Central Park - Unexpected

 
hmc
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Central Park - Unexpected

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Gepostet: 16.05.2008 - 12:04 Uhr  ·  #1
Central Park - Unexpected
(2006 - Möckel, Ochs, Scheffter, Silber, von Wittern)

Central Park ist eine Münchener Band, die in den 80er Jahren drauf und dran war, den Durchbruch zu schaffen. Man hatte im eigenen Tonstudio ein Debutalbum aufgenommen, ein Plattenvertrag stand kurz vor Unterzeichnung - ehe dann zuerst der Sänger die Gruppe verließ und schließlich auch der Rest der Band auseinanderbrach und das Album im Archiv verschwand.

17 Jahre später… kommt die Band wieder zusammen und veröffentlicht nun das Album, das ursprünglich 1989 das Licht der Welt erblicken sollte. Abgerundet wird das ganze mit einem neuen Lied aus dem Jahr 2006, einigen Bonustracks aus den 80ern, die nicht für das ursprüngliche Album vorgeshen waren, und einer DVD, die neben einem Liveauftritt aus der Neuzeit auch TV-Auftritte aus den 80ern bietet.

Zur Musik: "Unexpected" ist eindeutig ein Kind der 80er, das muß nichts schlechtes sein und ist es in diesem Fall auch nicht unbedingt. Doch das perfekt produzierte und mit hervorragender Tonqualität ausgestattete Album wirkt wie ein Wanderer zwischen den Welten. Für das Jahr 2006 mag es hier und da etwas altmodisch erscheinen, außerdem haben Central Park das Progrevival der letzten anderthalb Jahrzehnte im Dornröschenschlaf verpaßt und stellen sich nun einem Publikum, das in den letzten 17 Jahren einiges erlebt hat. So gesehen hätten Central 1989/1990 wohl genau den richtigen Nerv getroffen und man würde sie jetzt vermutlich als Vorreiter des kurze Zeit später einsetzenden Progrevivals preisen, jetzt aber, im Jahr 2006 hingegen wirkt das Soundkonzept manchmal etwas angestaubt.

Der recht geradlinige Power Rock auf "Unexpected" wartet mit gelegentlichen Abstechern ins Proggefilde auf, manchmal klingt es wie die Emerson, Lake And Powell Variante von ELP aus den frühen 80ern, dann wiederum kann man Einflüsse von Saga, Asia und auch eine kleine Prise Genesis heraushören. Das alles ist recht kurzweilig umgesetzt, es gibt gefällige Melodien, sehr sauberen und guten Gesang und recht dynamische Instrumentaleinlagen - "Unexpected" macht durchaus Spaß.

Hauptwerk auf dem Album ist dabei das knapp 20minütige "Don't Look Back", das sich locker mit der Sage von Orpheus in der Unterwelt auseinandersetzt. Hier kommen auch anspruchsvollere Progfans auf ihre Kosten. Es gibt ein ausgedehntes Intro auf dem Piano, Gastgesang einer Sopranistin, eine sehr schräge Instrumentaleinlage zum Ende hin, die wie die Central Park Variante von "The Waiting Room" klingt und zwischendurch rockt die Band immer wieder mal und haut dabei mächtig in die Tasten und Trommelfelle.

Letztlich ist "Unexpected" der Fluch der späten Geburt leider immer anzuhören. Was ein wenig schade ist, denn Central Park haben eindeutig Talent und hatten im Prinzip auch den richtigen Riecher… nur daß sie im Jahr 1989 wohl ein paar Monate zu früh dran waren und die Band leider auseinanderbrach. Wer weiß, was Central Park in den 90ern für die deutsche Progressive Rock Szene geleistet hätten. So wünscht man sich, daß die Band jetzt, nach der extrem langen und schweren Geburt ihres Debutalbums, die Zeit und Muße findet, ein Nachfolgealbum zu produzieren und endgültig in der Jetztzeit ankommt.

"Unexpected" ist somit eine interessante Zeitkapsel aus den 80ern. Nostalgiker kommen auf ihre Kosten, ebenso wie Freunde der damaligen Asia, Saga und ELP. Als eine weitere Band, die allerdings den meisten nicht bekannt sein dürfte, fällt mir noch Lorian ein, die mit ihrem Album "Virginal Mind" aus dem Jahr 1995 eine recht ähnliche Route beschritten, nämlich Power Rock mit Progelementen anzureichern. Damit dürfte auch klar sein, daß man auf "Unexpected" kein Neoprogjuwel à la Pallas (wenn auch Vergleich mit "The Wedge" hier und da angebracht sind), IQ oder meinetwegen auch Pendragon erwarten darf, Central Park sind eben kein typischer 80er Jahre Neoprog. "Unexpected" ist erdiger, geradliniger, rockiger und bei weitem nicht so verschnörkelt, aber auch weit davon entfernt lediglich ein normales Rockalbum zu sein. Wer sich auf die Zeitreise einlassen mag wird jedenfalls Gefallen finden. Andere, die um Musik aus den 80ern einen weiten Bogen machen, werden wohl auch von Central Park nicht bekehrt werden.

9/15 Punkte

TO für den MuZi
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