Juli 2023 Epitaph „Same“ -1971-

 
kraut-brain
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Juli 2023 Epitaph „Same“ -1971-

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Gepostet: 30.06.2023 - 17:25 Uhr  ·  #1
Epitaph „Same“ -1971-



Die im Jahre 1969 gegründete Band war immer mit der Stadt Dortmund verwurzelt. Als Übungsstätte diente der in dieser Stadt angesagte Club „Fantasio“, praktisch eine Art Nabel zur aufkeimenden Rockmusik im europäischen Großraum. Bands wie Black Sabbath, Deep Purple oder Uriah Heep gaben sich dort im wahrsten Sinne des Wortes die Klinke in die Hand und waren sicherlich auch die Inspiration, woher Epitaph ihr musikalischen Spiel ableiteten. Noch ein Phänomen prägte diese Band, denn sie bestand aus zwei englischen und zwei deutschen Musikern. Englische Sänger waren damals keine Ausnahme in der in Deutschland aufkeimenden Rockmusik, wenn man beispielsweise an Bands wie Blackwater Park oder 2066 & Then denkt.

Manchmal hilft einem auch der Zufall im Karrieregang weiter und so war es auch im Falle von Epitaph. Als der große Blueser Champion Jack Dupree seinen Auftritt kurzfristig im Fantasio absagen musste, stand die Band Gewehr bei Fuß und legte einen überzeugenden Auftritt hin. Durch weitere Auftritte in der Region wurde das Label Polydor aufmerksam auf die Band und sie unterschrieben einen Plattenvertrag über zwei Einspielungen. Alles Weitere ist Geschichte, denn Epitaph feiert in diesem Jahr ihr 54 jähriges Bandjubiläum und haben in diesem Zeitfenster über 20 Tonträger eingespielt. 1971 wurde das hier vorliegende Debüt aufgenommen.

Das Album:

Der Opener „Moving To The Country“ startet äußerst schwungvoll und ist erfüllt von einem leichten Boogieunterton, während sich die beiden Gitarristen Jackson und Walz wechselseitig die Bälle zuwerfen und durch ihr druckvolles Riffing ein kleines Feuerwerk hinzaubern. Getragen wird dieses Zusammenspiel durch das wuchtige Wirken der Rhythmusabteilung an Bass und Schlagzeug. Sicherlich lief dieses Stück damals in vielen Rock Diskotheken Deutschlands.

Der Song „Visions“ dagegen schaltet etliche Gänge zurück und wird dominiert von den Klängen des Mellotron, das von Bernd Kolbe bedient wird. Dadurch wird dem Stück fast schon ein mystischer bzw. sphärischer Charakter verliehen.

„Hopelessly“ ist wieder ein Paradebeispiel dafür, wie vielseitig Epitaph seine Songs gestaltete. Nach dem melodiösen Start ergreift das Keyboard das Zepter und führt das Musikstück voran, ehe die beiden Gitarristen den Faden aufgreifen und durch ihr Spiel dem Stück weitere Dynamik vermitteln und letztlich ein rockender Groove durch aneinandergereihte Improvisationen seinen Zauber entfalten. Gegen Ende des Musikstücks kehrt man zu dem melodiösen Start zurück, was letztlich den Song abschließt.

Das Stück „Little Maggie“ verfügt zu Beginn über einen leichten Countryeinschlag, der ein fließendes Bild vermittelt. Ab dem Mittelteil werden jedoch heftige Gitarrensoli eingestreut, die dem Song eine weitere Facette vermitteln, um abschließend wieder zu dem leicht folkig countryhaften Start zurückzukehren, der das Musikstück in ein ruhigeres Fahrwasser geleitet.

Der Abschlusstrack „Early In The Morning“ zeigt nochmals auf, wie vielseitig die Musik von Epitaph strukturiert war. Nach dem eher verhaltenen Start steigert sich das Stück stetig, löst sich nach und nach von seiner zarten Progaura und endet mit dem sich abwechselnden und zugleich markigen Riffing der beiden Gitarristen.

Als Bonustrack ist der Song „London Town Girl“ beigefügt, der damals als Single herausgebracht wurde. Hierbei handelt es sich um einen Undergroundrocker im Midtempo gehalten, der aufzeigt, dass Epitaph auch ein wenig abrocken konnten.

Musiker:

Cliff Jackson: g, voc
Klaus Walz: g, voc
Bernd Kolbe: b, mellotron, keyboard, voc
Jim Mc Gillivray: dr, voc

Musikstücke:

Moving To The Country: 5:10
Visions: 5:25
Hopelessly: 8:07
Little Maggie: 814
Early Morning: 9:58
London Town Girl: 3:20

"Moving To The Country"

"Visions"

"Hopelessly"

"Little Maggie"

"Early Morning"

"London Town Girl"
Triskell
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Re: Juli 2023 Epitaph „Same“ -1971-

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Gepostet: 30.06.2023 - 19:30 Uhr  ·  #2
Die ersten zwei stehen hier, wobei ich die dritte mal hatte. Danach habe ich mich mit denen nicht mehr beschäftigt. Bis ich vor ein paar Jahren mal beim Contest die "Acoustic Sessions" (2014) gewann und die finde ich grandios.
Schön und ausführlich die Songs beschrieben, für jemanden der diese Aufnahmen noch nicht kennt. :-D
Tom Cody
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Re: Juli 2023 Epitaph „Same“ -1971-

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Gepostet: 01.07.2023 - 11:56 Uhr  ·  #3
Wow, welch ein Reminder !!! 8)

Eine sehr gute Auflistung der Bandhistorie und eine eindrucksvolle Schilderung der Musik. Wirklich klasse gemacht !

Die zwei eher sphärischen Stücke (Visions und Little Maggie) spiegeln offenbar noch die Erlebnisse der Band in der Dortmunder Drogenszene wieder.

Wie schon beschrieben, wird dieses brilliante Album durch den Bonustrack "London Town Girl" noch stark aufgewertet. Diese Single finde ich klasse. Ist damals jedoch auf keiner LP erschienen.

Das Album hat jede Chance sich in den TOP10 eines Krautrock-Rankings zu platzieren.

Siegie, vielen Dank für deine detaillierte und äußerst informative Rezension ! :-D
Mr. Upduff
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Re: Juli 2023 Epitaph „Same“ -1971-

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Gepostet: 01.07.2023 - 15:44 Uhr  ·  #4
...wiederendeckt?..NEUentdeckt!... obwohl ich nicht weit weg von Dortmund wohne ist diese Band immer an mir vorbeigegangen...Visions hat mich bein Ersthör des Albums sofort angesprungen...der Rest ist (erstmal) solider Krautrock...

...danke für Deine Wiederentdeckung...
badMoon
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Re: Juli 2023 Epitaph „Same“ -1971-

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Gepostet: 04.07.2023 - 14:31 Uhr  ·  #5
Diese tolle Rezi hat mich wieder einmal dazu bewogen, in die Songs dieser Dortmunder Kapelle hineinzuhören. Und gleich mit meinem Favoriten auf diesem Album habe ich doch tatsächlich eine alte Live-Aufnahme aus Zeiten des "Beat-Club" wiedergefunden, leider in gekürzter Version:

Early Morning (1972)



Ich bin mir nicht mehr sicher, ob ich EPITAPH selber einmal in der OT Marienheim Viersen gesehen habe. Die dortigen Veranstaltungsprofis waren zu dieser Zeit sehr bemüht, die deutschen Krauter und Rocker auf die Bühne zu holen.

Egal - ein feines Album. London Town Girl erinnert mich ein wenig an GYPSY, Autumn '71 klingt ein wenig nachgemacht (...an wen erinnert mich das nur?) und hätte nicht sein müssen, ansonsten - war EPITAPH auch für mich eine willkommene Wiederentdeckung.
hmc
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Re: Juli 2023 Epitaph „Same“ -1971-

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Gepostet: 10.07.2023 - 12:49 Uhr  ·  #6
Live konnte ich sie einige Mal erleben.
Muss ich einmal hervorholen.
Welche Alben hier stehen, weiss ich aus dem Kopf nicht.
Pruefe es sofort.

Danke fuer die detailreiche Rezi.
kraut-brain
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Re: Juli 2023 Epitaph „Same“ -1971-

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Gepostet: 10.07.2023 - 16:40 Uhr  ·  #7
Zitat geschrieben von hmc

Live konnte ich sie einige Mal erleben.
Muss ich einmal hervorholen.
Welche Alben hier stehen, weiss ich aus dem Kopf nicht.
Pruefe es sofort.

Danke fuer die detailreiche Rezi.


Dann hast du mir einiges voraus, denn ich habe sie selbst nie live erlebt. Leider ..... Ich vermute auch, dass sie überwiegend in NRW aufgetreten sind.
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