Rockmusik aus Südamerika ist sicher ein thema, das nur eine
handvoll leute interessieren wird, aber es ist eins meiner kleinen
spezialgebiete, weil soviel, was ich von dort zu hören kriegte, mich
total von den socken haute.
ich war natürlich nie da, aber ich hatte ein paar südamerikaner als
dozenten (wenn man so will) und mittlerweile gibts auch ziemlich
gute literatur zum thema.
die tonträger selbst sind auch nicht mehr so obskur wie zur anfangs-
zeit (als man noch direkt in südamerika oder mindestens bei
spanischen spezialhändlern bestellen mußte); heute liefern fast
alle gut sortierten sammler-mailorder (wie z.B. Hot Wax) die
gewünschten teile ins haus und vieles bekommt man sogar bei
Amazon.
aufmerksam wurden wir hier in europa erst anfang der 90er, als die
anderen großen fachgebiete total abgegrast waren. die betreffenden
südamerikanischen bands gab es da schon 20 - 25 jahre nicht mehr.
viel hatte man voln den südamerikanern nicht erwartet, man konnte
sich einfach nicht vorstellen, daß die richtig abgehende mucke machen
konnten; vielleicht auch, weil man an die dummen alten klischees von
samba und El Condor Pasa glaubte.
In der Tat war Rock'n'Roll nur eine minderheitenmusik; zumindestens
in bezug auf das selberspielen. In allen südamerikanischen ländern
gibt es nur eine kleine oberschicht, die sich an europäischer und
nordamerikanischer kultur ausrichtet und die auch das geld hat, diese
kultur auszuleben. die große mehrheit der indios und gauchos bleibt
da außen vor und deshalb ist es umso erstaunlicher, daß es zwischen
Venezuela und Feuerland doch ein paar hundert mehr oder weniger
interessante bands gab die (grob gerechnet) für 200 - 300 raritäten
sorgten.
Aber eigentlich hätte es uns längst klar sein müssen, daß in den
südamerikanischen Dschungeln und Pampas ganz ungeheuer
aufregendes geschaffen wurde, denn schon die europäischen tanzbands
unserer großväter bedienten sich südamerikanischer
rhyhtmen und akkordfolgen. selbst die Beatles haben mal mit ein
bißchen Cha Cha, Tango, Samba, etc. angefangen. Mit anderen
worten: die südamerikaner gehörten zu den urhebern und nicht
zu den kopierern (obwohl sie natürlich später auch ihrerseits die
Beatles, Stones, Who, etc. kopiert haben).
Schon in den 50ern, zur Elvis-zeit, hatten sie große bands, aber für
uns dürfte die geschichte mit den Los Saicos beginnen, die 1964 in
Peru ihrem namen alle ehre machten: sie waren absolute psyschoten,
die sich nicht etwa Beatles oder Stones, sondern die amerikanischen
Sonics zum vorbild nahmen und eine südliche version des 'north-west
-rocks' rausrotzten, den damals keine europäische band hingekriegt
hätte.
aus dem kleinen Uruguay kamen mit Los Mockers und den
Shakers die Stones und Beatles südamerikas; aber auch diese santanartige
mischung aus rock und candombe haut einen von den socken (Totem;
Limonada; El Syndicato). und die beste Genesis von allen kommt
auch aus Uruguay.
Ob Beat oder garagenrock, auch sonst waren südamerikaner schon ganz
früh mit eigenen bands dabei; sie machten auch schon 1967 eine
psychedelia, die auf augenhöhe mit den besten US- und Kanada-bands
war, teilweise sogar darüber. Chilenen, Peruaner, Argentinier,
Uruguayer, Kolumbaner, Brasilianer, sie alle legten psychedelische
monster-scheiben vor, die aufgrund kultureller eigenheiten ganz neue
klangwelten für uns eröffneten. Man höre sich mal Los Macs oder
Vidrios Quebrados aus Chile oder Speakers aus Kolumbien an,
wenn man wirklich genialen und abgefahrenen psych sucht.
später lieferten sie dann einen hard-rock- oder blues-rock-klassiker nach
dem anderen ab; speziell die Argentinier und Uruguayer machten sich
verdient; hatten eine reihe von gitarrenhelden und bands (Manal,
Almendra, Color Humano, Vox Dei; Diaz De Blues, Jesus) (ja, genau der)
das ist schon eine ganz besondere sache, wenn ein heiserer macho
irgendwo zwischen zwei heißen riffs seine ansichten zu las chicas
und anderen angelegenheiten des corazon (herzens) oder dem
zustand von el mundo (der welt) im allgemeinen rausknurrt.
Fast immer gesungen in spanisch, auch das ein positives zeichen, denn
diese sprache hat einfach einen tollen, rauhen, maskulinen klang.
ich sag einfach mal, das waren jungens, die selbst unmittelbar nach
dem rasieren schon wieder mindestens einen 3-tage bart trugen;
und so wie sie aussahen, klang auch ihre musik:
MÄCHTIG, SEHR MÄCHTIG!
Die Argentinier waren eigentlich überall vorne, auch als man dann
progressive ideen oder jazz-rock aufnahm und was eigenes draus
machte. Ebenfalls ganz vorne die Brasilianer mit Som Imaginario;
da weiß man nicht mehr, ist das progressive psychedelia oder
psychedelischer prog-rock... scheyß-ejaal; ist jedenfalls brilliant)
aber auch für die Fraktion der symphonic-rock-fans ist gesorgt;
Yes, Genesis, ELP usw. fanden ihre gegenpole.
Die liebhaber der allgemeinplätze, stereotypen und klischees werden
allerdings enttäuscht sein, denn gerade die klischees; so a la
El Condor Pasa, sie sind doch recht dünn gestreut. sicher hat hier
und da mal der Samba oder der (urugayische) Candombe oder die
Andenflöte einzug in den rock gefunden, mit hervorragenden
ergebnissen übrigens,aber die meisten bands verweigerten sich den
karnevalsklängen.
weil nun wohl jedes südamerikanische land in regelmäßigen abständen
einen militärputsch hatte, mit anschließender faschistischer junta, war die
rock-szene nirgendwo von großer dauer. Die faschistischen militärs
gestatteten keine rebellische meinungsäußerung und aufrührerische
rhythmen. das trug dazu bei, daß viele bands nach 1, 2 lps das handtuch
warfen und sicherheit im ausland suchten. die ironie dabei: viele gingen
ins damals noch von Franco regierte spanien oder das Nixon-america.
auch die wirtschaftliche instabilität und die o.a. tatsache, daß nur eine
relativ geringe gruppe von bessergestellten jugendlichen geld für
rock'n'roll ausgeben konnte, sorgte mit dafür, daß man damals nicht
von der musik leben konnte. so hat es nur wenige große stars gegeben
(z.b. Pappo; ein argentinischer Johnny Winter).
Als ich mit dem sammeln anfing, mußte man seine informationen
noch in geheimagentenmanier ranschaffen; quasi über spanische und
südamerikanische v-männer; aber heute gibt es schon sehr gute
literatur zum thema.
The Magic Land von Marcelo Camerlo 1998 bei Kliczkowski
veröffentlicht behandelt ausschließlich Argentinien und Uruguay und
da der autor immer mittendrin war, kriegt man tatsächlich auch
absolut korrekte infos über beide länder (in recht gutem english).
das buch ist schon etwas rar, aber es lohnt sich in jedem falle;
kein internetgeschwafel kann es ersetzen.
1001 Record Collector Dreams des österreichers Hans Pokora.
das buch hat keinen text, sondern druckt nur lp-cover aus aller welt ab;
darunter auch aus südamerika und mit fast nur super-raritärten. hier
kann man ein paar hundert der schönsten cover aus allen
musikbereichen und allen unterschiedlichen südamerikanischen ländern
ansehen und schon das bloße ansehen macht dich heiß darauf, die
entsprechenden klänge zu hören.
es gibt noch die volumen 2001 - 5001 Record Collector Dreams.
Dreams, Fantasies & Nightmares von Vernon Joynson auf
Borderline hat in der neuen, aktualisierten ausgabe von 2007 einen 120-
seitigen teil über südamerika (inkl. Mexiko). Auch hier gibts eine reihe von
farbabildungen schöner cover, der den eigentlichen Lexikonteil noch
weiter aufwertet. natürlich, alte Hasen wissen, daß Vernon's
fakten nie so akkurat sind, wie z.b. die aus The Magic Land, aber
es findet sich immer noch eine tonne guter information.
aus o.a. büchern kann man sich eigentlich eine komplette liste
aller wichtigen bands und ihrer aufnahmen zusammenstellen; da
fehlt dann nichts wirklich wichtiges.
ich habe für mich selbst etwa 150 titel herausgefiltert; gerade mal
3 titel stehen noch auf der wunschliste; daß zeigt:
a) die szene ist irgendwie überschaubar;
b) selbst die oberobskursten sind alle irgendwie erhältlich.
wenns interesse gibt, stell ich vielleicht mal ein paar teile vor,
nicht aus The Magic Land, sondern aus The Magic Continent!
handvoll leute interessieren wird, aber es ist eins meiner kleinen
spezialgebiete, weil soviel, was ich von dort zu hören kriegte, mich
total von den socken haute.
ich war natürlich nie da, aber ich hatte ein paar südamerikaner als
dozenten (wenn man so will) und mittlerweile gibts auch ziemlich
gute literatur zum thema.
die tonträger selbst sind auch nicht mehr so obskur wie zur anfangs-
zeit (als man noch direkt in südamerika oder mindestens bei
spanischen spezialhändlern bestellen mußte); heute liefern fast
alle gut sortierten sammler-mailorder (wie z.B. Hot Wax) die
gewünschten teile ins haus und vieles bekommt man sogar bei
Amazon.
aufmerksam wurden wir hier in europa erst anfang der 90er, als die
anderen großen fachgebiete total abgegrast waren. die betreffenden
südamerikanischen bands gab es da schon 20 - 25 jahre nicht mehr.
viel hatte man voln den südamerikanern nicht erwartet, man konnte
sich einfach nicht vorstellen, daß die richtig abgehende mucke machen
konnten; vielleicht auch, weil man an die dummen alten klischees von
samba und El Condor Pasa glaubte.
In der Tat war Rock'n'Roll nur eine minderheitenmusik; zumindestens
in bezug auf das selberspielen. In allen südamerikanischen ländern
gibt es nur eine kleine oberschicht, die sich an europäischer und
nordamerikanischer kultur ausrichtet und die auch das geld hat, diese
kultur auszuleben. die große mehrheit der indios und gauchos bleibt
da außen vor und deshalb ist es umso erstaunlicher, daß es zwischen
Venezuela und Feuerland doch ein paar hundert mehr oder weniger
interessante bands gab die (grob gerechnet) für 200 - 300 raritäten
sorgten.
Aber eigentlich hätte es uns längst klar sein müssen, daß in den
südamerikanischen Dschungeln und Pampas ganz ungeheuer
aufregendes geschaffen wurde, denn schon die europäischen tanzbands
unserer großväter bedienten sich südamerikanischer
rhyhtmen und akkordfolgen. selbst die Beatles haben mal mit ein
bißchen Cha Cha, Tango, Samba, etc. angefangen. Mit anderen
worten: die südamerikaner gehörten zu den urhebern und nicht
zu den kopierern (obwohl sie natürlich später auch ihrerseits die
Beatles, Stones, Who, etc. kopiert haben).
Schon in den 50ern, zur Elvis-zeit, hatten sie große bands, aber für
uns dürfte die geschichte mit den Los Saicos beginnen, die 1964 in
Peru ihrem namen alle ehre machten: sie waren absolute psyschoten,
die sich nicht etwa Beatles oder Stones, sondern die amerikanischen
Sonics zum vorbild nahmen und eine südliche version des 'north-west
-rocks' rausrotzten, den damals keine europäische band hingekriegt
hätte.
aus dem kleinen Uruguay kamen mit Los Mockers und den
Shakers die Stones und Beatles südamerikas; aber auch diese santanartige
mischung aus rock und candombe haut einen von den socken (Totem;
Limonada; El Syndicato). und die beste Genesis von allen kommt
auch aus Uruguay.
Ob Beat oder garagenrock, auch sonst waren südamerikaner schon ganz
früh mit eigenen bands dabei; sie machten auch schon 1967 eine
psychedelia, die auf augenhöhe mit den besten US- und Kanada-bands
war, teilweise sogar darüber. Chilenen, Peruaner, Argentinier,
Uruguayer, Kolumbaner, Brasilianer, sie alle legten psychedelische
monster-scheiben vor, die aufgrund kultureller eigenheiten ganz neue
klangwelten für uns eröffneten. Man höre sich mal Los Macs oder
Vidrios Quebrados aus Chile oder Speakers aus Kolumbien an,
wenn man wirklich genialen und abgefahrenen psych sucht.
später lieferten sie dann einen hard-rock- oder blues-rock-klassiker nach
dem anderen ab; speziell die Argentinier und Uruguayer machten sich
verdient; hatten eine reihe von gitarrenhelden und bands (Manal,
Almendra, Color Humano, Vox Dei; Diaz De Blues, Jesus) (ja, genau der)
das ist schon eine ganz besondere sache, wenn ein heiserer macho
irgendwo zwischen zwei heißen riffs seine ansichten zu las chicas
und anderen angelegenheiten des corazon (herzens) oder dem
zustand von el mundo (der welt) im allgemeinen rausknurrt.
Fast immer gesungen in spanisch, auch das ein positives zeichen, denn
diese sprache hat einfach einen tollen, rauhen, maskulinen klang.
ich sag einfach mal, das waren jungens, die selbst unmittelbar nach
dem rasieren schon wieder mindestens einen 3-tage bart trugen;
und so wie sie aussahen, klang auch ihre musik:
MÄCHTIG, SEHR MÄCHTIG!
Die Argentinier waren eigentlich überall vorne, auch als man dann
progressive ideen oder jazz-rock aufnahm und was eigenes draus
machte. Ebenfalls ganz vorne die Brasilianer mit Som Imaginario;
da weiß man nicht mehr, ist das progressive psychedelia oder
psychedelischer prog-rock... scheyß-ejaal; ist jedenfalls brilliant)
aber auch für die Fraktion der symphonic-rock-fans ist gesorgt;
Yes, Genesis, ELP usw. fanden ihre gegenpole.
Die liebhaber der allgemeinplätze, stereotypen und klischees werden
allerdings enttäuscht sein, denn gerade die klischees; so a la
El Condor Pasa, sie sind doch recht dünn gestreut. sicher hat hier
und da mal der Samba oder der (urugayische) Candombe oder die
Andenflöte einzug in den rock gefunden, mit hervorragenden
ergebnissen übrigens,aber die meisten bands verweigerten sich den
karnevalsklängen.
weil nun wohl jedes südamerikanische land in regelmäßigen abständen
einen militärputsch hatte, mit anschließender faschistischer junta, war die
rock-szene nirgendwo von großer dauer. Die faschistischen militärs
gestatteten keine rebellische meinungsäußerung und aufrührerische
rhythmen. das trug dazu bei, daß viele bands nach 1, 2 lps das handtuch
warfen und sicherheit im ausland suchten. die ironie dabei: viele gingen
ins damals noch von Franco regierte spanien oder das Nixon-america.
auch die wirtschaftliche instabilität und die o.a. tatsache, daß nur eine
relativ geringe gruppe von bessergestellten jugendlichen geld für
rock'n'roll ausgeben konnte, sorgte mit dafür, daß man damals nicht
von der musik leben konnte. so hat es nur wenige große stars gegeben
(z.b. Pappo; ein argentinischer Johnny Winter).
Als ich mit dem sammeln anfing, mußte man seine informationen
noch in geheimagentenmanier ranschaffen; quasi über spanische und
südamerikanische v-männer; aber heute gibt es schon sehr gute
literatur zum thema.
The Magic Land von Marcelo Camerlo 1998 bei Kliczkowski
veröffentlicht behandelt ausschließlich Argentinien und Uruguay und
da der autor immer mittendrin war, kriegt man tatsächlich auch
absolut korrekte infos über beide länder (in recht gutem english).
das buch ist schon etwas rar, aber es lohnt sich in jedem falle;
kein internetgeschwafel kann es ersetzen.
1001 Record Collector Dreams des österreichers Hans Pokora.
das buch hat keinen text, sondern druckt nur lp-cover aus aller welt ab;
darunter auch aus südamerika und mit fast nur super-raritärten. hier
kann man ein paar hundert der schönsten cover aus allen
musikbereichen und allen unterschiedlichen südamerikanischen ländern
ansehen und schon das bloße ansehen macht dich heiß darauf, die
entsprechenden klänge zu hören.
es gibt noch die volumen 2001 - 5001 Record Collector Dreams.
Dreams, Fantasies & Nightmares von Vernon Joynson auf
Borderline hat in der neuen, aktualisierten ausgabe von 2007 einen 120-
seitigen teil über südamerika (inkl. Mexiko). Auch hier gibts eine reihe von
farbabildungen schöner cover, der den eigentlichen Lexikonteil noch
weiter aufwertet. natürlich, alte Hasen wissen, daß Vernon's
fakten nie so akkurat sind, wie z.b. die aus The Magic Land, aber
es findet sich immer noch eine tonne guter information.
aus o.a. büchern kann man sich eigentlich eine komplette liste
aller wichtigen bands und ihrer aufnahmen zusammenstellen; da
fehlt dann nichts wirklich wichtiges.
ich habe für mich selbst etwa 150 titel herausgefiltert; gerade mal
3 titel stehen noch auf der wunschliste; daß zeigt:
a) die szene ist irgendwie überschaubar;
b) selbst die oberobskursten sind alle irgendwie erhältlich.
wenns interesse gibt, stell ich vielleicht mal ein paar teile vor,
nicht aus The Magic Land, sondern aus The Magic Continent!