The Fuzztones

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The Fuzztones

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Gepostet: 09.05.2007 - 14:08 Uhr  ·  #1
Aus dem puritanischen Pennsylvania kam ein junges Pärchen nach New York um eine Zuhörerschaft für ihre ziemlich abgefahrene New Wave Band Tina Peel zu finden:
Deb O'Nair (orgel) und Rudi Protrudi (Git.; Gesang). Das Jahr war 1980 und New York war voller von aufregenden Gruppen und angesagten Clubs. Außerdem gabs jede Menge Parties und Orgien und Drogen.
Und das suchten die beiden, den Deb war keineswegs debonair (= süß / sanft); sie soll sich angeblich sofort nebenbei in Hardcore Pornos verdingt haben (ein bis heute nicht bewiesenes Gerücht).

Bei Rudi war die Zielrichtung sofort klar (to protrude = nach vorne
herausstehen); sie waren also beide nicht gekommen, um Kirchenmusik zu machen und ihre Abende im Singkreis der Heilsarmee zu verbringen.

Dazu mußten sie aber ein klareres Konzept vorlegen, als das bei Tina Peel der Fall war und die Verbindung von alter Garage mit neuer Punkenergie schien Rudi als die logischste und erfolgversprechendste. Schon seit einigen Jahren gab es hier und da bands mit ähnlichen Stilmitteln, nur eine Szene war daraus noch nicht geworden.

Inspiriert von den Seeds und Music Machine wurden die Fuzztones 1981 aus der Taufe gehoben; erweitert um Sänger/Gitarrist Elan Portnoy; Drummer Ira Elliot und Bassist Michael Jay.

Zuerst spielte man in guter alter Tradition Coverversionen von 60s Samplern wie Pebbles ein. Das waren alles schneidend harte Stücke mit rückkopplungsgeladenen Gitarren und jeder Menge Einfinger-Vox; von schwarzen Seelen gnadenlos dahergepeitscht.

Im Gegensatz zu den Konkurrenten, setzten die Fuzztones von Anfang an auf düstere Stimmungsbilder und überwiegend dunkle Kluft.
Ihr Sex fand auf den Grabsteinen der Friedhöfe statt (ein bißchen sehr unbequem und zugig, sollte man meinen), denn die Helden ihrer Songs waren 'verdorben'.

Ihr erstes Lebenszeichen gaben die Fuzztones auf der Neogaragen-Compilation The Rebel Kind (1983), wo sie eine schier ungeheure Version ihres eigenen Stückes Ward '81 ablieferten.
So und nicht anders gehts in der Nervenheilanstalt zu: das war Psycho pur; schreiender Rock'n'Roll, aber gleichzeitig auch acidtriefende Psychedelia mit einem extrapfund musikalischer Verfremdungen obendrauf.

Ein Überstück, die Band hat nie wieder einen solchen Hammer abgeliefert. Das heißt aber nicht, daß die nachfolgenden Scheiben zu vernachlässigen wären.

1984 gab es auf Midnight Records die Mini-LP: Leave Your Mind At Home.
Sie bestand ausschließlich aus Fremdstücken und hat deshalb mein Haus schon lange wieder verlassen. Obwohl es hervorragende Interpretationen waren (u.a. Green Slime); was soll man mit nachgespielter Mucke.

Besser, wenn auch nicht ideal, wurde es mit der ersten vollen LP Lysergic Emanations.
Erneut wurden viele Cover eingespielt: 1-2-5 von den Haunted oder Strychnine von den Sonics sind jedem Kind bekannt, I'm A Living Sickness kam von der Calico Wall, paßte aber viel besser auf die Fuzztones (Ich Bin Das Lebendige Kotzen). Auch Ward 81 war dabei, wenn auch in einer etwas glatteren Fassung. Weitere Highlights waren She's Wicked; und das war ja genau das Topic der Fuzztones; die so schrecklich verdorben partien, mit denen man es zu tun hatte.

Auf die CD kamen 5 boni; darunter die erste Single Bad News Travels Fast; und auch das war typisch Rudi; die schlechten Nachrichten eilten ihm immer voraus und machten ihn negativ bekannt; seine Affären und Raufereien waren Legende; immer auch suchte er Streit mit weniger genialen Garagenkonkurrenten.

1984 erschienen ist Lysergic Emanations eine der Neo-Garage-Kultplatten überhaupt; trotz der Cover. Alles ist aus einem Guß, die Tones rocken und quengeln, was das Zeug hält.

Gleich anschließend ließen sie sich auf ihrer ersten Europatournee feiern und die Zukunft schien gesichert. Wie sehr sie damals abfuhren, kann man auf diversen legalen und illegalen Live-Dokumenten jener Zeit nachhören
(Tip: Live In Europe; 1986)

Aber Rudi's Ego war zu groß für den Rest der Band; gewisse Worte des Ärgers wurden gewechselt und plötzlich stand Rudi alleine da. Von jetzt an waren die Fuzztones nur noch Rudi plus Wer-Auch-Immer.
Das tat der Mucke meistens keinen Abbruch:

Es folgten (auszugsweise):
Mini-LP Nine Month Later (1988); das waren sanfte Klänge für sich aus dem Staube machende Väter;
CD In Heat (1989); nämlich in der Hitze eines räudigen Katers, der die Nachtruhe stört;
CD Braindrops (1991); das Acid hat sich durchgefressen und das Hirn tropft heraus;
CD Teen Trash (1993); Compi mit vielen Single- und EP-Stücken
CD Salt For Zombies; die Halluzinationen wurden jetzt so stark, daß man sogar Deb O'Nair zu hören glaubte;
stimmt auch, sie war mal wieder an Bord.
CD + DVD LSD 25 Zusammenstellung aus 25 LSD-triefenden Garagenkrachern; auf der DVD finden sich Live- und Promo-Videos.
(leider keine auszüge aus delikaten filmen mit Deb).

Alle Singles, EPs, Samplerbeiträge und Live-CDs aufzuführen, wäre müßig. Dann gebe es noch die reineweg aus Coverversionen bestehenden Teile (z.B. spielen sie auf der aktuellen Sonic Boom nur Stücke der Sonics nach) oder Gastaufttritte (sie haben z.B. eine CD mit Screamin' Jay Hawkins eingespielt).

Soviel Fuzztones braucht aber nur der fanatische Sammler. Allen anderen seien o.a. Titel (besonders natürlich Lysergic Emanations) angedient.

Bei den Fuzztones geht es zwischenzeitlich ungebremst weiter. Deb hat für eine neue, noch unschuldig süßere Organistin Platz gemacht; auch sonst ist die derzeitige Besetzung wieder völlig neu; aber das alles tut Rudi keinen Abbruch. Im Dezember rockte er sich in Düsseldorf in gewohnt souveräner Manier durch einen Höllenset. Trotz 26 Jahre Fuzztones, von Alterslahmarschigkeit findet man dabei keine Spur
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The Return of Brian J.
 
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Re: The Fuzztones

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Gepostet: 09.05.2007 - 15:38 Uhr  ·  #2
Kenne Fuzztones leider nur von diversen Sampler, die ich hier und da in die Hände gedrückt bekomme, beispielsweise den Song Bad News Travels Fast.
Fantastisch wie gnadenlos genial sie in die Sixties Fußstapfen von Bonniwells Music Machine oder anderer Garagenklassiker treten.
In Verbindung mit deiner tollen Kurzbio macht`s verdammt Lust auf mehr......
freaksound
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Re: The Fuzztones

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Gepostet: 10.05.2007 - 08:23 Uhr  ·  #3
Verdammt geile Band gewesen,

hatte leider nicht das Glück die Original Fuzztones zu sehen.
Als ich sie in München sah, waren sie schon "Rudi plus Wer-Auch-Immer".
Wenn man dann die Lysergic und die Live in Europe im Ohr hat, ist das etwas enttäuschend.

Was solls, im nachhiniein betrachtet war es trotzdem geil !

Es gab übrigens mal einen sehr schonen DoLP-Sampler auf denen die original Songs vereint sind, welche die Fuzztones gecovert haben.
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