MARI BOINE - Konzertbericht Nürnberg 27.10.2006

 
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MARI BOINE - Konzertbericht Nürnberg 27.10.2006

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Gepostet: 30.10.2006 - 13:44 Uhr  ·  #1
Letzten Freitag war ich nun bei Mari Boine in Nürnberg.

Witzig der Veranstaltungsort. Das Karstadt Kultur Cafe ist nix anderes als das Karstadt Restaurant und Cafe das tagsüber den Kunden zur Verfügung steht. Man geht also (wenn man vor 20 Uhr ankommt) hoch in den ersten Stock, an der Schuhabteilung vorbei und dann ist man in der Konzerthalle 😉

Das Cafe ist allerdings mit viel Holz und schönen Schwarz-Weiss Fotografien an den Wänden durchaus passend für so nen Anlass eingerichtet. Da ich frühzeitig reservierte hatten wir auch nen guten Tisch mit schöner Sicht auf die Bühne. Diese ist natürlich nicht riesig, aber auch nicht so klein wie mancher nun vielleicht denkt. Immerhin besteht Mari Boines Band inkl. ihr selbst aus sechs Musikern.

Sechs Jahre hab ich sie nun nicht gesehen, aber alles war so phantastisch wie ich sie kenne. Lediglich in einer Kirche (wie meine drei bisherigen Konzerte) kommt ihre Stimme halt noch besser zur Geltung.

Mari Boine hat Ausstrahlung. Wenn sie ans Mikro geht und ihre Ansagen in akzentbehaftetem Englisch manchmal mehr haucht als spricht, wenn ihr manchmal fast die Stimme zu brechen scheint dabei, dann ist es totenstill im Cafe weil niemand auch nur eine Silbe verpassen will.

Was neu ist, was ich so nicht in Erinnerung hatte ist ihr dabei zutage gebrachter Humor.
Spricht allerdings auch für eine zusammengewachsene Band, wenn sie mit ihren Musikern zu scherzen anfängt und als zweites Stück nen Song ansagt den "unfortunately" ihr Gitarrist geschrieben hat, der aber trotzdem sehr gut sei. Und dann nachlegt...but isn't it so, that we always play the best songs at the end of the concert und ihn dann dabei frech anstrahlt.

Ihre unglaublich gut aufeinander eingespielte, hoch groovige Band ist eine Schau für sich. Vor allem der mangels Platz lässig an seinem Verstärker lehnende Bassist jagt einen Groove nach dem anderen raus. Mal sehr straight, mal etwas um die Ecke doch immer schön treibend. Dazu der enorm perkussiv spielende Gunnar Nachnamen-hab-ich-nicht-verstanden an den Drums, der da streichelt und prügelt und groovt und fliessen läßt, je nachdem was der Song verlangt.
Ein weiterer Musiker an Trompete und elektronischen Effekten, an A und E Gitarren, sowie Mandolinen und noch so ein paar kleinen Saiteninstrumenten ein sitzender Herr und rechts außen ein Südamerikaner namens Carlos an Holzflöten, Charango und Hackbrett.

Aus diesen Ingredienzien braut die Band einen Cocktail zwischen traditionell nordischem Folk, melancholischem Jazz, Rock und eben viel treibendem Groove.
Die meisten Songs überschreiten die 6 Minuten Marke, denn die Musiker wissen durch allerlei Improvisationen und intelligente Arrangements die Songs auszubauen. Wunderbar z.B. ein sehr sphärisch-jazziges Bass-Solo. Die musikalische Dramaturgie pendelt zwischen schnelleren, lauten Stücken, die durchaus zum Tanzen geeignet sind (so man denn nicht nur die graden Takte braucht) und melancholisch stillen nachdenklichen Songs, welche Mari Boines Gesang zärtlich untermalen.

Maris Stimme thront aber über aller Musik wenn sie sie erhebt, sie erfüllt die leisen Stellen mit Hauchen, Flüstern, Sprechen und schwingt sich bei ihren Joiks (den nordischen Jodlern) in wunderbare kraftvolle Höhen.

Ab und an tanzt sie mit einem roten Umhang geschmückt eine Art schamanischen Tanz, den sie das einemal unterbricht weil der Umhang im Mikroständer ihres Gitarristen hängenbleibt und den sie ein anderes Mal so exzessiv betreibt, dass sie zur ersten Zugabe auf die Bühne kommt und meint "let's see if I can sing some more for you, because I forgot myself and danced too much". Und wenn sie dann erstmal nach Luft ringt weiß man dass das grade kein Spruch war.

Drei normale Zugaben spielt die Band in der übrigens alle Musiker den Background-Gesang beisteuern und weil das Publikum mit Johlen und Stampfen und Klatschen schier nicht aufhören will kommt sie, obwohl das Licht schon an war, zu einer vierten Zugabe auf die Bühne und läßt sich dabei von ihrem Drummer und Gitarristen nur perkussiv begleiten.

Die Songs waren ein Querschnitt aus ihren Alben, ihr berühmtes "Gula Gula" spielte sie allerdings diesmal nicht.

Wie ich es mir erhofft habe, war dieses Konzert die Anreise nach Nürnberg absolut wert und ich würde jederzeit wieder verreisen um Mari Boine singen zu hören. Und wer mich kennt weiß was es bedeutet wenn ich mich doch tatsächlich freiwillig auf Reisen begebe.

Jerry
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