Hildegunn Øiseth - Time Is Coming

Die Trompete der Protagonistin zeigt Parallelen zu den Spielweisen ihrer Kollegen Arve Henriksen und Mathias Eick...

 
firebyrd
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Hildegunn Øiseth - Time Is Coming

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Gepostet: 20.05.2016 - 19:53 Uhr  ·  #1
Hildegunn Øiseth - Time Is Coming


Hildegunn Øiseth wurde am 5. Dezember 1966 in Kongsvinger, Norwegen, geboren. Die Jazzmusikerin spielt Trompete, Flügelhorn und Bukkehorn, oder auch Ziegenhorn, ein ganz altes norwegisches Blasinstrument, bereits von den Wikingern genutzt. Unter anderem war die Künstlerin tätig in der Bohuslän Big Band und ließ sich zwischen 1999 und 2001 in Südafrika nieder. Ihr erstes Soloalbum erschien 2009, “Hildring“.
Diese neue Platte hat sie mit bekannten Kollegen eingespielt, die sich bereits international einen Namen machten durch Zusammenarbeiten mit vielen namhaften Musikern.
Rainbow Studios und Jan Erik Kongshaug, zwei Begriffe, die Kenner der Szene natürlich in Verbindung setzen mit Produktionen aus dem Hause ECM. Und so wäre es nicht verwunderlich gewesen, diese Platte auf jenem Label veröffentlicht gesehen zu haben. Und genauso breitet sich bei dieser Musik eine große Räumlichkeit aus, mit mystischen Elementen, ruhig und besinnlich zieht sie ihre Kreise.

Der erste Song basiert auf einem Yoik, einer samischen Sangestradition und bereitet den Boden für diese ergreifenden, mitunter minimalistischen und oft schwebenden Klänge. Songs wie “Time Is Coming“ können gefangen nehmen mit ihrer unglaublich zarten, melancholischen und verträumten Stimmung, und hier sind gar Elemente guten alten Late Night-Jazz‘ zu vernehmen, ein Sprung in die Fünfziger in einen verräucherten Nachtclub, und einsam spielt die Band ihren Blues. Die Trompete der Protagonistin zeigt Parallelen zu den Spielweisen ihrer Kollegen Arve Henriksen und Mathias Eick, und bei Hildegunn Øiseth hat man darüber hinaus mitunter das Gefühl, die Trompete würde singen, Texte vortragen, so viel Lyrik steckt im Spiel.

Wer meint, man stoße hier nur auf esoterisch anmutende Musik, die einfach vor sich hin schwebt ohne Anfang und Ende, der irrt, denn hier sind klare Strukturen zu vernehmen, hier findet schon ein Aufbau, wenngleich auch ein langsamer und beschaulicher, statt. Und Songs wie “22“ besitzen einen lebendigeren Charakter, auch “Savolainen“ zieht an und treibt mit coolem Groove.
Insgesamt ist eine wunderschöne und sehr abwechslungsreiche, emotional sehr nah gehende Stimmung entstanden, mithin eine der wohl interessantesten Produktionen des Jahres 2015, sind die Aufnahmen doch bereits im August 2015 eingespielt worden.

1 Hildegunn vuelie (4:50) [Frode Fjellheim]
2 Skoddefall (6:09) [Espen Berg]
3 Vise (5:56) [Mats Eilertsen]
4 Time Is Coming (5:08) [Hildegunn Øiseth]
5 22 (4:47) [Mats Eilertsen]
6 Savolainen (5:02) [Hildegunn Øiseth]
7 Velkomst (6:16) [Espen Berg]
8 Families (3:03) [Per Oddvar Johansen]


Hildegunn Øiseth (trumpet - #1,2,3,6, flugelhorn - #5,7, goat horn - #4,8)
Espen Berg (piano)
Mats Eilertsen (bass)
Per Oddvar Johansen (drums)

http://hildegunn.com/
http://www.losenrecords.no/



WØlfgang
kraut-brain
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Hildegunn Øiseth - Time Is Coming

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Gepostet: 20.05.2016 - 23:16 Uhr  ·  #2
Hallo firebyrd,
eine wahrlich über den Tellerrand schauende Vorstellung dieser fast schon einzigartigen norwegischen Jassmusikerin Hildegunn Oiseth, die nach meinem Kenntnisstand mit dem Album "Time is coming" erst ihre vierte Platte unter ihrem Namen herausbringt.
Hier wird Musik in einer sehr zerbrechlichen Schönheit zelebriert, teilweise spartanisch instrumentiert, wohlwissend wann die Klangfülle zuzunehmen hat und die Begleitung der Mitmusiker diesen Weg jeweils mittragen. Immer neue zarte Farbtupfer in der Instrumentierung begleiten einem bei dieser Musik, die sehr wohl dem Zuhörer die hierbei eingeschlagenen Wege vermitteln. Man vermißt bei dieser Musik zu keiner Zeit den Gesang, dieser Ansatz wird in der Tat von dem zarten Spiel der Trompete unterfüttert.

Ich habe lange keine derart einfühlsame Musik aus dem Jazzbereich gehört. Fast fühle ich mich an alte Zeiten erinnert, als die Gruppe Eberhard Weber Colours im Jahre 1978 die Platte "Silent Feet" herausgebracht hat, die seinerzeit auf ECM erschien. Auch bei dieser Platte bin ich damals gar nicht aus dem Staunen herausgekommen.

Ich habe die Platte "Time is coming" seit kurzem, insofern war sie mir bereits bekannt. Sie ist bestens geeignet, wenn man allein abtauchen will und sich nur der Musik widmen möchte. Allerdings habe ich meine Zweifel, ob die Masse mit dieser Art von Musik überhaupt etwas anfangen kann/will, aaaber ein Reinhören lohnt sich allemal.

Frage zum Abschluß: Wer ist Wolfgang Giese?

LG Kraut-Brain Ⓜ
radiot
 
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Re: Hildegunn Øiseth - Time Is Coming

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Gepostet: 21.05.2016 - 11:08 Uhr  ·  #3
Zitat geschrieben von kraut-brain

Hallo firebyrd,
eine wahrlich über den Tellerrand schauende Vorstellung dieser fast schon einzigartigen norwegischen Jassmusikerin Hildegunn Oiseth, die nach meinem Kenntnisstand mit dem Album "Time is coming" erst ihre vierte Platte unter ihrem Namen herausbringt.
Hier wird Musik in einer sehr zerbrechlichen Schönheit zelebriert, teilweise spartanisch instrumentiert, wohlwissend wann die Klangfülle zuzunehmen hat und die Begleitung der Mitmusiker diesen Weg jeweils mittragen. Immer neue zarte Farbtupfer in der Instrumentierung begleiten einem bei dieser Musik, die sehr wohl dem Zuhörer die hierbei eingeschlagenen Wege vermitteln. Man vermißt bei dieser Musik zu keiner Zeit den Gesang, dieser Ansatz wird in der Tat von dem zarten Spiel der Trompete unterfüttert.

Ich habe lange keine derart einfühlsame Musik aus dem Jazzbereich gehört. Fast fühle ich mich an alte Zeiten erinnert, als die Gruppe Eberhard Weber Colours im Jahre 1978 die Platte "Silent Feet" herausgebracht hat, die seinerzeit auf ECM erschien. Auch bei dieser Platte bin ich damals gar nicht aus dem Staunen herausgekommen.

Ich habe die Platte "Time is coming" seit kurzem, insofern war sie mir bereits bekannt. Sie ist bestens geeignet, wenn man allein abtauchen will und sich nur der Musik widmen möchte. Allerdings habe ich meine Zweifel, ob die Masse mit dieser Art von Musik überhaupt etwas anfangen kann/will, aaaber ein Reinhören lohnt sich allemal.

Frage zum Abschluß: Wer ist Wolfgang Giese?

LG Kraut-Brain Ⓜ




Gleich mal aufgelegt (CD). In der Besetzung Weber, Brüninghaus, Mariano, Marshall konnte ich die Band mal i. d. g. DDR d. W. erleben. Es war bei irgendeiner "Jazzwerkstatt" in Peitz, 1977 oder '78?
Hildegunn Oiseth kenne ich gar nicht, aber mal sehen, was nicht ist...

radiot grüßt! 8)
kraut-brain
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Hildegunn Øiseth - Time Is Coming

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Gepostet: 21.05.2016 - 11:39 Uhr  ·  #4
Guten Morgen Radiot,

ich komme gar nicht aus den Staunen heraus, wer sich alles vor der Grenzöffnung 89 in der DDR aus dem Jazz-Bereich getummelt hat; neulich nanntest du Edward Vesala mit seinen Mannen unmehr die Eberhard Weber Colours.

War der Zuspruch innerhalb der Bevölkerung für diese Art von Musik ähnlich gering oder waren die Veranstaltungen gut besucht, weil sie dadurch die Chance bekamen, Musiker aus dem Westen hautnah erleben zu dürfen?

Um auf Hamburg der 70/ 80ziger zurückzukommen, so waren lediglich die in der "Fabrik" oder im "CHH" veranstalteten Jazztage immer gut besucht. Aber dorthin kamen dann auch nur 1000 - 1500 Zuschauer.

Ansonsten konnten beispielsweise nur Szenegrößen wie Chick Corea, Al Di Meola, Oscar Peterson, Lionel Hampton, Chet Baker Hallen dieser Größenordnung füllen.

Dann forsche mal in Sachen Hildegunn ... und tauche in diese Welt hinein.

LG Kraut-Brain Ⓜ
radiot
 
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Re: Hildegunn Øiseth - Time Is Coming

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Gepostet: 21.05.2016 - 15:27 Uhr  ·  #5
Zitat geschrieben von kraut-brain

Guten Morgen Radiot,

ich komme gar nicht aus den Staunen heraus, wer sich alles vor der Grenzöffnung 89 in der DDR aus dem Jazz-Bereich getummelt hat; neulich nanntest du Edward Vesala mit seinen Mannen unmehr die Eberhard Weber Colours.

War der Zuspruch innerhalb der Bevölkerung für diese Art von Musik ähnlich gering oder waren die Veranstaltungen gut besucht, weil sie dadurch die Chance bekamen, Musiker aus dem Westen hautnah erleben zu dürfen?

Um auf Hamburg der 70/ 80ziger zurückzukommen, so waren lediglich die in der "Fabrik" oder im "CHH" veranstalteten Jazztage immer gut besucht. Aber dorthin kamen dann auch nur 1000 - 1500 Zuschauer.

Ansonsten konnten beispielsweise nur Szenegrößen wie Chick Corea, Al Di Meola, Oscar Peterson, Lionel Hampton, Chet Baker Hallen dieser Größenordnung füllen.

Dann forsche mal in Sachen Hildegunn ... und tauche in diese Welt hinein.

LG Kraut-Brain Ⓜ


Ich antworte mal in Kurzform mit Links, wenn es dir recht ist:

http://www.zeit.de/2013/49/free-jazz-ddr
http://www.amazon.de/Woodstock…3000344055
http://www.amazon.de/Karlheinz…z+drechsel

Eberhard Webers Colours spielten übrigens am 14. November 1981 in Peitz, gerade nochmal nachgesehen. Erst Weber, Brüninghaus und Mariano jeweils solo, dann als Band zusammen mit John Marshall.

radiot grüßt! 8)
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