Peter Bryngelsson - Wunderbaum

 
firebyrd
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Peter Bryngelsson - Wunderbaum

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Gepostet: 27.06.2011 - 08:36 Uhr  ·  #1
Peter Bryngelsson - Wunderbaum


Eindeutig! Das ist der dumpfe Klang eines Herzschlages, so beginnt die hier zu besprechende Platte. Dazu erklingt eine Gitarre, als würde sie ein gewisser Peter Green zu Zeiten seines Albums End Of The Game spielen - so verloren klingt es.
Doch so einfach ist das alles nicht: "Wunderbaum", so der Titel dieser Instrumentalplatte, beinhaltet ganz verschiedene Elemente, ganz viele Überraschungen. Bryngelsson selbst spielt dabei fast alle Instrumente, wird jedoch durch etliche Gastmusiker unterstützt - viele Köche also, die den Brei verderben? Ehrlich gesagt: Manchmal ist es des Guten zuviel.
Aber: „alles wird gut...“
Der erste Track, " Root Condition", ist mit knapp drei Minuten etwas kurz geraten, denn gerade dieser hat bei mir einen guten Eindruck hinterlassen und ich erwartete insofern eine Entwicklung des hier angerissenen Themas. Denn schon " Ballad Of A Tree" verbreitet eine andere Stimmung. Die Gitarren werden satt übereinander geschichtet, mitunter hat das eine große Nähe zur deutschen Institution Blonker - wer erinnert sich noch? Nur werden hier massiv Overdubs eingesetzt, von zart getupfter bis hin zur fett gespielten Gitarre. Aber auch hier wird das Thema nur angerissen, etwas mehr als zwei Minuten lang, dann geht es mit "Flageolettos In The Air" weiter. Flageolettos, die auf dem Gitarrenhals erzeugt werden, mitsamt Begleitung von E-Piano und einem im Hintergrund blasenden Sturm wechseln sich mit der akustischen und einer slidenden Gitarre bei der Gestaltung des Songs ab. Doch auch hier entsteht wieder nur der Eindruck eines Fragments - ein weiterer Titel also, der sich nicht zu einem Ganzen fügen lassen will.

So geht es weiter und ich muss mich langsam von der Idee verabschieden, hier könnte so etwas wie "Tubular Bells" von Mike Oldfield entstanden sein. Peter Bryngelsson scheint die Absicht gehabt zu haben, Miniaturen zu erschaffen, die es nun gilt, im Einzelnen zu betrachten - so will ich es denn auch halten.
Auf "Under The Branches" wird erneut ein massiver Unterbau mit allerlei Instrumenten erzeugt, über dem sich ein Thema herausschält. Darüber liegt ein Gitarrensolo, das erneut Anklänge an jenen oben erwähnten Peter Green enthält. Wir treffen immer wieder, wie etwa in dem verträumten "Aspiring Seeds", auf ähnliche Atmosphären, bei denen sich verschiedene Gitarren in ihrer Aktivität abwechseln.
Was bleibt, ist die Feststellung, dass Bryngelsson mit Gitarren, Bässen, Schlagzeug, Saxofonen, Streichern u.v.m. ein großes Orchester auffährt, dass einen dichten, mitunter überladen wirkenden Sound geschaffen hat, der alle Register im Umfeld der Gefühle von 'schön', 'harmonisch' bis 'bedrohlich' abdeckt.
Manchmal halte ich die Arrangements für zu intensiv, manchmal hat der Musiker das richtige Händchen gehabt. Der Titel "Greenbaum" ist für mich viel zu hektisch und überzogen, während sich das nachfolgende "Crown Reaching" im Gegensatz dazu auf das Wesentliche konzentriert. Mit einfachen Mitteln, einer Slidegitarre in Kombination mit Akkordeon, wird hier ein harmonisches Bild kreiert, das von Bläsern punktgenau, hintergründig untermalt wird. Schön klingt es auch, wenn auf "Heart Carved In Wood" mit Gitarre und im Hintergrund feinfühlig agierender Violine - leider viel zu kurz - beschrieben wird, wie möglicherweise ein verliebtes Pärchen ein Herz in die Rinde des (Wunder-)Baumes schnitzt.
Vielleicht ist es ja doch ein Konzeptalbum, wenn man voraussetzt, dass es sich bei der Musik um die Beschreibung des Lebens eines Baumes, nämlich des 'Wunderbaumes', handelt. Dieser wird in den verschiedenen Phasen seiner Existenz sicherlich das eine oder andere erlebt haben. Unter Berücksichtigung des Albumtitels könnte das so gedacht worden sein.

Mir selbst gefallen die Momente am besten, bei denen ich das schöne Gefühl empfinde, dass ein Peter Green - in alter Form - seine eigene Art der Melancholie vorträgt. Genau dies höre ich durchaus bei dem einen oder anderen Titel. Nun würde mich interessieren, wie der 'Peter' dieser Platte zu seinem berühmten Kollegen steht, ob er ihn gar zu seinen Vorbildern zählt?

Zum Schluss gibt es noch sechs Bonustracks, die im Trioformat eingespielt worden sind, und mit ihrer im Verhältnis 'mageren' Orchestrierung eine ganz andere Stimmung widerspiegeln. Hier ist die Atmosphäre sehr verträumt und klar im Ausdruck. Man glaubt, sich in den Weiten einer Landschaft verloren zu fühlen, man spürt eine gewisse Melancholie, aber mit einer angenehmen Ausprägung - nie depressiv wirkend, sondern eher geheimnisvoll. Achtung: Nach "Lättnad" gibt es noch einen 'Hidden Track', der sich mit Piano- und Synthieklängen verträumt, fast schon einlullend, aus der Platte verabschiedet und das über viereinhalb Minuten lang.
"Wunderbaum" ist insgesamt ein sehr interessantes Album, dem man 'ein oder zwei Ohren' gönnen sollte. Sicherlich wird es glühende Liebhaber dieses Sounds geben. Bei mir teilen sich persönliches Licht- und Schattenempfinden, unangenehm ist die Musik jedoch nie.
"Ragnarök" war der Titel, des im Jahre 1976 erschienenen Debütalbums Peter Bryngelssons, der seitdem 16 weitere Platten in verschiedenen Konstellationen - unter anderen mit der Band Ragnarök - vorgelegt hat und dies bei nunmehr vierzigjährigem Schaffen. "Wunderbaum" ist die dritte Scheibe unter eigenem Namen - dennoch kann ich nicht behaupten, den Musiker bereits international erwähnt gesehen zu haben.
Auf einen kleinen Unterschied möchte ich noch hinweisen: Auf dem Cover erscheint der Musiker namentlich als Brynglesson, im Line-up als Bryngelsson. Ich nehme einmal an, die zweite Variante ist - unter Verweis auf seine Website - die Korrekte.
Alle Musiker:

Peter Bryngelsson (guitar, bass, slides, claviola, banjo, keyboards, cumbuz, bouzouki, rhythm instruments, bandillo, whistling, voice, flute, piano - #14-19)
Mikael Svanevik (drums)
Pelle Henricsson (drums)
Bobby Ringström (electric kontrabass)
Sara Edin (violin)
Pelle Halvarsson (cello)
Jonna Sandell (violin)
Eskil Lövström (trombone)
Jörgen Adolphsson (kontrabass-clarinetto, sopranino saxophone)
Magnus Lind (accordion)
Cecilia Wennerström (bariton saxophone)
Dan Jonsson (synthesizers, guitars - #14-19)
Lars Liljegren (Juno-60 synthesizer - #14-19)


Die Titel:

01:Root Condition
02:Ballad Of A Tree
03:Flageollettos In The Air
04:Under The Branches
05:Nightride
06:Windyleafs
07:Aspiring Seeds
08:Fish In The Pond
09:Greenbaum (On The Other Side Of The Wood)
10:Crown Reaching
11:Lumberjack
12:Chain Saw Care
13:Heart Carved In Wood

Bonus Tracks:
14:Det Tomma Huset
15:Det Tysta Rummet
16:Vinterhjärta
17:Nattskugga
18:Pappersandar
19:Lättnad

www.peterbryngelsson.com/

Wolfgang
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hmc
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Re: Peter Bryngelsson - Wunderbaum

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Gepostet: 27.06.2011 - 12:35 Uhr  ·  #2
Vorweg sei angemerkt, dass ich den Namen Bryngelsson kenne, es aber nicht auf die Kette kriege.
In welchem Zusammenhang war das nur?

Egal, schöne Rezi, die mir sagt, dass es wohl interessante Musik ist, aber wohl weniger in mein Beuteschema passt.
freakCha
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Re: Peter Bryngelsson - Wunderbaum

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Gepostet: 28.06.2011 - 09:34 Uhr  ·  #3
Zitat geschrieben von hmc
Vorweg sei angemerkt, dass ich den Namen Bryngelsson kenne, es aber nicht auf die Kette kriege.
In welchem Zusammenhang war das nur?

Egal, schöne Rezi, die mir sagt, dass es wohl interessante Musik ist, aber wohl weniger in mein Beuteschema passt.


PETER BRYNGELSSON war der chef der schwedischen instrumentalrocker RAGNARÖK (nicht zum verwechseln mit den australiern RAGNAROK und den vielen metalcombos, die ähnlich heißen), die in den späten 70ern drei recht interessante scheiben veröffentlicht haben (später spielten sie dann eher ambient ethnorock), von denen allerdings nur die erste aktuell auf CD zu haben ist (bei mir natürlich auch 😉 )

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freakCha
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