Grinderswitch - die Schienenleger Aus Macon

 
badger
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Grinderswitch - die Schienenleger Aus Macon

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Gepostet: 28.01.2011 - 20:48 Uhr  ·  #1
pardon, falscher text, neuer versuch.
Der an diesem Beitrag angefügte Anhang ist entweder nur im eingeloggten Zustand sichtbar oder die Berechtigung Deiner Benutzergruppe ist nicht ausreichend.
badger
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Re: Grinderswitch - die Schienenleger Aus Macon

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Gepostet: 28.01.2011 - 20:51 Uhr  ·  #2
Zitat geschrieben von badger
Grinderswitch waren das 2. pferd im stall Capricorn;
der 'Mühlsteinschalter' wurde von einem roadie der Allman Brothers,
Joe Dan Petty (ihr könnt ihn auf der rückseite der 'ABB - Fillmore East'
bewundern) am bass und dem singer/songwriter Dru Lombar (lead &
slide guit) gegründet.

Rick Burnett (dr., congas, perc.) und Larry Howard (2. lead guit)
vervollständigten die ur-besetzung, die auf der 3-5 lp noch um den
organisten und pianospieler Steve Miller erweitert wurde.

Grinderswitch operierten zwar schon mit zwei gitarren und eiferten den
Allmans auch durch ihre langen jams nach, aber den von Phil Walden's
so geliebten soul brachten sie nicht in ihrer mucke unter. dafür aber,
völlig ungewöhnlich, schafften sie es, latein-amerikanische rhythmen aus
Rhumba und ChaCha einzubauen.

also ganz und gar nicht das, was dem üblichen SR-stereotyp entspricht.

wer bei rhumba oder chacha die nase rümpft, der hat nie gehört, wie
genial Grinderswitch diese rhythmen integrierten; übrigens nicht immer,
sondern nur ab und zu.
ansonsten bieten sie alles; lange blues-jams, gut abgehenden rock'n'roll,
barroom-boogie und sehr emotionale heuler.

die verbindung zu den Allmans, aber auch Wet Willie und anderen, war
am ehesten in den verbreiteten emotionen und texten zu finden; sie
sangen von der endlosen straße, auf der man mit seiner harley daher-
donnern kann (Open Road); natürlich immer von 'That Special Woman',
die, das versteht sich von selbst, immer ein 'down-home southern girl'
sein mußte und sie heulten den New Yorkern vor, daß ihre stadt zwar
sehr schön sein, daß man aber schnell heimmüßte, weil man sonst
vor heimweh sterben würde (Watermelon Time In Georgia).

abschließend gab es noch einen 10- oder 15-minütigen blues-rocker,
bei dem kein auge trocken blieb ('Kiss The Blues Goodbye).

ihre erste LP Honest To Goodness erschien 1973 (natürlich auf
Capricorn) und auf dem cover stellen sich die jungs als knochenhart
arbeitender gleisverleger-trupp dar. southern rock für alte pioniere;
schon die titel verraten, wo es lang geht:
'How The West Was Won'; na klar, mit vorwärts strebenden burschen
wie Dru und seiner Crew; 'Catch A Train', denn es muß weitergehen,
hinaus in die unerforschte weite; 'Roll On Gambler'; der beim betrügen
erwischte profi-kartenspieler hat gerade noch den letzten zug aus der
stadt erwischt; 'Homebound', denn das heimweh ist immer da und
kann nur durch die rückkehr nach hause bekäpft werden; denn zu
hause steigt die party 'Peach County Jamboree'; bei der man endlich
seiner Southern Belle zuflüstern kann 'You're So Fine'.

so paßt jedes stück zum anderen; eine platte aus einem guß;
und natürlich waren mit Jaimoe und Dickey Betts zwei Allmans dabei;
auch der im SR legendäre produzent Paul Hornsby steuerte tasten-
klänge hinzu.

Macon Tracks - 1974.
die gleise waren gelegt; man sieht die jungs jetzt am bahnhof;
sie sind jetzt bereit, selbst zu reisen, denn sie haben erkannt: wir sind
ja eine band, die überall auftreten muß und so müssen sie ihre heimat
Macon (wo auch die Capricorn-studios standen) verlassen.

Steve Miller war schon als gast dabei; auch wieder Paul Hornsby und
selbst Charlie Daniels fiedelte einige runden mit.

die eisenbahn hatte es ihnen immer noch angetan; 'Mail Train Blues'
und 'Drifter' legen zeugnis davon ab; aber es gibt mit 'Let The South
Wind Blow' auch eine twin-gitarrenattacke, die selbst den Allmans
respekt abnötigte. Insgesamt war die scheibe etwas locker-flockiger als
das debut; zum ersten mal schleichen sich einige karibische rhythmen
ein; aber es wird auch viel blues-gerockt, während 'The Best I Can' und
und 'Happy Like Me' die emotionen ansprachen.

Pullin' Together - 1976
diese scheibe begleitete sie auf ihrer einzigen europa-tournee, bei der
sie die Marshall Tucker Band unterstützten.
ich hatte das glück, in Wiesbaden einen kochenden set zu sehen; sie
wurden dabei von einigen tausend G.I.s inspiriert, die natürlich alle die
konförderierten-fahne schwenkten.

Steve Miller war jetzt festes Mitglied und verantwortlich für einen fetten
hammond-sound.
sie hatten sich noch einmal gesteigert; hauten einen emotionalen
brecher nach dem anderen raus; 'Higher Ground'; 'That Kind Of
Woman', 'Kill The Pain', das war die mucke bei der meine SR-freunde und
ich vor lebensfreude rotz und wasser heulten; und trotzdem wurden diese
songs zumeist flott abgerockt. wenn Dru in 'Nobody Can' sein
'Nobody Can, Nobody Can,
Nobody Can Do Me
Like You Do Baby'
ins mikro flötete, konnte er sich meist selbst nicht hören; wir sangen
es lauter!
und wenn zum abschluß 'As Sure As Tomorrow' erklangt, dann war es
auch für uns 'so sicher wie der morgige tag', daß wir rausgehen und alle
probleme meistern würden; ja, irgendwie würde es klappen.
Pullin' Together ist eine der mutmachendsten scheiben der rock-
geschichte ü-ber-haupt.

Redwing - 1977
war auf gleicher stufe, wie der vorgänger und enthielt erneut einige
nummern, die für mich unsterblich geworden sind. In 'Watermelon Time
In Georgia' erklären sie ihrem (New Yorker) publikum, das NY zwar eine
nette stadt ist, aber ein landjunge muß nun mal nach hause zu seinem
landmädchen. das war eine aussage, die wir alle nur zu gut nachvollziehen
konnten; die flippigen tussis der großstadt sind ja ganz nett für zwischen-
durch, aber nur die heimischen wassermelonen wissen wirklich, was ein
bursche braucht.
und dann betraten sie zum wiederholten mal 'This Road';
und wieder heulten wir mit; es geht h-e-i-m; heim zu ihr, dieser 'Special
Woman'; für ein bißchen southern 'Taste Of Love'.

hatte die scheibe mit dem titelsong einen vogel besungen, der sich auf
den weg machen mußte, dann endete sie mit 'Faster And Faster' in einem
fulminanten und furiosen finale, die alle register zog; ein stück, daß vor
trotz und wilder entschlossenheit nur so troff; diese ganze fremde scheiß-
welt langte Dru und seinen jungs;
jetzt reichts; es reicht ein- für allemal.
'Ich Will Nach HAUSE; aber SCHNELL, und NOCH SCHNELLER!

wie logisch und nachvollziehbar klang uns das.

anschließend gabs leider das übliche problem: eine band, die gute mucke
macht, kann deswegen noch lange keine reichtümer ernten.
und dann stellen sich schnell streitereien ein; über nacht ist man am
ende.
der vertrag mit Capricorn wurde storniert und man nahm eine 5. lp auf,
'Right On Time', die nur ein müder abklatsch früherer werke war.

mir tat das sehr leid, denn mittlerweile stand ich mit Dru in kontakt und
hatte natürlich vor, nur positive und lobende besprechungen zu schreiben.
aber bei Right On Time ging wirklich nicht viel.

eine 6. lp in der quintet-besetzung wurde damals gar nicht erst veröffentlicht;
obwohl sie schon wieder sehr viel besser gelungen war.
heute ist sie unter dem titel Unfinished Business bei New South
Records erhältlich und für fans unverzichtbar.

Mit Live Tracks (One Way 1994) liegt die einzige offizielle live-lp
vor, die bei verschiedenen shows in den späten 70ern eingespielt wurde
und ein juwel für jeden freund langer, blues-lastiger jams darstellt.

'Kiss The Blues Goodbye', 'Ain't Got The Blues No More' uncd eine 15-
minütige überversion von 'How The West Was Won' sind nur einige bei-
spiele dafür, emotional-intensiv die band auf der bühne abrockte.
ein paar Marshall Tucker Band-mitglieder sind (fast zwangsläufig) dabei;
es gibt ja fast keine SR-scheibe, auf der nicht befreundete musiker
aushalfen.

ca. 1980 trennte man sich, Jo Dan Petty starb, und Dru wurde zum
jump-blueser Dr. Spector & The Blues Injectors.

2004 reformierte er Grinderswitch mit neuen leuten; konnte aber
trotzdem an die alte Klasse anknüpfen. Auf Ghost Train From
Georgia
wurden noch einmal alte thematiken aufgearbeitet; die
musik hatte zwar den alten beat, aber klang und produktion entsprechen
schon der generation der neuen SR-bands; d.h. den zug führte keine
dampf-, sondern eine moderne e-lok an.

es sah so aus, als sollte er Grinderswitch mitnehmen, auf eine neue,
aufregende fahrt in ein wiederbelebtes genre.

aber dann, wenige monate nach der gefeierten rückkehr, löste Dru eine
fahrkarte ohne rückkehr. er stieg in seinen Ghost Train, um heimzufahren
'Homebound', wo zu geistern werdende helden eben hinfahren.

er muß es geahnt haben, denn eins seiner letzten stücke lautete
'Help Me Lord'.

ich glaube, ihr müßt euch nicht lange fragen, wie laut und schmerzvoll der
alte badger da geheult hat.

würde man mich einem scharfen verhör unterziehen, könnte ich wohl
nicht verheimlichen, daß Grinderswitch zu meinen absoluten favoriten
des südens gehören (natürlich zusammen mit der ABB und MTB).

sie haben immer besungen, was auch mich bewegte; sie waren immer
eine rückversicherung. auch in Georgia gibt es eben einen Wilden Wald
mit tieren darin, die ihr revier lieben und die sehnsüchtig darauf warten,
daß der zug sie nach hause bringt.
freaksound
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Re: Grinderswitch - die Schienenleger Aus Macon

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Gepostet: 31.01.2011 - 11:06 Uhr  ·  #3
sehe schon, werde nicht umhin können mich mit Grinderswitch
und MTB zu beschäftigen

ist einfach zu gut geschrieben, als daß ich hier nicht neugierig werden würde.
womus-205
 
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Re: Grinderswitch - die Schienenleger Aus Macon

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Gepostet: 01.02.2011 - 19:00 Uhr  ·  #4
Zitat
sie haben immer besungen, was auch mich bewegte; sie waren immer
eine rückversicherung. auch in Georgia gibt es eben einen Wilden Wald
mit tieren darin, die ihr revier lieben und die sehnsüchtig darauf warten,
daß der zug sie nach hause bringt.


Schöne Worte...ich fahre mit wenn der Zeit kommt !
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