Jean Michel Jarre - Oxygene
(1976)
Mancher mag sich wohl wundern, was Jean Michel Jarre auf einer Website zu suchen hat, die Progressive Rock zum Thema hat. Progressive Musik ist ein weitläufiges Genre und nicht unbedingt an bestimmte Instrumente oder Albenformate gebunden. Weitflächige Kompositionen, die normale Radiomusik transzendieren, können genauso auf elektronischem oder synthetischem Wege umgesetzt werden.
In der Tat gibt es einige Gruppen, die elektronische Musik gespielt haben und spielen und durchaus dem progressiven Zweig der Musik zuzuordnen sind. Besonders prominent sind natürlich die deutschen Vertreter der Berliner Schule wie Tangerine Dream oder auch Ashra. Aber auch eine Formation wie Kraftwerk hat nachhaltig beeinflußt. Und doch müssen sie sich letztlich alle dem französischen Bombastmusiker Jean Michel Jarre beugen. Denn während Tangerine Dream z.B. bis zur Mitte der 70er Jahre zwar sehr experimentierfreudig und innovativ waren, waren sie ebenso schwer greifbar für die meisten Menschen. Kraftwerk pflegten und hegten ein sehr maschinelles Image, das bis hin zur Sterilität auch mal ging und die Maschine in der Musik teilweise über den Menschen stellte.
Jean Michel Jarre beschritt andere Wege. Genaugenommen ist "Oxygene" nicht sein Debutalbum, hatte er doch 1972 bereits "Deserted Palace" und 1973 den Soundtrack zum Film "Les granges Brûlées" veröffentlicht. An anderer Stelle mehr dazu. "Oxygene" aber wurde zum Meilenstein und Markenzeichen für Jarre, für elektronische Musik, für elektronische Musik vor allem, die an sich nicht wirklich radiotauglich war, aber gleichzeitig die Menschen auf eine Weise erreichte, von der die deutschen Gruppen bisher nicht mal träumen konnten. 15 Millionen verkaufte Exemplare von Oyxgene bis zum heutigen Tage legen davon Zeugnis ab.
Jean Michel Jarre ist, der Nachname verrät es fast von selbst, kein geringerer als der Sohn des weltberühmten Komponisten Maurice Jarre, der u.a. die Filmmusik zu solchen Werken wie "Dr. Schiwago" oder "Lawrence von Arabien" komponierte. Jean Michel Jarres Vater Maurice spielte aber keine große Rolle in seinem Leben, entschied sich Maurice Jarre Mitte der 50er Jahre doch dazu, Frau und Kind zu verlassen und in die USA überzusiedeln, während Jean Michel Jarre mit seiner Mutter zurück in Frankreich blieb.
Jean Michel Jarre studierte klassisches Piano, doch sein Interesse für neuere Musikformen zeigte sich recht früh. So suchte er, kaum zwanzig geworden, die Nähe zu den Großmeistern der elektronischen Musik jener Tage, u.a. Karlheinz Stockhausen in Deutschland und vor allem Pierre Schaeffer in Frankreich. Beim von Schaeffer geleiteten Groupe de Recherches Musicales blieb Jarre knappe drei Jahre, ehe er endgültig eigene Wege einschlug. Bei Schaeffer machte Jarre Bekanntschaft mit der musique concrète, die Schaeffer erfunden hatte. Musique concrète verwendet Tonbandaufnahmen, um daraus Collagen und Verfremdungen zu bilden, die schließlich zu ganz neuen Musikwerken werden. Jarre war sich in dieser Zeit aber auch nicht zu schade, um Jingles und Werbemusik zu komponieren. So u.a. für Pepsi oder Nestlé.
So ausgebildet und zwei recht obskure Alben im Gepäck machte sich Jarre 1976 schließlich daran, das Genre der elektronischen Musik herunter vom Thron des allzu elitären und entrückten zu holen und direkt massenkompatibel zu machen. Jarres erklärtes Ziel war, Musik zu erschaffen, die Gefühle weckt, die die Menschen auf emotionaler Basis anspricht und kein Handbuch benötigt, um dem Publikum die Absichten des Komponisten zu erklären, während irgendein Zwölftonstück gnadenlos vor sich hin spielt.
Und man mag von "Oxygene" halten, was man will, Jean Michel Jarre erreichte sein Ziel definitiv. Ohne wirkliches Konzept, ist "Oxygene" blubbernde, zischende, immer aber sanft dahinströmende Musik, dessen ersten drei Stücke nahtlos ineinanderübergehene Reisen ins elektronische Traumland sind, in dem man Gedanken völlig frei schweifen lassen kann. Die ehemals zweite Seite der LP wird dann vom sicherlich bekanntesten und wohl auch erfolgreichsten elektronischen Stück Jarres eröffnet. "Oxygene IV" mit seiner Radiofreundlichkeit ist für manche gewiß eine notorische Hitsingle geworden, sie ist auf jeden Fall sehr eingängig geraten und ebnet den Weg für die etwas sperrigeren Stücke, die folgen, die sich anfangs sehr sphärisch, beinahe luftig zeigen, langsam aufbauend und meditativ gehalten, ehe plötzlich mit Stereoeffekten garnierte Sequenzerbeats das Tempo anziehen. Der Schluss von "Oxygene" zeigt sich da eher etwas betulich, mit Brandungsgeräuschen und Quietscheentchen, das wohl eher eine Möwe sein soll, aber am Ende halt einfach nur quietscht.
Oxygene ist ohne Zweifel einer der Klassiker der elektronischen Musik. Und selbst wenn einige bei Jarre die Augen verdrehen oder es als seichte Fahrstuhlmusik abtun, letztlich ist "Oxygene" das Album, das elektronische Musik wohnzimmertauglich gemacht hat. Ein echter Meilenstein des Genres, der auch seine Auswirkungen auf andere Musiker und Bands hatte, die vor Jarre schon elektronische Musik veröffentlicht hatten. So wurden auch Bands wie Tangerine Dream in der Folge eingängiger.
Oxygene, als Meisterwerk, hat aber, wie oben schon angedeutet, auch seine Schwachpunkte, vor allem die zweite Hälfte kann nicht immer das Niveau der ersten vier Stücke halten. Etwas, was sich seltsamerweise in späteren Werken ebenfalls fortsetzen sollte.
"Oxygene" ist übrigens mein allererstes jemals gekauftes Album, man mag mir also verzeihen, wenn ich vielleicht nicht ganz objektiv erscheine. Ich besitze es nun seit über 20 Jahren und finde das Album nach wie vor genauso gut und frisch wie ehedem. Es zeigen sich trotz des Alters des Albums keine Abnutzungserscheinungen. Jarres Musik auf "Oxygene" ist zeitlos. Ein Franzose hatte die Welt der elektronischen Musik kräftig erschüttert. Was ursprünglich von Francis Dreyfus, einem Freund Jarres, in einer Auflage von 50.000 Stück gepresst wurde, geriet zum Millionenseller und Startschuss des Disques Dreyfus Labels, auf dem für lange Zeit alle weiteren Alben Jarres erscheinen sollten. Jarre selbst hatte sein Erfolgsrezept gefunden, das als Blaupause für die nächsten Alben dienen sollte.
(1976)
Mancher mag sich wohl wundern, was Jean Michel Jarre auf einer Website zu suchen hat, die Progressive Rock zum Thema hat. Progressive Musik ist ein weitläufiges Genre und nicht unbedingt an bestimmte Instrumente oder Albenformate gebunden. Weitflächige Kompositionen, die normale Radiomusik transzendieren, können genauso auf elektronischem oder synthetischem Wege umgesetzt werden.
In der Tat gibt es einige Gruppen, die elektronische Musik gespielt haben und spielen und durchaus dem progressiven Zweig der Musik zuzuordnen sind. Besonders prominent sind natürlich die deutschen Vertreter der Berliner Schule wie Tangerine Dream oder auch Ashra. Aber auch eine Formation wie Kraftwerk hat nachhaltig beeinflußt. Und doch müssen sie sich letztlich alle dem französischen Bombastmusiker Jean Michel Jarre beugen. Denn während Tangerine Dream z.B. bis zur Mitte der 70er Jahre zwar sehr experimentierfreudig und innovativ waren, waren sie ebenso schwer greifbar für die meisten Menschen. Kraftwerk pflegten und hegten ein sehr maschinelles Image, das bis hin zur Sterilität auch mal ging und die Maschine in der Musik teilweise über den Menschen stellte.
Jean Michel Jarre beschritt andere Wege. Genaugenommen ist "Oxygene" nicht sein Debutalbum, hatte er doch 1972 bereits "Deserted Palace" und 1973 den Soundtrack zum Film "Les granges Brûlées" veröffentlicht. An anderer Stelle mehr dazu. "Oxygene" aber wurde zum Meilenstein und Markenzeichen für Jarre, für elektronische Musik, für elektronische Musik vor allem, die an sich nicht wirklich radiotauglich war, aber gleichzeitig die Menschen auf eine Weise erreichte, von der die deutschen Gruppen bisher nicht mal träumen konnten. 15 Millionen verkaufte Exemplare von Oyxgene bis zum heutigen Tage legen davon Zeugnis ab.
Jean Michel Jarre ist, der Nachname verrät es fast von selbst, kein geringerer als der Sohn des weltberühmten Komponisten Maurice Jarre, der u.a. die Filmmusik zu solchen Werken wie "Dr. Schiwago" oder "Lawrence von Arabien" komponierte. Jean Michel Jarres Vater Maurice spielte aber keine große Rolle in seinem Leben, entschied sich Maurice Jarre Mitte der 50er Jahre doch dazu, Frau und Kind zu verlassen und in die USA überzusiedeln, während Jean Michel Jarre mit seiner Mutter zurück in Frankreich blieb.
Jean Michel Jarre studierte klassisches Piano, doch sein Interesse für neuere Musikformen zeigte sich recht früh. So suchte er, kaum zwanzig geworden, die Nähe zu den Großmeistern der elektronischen Musik jener Tage, u.a. Karlheinz Stockhausen in Deutschland und vor allem Pierre Schaeffer in Frankreich. Beim von Schaeffer geleiteten Groupe de Recherches Musicales blieb Jarre knappe drei Jahre, ehe er endgültig eigene Wege einschlug. Bei Schaeffer machte Jarre Bekanntschaft mit der musique concrète, die Schaeffer erfunden hatte. Musique concrète verwendet Tonbandaufnahmen, um daraus Collagen und Verfremdungen zu bilden, die schließlich zu ganz neuen Musikwerken werden. Jarre war sich in dieser Zeit aber auch nicht zu schade, um Jingles und Werbemusik zu komponieren. So u.a. für Pepsi oder Nestlé.
So ausgebildet und zwei recht obskure Alben im Gepäck machte sich Jarre 1976 schließlich daran, das Genre der elektronischen Musik herunter vom Thron des allzu elitären und entrückten zu holen und direkt massenkompatibel zu machen. Jarres erklärtes Ziel war, Musik zu erschaffen, die Gefühle weckt, die die Menschen auf emotionaler Basis anspricht und kein Handbuch benötigt, um dem Publikum die Absichten des Komponisten zu erklären, während irgendein Zwölftonstück gnadenlos vor sich hin spielt.
Und man mag von "Oxygene" halten, was man will, Jean Michel Jarre erreichte sein Ziel definitiv. Ohne wirkliches Konzept, ist "Oxygene" blubbernde, zischende, immer aber sanft dahinströmende Musik, dessen ersten drei Stücke nahtlos ineinanderübergehene Reisen ins elektronische Traumland sind, in dem man Gedanken völlig frei schweifen lassen kann. Die ehemals zweite Seite der LP wird dann vom sicherlich bekanntesten und wohl auch erfolgreichsten elektronischen Stück Jarres eröffnet. "Oxygene IV" mit seiner Radiofreundlichkeit ist für manche gewiß eine notorische Hitsingle geworden, sie ist auf jeden Fall sehr eingängig geraten und ebnet den Weg für die etwas sperrigeren Stücke, die folgen, die sich anfangs sehr sphärisch, beinahe luftig zeigen, langsam aufbauend und meditativ gehalten, ehe plötzlich mit Stereoeffekten garnierte Sequenzerbeats das Tempo anziehen. Der Schluss von "Oxygene" zeigt sich da eher etwas betulich, mit Brandungsgeräuschen und Quietscheentchen, das wohl eher eine Möwe sein soll, aber am Ende halt einfach nur quietscht.
Oxygene ist ohne Zweifel einer der Klassiker der elektronischen Musik. Und selbst wenn einige bei Jarre die Augen verdrehen oder es als seichte Fahrstuhlmusik abtun, letztlich ist "Oxygene" das Album, das elektronische Musik wohnzimmertauglich gemacht hat. Ein echter Meilenstein des Genres, der auch seine Auswirkungen auf andere Musiker und Bands hatte, die vor Jarre schon elektronische Musik veröffentlicht hatten. So wurden auch Bands wie Tangerine Dream in der Folge eingängiger.
Oxygene, als Meisterwerk, hat aber, wie oben schon angedeutet, auch seine Schwachpunkte, vor allem die zweite Hälfte kann nicht immer das Niveau der ersten vier Stücke halten. Etwas, was sich seltsamerweise in späteren Werken ebenfalls fortsetzen sollte.
"Oxygene" ist übrigens mein allererstes jemals gekauftes Album, man mag mir also verzeihen, wenn ich vielleicht nicht ganz objektiv erscheine. Ich besitze es nun seit über 20 Jahren und finde das Album nach wie vor genauso gut und frisch wie ehedem. Es zeigen sich trotz des Alters des Albums keine Abnutzungserscheinungen. Jarres Musik auf "Oxygene" ist zeitlos. Ein Franzose hatte die Welt der elektronischen Musik kräftig erschüttert. Was ursprünglich von Francis Dreyfus, einem Freund Jarres, in einer Auflage von 50.000 Stück gepresst wurde, geriet zum Millionenseller und Startschuss des Disques Dreyfus Labels, auf dem für lange Zeit alle weiteren Alben Jarres erscheinen sollten. Jarre selbst hatte sein Erfolgsrezept gefunden, das als Blaupause für die nächsten Alben dienen sollte.