Sleepy John "Same" -1970-

Rock querbeet

 
kraut-brain
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Sleepy John "Same" -1970-

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Gepostet: 12.06.2016 - 11:57 Uhr  ·  #1
Sleepy John "Same" -1970-



Die Musikgruppe "Sleepy John" wurde im Jahre 1969 in Lewiston/ Idaho gegründet. Der Bundesstaat Idoho befindet sich im Nordwesten der USA und gilt als einer den dünnbesiedelsten Regionen des Landes. Die vier Musiker, die sich damals zusammenfanden, waren zuvor allesamt aktiv in anderen regionalen Bands. Auch in dieser scheinbar einsamen Region folgten diese vier jungen Burschen der musikalischen Aufbruchsstimmung dieser Zeit, um mit ihrer Musik eine Duftmarke im musikalischen Gefüge zu hinterlassen.

Da die Musiker bereits in zahlreichen anderen Bands mitgewirkt hatten, konnten sie die dort erarbeiteten Fähigkeiten in die Musikstücke ihrer neuen Band "Sleepy John" einbringen. Der Name ihrer Band dürfte den Räumen der "Sleepy John Hall" geschuldet sein, wo sie ihre Übungssessions durchführten. Mit dem erarbeiteten Material begab man sich häufiger auf kleine Auftrittstouren in dem benachbarten Bundesstaat Washington und auch in das nördlich von Idaho gelegene Kanada. Für namhafte Bands wie: Bad Finger, Zombies, Moby Grape und Frank Zappa And The Mother Of Invention durften sie in der Folgezeit sogar zahlreiche Konzerte eröffnen. Zappa solle sogar einen derartigen Narren an der Musik dieser Gruppe "gefressen" haben, dass er sie zu einer Tour als Eröffnungsband für den Bereich des Nordwestens der USA einlud, was die Band Sleepy John natürlich dankend annahm.

Die Wurzeln der Band "Sleepy John" sind im Blues und im harten Rock zu finden, die mit einer Prise Psychedelic unterfüttert werden. Es finden sich aber auch leichte Ausflüge in dem Countrybereich statt, die sich als Ruhepolster der sonst sehr kernigen Musik verstehen. Ansonsten wird die Musik dieser Band von entfesselten Heavyrock bestimmt, der bisweilen über einen perfekten Jamcharakter verfügt.

Die Band "Sleepy John" hat während ihres Wirkens keine Tonträger herausgebracht. Sämtliche der auf dieser CD befindlichen Musikstücke wurden im Jahre 1970 im Rahmen zweier unterschiedlicher Session im regionalen Studio "Jim Bartlett's House" und im "Sleepy John House" durch Freunde aufgenommen. Somit gelangten ein Teil dieser Aufnahmen erstmalig 1999 auf dem Markt, weitere Veröffentlichungen erfolgten noch in den Jahren 2004 und 2014.

1999 LP auf Rockadelic (8 Musikstücke der Sessions)
2004 CD auf Gear Fab (15 Musikstück der Sessions)
2014 LP auf Guerssen (8 Musikstücke dieser Sessions)


Die Musik der mir vorliegenden CD gestaltet sich wie folgt:

Das Eingangsstück "River" wird durch ein kerniges Riff eröffnet und findet seine Fortsetzung in einem entspannten Spiel der dominierenden Gitarre/ Orgel, die sich aber am gegen Ende des Stückes zu einem entfesselnden Finale steigern. Was nicht nur dieses Eingangsstück sondern auch die folgenden Titel auszeichnet, sind die livehaften Aufnahmen der beiden Sessions. Dem Hörer wird das Gefühl vermittelt, mittendrin in dem Geschehen zu stehen. Weiterhin vermögen sie den Faden von der damals vorherrschen Psychedelicmusik bis zur Hinwendung zum Hardrock wunderbar zu verknüpfen. Ihre Musik ist bisweilen gekennzeichnet von verspielten Jams mit gekonnten Soloausflügen auf der Gitarre und dem Keyboard, die auch sehr kernig und räudig herüberkommen können, finden aber immer wieder Ankerpunkte ruhigeren Passagen ihrer Musikstücke. In das Bild fügen sich nahtlos der Drummer und der Basser ein, die sämtliche Tempi nicht nur mitgehen, sondern durch eigene Fixpunkte zu setzen vermögen. Mit dem dritten Stück "Nothing" wird erstmalig auf dieser CD das Tempo zurückgenommen und der Hörer wird eine kleine Möglichkeit des Verschnaufens eingeräumt. Ein feines Orgelarrangement weist einem Teppich dieser Ballade aus, die aber zwischendurch durch lautere Momente der Band unterbrochen werden, um das Thema danach in ruhigeren dahinschwebenden Gefilden abzuschließen. Was diese Band auszeichnet, sind die Tempo- und Härtegrade ihrer Musik, die sie spielend wechseln, ohne das irgendwelche Brüche entstehen. So auch, wie einem der folgenden Stück "Seasons", dass faktisch ruhig schwebend beginnt, in dessen Mittelteil mitreissende Folklore und hartrockende Psychteile eingefügt sind. Gerade dieses ruhig beginnende Stück schwillt zu einem kleinen Vulkan an, wo man praktisch zum Veittanz annimiert wird (Anmerkung: Ich stelle mir in diesem Zusammenhang unseren Radiot vor). Selbst das countrygeprägte Stück "Losing my plow" stellt eine angenehme Abwechslung in dem Gefüge dar und wird von mir nicht als störender Fremdkörper empfunden.

Die dargebotene Musik von "Sleepy John" ist insgesamt sehr abwechslungsreich und man hat nicht das Gefühl, immer wieder dasselbe Stücke in einer leichtabgewandelten Form vorzufinden. Ich würde sie auch durchaus den höherklassigen Bands des amerikanischen Undergrounds zuordnen. Gerade die Vielfalt an Einfällen und ihres tatsächlichen musikalischen Könnens hätten einen anderen Werdegang nehmen müssen. Dem war aber nicht so, denn die Gruppe brach 1972 auseinander und die einzelen Mitglieder wandten sich anderen musikalischen Projekten zu.

Letztlich ist es dem Label "Gear Fab" zu verdanken, die erstmalig die beiden Aufnahmesessions dieser Band im Jahre 2004 auf CD herausbrachten. Auf dem Rückcover der CD ist noch ein schönes Plakat mit der Band von Frank Zappa and the Mothers Of Invention von ihrer gemeinsamen Tour mit Sleepy John abgelichtet.

Die Bandmitglieder:
Frank Trowbridge: Guitar, Vocals
David Lee : Keyboards, Vocals
Jim Bartlett : Bass, Vocals
Tony Williams : Drums

Musiktitel:
River
A capa strong
Nothing
Dragons
Prelude to a dream
Seasons
Loosing my plow
Hard workin' woman
I just happen to be
Monday blues
You say
Trying to fly
Blue sky
Cowboy
Searching for the world = Gesamtspielzeit 72:38

[url=youtu.be/E2QaspIhO84]https://youtu.be/E2QaspIhO84[/url]

Nach meinem Kenntnisstand handelt es sich bei der 15 Aufnahmen allesamt um eigene Kompositionen.

Und wer Gefallen an der Musik finden sollte, solle doch einmal bei "Salem Mass" und "Stone Garden" herein hören, die auch aus Idaho stammen und eine ähnlich geprägte Musik gespielt haben.

LG Kraut-Brain :e:
Tom Cody
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Re: Sleepy John "Same" -1970-

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Gepostet: 12.06.2016 - 13:33 Uhr  ·  #2
Hallo Kraut- Brain,

danke für diese umfangreiche und äußerst informative Vorstellung!

Mit deiner musikalischen Einschätzung stimme ich überein. Die Gruppe teilte das Schicksal zahlreicher Bands der damaligen Zeit, die über ihren lokalen Status nicht herauskammen.

Die "Sleepy John" war, wie du es auch geschrieben hast, das dritte Album einer Idaho- Band, die das Label Gear Fab herausgebracht hat. Die zwei anderen von dir erwähnten Werke (Salem Mass und Stone Garden) stehen bei mir auch im Regal.

Schön, daß du dieses längst vergessene Kleinod wieder ans Tageslicht gebracht hast

LG Tom Cody
sunny
 
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Re: Sleepy John "Same" -1970-

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Gepostet: 13.06.2016 - 21:01 Uhr  ·  #3
danke für die recht umfangreiche Vorstellung.

Nun, frei raus, ich kenne die Band überhaupt nicht.
Ich lass mich mit you tube berieseln.

Eigene Kompositionen sind natürlich immer sehr gut,
aber unzählige Bands blieb der große Wurf verwehrt,
vielleicht macht genau das den Reiz aus. :D
caramel
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Re: Sleepy John "Same" -1970-

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Gepostet: 14.06.2016 - 20:01 Uhr  ·  #4
Danke für die ausführliche und interessante Vorstellung.

Bei dem Namen Sleepy John fällt mir der Blues-Gitarrist gleichen (Spitz)namens ein.

Die Band kannte ich nicht, bin deshalb deinem Link gefolgt und habe fast komplett durchgehört.
Ist im Großen und Ganzen nicht meine Musik. Was mir allerdings sehr gut gefällt, sind die Keyboard-Passagen.
Shamble
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Re: Sleepy John "Same" -1970-

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Gepostet: 14.06.2016 - 22:27 Uhr  ·  #5
Oh, das hab ich irgnedwie verpasst, gefällt mir sehr gut, ist auf die Wunschliste gesetzt :D
Danke für die Rezi, kraut-brain.
Rabatz
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Re: Sleepy John "Same" -1970-

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Gepostet: 23.06.2016 - 07:09 Uhr  ·  #6
Der aufmerksame Rust Hörer kennt diese Bands natürlich auch 8)
badger
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Re: Sleepy John "Same" -1970-

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Gepostet: 05.08.2016 - 23:09 Uhr  ·  #7
wieder einmal eine sehr schöne, ausführliche und für mich sehr trefflich beschriebene
platte von dir. ein rechtes kleinod, das zu den besseren Gear Fab-veröffentlichungen
zu zählen wäre.
die Rockadelic-veröffentlichung kenne ich nicht (nehme an, es handelt sich teils um die
selben aufnahmen), aber platten von diesem label habe ich immer ungehört gekauft, weil fast
immer eine tolle ausgrabung dahinter stand.

das Sleepy John es letztendlich nicht geschafft haben, darf nicht verwundern; man muß
einfach sehen, daß in diesem riesenland USA tausende bands so ziemlich das selbe gemacht
haben; sich da aus der masse abzuheben und bekannt werden war doch wie ein gewinn im lotto.

bei mir haben Sleepy John allerdings gewonnen, d.h. sie haben es in die sammlung geschafft
und bleiben auch dort.
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