Miles Davis - Live At Montreux - Highlights 1973-1991

 
firebyrd
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Miles Davis - Live At Montreux - Highlights 1973-1991

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Gepostet: 19.07.2011 - 08:14 Uhr  ·  #1
Miles Davis - Live At Montreux - Highlights 1973-1991


Montreux ist mittlerweile der Inbegriff für das alljährliche Festival am Genfer See. Ursprünglich 1967 als Jazzfestival gegründet, hat es sich zwischenzeitlich auch über die Grenzen von Jazzliebhabern hinaus einen Namen gemacht.
Der Name Claude Nobs steht mit dem Erfolg dieser Unternehmung in einem engen Zusammenhang. Später kamen auch viele Musiker und Bands aus anderen Stilrichtungen hinzu. Nobs wurde schließlich durch Deep Purple, die ihn im Song "Smoke On The Water" erwähnten, ein kleines Denkmal gesetzt: »Funky Claude was running in and out, pulling kids out of the ground«. Sie hatten damals am Genfer See im Studio aufgenommen, als im Casino ein Feuer ausgebrochen war.

Auch Miles Davis zählte zu den Musikern, die dort oft auftraten - erstmalig 1973. Der erste Titel stammt aus jenem Jahr und eröffnet den Reigen der Auftritte beim Montreux Jazz Festival, der achtzehn Jahre später, einige Monate vor dem Tod des Musikers, endete. Aus gesundheitlichen Gründen kam es für Davis zwischen 1975 und 1981 zu einer Zwangspause, so dass nach 1973 der nächste Auftritt erst wieder im Jahre 1984 stattfand. Auf der zu besprechenden DVD sind "Highlights" versammelt - komplett erschienen die Konzerte bereits auf zwanzig(!) CDs.

Dennoch stellen diese Auszüge einen repräsentativen Ausschnitt über die Veränderungen der Musik des Künstler über den genannten Zeitraum dar.
1973 - durch Einbeziehung von Rock und Soul hatte Davis' Musik eine andere Richtung erhalten, teilweise wurde es lärmend laut, es 'funkte' hart und viel Perkussion sorgte für einen brodelnden Kessel. Zu Beginn von "Ife" geht es jedoch mehr als beschaulich zu, man hat den Eindruck, das Stück wolle überhaupt nicht beginnen. Mit einer riesigen Sonnenbrille ausgestattet, gibt sich der Trompeter sehr arrogant im Auftreten, haucht gelegentlich ins Horn, im Hintergrund gibt es lediglich dezente Perkussion. Aber im Laufe der gut siebenundzwanzig Minuten des Stückes kommt noch viel 'Leben in die Bude'. Für die damalige Zeit viele typische Wah Wah-Klänge, zwei Gitarristen sorgen für viel Farbe. Harter Funk wird durch den Nichtjazzer Michael Henderson auf dem Bass verbreitet und einzig Dave Liebman ist es, der die Jazzfahne durch einen energischen Solobeitrag auf dem Saxofon hoch zu halten scheint. Während der Soli seiner Mitspieler behält es sich Davis vor, Keyboardschwaden in den Raum zu schießen. Letztlich wird bei dieser Einspielung offensichtlich erst das vorbereitet, was bei späteren Auftritten, einem Vulkanausbruch von massiven Klangwänden gleich, kommen sollte, denn die Musik fließt hier noch verhältnismäßig ruhig dahin.

So, nach der Konzertpause folgt dann der nächste Auszug aus Montreux - aus 1984. Es ist beim Funk geblieben, als einziger Musiker aus der alten Besetzung ist der Drummer Al Foster noch dabei, doch die Musik erscheint viel gelöster und mit mehr Energie versehen. Als Solist glänzt hier John Scofield mit einem flüssigen und einfallsreichen Beitrag auf der Gitarre.
Fließende Tonfolgen kennzeichnen auch den Auftritt des Folgejahres. Davis brilliert wie schon lange nicht mehr und scheint vor Kraft und Spielfreude zu strotzen. Am Schlagzeug sitzt nun ein Verwandter, sein Neffe Vince Wilburn Jr. Der war auch noch 1986 dabei, als sich ein besonderer Leckerbissen vorstellt: Gäste auf "Jean Pierre" sind der Saxofonist David Sanborn und der Gitarrist Robben Ford, der sich mit seinem hervorragenden Solo den Titel fast zu eigen macht - ganz herausragend ist sein Gänsehautsolo mit bluesig-souliger Ausprägung!
Hier und auch 1988 bauten sich in der Musik vermehrt Spannungsbögen auf, der Sound wurde dichter und als gar 1988 die Perkussionistin Marilyn Mazur einbezogen wurde, bekam "Heavy Metal Prelude" durch diese Ausnahmemusikerin einen ganz besonderen Ausdruck!
Einen anderen soundbestimmenden Musiker nahm sich Miles zudem in die Band. Den Bassisten oder 'Leadbassisten' Joe 'Foley' McCreary, der offensichtlich gut mit dem Chef zurecht kam. Mit seinem handgefertigten Bass 'Blue Marble', der fast eine Oktave höher als ein üblicher Bass gestimmt wurde, übernahm er die Rolle als Leadgitarrist.
Ferner war es der Saxofonist Kenny Garrett, der für mich eine Sonderstellung einnahm. Ich denke auch, dass er für seinen Arbeitgeber ein wichtiger Impulsgeber war. Neben seiner hervorragenden Soloarbeit war er es, der wieder mehr Jazzelemente in den noch immer funkenden Sound einbrachte. Dieses waren die Aufnahmen aus 1989.

Den ergreifenden Abschluss dieser DVD bilden die Aufnahmen aus 1991, Monate vor dem Tod des Trompeters zusammen mit Quincy Jones aufgenommen. Die frühere Zusammenarbeit mit Gil Evans, der für Davis einst hervorragende großflächige Arrangements geschaffen hatte, sollte mit Jones als Arrangeur wiederbelebt werden.
So stammen die Aufnahmen zu diesem gemeinsamen Projekt aus den alten Platten "Birth Of The Cool", "Miles Ahead", "Porgy And Bess" und "Sketches Of Spain". Zusammengestellt wurde das große Orchester aus Musikern des Gil Evans Orchestras und der George Gruntz Concert Jazz Band.
Wer möchte, kann sich das ganze Konzert auf einer separat erschienenen CD anhören - auf den “Highlights“ sind lediglich zwei Titel vertreten. Nach der kurzen Einleitung "The Pan Piper" hat mich "Solea" absolut verzaubert. Ein dichtes Arrangement besticht durch das Ensemblespiel, immer wieder unterbrochen durch Soli von Miles Davis und des Saxofonisten Kenny Garrett. Später gesellt sich noch der oft als Davis-Nachfolger gehandelte Wallace Roney hinzu. Ergreifend sind diese Aufnahmen auch unter dem Aspekt, dass Miles im gleichen Jahr, im September, verstarb und diese Aufnahmen damit zum Vermächtnis dieses Musikers zählen.
Die Bildqualität variiert hinsichtlich des Materials aus den verschiedenen Zeiträumen. Letztlich kann ich jedoch hier nichts beanstanden, ist sie jeweils zeitentsprechend abgebildet.
Außer den Konzertausschnitten gibt es noch ein Interview mit Carlos Santana, der über sein Verhältnis zu dem Trompeter spricht und unter anderem über dessen Einfluss auf seine Musik. Das ist interessant, erhält man doch so manche Hintergrundinformationen über die Person Miles Davis, ob er nun wirklich schüchtern war oder nicht etc...
Besetzung:

Miles Davis (trumpet, keyboards)
Dave Liebman (saxes, flute - #1)
Pete Cosey (guitar - #1)
Reggie Lucas (guitar - #1)
Michael Henderson (bass - #1)
Al Foster (drums - #1, 2)
James Mtume Forman (percussion - #1)
Bob Berg (saxes - #2-5)
John Scofield (guitar - #2-5)
Robert Irving III (keyboards - #2-5)
Darryl Jones (bass - #2-5)
Steve Thornton (percussion - #2-5)
Vince Milburn Jr. (drums - #3-5)
David Sanborn (sax - #5)
Robben Ford (guitar - #5)
Kenny Garrett (saxes - #6-8)
Adam Holzman (keyboards - #6, 7)
Benny Rietveld (bass - #6, 7)
Ricky Wellman (drums - #6-8)
Marilyn Mazur (percussion - #6, 7)
Joe 'Foley' McCreary (lead bass - #6 - 8)
Kei Akagi (keyboards - #8)
Richard Patterson (bass - #8)
Erin Davis (percussion - #8)
George Gruntz And The George Gruntz Concert Jazz Band, The Gil Evans Orchestra, Conducted by Quincy Jones (- #9, 10)

Titel:

01:Ife (27:45) [8.7.1973]
02:Speak: That's What Happened (8:33) [8.7.1984]
03:Code M D (9:56) [14.7.1985]
04:Pacific Express (14:36) [14.7.1985]
05:Jean-Pierre (8:38) [17.7.1986]
06:Heavy Metal Prelude (5:02) [7.7.1988]
07:Jo Jo (5:21) [21.7.1989]
08:Hannibal (10:34) [20.7.1990]
Sketches Of Spain:
09:The Pan Piper (1:42) [8.7.1991]
10:Solea (11:12) [8.7.1991]
Bonus Feature: Interview with Carlos Santana

Wolfgang
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stanweb
 
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Re: Miles Davis - Live At Montreux - Highlights 1973-1991

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Gepostet: 19.07.2011 - 08:59 Uhr  ·  #2
Das liest sich nach Anschauen will.

"Solea" hat mich schon immer verzaubert.

Das Interview mit Carlos Santana meine ich zu kennen.
Wird dort auch Betty Davis als wichtige Impulsgeberin für Miles Davis zur elektrischen Musik hin genannt?
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