hier stehen mittlerweile knapp 200 krautrockklassiker und damit so ziemlich alles, was ich persönlich von der szene hören möchte.
daß ich mich heute so dafür begeistere, war mal höchst unwahr-scheinlich, denn mit den ersten teutonischen bands kam ich nicht
gut klar.
da waren zuerst mal Lords; die vieles ruinierten. was sie aus Ma's sprache machten, war mehr als dreist und unverschämt; gesungen in diesem so verhaßten hunnen-akzent; und auch die karnevals-lords-uniformen fand man nicht lustig, sondern anbiedernd;
kein lord hätte sich je so angezogen.
das waren die billigen klischees des bildzeitungs-lesenden bauhilfsarbeiters; schlimmstenfalls brachten sie das blut in wallung, bestenfalls ignorierte man sie, so wie es den Lords bei ihrer Englandtournee auch zurecht geschah.
akzeptabler waren schon die Rattles oder Rivets; 'Befriedigend', aber mehr auch wieder nicht.
Die briten konnten damals nicht treten vor bands, die besser waren und die vor allem auch eigene ideen hatten; wieso hätte man also schlecht gesungene kopien hören sollen.
als aus dem beat langsam progressiver rock wurde, kamen zwar eigene ideen, aber die verärgerung blieb. erneut wurde eine fremde sprache gemeuchelt; in einer mischung aus arroganz, anbiederung und überheblichkeit, wie sie einzigartig in der welt ist.
nun kamen noch überfrachtete und überkandidelte oberschüler-texte hinzu und auf der musikalischen seite mußten die anteile an rock und
roll platz machen für pompöse arrangements, denen oftmals jeder
sturm und drang zu fehlen schien.
richtig abgehende mucke hörte man selten, dafür aber immer mehr klassik-anleihen oder endlose jazz-rock-mutuationen; es gab nicht
genug gitarre und viel zu viel schwülstige keyboard-pompositäten.
und die ganz und gar ekligen synthesizer kamen später auch noch
hinzu.
so viele dinge die auch im forum bei den auflistungen der
krautrock-favoriten eine solche große rolle spielen, wollte man nicht geschenkt haben;
das waren so gar nicht die klänge für schnelle jungs in röhrenjeans und beatle-boots
und es waren auch nicht die klänge für bärtige harley-reiter oder Mods
in King-Street-Anzügen.
das klischee vom propheten, der im eigenen land nichts gilt war hier in der gegend ziemlich wahr; über krautrocker wurde zumeist mit verächtlich herabgezogenen mundwinkeln geurteilt; die hatte kein mir bekannter sammler im regal.
in UK wurden krautrocker völlig ignoriert (manche bands behaupten gerne etwas anderes); wenn sie glück hatten, gab es eine höflich-distanzierte kritik; aber die platten kaufte man nicht und die shows besuchte man nicht; es gab soviel heimisches, das den rock'n'roll-nerv genau traf; warum also sich diese entsetzlichen akzente anhören.
aber dann:
irgendwann wurde mir bewußt, daß ich schon mitte der 60er gute deutsche beat-bands hörte, wie z.b. die German Bonds oder die Blizzards; und daß ich auch schon eine reihe der frühen krautrocker gesehen und gemocht hatte; Amon Düül und Guru Guru;
Hairy Chapter und Kraan; selbst solche spätere raritäten wie Electric
Sandwich oder Arktis waren darunter. und natürlich gabs sogar solche, die aus der deutschen sprache etwas machen konnten,was mal
nicht peinlich oder überkandidelt war; siehe Ihre Kinder und Ton Steine Scherben. Auch Birth Control oder Frumpy/Atlantis wußten zu gefallen; sogar gesang und texte waren recht gut.
plötzlich wuchs die zahl der interessanten bands an.
richtig los ging es aber für uns früheren krautrockverweigerer erst ende der 80er, als wir die UK und USA mehr oder weniger abgegrast hatten. vor der internet-zeit gab es über krautrocker nur wenig infos.
ein paar bands fanden sich in ingeborg schobers (unverzichtbarem) rocklexikon von 1973 und ca. 1975 erschien dann Rock In Deutschland; aber irgendwie war das alles viel zu oberflächlich.
vielleicht waren die re-issues des berliner labels Second Battle ausschlaggebend,
die kamen plötzlich mit scheiben raus, die eine ganz andere intensität hatten; das ging ENDLICH und mehr in meine richtung:
2066 & Then; Chicken Bones, Blackwater Park; Weed, Virus, Wind, Tomorrow's Gift....
das waren ganz andere truppen, als jen e, die den krautrockern einen solch schlechten namen gaben.
als hätte man sich abgesprochen, wurde überall von krautrock gesprochen.
und dann kam jener denkwürdige tag im mai 1996, als das borderline-buch Cosmic Dreams At Play veröffentlicht wurde.
ich war zufällig im Second Battle-laden in berlin, als das teil
ausgeliefert wurde und raste nach dem ankauf sofort ins hotel zurück,
um die ganze nacht durchzulesen.
nur sex und vielleicht 2, 3 andere dinger sind schöner; denn darauf
hatte man sehnsüchtig gewartet;
ein buch in dem alle wirklich wichtigen bands mit einer detaillierten beschreibung ihrer scheiben stehen.
geschrieben von einem team um den norweger Dag Erik Asbjörnsen; einem team, dem man zwar nicht immer und in jedem fall zustimmen konnte, das aber fast durchweg gute platten als gut und schlechte als schlecht beschrieb.
viele, viele namen waren darunter, die man schon kannte und deren musik man schon irgendwo mal gehört hatte, ohne sich daran zu entsinnen. unter den empfehlungen waren nicht viele, die hier im forum so hoch gehandelt werden; jedoch: es waren wahre klassiker:
deutscher hard rock; heavy progressive; ethnic fusion, auch ein stil, den man einstmals 'underground' nannte; auch jede menge jazz-rock,
der plötzlich ganz prima klang; entweder es waren die besseren bands des genres, oder mein geschmack hatte sich geändert.
es waren auch genügend gitarristen dabei und krachende oder swingende oder jazzige rhythmusgrupen (ich mag alle variationen) und auch die saxophonisten/flötisten waren von kaliber.
natürlich, sprache und texte blieben nach wie vor ein ziemlich hart zu
verdauendes ärgernis; die dicken klöpse blieben dem hörer nicht
erspart. aber dann gab es auch wieder viele bands, die englische
sänger oder texter hatten; man merkte es sofort.
es gab nur eine lösung; man mußte lernen, (bei den schlimmsten übeltätern) nicht auf die texte zu hören.
viele der speziellen krautrock-label begannen mit wieder-veröffentlichungen; Bacillus und Brain, Kuckuck und Ohr; Metronome
und Pilz; sie alleine hätten genügt, um eine interessante sammlung aufzubauen. neben altbekannten wurden Epsilon, Out Of Focus,
Nine Days Wonder; Thirsty Moon und Rufus Zuphall, Gomorrah und Virus zu neuen lieblingen;
25 jahre vorher hatte ich sie gehört und sofort ad acta gelegt.
wier so oft liegt die wahre güte oft in kleinstportionen; bands die nur
eine scheibe herausbrachten; Drosselbart, Nosferatu, Dies Irae,
Dschinn, Dull Knife, My Solid Ground, Friedhof, Mammut, Lightshine
oder Murphy Blend.
dann wieder gab es bands, die mehr veröffentlicht hatten, aber nur
mit einem werk wirklich geschichte schrieben; Dzyan, Eiliff, Gila.
vor allem Gila lieferten ein Jahrhundertopus ab; selbst die frühen Pink Floyd hätten sich da noch ein scheibchen abschneiden können.
der sogenannte electronic rock von Schulze, Tangerine Dream und konsorten ließ mich zwar nach wie vor kalt, auch auf den industrielärm von kraftwerk fuhr ich nicht ab (habs versucht, jahrelang), auch die Kosmischen Kuriere hatten es nicht leicht (Wallenstein, Popol Vuh
gingen nicht rein und tujns immer noch nicht), aber sogar an
Ash Ra Tempel und Agitation Free konnte man sich gewöhnen.
ein jahrzehnt lang kaufte ich auf, was aufzukaufen war. nur weniges
war nicht kompatibel und die begeisterung wuchs. das ist mir sehr
recht, denn trotz allem, ein bißchen blutsverwandtschaft besteht ja
doch und man freut sich, wenn man, wie man sagt, die einheimischen revolverhelden unterstützen kann.
natürlich: sie schießen mit anderen patronen. gewisse qualitäten
können sie nicht erreichen;
diese angloamerikanische mischung aus leichtigkeit, zugänglichkeit und muskulösität bei gleichzeitiger kreativer leistung; sie darf man nicht erwarten;
eine deutsche Beatles oder Stones...? nee, das wäre vermessen;
eine Cream oder Ten Years After; die Dead oder Doors oder gar die Allmans, sie gab es nie; auch rundherum eingänge hits konnten die doch sehr verkrampften teutonen nur selten aus dem ärmel wringen.
es gib ja noch über 150 andere länder in der welt, wo man das kann.
mittlerweile steht das, was mich brennend interessiert im haus und
wenn ich mir in diesem jahr noch eine Niagara, Lily, Tiger B. Smith
oder Tortilla Flat zugelegt habe, so sind die ganz großen krautrock-
minen mittlerweile doch ausgebeutet.
es reicht ja auch.
es reicht, um (fast 40 jahre später) ein glücklicher krautrocker zu sein und gerührt die scheiben 'unserer' jungs anzuhören.
daß ich mich heute so dafür begeistere, war mal höchst unwahr-scheinlich, denn mit den ersten teutonischen bands kam ich nicht
gut klar.
da waren zuerst mal Lords; die vieles ruinierten. was sie aus Ma's sprache machten, war mehr als dreist und unverschämt; gesungen in diesem so verhaßten hunnen-akzent; und auch die karnevals-lords-uniformen fand man nicht lustig, sondern anbiedernd;
kein lord hätte sich je so angezogen.
das waren die billigen klischees des bildzeitungs-lesenden bauhilfsarbeiters; schlimmstenfalls brachten sie das blut in wallung, bestenfalls ignorierte man sie, so wie es den Lords bei ihrer Englandtournee auch zurecht geschah.
akzeptabler waren schon die Rattles oder Rivets; 'Befriedigend', aber mehr auch wieder nicht.
Die briten konnten damals nicht treten vor bands, die besser waren und die vor allem auch eigene ideen hatten; wieso hätte man also schlecht gesungene kopien hören sollen.
als aus dem beat langsam progressiver rock wurde, kamen zwar eigene ideen, aber die verärgerung blieb. erneut wurde eine fremde sprache gemeuchelt; in einer mischung aus arroganz, anbiederung und überheblichkeit, wie sie einzigartig in der welt ist.
nun kamen noch überfrachtete und überkandidelte oberschüler-texte hinzu und auf der musikalischen seite mußten die anteile an rock und
roll platz machen für pompöse arrangements, denen oftmals jeder
sturm und drang zu fehlen schien.
richtig abgehende mucke hörte man selten, dafür aber immer mehr klassik-anleihen oder endlose jazz-rock-mutuationen; es gab nicht
genug gitarre und viel zu viel schwülstige keyboard-pompositäten.
und die ganz und gar ekligen synthesizer kamen später auch noch
hinzu.
so viele dinge die auch im forum bei den auflistungen der
krautrock-favoriten eine solche große rolle spielen, wollte man nicht geschenkt haben;
das waren so gar nicht die klänge für schnelle jungs in röhrenjeans und beatle-boots
und es waren auch nicht die klänge für bärtige harley-reiter oder Mods
in King-Street-Anzügen.
das klischee vom propheten, der im eigenen land nichts gilt war hier in der gegend ziemlich wahr; über krautrocker wurde zumeist mit verächtlich herabgezogenen mundwinkeln geurteilt; die hatte kein mir bekannter sammler im regal.
in UK wurden krautrocker völlig ignoriert (manche bands behaupten gerne etwas anderes); wenn sie glück hatten, gab es eine höflich-distanzierte kritik; aber die platten kaufte man nicht und die shows besuchte man nicht; es gab soviel heimisches, das den rock'n'roll-nerv genau traf; warum also sich diese entsetzlichen akzente anhören.
aber dann:
irgendwann wurde mir bewußt, daß ich schon mitte der 60er gute deutsche beat-bands hörte, wie z.b. die German Bonds oder die Blizzards; und daß ich auch schon eine reihe der frühen krautrocker gesehen und gemocht hatte; Amon Düül und Guru Guru;
Hairy Chapter und Kraan; selbst solche spätere raritäten wie Electric
Sandwich oder Arktis waren darunter. und natürlich gabs sogar solche, die aus der deutschen sprache etwas machen konnten,was mal
nicht peinlich oder überkandidelt war; siehe Ihre Kinder und Ton Steine Scherben. Auch Birth Control oder Frumpy/Atlantis wußten zu gefallen; sogar gesang und texte waren recht gut.
plötzlich wuchs die zahl der interessanten bands an.
richtig los ging es aber für uns früheren krautrockverweigerer erst ende der 80er, als wir die UK und USA mehr oder weniger abgegrast hatten. vor der internet-zeit gab es über krautrocker nur wenig infos.
ein paar bands fanden sich in ingeborg schobers (unverzichtbarem) rocklexikon von 1973 und ca. 1975 erschien dann Rock In Deutschland; aber irgendwie war das alles viel zu oberflächlich.
vielleicht waren die re-issues des berliner labels Second Battle ausschlaggebend,
die kamen plötzlich mit scheiben raus, die eine ganz andere intensität hatten; das ging ENDLICH und mehr in meine richtung:
2066 & Then; Chicken Bones, Blackwater Park; Weed, Virus, Wind, Tomorrow's Gift....
das waren ganz andere truppen, als jen e, die den krautrockern einen solch schlechten namen gaben.
als hätte man sich abgesprochen, wurde überall von krautrock gesprochen.
und dann kam jener denkwürdige tag im mai 1996, als das borderline-buch Cosmic Dreams At Play veröffentlicht wurde.
ich war zufällig im Second Battle-laden in berlin, als das teil
ausgeliefert wurde und raste nach dem ankauf sofort ins hotel zurück,
um die ganze nacht durchzulesen.
nur sex und vielleicht 2, 3 andere dinger sind schöner; denn darauf
hatte man sehnsüchtig gewartet;
ein buch in dem alle wirklich wichtigen bands mit einer detaillierten beschreibung ihrer scheiben stehen.
geschrieben von einem team um den norweger Dag Erik Asbjörnsen; einem team, dem man zwar nicht immer und in jedem fall zustimmen konnte, das aber fast durchweg gute platten als gut und schlechte als schlecht beschrieb.
viele, viele namen waren darunter, die man schon kannte und deren musik man schon irgendwo mal gehört hatte, ohne sich daran zu entsinnen. unter den empfehlungen waren nicht viele, die hier im forum so hoch gehandelt werden; jedoch: es waren wahre klassiker:
deutscher hard rock; heavy progressive; ethnic fusion, auch ein stil, den man einstmals 'underground' nannte; auch jede menge jazz-rock,
der plötzlich ganz prima klang; entweder es waren die besseren bands des genres, oder mein geschmack hatte sich geändert.
es waren auch genügend gitarristen dabei und krachende oder swingende oder jazzige rhythmusgrupen (ich mag alle variationen) und auch die saxophonisten/flötisten waren von kaliber.
natürlich, sprache und texte blieben nach wie vor ein ziemlich hart zu
verdauendes ärgernis; die dicken klöpse blieben dem hörer nicht
erspart. aber dann gab es auch wieder viele bands, die englische
sänger oder texter hatten; man merkte es sofort.
es gab nur eine lösung; man mußte lernen, (bei den schlimmsten übeltätern) nicht auf die texte zu hören.
viele der speziellen krautrock-label begannen mit wieder-veröffentlichungen; Bacillus und Brain, Kuckuck und Ohr; Metronome
und Pilz; sie alleine hätten genügt, um eine interessante sammlung aufzubauen. neben altbekannten wurden Epsilon, Out Of Focus,
Nine Days Wonder; Thirsty Moon und Rufus Zuphall, Gomorrah und Virus zu neuen lieblingen;
25 jahre vorher hatte ich sie gehört und sofort ad acta gelegt.
wier so oft liegt die wahre güte oft in kleinstportionen; bands die nur
eine scheibe herausbrachten; Drosselbart, Nosferatu, Dies Irae,
Dschinn, Dull Knife, My Solid Ground, Friedhof, Mammut, Lightshine
oder Murphy Blend.
dann wieder gab es bands, die mehr veröffentlicht hatten, aber nur
mit einem werk wirklich geschichte schrieben; Dzyan, Eiliff, Gila.
vor allem Gila lieferten ein Jahrhundertopus ab; selbst die frühen Pink Floyd hätten sich da noch ein scheibchen abschneiden können.
der sogenannte electronic rock von Schulze, Tangerine Dream und konsorten ließ mich zwar nach wie vor kalt, auch auf den industrielärm von kraftwerk fuhr ich nicht ab (habs versucht, jahrelang), auch die Kosmischen Kuriere hatten es nicht leicht (Wallenstein, Popol Vuh
gingen nicht rein und tujns immer noch nicht), aber sogar an
Ash Ra Tempel und Agitation Free konnte man sich gewöhnen.
ein jahrzehnt lang kaufte ich auf, was aufzukaufen war. nur weniges
war nicht kompatibel und die begeisterung wuchs. das ist mir sehr
recht, denn trotz allem, ein bißchen blutsverwandtschaft besteht ja
doch und man freut sich, wenn man, wie man sagt, die einheimischen revolverhelden unterstützen kann.
natürlich: sie schießen mit anderen patronen. gewisse qualitäten
können sie nicht erreichen;
diese angloamerikanische mischung aus leichtigkeit, zugänglichkeit und muskulösität bei gleichzeitiger kreativer leistung; sie darf man nicht erwarten;
eine deutsche Beatles oder Stones...? nee, das wäre vermessen;
eine Cream oder Ten Years After; die Dead oder Doors oder gar die Allmans, sie gab es nie; auch rundherum eingänge hits konnten die doch sehr verkrampften teutonen nur selten aus dem ärmel wringen.
es gib ja noch über 150 andere länder in der welt, wo man das kann.
mittlerweile steht das, was mich brennend interessiert im haus und
wenn ich mir in diesem jahr noch eine Niagara, Lily, Tiger B. Smith
oder Tortilla Flat zugelegt habe, so sind die ganz großen krautrock-
minen mittlerweile doch ausgebeutet.
es reicht ja auch.
es reicht, um (fast 40 jahre später) ein glücklicher krautrocker zu sein und gerührt die scheiben 'unserer' jungs anzuhören.