Dickey Betts - Highway Call (Capricorn 1974)
1973 spielten die Allman Brothers ihre erste LP ohne Duane ein (bei 'Eat A Peach' war er noch auf einigen
Stücken dabei) und gleich sollte 'Brothers And Sisters' ihr bis dato größter Erfolg werden.
Nicht zuletzt, weil Richard 'Dickey' Betts, der schon lange der wirkliche Bandmotor war, zwei Charts-Volltreffer
beisteuerte; 'Jessica' und 'Ramblin' Man'. Mit 'Southbound' und 'Pony Boy' gabs gar noch zwei weitere
Stücke von gleicher Qualität.
Aber Dickey hatte noch viele weitere Ideen im Kopf, die er im Gefüge der Allmans nicht so recht umsetzen konnte:
Country a la Nashville oder auch ganz allgemein ländliche Melodien; einesteils ruhige Motive,
z.b. für Dobro und Country-Fiddle, dann aber auch ausgedehnte Jams, bei denen spiralförmige Riffs endlos
emporsteigen konnten.
Mit Vassar Clements heuerte einer der legendärsten Nashville-Musiker an; Allman-Kollege Chuck Leavell
war dabei und die Capricorn-Studio-Asse Tommy Talton und Johnny Sandlin (die mit 'Cowboy' noch ihre eigene
Southern Rock-Truppe hatten) standen ebenfalls bereit.
Trotz der eingesetzten Musiker: was dabei herauskam, war weder Country oder Country-Rock und auch
unter Southern Rock läßt es sich nicht einordnen. 'Ländlich' heißt hier, daß uns eine entschleunigte
und hochemotionale Szenerie geboten wird: das einfache und nach allen Himmelsrichtungen offene
Leben fern aller Rock'n'Roll-Klischees.
Und das ist umso bemerkenswerter, als Dickey (wie übrigens auch fast alle seiner Allmans-Kollegen) ein
sehr zerrissenes und problembehaftetes Leben führte: Drogen, Alkohol, Prügeleien, gleich mehrere
Verfahren wegen häuslicher Gewalt; u.a. auch mit abzugsbereiter Magnum 44 an der Schläfe seiner
Frau..., ein Mensch, dem man angeraten hätte, sich von sich selbst fernzuhalten.
Und das wußte er auch!
Wir verstehen, daß er auf 'Highway Call' seinen Teufeln und Dämonen entkommen wollte; der endlose
Highway ruft und dann läßt man die Scherben hinter sich (hoffentlich).
In gewisser Beziehung hören wir ein Konzept-Album; Dickey's Gedanken befassen sich mit längst
vergangenen Tagen: 'Long Time Gone' und dem, was er seither verloren hat..., die innere Ruhe und
jugendliche Unbekümmertheit, untermalt durch eine in die Ferne ablaufende Slide-Gitarre.
Es regent, 'Rain', aber dies ist ein angenehm erfrischender Landregen, der nicht durchnäßt, sondern
belebt; genau das tun auch die eingespielten Dobro-Klänge (Dickey ist mit diesem Instrument auf dem
LP-Rück-Cover zu sehen).
Und das Dobro paßt erneut, um die Natur singen zu lassen: 'Let Nature Sing'; durch das Hinzufügen Vassar's
Country-Fiddle und traumhafter Pedal-Steel-Noten. Man muß darauf hinweisen, daß hier, wie auch auf
allen anderen Stücken Drums und teils auch Perkussion zum Einsatz kommen, aber auf eine so behutsame
und unaufdringliche Art, daß man es kaum merkt.
Nach soviel Vorbereitung muß jetzt einfach die vollständige Rückkehr zur ländlichen Harmonie erfolgen;
'Handverlesen/Handpicked' ist sie sowohl in Bezug auf die Inspirationen, als auch auf die Beiträge der
einzelnen Musiker. Im Prinzip geht dabei 14 Minuten die Post ab: Rock OHNE Roll, ein entschläunigter
Abräumer (wie geht das?): wir hören Ideen aus Swing, Bluegrass, Country-Jazz und Jams-a-la-Allmans,
aber eben mit einer instrumental anders gestrickten Furiosität (u.a.durch Vassar's Fiddle).
Ein Traumstück, daß Dickey übrigens als Vorlage für ein zweites nehmen sollte: 'High Falls' auf der
nächsten Allmans-LP 'Win, Lose Or Draw'; ebenfalls über 14-Minuten lang.
Zum Schluß noch ein kurzer von Vassar Clements-geschriebener Absacker 'Kissimmee Kid' und die
angesteuerte emotionale Heilung hat einen großen Schritt vorwärts gemacht.
1 Long Time Gone 4:32 https://www.youtube.com/watch?v=7fZZiQOJM7Q
2 Rain 3:38
3 Highway Call 4:26 https://www.youtube.com/watch?v=ZGF9vW9ceM0
4 Let Nature Sing 5:08
5 Hand Picked 14:18 https://www.youtube.com/watch?v=QUlG18Q-oAs
6 Kissimmee Kid 3:14
Electric Guitar – Dickey Betts (1,2,3,5.6)
Acoustic Guitar – Dickey Betts (2-4), Jeff Hanna (5), Leon Poindexter (4), Tommy Talton (1, 3)
Dobro – Dickey Betts (1), Frank Poindexter (4)
Vocals – Dickey Betts (1-4)
Banjo – Walter Poindexter (4)
Bass – Johnny Sandlin (1, 2, 4), Stray Straton (3, 5, 6)
Drums – David Walshaw
Fiddle – Vassar Clements (4-6)
Mandolin – Oscar Underwood (4)
Percussion – David Walshaw (1, 2), Johnny Sandlin (1, 2)
Piano – Chuck Leavell
Steel Guitar – John Hughey (1-5)
Written-By – Dickey Betts (tracks: 1 to 5), Vassar Clements (tracks: 6)
Auf welchem Tabellenplatz der Besten Gitarristen Aller Zeiten Dickey einzuordnen ist, kann ich nicht
entscheiden. Aber wenn es um den Emotionalsten Von Allen geht, dann fällt mir kein anderer ein.
Als Gitarrist also ganz oben bei mir, als Mensch eher nicht. Hab ihn zweimal Live erlebt (u.a. beim 2. Rockpalast);
beim ersten Mal war er super drauf, beim zweiten hatten ihn seine Dämonen voll im Griff:
arrogant, agressiv, ungehalten, vermutlich randvoll mit Substanzen....
Trotz allem: musikalisch hat er ein paar Dutzend Volltreffer gelandet, die nie mehr Ihresgleichen
finden werden. 'Highway Call' ist ein Beleg dazu.
Ich schließe aber mit einem Textauszug aus einem anderen meiner vielen Betts-Favoriten:
PONY BOY
Don't worry for me, well I'm all right
Lord knows I'm having a natural good time
Pocket full of money, gonna boogie all night
There ain't nobody tell me that's a crime
When morning comes and it's time to go
Pony boy carry me home, all right
Pony boy carry me home
1973 spielten die Allman Brothers ihre erste LP ohne Duane ein (bei 'Eat A Peach' war er noch auf einigen
Stücken dabei) und gleich sollte 'Brothers And Sisters' ihr bis dato größter Erfolg werden.
Nicht zuletzt, weil Richard 'Dickey' Betts, der schon lange der wirkliche Bandmotor war, zwei Charts-Volltreffer
beisteuerte; 'Jessica' und 'Ramblin' Man'. Mit 'Southbound' und 'Pony Boy' gabs gar noch zwei weitere
Stücke von gleicher Qualität.
Aber Dickey hatte noch viele weitere Ideen im Kopf, die er im Gefüge der Allmans nicht so recht umsetzen konnte:
Country a la Nashville oder auch ganz allgemein ländliche Melodien; einesteils ruhige Motive,
z.b. für Dobro und Country-Fiddle, dann aber auch ausgedehnte Jams, bei denen spiralförmige Riffs endlos
emporsteigen konnten.
Mit Vassar Clements heuerte einer der legendärsten Nashville-Musiker an; Allman-Kollege Chuck Leavell
war dabei und die Capricorn-Studio-Asse Tommy Talton und Johnny Sandlin (die mit 'Cowboy' noch ihre eigene
Southern Rock-Truppe hatten) standen ebenfalls bereit.
Trotz der eingesetzten Musiker: was dabei herauskam, war weder Country oder Country-Rock und auch
unter Southern Rock läßt es sich nicht einordnen. 'Ländlich' heißt hier, daß uns eine entschleunigte
und hochemotionale Szenerie geboten wird: das einfache und nach allen Himmelsrichtungen offene
Leben fern aller Rock'n'Roll-Klischees.
Und das ist umso bemerkenswerter, als Dickey (wie übrigens auch fast alle seiner Allmans-Kollegen) ein
sehr zerrissenes und problembehaftetes Leben führte: Drogen, Alkohol, Prügeleien, gleich mehrere
Verfahren wegen häuslicher Gewalt; u.a. auch mit abzugsbereiter Magnum 44 an der Schläfe seiner
Frau..., ein Mensch, dem man angeraten hätte, sich von sich selbst fernzuhalten.
Und das wußte er auch!
Wir verstehen, daß er auf 'Highway Call' seinen Teufeln und Dämonen entkommen wollte; der endlose
Highway ruft und dann läßt man die Scherben hinter sich (hoffentlich).
In gewisser Beziehung hören wir ein Konzept-Album; Dickey's Gedanken befassen sich mit längst
vergangenen Tagen: 'Long Time Gone' und dem, was er seither verloren hat..., die innere Ruhe und
jugendliche Unbekümmertheit, untermalt durch eine in die Ferne ablaufende Slide-Gitarre.
Es regent, 'Rain', aber dies ist ein angenehm erfrischender Landregen, der nicht durchnäßt, sondern
belebt; genau das tun auch die eingespielten Dobro-Klänge (Dickey ist mit diesem Instrument auf dem
LP-Rück-Cover zu sehen).
Und das Dobro paßt erneut, um die Natur singen zu lassen: 'Let Nature Sing'; durch das Hinzufügen Vassar's
Country-Fiddle und traumhafter Pedal-Steel-Noten. Man muß darauf hinweisen, daß hier, wie auch auf
allen anderen Stücken Drums und teils auch Perkussion zum Einsatz kommen, aber auf eine so behutsame
und unaufdringliche Art, daß man es kaum merkt.
Nach soviel Vorbereitung muß jetzt einfach die vollständige Rückkehr zur ländlichen Harmonie erfolgen;
'Handverlesen/Handpicked' ist sie sowohl in Bezug auf die Inspirationen, als auch auf die Beiträge der
einzelnen Musiker. Im Prinzip geht dabei 14 Minuten die Post ab: Rock OHNE Roll, ein entschläunigter
Abräumer (wie geht das?): wir hören Ideen aus Swing, Bluegrass, Country-Jazz und Jams-a-la-Allmans,
aber eben mit einer instrumental anders gestrickten Furiosität (u.a.durch Vassar's Fiddle).
Ein Traumstück, daß Dickey übrigens als Vorlage für ein zweites nehmen sollte: 'High Falls' auf der
nächsten Allmans-LP 'Win, Lose Or Draw'; ebenfalls über 14-Minuten lang.
Zum Schluß noch ein kurzer von Vassar Clements-geschriebener Absacker 'Kissimmee Kid' und die
angesteuerte emotionale Heilung hat einen großen Schritt vorwärts gemacht.
1 Long Time Gone 4:32 https://www.youtube.com/watch?v=7fZZiQOJM7Q
2 Rain 3:38
3 Highway Call 4:26 https://www.youtube.com/watch?v=ZGF9vW9ceM0
4 Let Nature Sing 5:08
5 Hand Picked 14:18 https://www.youtube.com/watch?v=QUlG18Q-oAs
6 Kissimmee Kid 3:14
Electric Guitar – Dickey Betts (1,2,3,5.6)
Acoustic Guitar – Dickey Betts (2-4), Jeff Hanna (5), Leon Poindexter (4), Tommy Talton (1, 3)
Dobro – Dickey Betts (1), Frank Poindexter (4)
Vocals – Dickey Betts (1-4)
Banjo – Walter Poindexter (4)
Bass – Johnny Sandlin (1, 2, 4), Stray Straton (3, 5, 6)
Drums – David Walshaw
Fiddle – Vassar Clements (4-6)
Mandolin – Oscar Underwood (4)
Percussion – David Walshaw (1, 2), Johnny Sandlin (1, 2)
Piano – Chuck Leavell
Steel Guitar – John Hughey (1-5)
Written-By – Dickey Betts (tracks: 1 to 5), Vassar Clements (tracks: 6)
Auf welchem Tabellenplatz der Besten Gitarristen Aller Zeiten Dickey einzuordnen ist, kann ich nicht
entscheiden. Aber wenn es um den Emotionalsten Von Allen geht, dann fällt mir kein anderer ein.
Als Gitarrist also ganz oben bei mir, als Mensch eher nicht. Hab ihn zweimal Live erlebt (u.a. beim 2. Rockpalast);
beim ersten Mal war er super drauf, beim zweiten hatten ihn seine Dämonen voll im Griff:
arrogant, agressiv, ungehalten, vermutlich randvoll mit Substanzen....
Trotz allem: musikalisch hat er ein paar Dutzend Volltreffer gelandet, die nie mehr Ihresgleichen
finden werden. 'Highway Call' ist ein Beleg dazu.
Ich schließe aber mit einem Textauszug aus einem anderen meiner vielen Betts-Favoriten:
PONY BOY
Don't worry for me, well I'm all right
Lord knows I'm having a natural good time
Pocket full of money, gonna boogie all night
There ain't nobody tell me that's a crime
When morning comes and it's time to go
Pony boy carry me home, all right
Pony boy carry me home