Band: Oysterband
Location: Harmonie, Bonn
Datum: 07.02.2019
Delegation vom Zirkus: Stattmeister (zusammen mit vier Musikfreunden)
Unser lieber Mitartist Scoot (verst.2016) hat mir die Oysterband vor etwa fünf oder sechs Jahren näher gebracht. Nachdem ich zunächst von ihm 2 CDs aus den 90ern „zugespielt“ bekam wurde ich, da mir die Musik sehr zusagte, aktiv und erwarb nach und nach drei weitere CDs von ihnen. Darunter befand sich auch das 2011er Werk „Ragged Kingdom“ welches sie mit der bekannten Folk-Sängerin June Tabor einspielten. Für mich zählt diese Scheibe zu den herausragenden Werken im Bereich Folk-Rock. Nicht umsonst wurde "Ragged Kingdom" Album des Jahres 2011 im fRoots Critcs Poll und Folk Album des Jahres im Mojo Magazin.
Die Oysterband ist eine britische Folk-Rock Band, gegründet ungefähr 1976 in Canterbury. Ihre erste Veröffentlichung erfolgte jedoch erst im Jahr 1979 mit der Single „Day trip to Bangor“. Dies ist auch der Grund dafür, dass man als offizielles Jubiläum erst in diesem Jahr das 40ste feiert. Ihr erstes Album "Jack's Alive" veröffentlichten sie schließlich 1980 unter dem Bandnamen Oyster Ceilidh Band. Danach verließen drei Mitglieder die Band. Die Besetzung – John Jones, Alan Prosser, Ian Telfer, Chris Taylor und Ian Kearey – veröffentlichte die darauf folgenden Alben unter dem Namen The Oyster Band (manchmal wurde auf den Artikel verzichtet) auf Ihrem eigenen Label Pukka Music. Einschließlich der letzten Veröffentlichung in 2014 "Diamonds on the water" hat es die Band auf 18 Tonträger gebracht.
Interessanterweise sind auch vier meiner Musikfreunde aus Meinerzhagen Fans der Oysterband (ein Musik begeisteres Ehepaar hat die Band sogar bereits über zehnmal live gesehen) und so machten wir uns am vergangenen Donnerstag zu fünft auf den Weg nach Bonn in den dortigen Musikclub „Harmonie“. Die Location war mir bislang noch nicht bekannt, hat mich aber direkt begeistert. Neben einem klassischen Gastronomiebetrieb (die Küche ist sehr zu empfehlen, wir speisten lecker und für kleines Geld) und einem Kneipenbereich gibt es eine Konzerthalle für etwa 200 Besucher. Sehr angenehm ist hier, dass man auf einer kleinen Empore auch die Möglichkeit hat das Konzert im Sitzen zu verfolgen (ist in unserem Alter ja nicht ganz unwichtig) und trotzdem recht nahe am Geschehen ist. Die Akustik ist top, der Sound kam klar und unverfälscht auf der Empore an.
Die "Ahnengalerie" der Harmonie
Und so feierten wir zusammen mit gut 100 weiteren Fans, der Band, und mit ihren Songs aus 40 Jahren Bandgeschichte auf der aktuellen „Everywhere I Go“-Tour eine zünftige Folkparty. Sänger John Jones und seine Mannen zeigten meisterlich, wie vielseitig das Genre sein kann. Denn die Oysterband versteht es blendend knackigen Folk mit Rockanteilen zu verschmelzen und das Publikum bereits nach zwei Stücken zum Mit-Tanzen, -wippen und –hüpfen zu bringen. Unermüdliche Antreiber sind wie eh und je die Gründungsmitglieder Ian Telfer an der Geige, Alan Prosser an der Gitarre sowie Sänger John Jones, der gleich zu Beginn in „The Shouting End Of Life“ das Manifest verkündet: „As long as the band can play, here is where I'm gonna stay, I'm gonna stay at the shouting end, the shouting end of life“. Im Uptempo und fideler Fiddle geht es mit „By The Northern Light“ weiter.
Die "Urgesteine der Oysterband John Jones und Alan Prosser
Zwischendurch greift Sänger John Jones auch mal zum Melodeon
Das Repertoire der aktuellen Tour, die in Dänemark startete und nach Deutschland in UK endet, besteht schwerpunktmäßig aus den erfolgreichen 90er Alben „Holy Bandits“ und „Deserters“ sowie „Meet you there“ aus 2007. „Walking Down The Road With You“ kommt mit leichten Countryeinflüssen daher und bietet dem Cellisten Adrian Oxaal viel Raum, sich solistisch auszutoben. Geiger Ian Telfer streut zwischendurch immer wieder kleine Anekdoten ein, macht sich über den Brexit lustig („50 % der Samenspenden kommen aus der EU, wie soll das weitergehen?“) und konstatiert : Die Band fühle sich gerade sehr gut und wolle 40 bleiben „for quite a long time“.
Der "Neue" an den Drums, Pete Flood rührt die Trommel
Bei „Here Comes The Flood“ mischt sich John Jones unters Publikum, das wiederum bei „The River Runs“, einen stimmungsvollen Chor bildet, es wird nicht der einzige Einsatz an diesem Abend bleiben - so wird „Everywhere I go“ minutenlang alleine von den Fans gesungen, die Band ist sichtlich gerührt.
Nach einer rund zwanzigminütigen Pause geht es im zweiten Teil fulminant mit dem „Uncommercial Song“ weiter, Bassist Al Scott und der neue Schlagzeuger Pete Flood (der vorab bei „Bellowhead“ trommelte) treiben richtig an, Alan Prosser lässt die E-Gitarre sprechen und die Band kreiert mit dem atmosphärisch dichten „A Fire Is Burning“ oder dem großartig mehrstimmig ausklingenden „Dancing As Fast As I Can“ besondere Momente. Leise und laut, Rock oder traditionelle Folkmelodien, die Oysterband hat ein vielfältiges Repertoire und entlässt nach rund 130 Minuten und 3 Zugaben ein begeistertes Publikum auf den Weg nach Hause. Und ich war beim Rausgehen kurz in Gedanken bei Scoot und dachte: wenn er jetzt von seiner Wolke herabgeschaut hat war er sicher sehr erfreut, dass mich sein damaliger Tipp zu so einem netten Konzertabend geführt hat.
V.l.n.r. Ian Telfer, Adrian Oxaal und Pete Flood in Aktion
Line-up
Die Oysterband tritt im Jubiläumsjahr in dieser Formation auf:
John Jones – Gesang, Melodeon
Alan Prosser – Gitarre
Ian Telfer – Violine
Al Scott – Bass, Mandoline
Adrian Oxaal – Cello
Pete Flood – Schlagzeug
Die Band nimmt den verdienten Schlußapplaus entgegen
Setlist
Set 1
The Shouting End of Life
By Northern Light
Walking Down the Road With You
Meet You There
This House Will Stand
Here's to You
Here Comes the Flood
All That Way for This
A River Runs
When I'm Up I Can't Get Down
Set 2
Native Son
Uncommercial Song
The Deserter
20th of April
Dancing as Fast as I Can
A Fire Is Burning
The Road to Santiago
One Green Hill
The World Turned Upside Down
Everywhere I Go
Blood Wedding
Zugaben:
Granite Years
We Could Leave Right Now
Put Out The Lights
Hier ein paar Liveauftritte der Vergangenheit:
Dancing as fast as I can
Everywhere I go