Irgendwann im Jahr 1970, ein Pils am Tresen des damals fast obligatorischen Partykellers. Schummrige Beleuchtung, mein Freund hinter der Theke bediente den Plattendreher. Leichtes Knistern, einsetzender Regen, Glockenschläge aus der Ferne. Und dann das gänsehauterzeugende Gitarrenintro. Hölle, der Virus war gesetzt...
Annähernd 47 Jahre später. Köln, Lanxess-Arena, fast exact 21 Uhr. Einsetzender Regen, Glockenschläge. Und dann donnert das Intro durch die Halle - Black Sabbath! Was für eine Eröffnung - der Song, der mein Erstkontakt mit Black Sabbath war. Die Band ist durch einen überdimensionalen Vorhang, auf dem vorab satanische Bilder projiziert wurden, verdeckt. Aber bereits kurz nach dem einsetzenden Intro rauscht er hinab, der sowieso schon frenetische Beifall steigert sich nochmals.
Das war er also, der Auftakt des in Deutschland letzten sabbatanischen Konzertes. Und was für einer! Für meinen Geschmack hätte der Opener nicht besser gewählt sein können: Phantastisch, wie er sich aus dem fast schon dahinmonotonierendem Soundgewand langsam in ein wahres Klanggewitter hochpuscht. Ozzy trifft den Ton zwar nicht immer perfekt - aber wen juckt das schon? Da steht eine Legende auf der Bühne, fast 70 Jahre alt, und der Nostalgiefaktor lässt nicht perfekt sitzende Treffsicherheit fast gar nicht bemerken.
Perfekt und pfeilschnell wandern Iommys Finger über die sechs Saiten, während Butler präzise den Bass zupft. Die Drums bedient der Bambino auf der Bühne, der 37jährige Tommy Clufetos - dies voller Temperament und knochentrocken. Der Abend jedoch gehört Ozzy, und er scheint dies sichtbar zu genießen. Hauptsächlich in seiner bekannten Pose, sich festhaltend am Micro stehend, stampft er doch ab und zu über die Bühne, bleibt Arme ausbreitend vor den 13.000 begeisterten Fans stehen oder fordert diese zum Mitsingen oder rhythmischem Klatschen auf. Ein beidseitiges Vergnügen. Wer hätte gedacht, dass diese Band nach all den Eskapaden der vergangenen Jahre noch einmal so auferstehen würde?
So geht es fast 100 Minuten lang durch diesen Konzertabend. Osbourne ist die Rampensau, putscht die Menge auf und sorgt für das nötige Gebrodel in der Menge. Iommy treibt die Songs, gottseidank überwiegend aus der "alten" Zeit, vor sich her, Butler sorgt für die abgrundtiefen Bässe und - Clufetos trommelt sich die Seele aus dem Leib. Ungefähr zur Hälfte des Konzertes - ich vermute, die drei "Altmitglieder" liegen zur Reanimation auf der Pritsche - legt er ein gefühlt 15minütiges Schlagzeugsolo vom feinsten hin. Man könnte es mit dem Trommelsolo "In-A-Gadda-Da-Vida" vergleichen - nur dreimal so schnell und trotzdem so lang. Für diese Ackerei wurde er mehrfach mit heftigem Applaus bedacht, welchen er sich sichtlich erfreut einsteckte und absolut verdient hatte.
Bevor, fast zum Ende des Konzertes, "Children Of The Grave" gespielt wird, hat Ozzy mal wieder den Schalk im Nacken: Tobt der Saal zu dieser Nummer, gibt's noch einen drauf, verkündet er. Das lässt sich die Masse nicht zweimal sagen: Die Finger gereckt, die Köpfe bangen, die Hütte wackelt. Und nicht das erste mal vibrieren die Sitze unter dem Hintern, in Schwingung gebracht von dem brachialen Bass, der durch die Halle katapultiert wird.
Und dann ist alles aus dem Häuschen: Unverkennbar die ersten Takte des einzigen No.1-Hits der BS: Paranoid. Der Saal tobt, die Luft brennt. Ein würdiges, grandioses Finale machte klar: Wir hier oben sind die Nummer eins.
Und dann: Ende mit Paranoid. Das war's. Black Sabbath ist Geschichte. Noch ein paar Auftritte in England, dass wird's gewesen sein. Vielen Fans wird der Abschied, auch bei dieser perfekt ausgewählten Setlist, schwer gefallen sein. Aber, die meisten in deren Alter sind bereits in Rente. Sei es ihnen also auch gegönnt.
In diesem Sinne: Macht's gut, Jungs. Und danke für diesen schönen, nostalgischen Abend. Mit einer kleinen Anmerkung: Ein paar Dezibel weniger hätten's auch getan. Ultralaut ist nicht immer ultragut. Manchmal ist ein wenig weniger einfach besser.
Die Setlist:
Black Sabbath / Fairies Wear Boots / Under the Sun/Every Day Comes and Goes / After Forever / Into the Void / Snowblind / War Pigs / Behind the Wall of Sleep / N.I.B. / Hand of Doom / Rat Salad / Tommy Clufetos Drum Solo / Iron Man / Dirty Women / Children of the Grave
Encore: Paranoid