Wie toll und einmalig und nicht toppbar war die Musik doch früher. Sagt man. Alles, was danach kam, ist nur noch zweite Wahl. Sagt man auch. Früher war alles besser. Ist auch oft zu hören. Die Gesundheitsvorsorge. Die Wohnverhältnisse. Die Gehälter. Die Kriege. Und natürlich auch die Musik. Wann "früher" jedoch endete, sagt niemand.
So muss wohl diese im Jahr 2020 erschienene Platte heimlich im Jahr 1960 oder 1970, eben auch früher, entstanden sein. So gut ist das, was zu hören ist, dass das niemals der Neuzeit entsprungen sein kann. Was also schleudern uns die Boxen entgegen, was erwartet die Hörer*innen? Lohnt es sich, ein Ohr zu riskieren? Ich meine - Ja! Also, auf geht's ins American Aquarium anno 2020.
American Aquarium - Lamentations | USA 2020 | Americana; Country-Rock
Eindringlich und wunderschön, auf diesem Silberling ein Stern unter Sternen, ist bereits der Opener "Me + Mine (Lamentations)". Hierzu, hervorragend zum Text passend, wurde ein Videoclip produziert
In der ersten Einstellung erzählt, bevor die Musik beginnt, ein alter Mann davon, wie fröhlich es "hier" doch einmal war, in dieser Stadt. Wie gut diese Stadt einmal war. Es werden Bilder vom "Jetzt" eingeblendet. Leere Straßen. Verfallene Fabrikhallen. Ein maroder Peter Bill. Der Mann sagt, er kann nicht glauben, was er jetzt hier sieht.
Der Song beginnt. Erzählt davon, wie Menschen diese Stadt hochgebracht haben. Bis die Stadt, die Menschen in ihr, keine Rolle mehr spielten. Gewinne wurden nicht mehr erzielt. Die Arbeitslosigkeit kroch durch die Straßen. Bis ein Politiker auftauchte, der allen eine gute Zukunft, eine Zukunft voller Jobs versprach. Einer, der mehr versprach, als er jemals hätte halten können. Der letztendlich dafür sorgte, dass dieser amerikanische Traum zerbrach. Für einige, für viele.
Hervorragend passt die Musik zu den Bildern - oder umgekehrt. Eine akustische Gitarre. Eine tolle Stimme. Untermalt von sphärischen Keyboardklängen. Wohlig melancholisch. Bis der Song, nach vermeintlichem Schluss, auf das fulminante, fast psychedelische Ende zusteuert. Whow, was für ein Einstieg. Anhören - unbedingt!
"Ich würde mir und dem Hörer einen großen Nachteil erweisen, wenn ich nicht über die Dinge sprechen würde, die ich sehe - ein Land, das geteilt ist." BJ Barham
Wie seine Worte ist sein Album. Die Texte setzen sich mit den Zuständen in seinem Amerika auseinander. Die Melodien, die die Texte untermalen, scheinen oft anderes sagen zu wollen, sind oft gegensätzlich zu den Worten. Fordern zum Mitsingen, zum Fußwippen, zum Tanzen auf. Flockiger Country, schmissiger Americana, ...lässt bei flüchtigem Hören nichts von den Texten erahnen.
Die besten Texte oder die eindringlichsten Melodien sind zu erschaffen, wenn man entweder am Boden zerstört ist oder auf Wolke sieben schwebt. Sagt man. Barham, so ist zu vermuten, muss beim Komponieren seiner Songs in keiner guten seelischen Verfassung gewesen sein. Wenig Hoffnung in seinen Worten, trotz mancher Schmissigkeit in der Vertonung schwebt ständig eine wohlige Melancholie über den Melodien. Wie sonst, wenn nicht in Gefühlstiefen, hätten Lieder wie der Opener, wie "Six Years Come September" oder "The Day I Learned To Lie To You" geschrieben werden können?
Six Years Come September
The Day I Learned To Lie To You
BJ Barham könnte, komponiert er in diesem Stil weiter, die zweite Stimme neben Springsteen werden, die sich kritisch, sehr kritisch mit Amerika auseinandersetzt. Der nicht die rosarote Brille auf der Nase hat, die alles Schlechte filtert und nur schöne Bilder liefert.
Ups, jetzt ist er mir doch über die Lippen gerutscht. Der Springsteen. Gottseidank so weit unten, sonst wäre womöglich direkt ausgeschaltet worden. Tatsächlich aber gibt es wohl Ähnlichkeiten, vergleicht man einige der Aquarium-Songs mit dem Nebraska-Album.
"Lamentations" ist ein phantastisches Werk, eine wichtiges Album, welches das Musikjahr 2020 wahrlich bereichert. Zehn Songs voller Emotionen, abwechslungsreich und, wenn man das beurteilen kann und sagen darf, gefüllt mit ehrlichen, gehaltvollen Texten. Wenn es überhaupt etwas Negatives zu diesem Album zu sagen gibt, dann ist es die Tatsache, dass ich dieses, dass ich die doch bereits seit 14 Jahren (!!) existierende Band erst vor wenigen Wochen entdeckte. Hierbei hat mir auch die beste Ehefrau von allen geholfen. Stand es bei mir "erst einmal" auf der Merkliste, hat sie mich wiederholt mit der Nase darauf gestoßen.
So muss das sein!
[Die Kapelle]
BJ Barham - Vocals, Acoustic Guitars
Shane Boeker - Electric Guitar
Ryan Van Fleet - Drums
Alden Hedges - Bass
Neil Jones - Pedal Steel
Rhett Huffman - Keyboards
Gastmusiker:
Watson Twins, Jamie Lin Wilson - Backing Vocals
Matt Douglas - Saxophone
[Die Songs]
01 - Me +Mine
02 - Before The Dogwood Blooms
03 - Six Years Come September
04 - Starts With You
05 - Brightleaf Burley
06 - The Luckier You Get
07 - The Day I Learned To Lie To You
08 - A Better South
09 - How Wiked I Was
10 - The Long Haul
So muss wohl diese im Jahr 2020 erschienene Platte heimlich im Jahr 1960 oder 1970, eben auch früher, entstanden sein. So gut ist das, was zu hören ist, dass das niemals der Neuzeit entsprungen sein kann. Was also schleudern uns die Boxen entgegen, was erwartet die Hörer*innen? Lohnt es sich, ein Ohr zu riskieren? Ich meine - Ja! Also, auf geht's ins American Aquarium anno 2020.
American Aquarium - Lamentations | USA 2020 | Americana; Country-Rock
Eindringlich und wunderschön, auf diesem Silberling ein Stern unter Sternen, ist bereits der Opener "Me + Mine (Lamentations)". Hierzu, hervorragend zum Text passend, wurde ein Videoclip produziert
In der ersten Einstellung erzählt, bevor die Musik beginnt, ein alter Mann davon, wie fröhlich es "hier" doch einmal war, in dieser Stadt. Wie gut diese Stadt einmal war. Es werden Bilder vom "Jetzt" eingeblendet. Leere Straßen. Verfallene Fabrikhallen. Ein maroder Peter Bill. Der Mann sagt, er kann nicht glauben, was er jetzt hier sieht.
Der Song beginnt. Erzählt davon, wie Menschen diese Stadt hochgebracht haben. Bis die Stadt, die Menschen in ihr, keine Rolle mehr spielten. Gewinne wurden nicht mehr erzielt. Die Arbeitslosigkeit kroch durch die Straßen. Bis ein Politiker auftauchte, der allen eine gute Zukunft, eine Zukunft voller Jobs versprach. Einer, der mehr versprach, als er jemals hätte halten können. Der letztendlich dafür sorgte, dass dieser amerikanische Traum zerbrach. Für einige, für viele.
Hervorragend passt die Musik zu den Bildern - oder umgekehrt. Eine akustische Gitarre. Eine tolle Stimme. Untermalt von sphärischen Keyboardklängen. Wohlig melancholisch. Bis der Song, nach vermeintlichem Schluss, auf das fulminante, fast psychedelische Ende zusteuert. Whow, was für ein Einstieg. Anhören - unbedingt!
"Ich würde mir und dem Hörer einen großen Nachteil erweisen, wenn ich nicht über die Dinge sprechen würde, die ich sehe - ein Land, das geteilt ist." BJ Barham
Wie seine Worte ist sein Album. Die Texte setzen sich mit den Zuständen in seinem Amerika auseinander. Die Melodien, die die Texte untermalen, scheinen oft anderes sagen zu wollen, sind oft gegensätzlich zu den Worten. Fordern zum Mitsingen, zum Fußwippen, zum Tanzen auf. Flockiger Country, schmissiger Americana, ...lässt bei flüchtigem Hören nichts von den Texten erahnen.
Die besten Texte oder die eindringlichsten Melodien sind zu erschaffen, wenn man entweder am Boden zerstört ist oder auf Wolke sieben schwebt. Sagt man. Barham, so ist zu vermuten, muss beim Komponieren seiner Songs in keiner guten seelischen Verfassung gewesen sein. Wenig Hoffnung in seinen Worten, trotz mancher Schmissigkeit in der Vertonung schwebt ständig eine wohlige Melancholie über den Melodien. Wie sonst, wenn nicht in Gefühlstiefen, hätten Lieder wie der Opener, wie "Six Years Come September" oder "The Day I Learned To Lie To You" geschrieben werden können?
Six Years Come September
The Day I Learned To Lie To You
BJ Barham könnte, komponiert er in diesem Stil weiter, die zweite Stimme neben Springsteen werden, die sich kritisch, sehr kritisch mit Amerika auseinandersetzt. Der nicht die rosarote Brille auf der Nase hat, die alles Schlechte filtert und nur schöne Bilder liefert.
Ups, jetzt ist er mir doch über die Lippen gerutscht. Der Springsteen. Gottseidank so weit unten, sonst wäre womöglich direkt ausgeschaltet worden. Tatsächlich aber gibt es wohl Ähnlichkeiten, vergleicht man einige der Aquarium-Songs mit dem Nebraska-Album.
"Lamentations" ist ein phantastisches Werk, eine wichtiges Album, welches das Musikjahr 2020 wahrlich bereichert. Zehn Songs voller Emotionen, abwechslungsreich und, wenn man das beurteilen kann und sagen darf, gefüllt mit ehrlichen, gehaltvollen Texten. Wenn es überhaupt etwas Negatives zu diesem Album zu sagen gibt, dann ist es die Tatsache, dass ich dieses, dass ich die doch bereits seit 14 Jahren (!!) existierende Band erst vor wenigen Wochen entdeckte. Hierbei hat mir auch die beste Ehefrau von allen geholfen. Stand es bei mir "erst einmal" auf der Merkliste, hat sie mich wiederholt mit der Nase darauf gestoßen.
So muss das sein!
[Die Kapelle]
BJ Barham - Vocals, Acoustic Guitars
Shane Boeker - Electric Guitar
Ryan Van Fleet - Drums
Alden Hedges - Bass
Neil Jones - Pedal Steel
Rhett Huffman - Keyboards
Gastmusiker:
Watson Twins, Jamie Lin Wilson - Backing Vocals
Matt Douglas - Saxophone
[Die Songs]
01 - Me +Mine
02 - Before The Dogwood Blooms
03 - Six Years Come September
04 - Starts With You
05 - Brightleaf Burley
06 - The Luckier You Get
07 - The Day I Learned To Lie To You
08 - A Better South
09 - How Wiked I Was
10 - The Long Haul