweise schwülstige Passagen.

Wer Konzeptalben mit Bombast, Dramatik und klassischer Ausrichtung liebt und "Ayreon" noch nicht kennt, sollte meiner Meinung nach zuerst seine Werke kaufen. "Jabberwocky" ist zwar ebenfalls ein gutes Album, spielt aber doch auf etwas kleinerem Level. Von allen Soloprojekten Clive Nolans ist aber, um es deutlich zu sagen, "Jabberwocky" das meiner Meinung nach beste. Und es lohnt den Kauf auf jeden Fall.

12 Punkte

Eingebettetes Medium: https://www.youtube.com/watch?v=o6CUjT8XzkE
Gewählte Zitate für Mehrfachzitierung:   0

Registrierte in diesem Topic

Aktuell kein registrierter in diesem Bereich

Die Statistik zeigt, wer in den letzten 5 Minuten online war. Erneuerung alle 90 Sekunden.