Steve Hackett Alben von 1975 – 2006

meine Sicht..

 
TO
 
Avatar
 
Betreff:

Steve Hackett Alben von 1975 – 2006

 · 
Gepostet: 13.05.2008 - 17:26 Uhr  ·  #1
Steve Hackett Alben von 1975 – 2006

Voyage Of The Acolyte
(1975)
Beim Debutalbum von Steve Hackett halfen ihm noch seine "Genesis"-Kollegen Phil Collins und Mike Rutherford, eine weitere Gastmusikerin war Sally Oldfield und Hacketts Bruder John wirkte ebenfalls mit.

Die Musik hat nicht sehr viel mit dem Sound von "Genesis" zu tun, sondern klingt etwas ätherischer. Man kann es auch als eine Art "Space-Minnegesang" ansehen. So herrscht auf dem Album eine meist romantisch-melancholische Stimmung vor. Einzig das Anfangsstück "Ace of Wands" und das eher experimentell wirkende "A Tower Strucks Down" machen da eine Ausnahme, da sie eher aggressiv sind.

Das Album ist sehr instrumental ausgefallen. Neben den beiden bereits erwähnten Liedern weiter oben gibt es noch das sehr romantische Instrumental "Hands of the Priestess", das zur Akustikgitarrenbegleitung und ein paar Mellotronklängen von einer wundervollen Flöte gespielt wird. "The Hermit" ist ein sehr, sehr stiller Song mit einer wunderbaren Melodie, auf dem Steve Hackett singt. Er singt allerdings sehr leise und monoton. Er ist nicht gerade ein begnadeter Sänger, aber bei "The Hermit" klingt es im Kontext sehr gut. Aber auch hier gibt es einen langen instrumentalen Teil, der sehr sinnlich klingt und von einer Oboe hauptsächlich gespielt wird. Das Lied hat eine sehr intensive Wirkung und man kann die besungene Einsamkeit des Einsiedlers förmlich spüren.

Auch die beiden Lieder, auf denen Phil Collins und Sally Oldfield singen, klingen eher besinnlich und still, wenn es auch auf dem von Phil Collins gesungenen "The Star of Sirius" etwas flottere Klänge stellenweise gibt.

Sally Oldfield klingt auf "Two Lovers" wie eine zarte Elfe und paßt wunderbar in das gefühlvolle Konzept des Liedes. Es beginnt mit einem leisen Intro auf der Akustikgitarre, es folgt eine kurze bombastische Mellotronpassage und danach bestimmt die glasklare Stimme Sally Oldfields das Lied, wobei sie nur von der Akustikgitarre und Flöte begleitet wird. Die Melodie ist wunderschön und das ganze Lied wirkt sehr verträumt.

Thematisch läßt das Album Hinweise auf das Tarot erkennen und die einzelnen Lieder sind sozusagen die Stationen auf der Reise des Acolyten. Als Konzeptalbum wirkt es dabei aber um einiges entspannter als das ein Jahr zuvor entstandene "The Lamb Lies Down On Broadway", allerdings kann man beide Alben auch kaum miteinander vergleichen.

"Voyage of the Acolyte" ist zwar kein progressiver Rock wie bei den damaligen "Genesis", der hier gezeigte Stil ist stiller und sinnlicher, aber auf diesem Gebiet genauso progressiv. Steve Hackett beweist, daß er selbst auch in der Lage ist, gute Lieder zu schreiben - ich bedaure es immer noch, daß er damals "Genesis" verließ, weil die Gruppe nicht bereit war, einen Teil seiner Sachen mitzuproduzieren. So gab es keinen Platz für die Musik Hacketts bei Genesis.

Wer sehr gefühlvolle, teilweise romantische progressive Musik mag, der wird von Steve Hackett auf seinem ersten Soloalbum bestens bedient.

Spätere Werke gingen eine andere Richtung meist, so pendelt Steve Hackett auch immer zwischen Rockalben und Alben mit klassischer Gitarre hin und her.

13/15 Punkte

Please Don't Touch
(1978)
Steve Hackett hatte 1977 seinen Hut bei Genesis genommen und sich dafür entschieden, eine Solokarriere zu verfolgen. Ob dies nun in Vorahnung einer kommerzielleren Entwicklung bei Genesis geschah, die Hackett so nicht mittragen wollte, oder ob es damit zusammenhängt, daß sich Steve Hackett bei Genesis nicht entsprechend einbringen durfte, ist müßig zu fragen. Wenn man allerdings bedenkt, daß das hervorragende Titelstück des Albums auch für "Wind And Wuthering" geprobt, es aber von dem Rest der Band abgelehnt wurde und stattdessen "Wot Gorilla" auf das Album gelangte, kann man sich seinen eigenen Teil denken.

Im Gegensatz zu "Voyage Of The Acolyte" zeigt sich "Please Don't Touch" um einiges songorientierter. Es gibt einige illustre Gastmusiker, nicht zuletzt Steve Walsh und Phil Ehart von Kansas, Chester Thompson ist am Schlagzeug dabei und eine junge Randy Crawford singt eines der Lieder.

Das Resultat klingt manchmal etwas uneinheitlich und nicht so homogen wie "Voyage of The Acolyte" noch. Dessen ungeachtet gibt es aber auch nur wenige Lieder, die nicht gefallen oder funktionieren. Das sicherlich humoristisch gemeinte "Carry On Up The Vicarage" klingt als einziges der Lieder arg anstrengend für meine Ohren, dafür gibt es aber mit "Kim" einen Instrumentalklassiker Hacketts. Getragen von Akustikgitarre und Flöte, die von Steve Hacketts Bruder John gespielt wird, ist es etwas für romantische Seelen und wunderschön gelungen.

Das dreigeteilte Instrumental "Land Of A Thousand Autumns", "Please Don't Touch" und "The Voice Of Necam" kann ebenfalls voll überzeugen, wobei vor allem "Please Don't Touch" zum festen Canon Hacketts gehört und man beim wiederholten Hören immer noch kaum glauben mag, daß Genesis damals dieses Lied abgelehnt hatten. "Please Don't Touch" ist nach "Voyage of The Acolyte" eine Entwicklung hin zu etwas chartorientierterer Musik, die Rocksongs sind gut anzuhören, allzu große progressive Abenteuer darf man außer auf dem Titelstück also nicht erwarten. Trotzdem ist das Album durchweg gut gelungen und nicht nur alten Genesisfans zu empfehlen.

11 Punkte

Spectral Mornings
(1979)
Das Album setzt die Linie von "Please Don't Touch" mehr oder minder fort, allein mit dem Unterschied, daß Steve Hackett eine feste Band um sich herum etablierte und prominente Gastmusiker diesmal nicht dabei sind.

Die Musik auf "Spectral Mornings" ist erneut recht vielseitig. Es gibt gute Rocksongs mit "Every Day", das zum Ende hin ein schönes Gitarrensolo bietet, romantische Instrumentalstücke für die Akustikgitarre fehlen auch nicht, wie man bei "Lost Time In Cordoba" hören kann, progressiv ausgerichtete Instrumentals gibt es aber ebenso, "Clocks - The Angel Of Mons" und "Spectral Mornings" legen davon Zeugnis ab.

Leider ist auch erneut ein lustig gemeintes Lied dabei, "The Ballad of The Decomposing Man" nervt immerhin nicht so sehr wie noch "Carry On Up The Vicarage" ist aber mehr als verzichtbar.
Etwas neues gibt es dann ebenfalls, das verträumte Instrumental "The Red Flower of Tachai Blooms Everywhere" greift chinesische Einflüsse auf.

Alles in allem gefällt mir "Spectral Mornings" etwas besser noch als "Please Don't Touch", man muß natürlich den teilweise romantischen (manche würden auch "kitschigen" sagen) Stil Hacketts mögen, "Spectral Mornings" klingt dafür homogener als das Vorgängeralbum und bietet mit dem Titelstück einen weiteren großen Klassiker Steve Hacketts, der sein Talent als Songschreiber gut unter Beweis stellte. "Spectral Mornings" sollte wie auch schon die vorherigen Alben Hacketts nicht nur alte Genesisfans ansprechen. Wer instrumentale Gitarrenmusik zwischen Akustik und Rock mag, sollte ebenso zugreifen.

Kommerziell war das Album übrigens recht erfolgreich, und es schien so als könne sich Steve Hackett als Solokünstler erfolgreich etablieren.

12 Punkte

Defector
(1980)
Bei "Defector" handelt es sich um ein weiteres klassisches Steve Hackett Album, es bietet im Prinzip die gleiche Mischung an Liedern wie auch "Spectral Mornings" und unterscheidet sich nicht wirklich vom Vorgänger. Man bekommt erstklassige Instrumentstücke geboten, einige im Rockgewand, wie z.B. das sehr stimmungsgeladene "The Steppes", das wie eine Rockvariante des berühmten Boleros klingt, das etwas wilde "Slogans", welches die Tradition von "Please Don't Touch" und "Clocks - The Angel Of Mons" nahtlos fortsetzt, heiter unbeschwertes gibt es in Form des Stückes "Jacuzzi" und zu guter Letzt darf ein romantisches Stück für die Akustikgitarre auch nicht fehlen. Zwischendurch gibt es ein paar gesungene Nummern, doch das Album legt eindeutig den Schwerpunkt auf die instrumentalen Passagen.

Etwas kurios ist das Discostück "The Show", das sicherlich als Eingeständnis an den damaligen Zeitgeist gewertet werden muß. Ein lustig gemeintes Lied darf mal wieder nicht fehlen, "Sentimental Institution" huldigt den 20er Jahren, ist aber erneut verzichtbar. Immerhin ist es dankbar kurz gehalten.

Es überwiegen aber mehr als deutlich die guten bis hervorragenden Eindrücke. Bessere hauptsächlich instrumentale Rockmusik zwischen romantischem und progressivem Einschlag wird man selten finden.

Auch "Defector" konnte sich recht anständig in den britischen Charts plazieren, letztlich geriet Steve Hackett aber doch in eine finanzielle Krise nach dem Album, was dazu führte, daß er seinen Traum von einer eigenen Band ad acta legen mußte leider.

12 Punkte

Cured
(1981)
In der Tat schien Steve Hackett so etwas wie geheilt zu sein, geheilt von seinem Traum nämlich, eine eigene Studioband etablieren zu können, mit der er auch auf Tour gehen konnte. Finanzielle Schwierigkeiten führten dazu, daß Steve Hackett den Großteil seiner bisherigen Mitstreiter entlassen mußte, allein Keyboarder Nick Magnus blieb zurück.

Steve Hackett selbst hatte angefangen, Gesangsunterricht zu nehmen. Nun hatte er zuvor schon immer wieder mal gesungen. Allerdings ist Steve Hackett kein wirklich begnadeter Sänger, doch für sein stilleres, romantisch ausgelegtes Material war seine Stimme durchaus passend. Das Problem bei "Cured" aber ist, daß Steve Hackett sich an ganz normaler, durchschnittlicher Rockmusik probiert, was letztlich völlig mißlingt.

Die Linie der Vorgängeralben wird von "Cured" abrupt und ziemlich schmerzhaft unterbrochen. Es erinnert nur noch wenig an die vorangegangene Musik. Allein die Instrumentals "The Air Conditioned Nightmare", das noch die Tradition der Stücke à la "Please Don't Touch" aufrecht erhält und in abgemilderter Form das Werk "A Cradle Of Swans", das zuerst mit romantischer Akustikgitarre beginnt, ehe es zum Ende hin mit synthetischem Schlagzeug unterlegt wird, sind kurze Lichtblicke.
Ansonsten bekommt man sehr sterile, belanglose Rocknummern geboten, die einfach zu sehr den größten Fehlern der 80er Jahre anheim gefallen sind.

"Cured" kann ruhigen Gewissens eigentlich niemandem empfohlen werden, außer Komplettisten vielleicht und den unersättlich neugierigen, die wissen wollen, wie schrecklich es denn nun wirklich klingt. Als kleine Belohnung bekommt man immerhin die passablen bis guten Instrumentalstücke geboten, als Schmerzensgeld reicht es aber nicht.

3 Punkte

Highly Strung
(1982)
Das Studiopersonal Steve Hacketts hatte sich nach der Zweimannummer "Cured" wieder vermehrt, mit Ian Mosley war endlich wieder ein echter Schlagzeuger an Bord, Marillionfans wird Mosley natürlich kein unbekannter Name sein.

"Highly Strung" klingt nicht mehr gar so belanglos wie "Cured", Steve Hackett probiert sich zwar erneut am Mainstreamrock, aber mit etwas mehr Finesse diesmal. Die instrumentalen Passagen sind wie immer sehr gut gelungen, ein legitimer Nachfahre von "Please Don't Touch" fehlt ebenfalls nicht, die Möchtegernradiohits hingegen klingen doch recht beliebig.

Alles in allem steuerte sich Steve Hackett gefährlich nah an den Klippen und Riffs der 80er Jahre Popmusik vorbei, erleidet hier und da auch Schiffbruch, die drei Instrumentalstücke retten dann letztlich das Album. "Highly Strung" ist besser als "Cured" aber auch weit von der Qualität der ersten Alben entfernt.

6 Punkte

Bay Of Kings
(1983)
Steve Hackett hatte sich künstlerisch in eine Sackgasse begeben, seine beiden vorherigen Alben waren mehr schlechte als rechte Versuche, als ehemalige Progressive Rock Ikone in den 80er Jahren anzukommen. Steve Hackett tat 1983 deshalb für mich das einzig richtige. Er verzichtete auf allen Kommerz und nahm ein Album auf, das einzig und allein der klassischen Akustikgitarre huldigte, nur sehr gelegentlich von Flöte und Keyboards unterstützt.

Es hatte zuvor immer wieder schon akustische Stücke bei Hacketts Alben gegeben, die Lieder auf "Bay Of Kings" dürften also niemanden überraschen, der "Defector" oder "Spectral Mornings" zuvor gehört hat.
Die Lieder auf "Bay Of Kings" befinden sich allesamt am romantischen Ende des musikalischen Spektrums, wer akustische Gitarrenmusik mit gelegentlicher Flötenbegleitung für Kitsch hält, sollte am besten einen weiten Bogen um das Album machen, alle anderen bekommen ein wunderschön verträumtes Album mit klassischer Gitarrenmusik geboten. Zusätzlich gibt es noch mit "Kim" und "Horizons" zwei Neueinspielungen bekannter Hackettwerke, "Kim" ist noch eine Spur verträumter geraten als auf "Please Don't Touch", "Horizons" klingt für mich hingegen weniger gut noch als auf "Foxtrot", auf "Bay Of Kings" wurde es für meinen Geschmack etwas zu sehr mit Hall unterlegt, was sicherlich eine leicht träumerische Note einführt, doch die direktere Originalversion bleibt hier unerreicht.

Alles in Allem ist "Bay Of Kings" ein wunderbar entspanntes Album geworden, es ist etwas für verträumte Nachmittage und stille Abendstunden. "Bay Of Kings" sollte eine Tradition akustischer Alben Steve Hacketts begründen.

11 Punkte

Till We Have Faces
(1984)
Mamma Mia, Steve, was ist in Dich gefahren? Nach zwei doch ziemlich mißratenen Alben und einer wohltuenden Erholung bei "Bay Of Kings", geht es zurück in die synthetischen Musikgefilde der 80er Jahre. Diesmal allerdings unterstützt von einer brasilianischen Trommelcombo.

Das mag man dann für den ersten Anflug von Weltmusik halten, und es klingt tatsächlich hier und da interessant, doch es bleibt dabei, Steve Hackett ist ein wunderbarer Gitarrist, der schöne Instrumentalstücke schreiben kann, der durchaus auch ein Händchen für progressive Töne hat, aber als Mainstreamrocker und Bluesmusiker (ja, er versucht sich das erste Mal am Blues auf dem Album) ist er allermeist einfach fehl am Platze. Und er sollte nicht versuchen, Stücke zu singen, die seiner Stimme einfach nicht gut tun.

Mit etwas mehr Mut (nämlich dem sehr viel konsequenteren Einsatz der Weltmusikelemente) und einem durchdachteren Songwriting vielleicht hätte "Till We Have Faces" tatsächlich lange vor Paul Simons "Graceland" Musikgeschichte schreiben können, so aber bleibt es eine weitere kuriose Randnote im Schaffenswerk Steve Hacketts, der nach "Cured" und "Highly Strung" ein weiteres mehr als nur durchwachsenes Werk seinen Fans darbot. Schade! Nur absoluten Fans zu empfehlen sowie Musikarchäologen, die 80er Jahre Plastiklieder zu ihrem Forschungsgebiet erhoben haben.

6 Punkte

Momentum
(1987)
Steve Hackett hatte nach "Till We Have Faces" und einer finanziell nicht gerade rosigen Lage einen kurzzeitigen Abstecher Richtung Stadionrock mit GTR gemacht, der Band mit den beiden Steves, Steve Howe und eben Hackett nämlich. Von vornherein nur als Mittel zum Geldverdienen gedacht, suchte Steve Hackett dann auch schnell wieder das Weite, um sich seinen eigenen Alben widmen zu können.

Das Geld, das Steve Hackett verdient hatte, ermöglichte es ihm, das völlig unkommerzielle "Momentum" aufzunehmen. Es ist Hacketts zweites reines Akustikalbum, und ein sehr schönes dazu. War "Bay Of Kings" sehr romantisch gehalten, wirkt "Momentum" allerdings etwas gereifter, nicht derart lieblich, sondern hier und da etwas verquerer und technisch anspruchsvoller, eher melancholisch-verträumt als wirklich romantisch.

Wer akustische Gitarrenmusik klassischen Einschlags mag, sollte "Momentum" unbedingt sein eigen nennen. Es ist sehr entspannende Musik, die man sowohl dezent im Hintergrund laufen lassen, als auch als direkte Inspiration für Tagträume nutzen kann.

Steve Hackett wußte es zu dem Zeitpunkt wohl nicht, aber "Momentum" sollte sein letztes Studioalbum der 80er Jahre bleiben. Von seinen Rockalben bleibt nicht viel übrig, doch seine beiden Akustikalben haben die Zeit überstanden, "Momentum" wohl noch etwas mehr als "Bay Of Kings". Es blieb nun abzuwarten, welche Richtung Steve Hacketts Karriere einschlagen würde.

12 Punkte

Guitar noir
(1993)
Es sollte sechs lange Jahre nach "Momentum" dauern, ehe Steve Hackett ein weiteres Studioalbum veröffentlichte. "Guitar Noir" ist Programm auf dem Album, welches Hacketts elektronische und akustische Seite vereinigt und dabei gerne auch besinnlich zu Werke geht. Steve Hacketts Gesang hat sich in der Zwischenzeit erheblich verbessert, bzw. er versucht nicht mehr Material zu singen, das ihm einfach nicht steht. Für das ruhigere Material auf "Guitar Noir" eignet sich seine Stimme sehr gut.

Absolute Höhepunkte sind das instrumentale "Sierra Quelmada", das akustisch verträumte "Walking Away From Rainbows" und das elegische "There Are Many Sides To The Night". Daneben gibt es aber auch merkwürdiges wie "Lost In Your Eyes", das Steve Hacketts Ausflug in den Blues dokumentiert und nicht so recht zur eigentlichen Stimmung auf dem Album passen mag. Das stampfende "Vampyre With A Healthy Appetite" mag sich auch nicht so recht einfügen, ist aber gut gespielt.

Letztlich ist "Guitar Noir" ein meist gelungener Neuanfang und gleichzeitig Steve Hacketts Eintrittskarte in den wieder wachsenden Progressive Rock Zirkus der 90er Jahre.
Es gibt einige absolut essentielle Stücke auf dem Album, ein paar wenige, auf die man getrost verzichten könnte, alles in allem ist "Guitar Noir" aber ein gutes Album, das Steve Hackett auf dem richtigen Weg zeigt, der schließlich in "Darktown" und "To Watch The Storms" mündete.

11 Punkte

Blues With A Feeling
(1995)
Um es kurz zu machen: ich betrachte "Blues With A Feeling" als ein Spaßprojekt Steve Hacketts, der seit jeher dem Blues zugeneigt war. Möchte man aber einen der besten Progressive Rock Gitarristen Bluesgitarre und Mundharmonika spielen hören? Nicht wirklich…

Wer gerne mit den Augenbrauen runzelt oder sonstwie Sinn für Humor hat kann sich gerne an "Blues With A Feeling" versuchen. Ansonsten gilt: in einen Tresor einschließen, zuschweißen, auf den Meeresgrund versenken und am besten nie wieder daran denken.

2 Punkte

Genesis Revisited
(1996)
Das Projekt, die alte Musik von Genesis aus den 70ern mit neuer Besetzung und neuen Arrangements nachzuspielen, verspricht spannend zu werden, vor allem, da der Initiator Steve Hackett heißt. Die Lister der Gastmusiker ist diesmal ebenso lang wie beeindruckend. John Wetton, Bill Bruford, Chester Thompson, Paul Carrack, Pino Palladino, Tony Levin sind nur einige davon.

Das Cover zeigt einen Ausschnitt des Bildes "Die Vertreibung aus dem Paradies" - ob das eine gewollte Anspielung auf das Ausscheiden Steve Hacketts bei Genesis ist, kann sich jeder selbst überlegen. Ich denke immer noch, daß es für die Gruppe sehr viel besser gewesen wäre, wenn sie ihn gehalten hätten. Er war ja prinzipiell bereit dazu, allerdings wollten Tony Banks und Co. Hacketts Musik nicht auf ihren Alben haben, so daß er sich für die Solokarriere entschied.

Aber zum Album: die Trackliste bietet einige echte Highlights der frühen Genesis. "Watcher of the Skies", "Firth of Fifth" und "Los Endos" sind nur einige davon. Daneben gibt es auch eine echte Premiere. "Déja Vu" war ursprünglich ein Lied von Peter Gabriel, das er während der Aufnahmen zu "Selling England by the Pound" probte. Das Lied schaffte es nie bis zur Vollendung und Gabriel überließ es Hackett, der es hier nun das Licht der Welt erblicken läßt.

Aber der Reihe nach: "Watcher of the Skies" ist eine recht getreue Umsetzung des Originals, allerdings wird das Mellotronintro zu Beginn vom Royal Philharmonic Orchestra unterstützt. Das Intro läßt immer noch leise Schauer bei mir über den Rücken laufen und egal wie klobig und schwer zu bedienen das Mellotron ist - der Sound ist einmalig. Und zusammen mit dem Orchester erhält das Intro eine zusätzliche Dramatik und Wucht.

John Wetton singt dazu recht rauh, aber angenehm. Bill Brufords Schlagzeugspiel erinnert nicht so sehr an das von Phil Collins, ich denke, das von Collins hat mir besser gefallen.

"Dance on a Volcano" beginnt mit einigen sehr seltsamen Soundsamples, was anzeigt, daß dieser Song einige stärkere Veränderungen durchgemacht hat. Der Beginn ist völlig anders und eher atmosphärisch gehalten. Erst später ertönt das bekannte Gitarrenintro, und es setzt ein sehr wuchtiges Schlagzeug ein, es klingt dabei um einiges kräftiger als beim Original. Aber Chester Thompson hat das Lied ja gewiß auch oft genug live gespielt, um zu wissen, was er tun muß.

Großer Minuspunkt ist leider Steve Hacketts "Gesang", der als solcher kaum zu bezeichnen ist. Er sollte es lieber lassen, dadurch wird der Spaß am Lied doch getrübt.

"The Valley of Kings" ist eine Neukomposition von Hackett. Inspiriert von dem Pyramidenbau in Ägypten bietet das Instrumental zwar kein echtes Highlight aber als musikalische Reise zu den Pyramiden klingt es recht gut.

"Déja Vu" ist der bereits erwähnte Song von Gabriel, der von Hackett vervollständigt wurde. Er hat eine sehr schöne Melodie und ich frage mich, wie es damals wohl geklungen hätte. Hier klingt es dank Sänger Paul Carrack sehr soulig und ein wenig nach Mike and the Mechanics. Ein großartiges Lied auf jeden Fall.

"Firth of Fith" wurde recht stark verändert... so wird das Intro tatsächlich vom Glockenspiel intoniert, begleitet vom Royal Philharmonic Orchestra. Wenn dann John Wettons Gesang einsetzt erinnert es am ehesten an das Original. Der legendäre instrumentale Mittelteil wurde von Hackett wieder stark verändert. Zuerst spielt eine Akustikgitarre das bekannte Thema der Flöte, um danach in einen neu komponierten perkussionistischen Teil überzugehen, bei dem dann etwas später die E-Gitarre einsetzt und ganz allmählich das Thema aufnimmt, das auch hier wieder schlicht wunderbar klingt.

Das von Colin Blunstone gesungene "For Absent Friends" klingt ebenso nett und unspektakulär wie das Original, wenn auch die Version hier durch das Orchester etwas mehr Sinnlichkeit gewinnt.

"Your Own Special Way" gefiel mir damals überhaupt nicht. Paul Carrack aber schafft es, die diesmal überraschend soulige Variante sehr angenehm klingen zu lassen. Vielleicht lag es dann doch nur an dem Arrangement damals, daß mir der Song nicht gefiel. Hier mag ich ihn.

"Fountain of Salmacis" beginnt nicht mit den Keyboards sondern mit einer Akustikgitarre, um erst dann die bekannte Einleitung folgen zu lassen. Steve Hacketts folgender Gesang klingt aber einfach nicht gut, wenn auch nicht so schlimm wie auf "Dance on a Volcano". Er hätte es besser lassen sollen. Das Lied folgt ansonstem recht treu dem Original, bloß mit mehr Akustikgitarreneinsatz.

"Waiting Room Only" soll den Geist des ähnlich betitelten Stückes vom "Lamb"-Album einfangen. Beides klingt nicht sonderlich gut.

"I Know What I Like" beginnt diesmal mit einem echten Rasenmähersound und das Arrangement ist diesmal um einiges flippiger als beim Original. Aber auch hier hätte Hackett nicht unbedingt singen sollen.

"Los Endos" schließlich verbreitet eine sehr südamerikanische Atmosphäre, mehr noch als das Original und ist ein echtes Highlight auf dem Album. Neben den bekannten Themen des Originals werden auch neue entwickelt und insgesamt hat man diesmal eher das Gefühl einer brasilianischen Gruppe auf dem Straßenkarneval zuzuhören.

"Genesis Revisited" bietet, um ein Resümee zu ziehen, einige sehr interessante Variationen der Genesis-Originale, die ihnen auch durchaus neue Aspekte und Blickwinkel abgewinnen. Man kann danach die Originale anders hören bzw. man weiß vielleicht mehr, was man an ihnen mochte oder weniger mochte.

Negativ anzumerken ist Steve Hacketts Gesang, der nicht immer sehr schön klingt. Gelungen ist aber die Umsetzung als solches sehr wohl. Fans der alten Genesis können eine teilweise vollkommen andere Sichtweise der damaligen Musik erlangen, die auch stellenweise durch neue Passagen interessant ergänzt wurde.

Wer Genesis von damals noch nicht kennt, sollte aber zuerst die Alben damals sich kaufen und danach Steve Hacketts Versionen in Betracht ziehen. Obschon der umgekehrte Weg sicherlich interessant sein könnte. Vielleicht ist es ja nur die Macht der Gewohnheit, die manch alter Version den Vorzug gibt.

12 Punkte

A Midsummer Night's Dream
(1997)
Steve Hackett hatte mit "Bay Of Kings" seine Tradition akustischer Alben begründet. Nach dem gelungenen Neustart in die 90er Jahre mit "Guitar Noir", einem absurden Ausflug in den Blues 1995 und dem Schwelgen in der Vergangenheit mit "Genesis Revisited" war es mal wieder Zeit für ein akustisches Album. Diesmal jedoch geht Steve Hackett noch einen Schritt weiter, läßt er sich doch von einem Symphonieorchester unterstützen und unterwirft sein Album einem Konzept, der Nacherzählung von Shakespeares "Ein Sommernachtstraum". Das Orchester ist dabei integraler Bestandteil der Musik und wirkt nicht nachträglich aufgesetzt, selbst wenn Hacketts Gitarre natürlich nach wie vor der Star ist.

Wie schon auf "Momentum" und "Bay Of Kings" ist das Album wirklich gut gelungen. Wer die akustischen Stücke Hacketts auf seinen regulären Rockalben mag, wird die durch und durch akustischen Alben gewiß lieben. Mit seinem Hang zur Romantik ist auch "A Midsummer Night's Dream" etwas für die ruhigeren und entspannteren Momente im Leben. Es ist eine wohltuende Oase der Stille im alltäglichen Radio- und Straßenlärm.

"A Midsummer Night's Dream" ist bis dato das klassischste Album Steve Hacketts gewesen, womit er erstmalig auch ernsthaft Fans klassischer Musik ansprach, was natürlich aber auch bedeutet, daß es nichts für jene ist, die die E-Gitarre und Rockmusik bevorzugen.

11 Punkte

Darktown
(1999)

Der Klappentext des neuen Albums von Steve Hackett kündigt Darktown als das bisher privateste an, wobei es sogar autobiografische Züge trägt.

Die Musik auf dem Album zeigt sich dabei sehr stimmungs- und variantenreich. Der Beginn der CD ist für Hackett sehr ungewöhnlich: "Omega Metallicus" ist mit Slap-Bass und Drum-Samples sehr funky geraten. Dieses Instrumental verwirrt ein wenig beim ersten Zuhören, man sollte sich aber alles andere als abschrecken lassen.

Hackett beschreitet ansonsten verträumt romantische oder gar epische Pfade - die Texte zu den Liedern sind sehr ungewöhnlich, so gibt es Texte über den Lehrerterror an englischen Schulen (Darktown), über die Wiedergeburt (Rise Again) oder gar den sehr interessanten und mutigen Text aus der Ich-Perspektive über einen kleinen holländischen Jungen im 2. Weltkrieg, der versteckte Juden an die Nazis verrät und später in die Schweiz flüchtet. Doch daneben gibt es auch wunderbare romantische Werke wie "Days of long ago", das vom schottischen Sänger Jim Diamond intoniert wird.

Ansonsten singt Steve Hackett seine Lieder selbst. Nun ist Steve sicherlich nicht der begnadetste Sänger, aber hier wirkt sein mal düsterer und dann auch sehr klarer Gesang absolut richtig und verleiht den Liedern die jeweils passende Stimmung.

So vielseitig die Texte so vielseitig auch die Musik. Das bereits erwähnte "Omega Metallicus" bildet da nur den Anfang. "Darktown" (hier meine ich nun das Titelstück) kommt äußerst beunruhigend daher - nicht zuletzt aufgrund Hacketts düsteren Sprechgesangs - und mit vibrierendem Saxophon. Die für Hackett so typschen Gitarrenriffs erinnern dabei an alte Genesiszeiten.

Gleich danach folgt mit "Man Overboard" ein absolut wunderschönes und sehr entspannendes Lied, das seine Atmosphäre sofort im Raum verbreitet und mir die Seele streichelt. Steve Hacketts Akustikgitarre klingt herrlich wie eh und je und sein Gesang hier glockenrein und sehr angenehm.

Neben dem bereits erwähnten Lied über den Jungen in Holland - "Days of Golden Steam" - und dem einfach hinreißend zärtlichen Liebeslied "Days of Long Ago" gibt es mit "Twice Around The Sun" auch ein instrumentales Highlight. Allein die wuchtigen Mellotron-Samples zu Beginn lassen kleine Schauer über meinen Rücken laufen und ich fühle mich zurückgesetzt in alte Tage. Steves E-Gitarre, die das Lied als führendes Melodieinstrument trägt, erzeugt viel Gefühl und "Twice Around The Sun" ist eines jener Instrumentalstücke, die ich immer wieder und wieder hören kann - und doch immer wieder andere Bilder im Kopf erzeugen.

Mit "Jane Austen's Door" gibt es dann noch ein sehr entspanntes und schönes Lied, das sozusagen als kleine Erholung und Oase der Ruhe vor den letzten beiden sehr intensiven Stücken dient. Da wäre zum einen das instrumentale Darktown Riot, das sehr wuchtig klingt und leicht gespenstische Gitarrentöne (zumindest klingt es auf mich so) liefert. Darktown Riot beschreibt dabei den Aufstand der Unterdrückten, die immer nur herumgeschubst werden, bis die Grenze erreicht wird.

Großer abschließender Höhepunkt ist aber das epische und düster geratene "In Memoriam". Auch hier singt Steve Hackett einige kurze Zeilen mit düster verzerrter Stimme, was aber selten so gut klang wie hier. Der größte Part des Liedes ist aber instrumental, getragen von der E-Gitarre, im Hintergrund ein Choral der mir wieder leise Schauer über den Rücken jagt.

Darktown ist sicherlich kein Album das beim ersten Hören voll ergründet werden kann. Wenn man sich aber mit Steve Hackett zusammen auf die Reise begibt, ergründen sich von Mal zu Mal immer wieder andere wunderschöne Momente und das Album fasziniert einfach von der ersten bis zur letzten Note. Es ist dabei auch anzumerken, daß Hackett nicht müde wird, neue und andere Einflüsse in seine Musik einfließen zu lassen.

So komme ich zum Schluß, daß Steve Hackett für mich mittlerweile das Ex-Genesis bzw. Genesis-Mitglied mit den interessantesten und besten Soloalben ist. Hier und da blitzt mal ein kurzes Deja Vu auf und man fühlt sich an andere Genesis-Zeiten erinnert. Die meiste Zeit aber erzeugt Hackett einfach nur sehr intensive Stimmungen, die von aggressiv über düster und episch bis hin zu zärtlicher Romantik reichen.

Es ist dabei kein gewöhnlicher progressiver Rock, der mitunter auch zu einer Schablone geraten kann, sondern eine sehr individuelle Musik voller Facetten und durchsetzt von Steve Hacketts Persönlichkeit.

Dies unterstreichen auch die sehr interessanten Anmerkungen von ihm zu jedem der Lieder, was auch dazu beiträgt, dieses Album als etwas persönliches zu begreifen. Ich hoffe, daß Steve Hackett noch einiges zu erzählen hat.

14 Punkte

Sketches Of Satie
(2000 - J. Hackett, S. Hackett)
Zusammen mit seinem Bruder John Hackett nahm Steve Hackett im Jahr 2000 dieses Album mit Adaptionen klassischer Klavierstücke von Erik Satie für Akustikgitarre und Flöte auf.

Saties Melodien sind, passend zu Steve Hacketts anderen akustischen Werken, sehr romantisch und verträumt gehalten. John Hackett trägt bei den Adaptionen den Großteil der Melodien, während Steve Hackett seinen Bruder hauptsächlich an der Gitarre begleitet und die Akkorde liefert. Die Arrangements sind durchaus gelungen und, ähnlich wie Saties Originale, sehr minimalistisch gehalten, allein mit der Dauer des Albums wünschte ich mir etwas mehr Abwechslung.

So passiert es, daß ich eine handvoll Stücke des Albums jeweils sehr gut hören kann. Saties Kompositionen verfügen über lieblich-verträumte Melodien, doch in seiner Gesamtheit von fast 50 Minuten betrachtet wirkt das Album etwas zu eintönig und anstrengend auf mich.

Wer Erik Satie mag und kennt wird mit der Neubearbeitung der Brüder Hackett keinen Fehler begehen. Wer hingegen kein sonderliches Interesse für klassische Flötenstücke hegt oder von Steve Hackett erwartet, daß er gefälligst Progressive Rock spielen sollte, sollte am besten "Sketches Of Satie" nicht in den CD-Spieler einlegen.

Genaugenommen ist es nicht einmal ein typisches Akustikalbum Steve Hacketts, nicht umsonst wird sein Bruder als erstes auf dem Album genannt. So hat "Sketches Of Satie" noch am ehesten Ähnlichkeit mit "Kim", Kompositionen für Akustikgitarre wie auf "Bay of Kings", "Momentum" oder gar "A Midsummer Night's Dream" darf man jedoch nicht erwarten.

9 Punkte

Feedback 86
(2000)
Kurz zur Vorgeschichte: Mitte der 80er Jahre befand sich Steve Hackett in einer finanziell angespannten Lage, was dazu führte, daß es nicht allzu großer Überredung bedurfte, als ihm vorgeschlagen wurde zusammen mit Steve Howe das kurzlebige Bandprojekt GTR zu gründen. GTR spielte Musik ähnlich wie die frühen Asia, also Mainstreamrock mit leicht künstlerischem Anstrich, geeignet für große Fußballstadien. Während der Großteil der Musikgemeinde heutzutage GTR als völligen Fehlschlag betrachtet, hat mir die Musik auf GTR eigentlich immer recht gut gefallen, selbst wenn Steve Hackett nur halbherzig dabei war und nach erfolgreicher Mission das Boot tunlichst schnell wieder verließ.

Nach dem Weggang Hacketts gab es noch einen Versuch, GTR am Leben zu halten, der allerdings nicht glückte. Soweit die Geschichte von GTR. Übriggebliebene Songs des Nachfolgealbums tauchten hier und da mal auf, teilweise bei Steve Howe, teilweise als Bootleg, Steve Hackett schließlich hatte auch noch Material für ein damals weiteres Rockalbum in GTR-Manier auf Lager, was Grund genug war, es irgendwann auch mal zu veröffentlichen, nachdem es 14 Jahre zuvor im Giftschrank des Plattenlabels verschwunden war.

Ich möchte die Rezension der CD auf ein Mininum beschränken, viele Worte braucht es nicht: es gibt ein wirklich schönes Lied auf dem Album, das instrumentale Stück "Notre Dames Des Fleurs" nämlich, das Steve Hackett an der geliebten Akustikgitarre zeigt, dann gibt es eine so eben noch hörbare Ballade mit "How I Love You" - und der Rest? Der Rest ist Schweigen.

Ok, ganz so garstig ist es nicht immer. Man kann sich "Cassandra" mit Chris Thompson als Sänger durchaus anhören ohne daß die Ohren bluten, es ist ein recht netter Rocksong sogar, mit anständiger Arbeit an der Gitarre von Steve Hackett, wie kaum anders zu erwarten und wie es der Zufall will ist der einzig noch recht anständige Rocksong auf der CD auch der einzige, der ein echtes Schlagzeug (Ian Mosley) und einen vernünftigen Bass (von Pete Trewavas) aufbietet. Doch so schreckliche Sachen wie "Prizefighters" (mit Bonnie Tyler), "Slot Machine" (Brian May sollte besser bei Queen bleiben und Chris Thompsons Gesang war selten nerviger) und Totalausfälle wie "Don't Fall" sind kaum zu entschuldigen. Abgesehen allein von der Tatsache, daß sie eben aus den 80er Jahren stammen, mit Plastikkeyboards und Schlagzeugsamples zugekleistert wurden und Überbleibsel eines Projektes waren, das nicht mal Steve Hackett selbst sonderlich gern in Erinnerung hält.

Schwamm drüber. "Feedback 86" ist nur für Hartgesottene, unerschütterliche GTR-Nostalgiker und absolute Steve Hackett Fanatiker zu empfehlen. Alle anderen sollten das Kuriosum auch sogleich wieder vergessen. Das Album ist nicht repräsentativ für Steve Hacketts durchaus exzellentes Oeuvre seit Anfang der 90er Jahre.

Einziger echter Bonus der CD ist der großzügige MP3 Teil auf der CD, man bekommt einen Querschnitt durch das Programm Steve Hacketts und anderer Künstler auf dem Camino-Label geboten. Einen 15minütigen Ausschnitt aus dem Livevideo zu "The Tokyo Tapes" gibt es auch noch. Aber das soll bitte niemanden dazu bringen, das Album zu kaufen!

2 Punkte

To Watch The Storms
(2003)
Vier Jahre nach "Darktown" und dem Eric Satie Projekt zusammen mit Bruder John, präsentiert Steve Hackett sein neues Album. Den Stürmen zusehen... so lautet der Titel diesmal und in gewisser Weise weht so mancher musikalischer Stürm über einen hinweg. Das Album beginnt mit dem ruhigen "Strutton Ground" recht unspektakulär, doch der Einstieg täuscht. Es folgen seltsame Stücke wie "The Devil is an Englishman", das mit Sprechgesang aufwartet und stark verzerrten Gitarrenschnipseln hier und da zuerst kaum nach Hackett klingen mag. Auch ein sehr ruhiges, beinahe jazziges Pianostück mit Bläserunterstützung (Frozen Statues) würde man nicht unbedingt von Hackett erwarten. Bombastisch, experimentell und erneut mit Bläsereinsatz geht es bei "Mechanical Bride" weiter, ehe danach urplötzlich dem Hörer mit "Wind, Sand and Stars" ein liebliches Akustikgitarrenstück präsentiert wird - dem ersten "typischen" Hackett-Stück.

Schon auf "Darktown" gab es eine große Stilbreite - "To Watch The Storms" klingt wie eine Fortsetzung, die hier und da auch mehr noch die Randbezirke erforscht. Steve Hackett hat neben bekannten Dingen, die man als Fan an ihm liebt, auch einiges neues und eher ungewohntes aufgenommen, das beim ersten Hören sich zuerst schwer erschließen mag. Vor allem die erste Hälfte des Albums klingt deshalb etwas zerrissen, der Anfang macht es nicht unbedingt sehr leicht, in das Album einzutauchen. Doch wenn man etwas Geduld mitbringt, entfaltet sich nach einer Weile der Zauber von Hacketts charakteristischem Gitarrenspiel.

Spätestens ab "Mechanical Bride", das herrlich schräg geraten ist und im Mittelteil fulminant an Tempo und Improvisation gewinnt und teilweise gar an King Crimson zu besten Zeiten erinnert, graben sich die Lieder mehr und mehr in den Gehörgang ein.

"To Watch The Storms" klingt wie ein Querschnitt durch Hacketts Schaffen. Neben Balladen, gepflegten Rockstücken und romantischen Ausflügen auf der Akustikgitarre, gibt es kleine Epen wie "Serpentine Song", auf dem John Hackett auch Flöte spielt, dann aber auch experimentelle Exkursionen wie bei "Mechanical Bride" oder "The Devil is an Englishman". So gesehen zeigt sich Steve Hackett dem Progressive Rock Genre treu, ohne dabei Genesis-Nostalgiker allein bedienen zu müssen. Natürlich blitzen immer wieder mal Momente auf, in denen man an die gute alte Zeit damals zurückdenken kann, doch eigentlich geht Steve Hackett unbeirrt und konsequent seinen Weg weiter und beweist auf dem Album erneut, daß er gewiß zu den besten Rock-Gitarristen gehört.

Romantische Seelen werden bei "To Watch The Storms" ebenso ihren Spaß haben, wie alte Genesis-Fans und Liebhaber progressiver Musik. Mit etwas Geduld entfaltet sich nach ein paar Hördurchläufen die Wirkung und man entdeckt jedes Mal neue Facetten, die einem gefallen.

Etwas schade finde ich diesmal die Veröffentlichungspolitik von Camino-Records. So wird es neben der normalen Ausgabe auch noch eine teurere Special-Edition geben, die neben vier (!) Bonustracks auch noch ein sehr viel umfangreicheres Booklet mit Notizen zu jedem Song von Steve Hackett enthalten wird. Nun sind Sondereditionen nichts neues mehr, aber man bekommt das Gefühl, daß sie mehr und mehr dazu dienen, den Leuten noch mehr Geld aus der Tasche zu ziehen. Bei den heutigen CD-Preisen wäre es vielleicht angebracht, für den hohen Preis auch das maximale an Leistung zu bieten, und dem Fan nicht die Wahl zwischen einer vielleicht noch erschwinglichen normalen Version und einer eigentlich viel interessanteren aber auch teureren Special Edition zu geben.

Abgesehen davon ist "To Watch The Storms" ein sehr vielseitiges, buntes und vor allem hörenswertes Album geworden, das den Kauf verdient. Es fehlt zwar an mancher Stelle die strahlende Schönheit oder auch Erhabenheit wie es sie bei "Darktown" gab, das als Gesamtwerk auch etwas harmonischer wirkt. Dafür gibt es hier mehr Bandbreite und mehr als genug Stellen, in die man abtauchen kann. "To Watch The Storms" ist ohne Zweifel ein echter Tip für alle Liebhaber des Progressive Rocks.

12 Punkte

Metamorpheus
(2005)
Zwei Jahre nach "To Watch The Storms" beschenkt Steve Hackett seine Fans mit seinem fünften akustischen Album. Die durchweg positiven Erfahrungen mit "A Midsummer Night's Dream" scheinen Steve Hackett nachhaltig geprägt zu haben. Für "Metamorpheus" stellte er sich nämlich ein eigenes Kammerorchester zusammen, bei dem u.a. Bruder John Hackett mitspielt.

"Metamorpheus" erzählt musikalisch Orpheus' Reise durch die Unterwelt nach, man darf also elegische, düstere, dramatische und immer wieder auch mal melancholisch-romantische Stücke erwarten. Stilistisch unterscheidet sich "Metamorpheus" dabei nur wenig von "A Midsummer Night's Dream" oder "Momentum", hier wirkt das Kammerorchester allerdings noch integrierter.

Somit ist "Metamorpheus" sehr viel mehr als das Soloalbum eines Gitarristen, man kann das Album mit Fug und Recht in die Klassikecke einordnen und Steve Hackett, der nie klassisches Training genoß, sondern wie so viele seiner Kollegen Autodidakt ist, muß sich dabei keinesfalls verstecken.

"Metamorpheus" ist deshalb aber auch sicherlich nichts für reine Rockfans, diese könnten das Album zu zurückhaltend und klassisch finden, wer jedoch filigrane, träumerische Musik für die entspannten Momente im Leben liebt, sollte "Metamorpheus" ohne Zögern in seine CD-Sammlung einreihen.

Steve Hackett hat die musikalischen Grenzen bei Genesis durchbrochen und hat, nach einigen Turbulenzen in den 80er Jahren, die volle Freiheit einer erfüllten Solokarriere entdeckt, indem er das tut, was er möchte. Es besteht kein Zweifel für mich, daß "Metamorpheus" bisher Steve Hacketts reifstes Werk für klassische Gitarre und Orchester darstellt. Und wie immer bei Steve Hackett stehen die Emotionen und Stimmungen im Vordergrund, sein technisches Können dient dabei nur der adäquaten Umsetzung der musikalischen Ideen. Damit unterscheidet sich Steve Hackett wohltuend von anderen Gitarristen, die einen Geschwindigkeitsweltrekord nach dem anderen an ihrem Instrument brechen wollen.

"Metamorpheus" klingt im Gegensatz zum instrumentalen Overkill manch anderes Soloalbums sehr englisch-viktorianisch, sympathisch altmodisch in gewisser Weise und spricht, wie auch schon die vorangegangenen Akustikalben Hacketts, vor allem romantische Seelen an. Die musikalische Reise durch die Unterwelt führt durch etliche Höhen und Tiefen, man sollte sich Zeit für das Album nehmen, um es voll und ganz zu genießen.

12 Punkte

Wild Orchids
(2006)
Seit den 80er Jahren wechseln sich bei Steve Hackett akustische, orchestrale und eher rockorientierte Alben ab, so ist es kein Wunder, daß nach dem letztjährigen orchestralen Album "Metamorpheus" mit "Wild Orchids" jetzt wieder ein (Progressive) Rockalbum folgt.

Wirklich neues hat Steve Hackett auf "Wild Orchids" nicht zu bieten. Das Album weist im wesentlichen das gleiche Konzept wie "To Watch The Storms" und "Darktown" auf. Soll heißen: Steve Hackett bietet auch auf "Wild Orchids" ein buntes Potpurri an Liedern und Ideen, die unterschiedlicher teilweise nicht sein könnten, nur daß man das so, oder so ähnlich, eben schon auf den Vorgängern gehört hat. Einzige kleine Neuerung ist dann der gelegentliche Einsatz des Underworld Orchestras, das Steve Hackett erstmals auf "Metamorpheus" begleitete. Allerdings ist die Rolle des Orchesters auf "Wild Orchids" ungleich kleiner, da es nur auf ein paar Liedern Steve Hackett gekonnt unterstützt.

Die Musik auf "Wild Orchids" ist, wie weiter oben angedeutet, mal wieder sehr divers ausgefallen. Akustisch-romantische Stücke wechseln sich mit schrägen Songideen ab, jazzig angehauchtes vermischt sich mit düsterem, auf manchen Liedern gibt es pastoralen Gesang, dann wiederum verstellt Steve Hackett seine Stimme und kommt mit verzerrtem Sprechgesang daher. Somit reichen die Einflüsse auf dem Album auch von Genesis bis Bob Dylan, der von Steve Hackett mit "Man In The Long Black Coat" gecovert wird.

Eine wirkliche Linie verfolgt "Wild Orchids" also nicht, dafür bekommt jeder aber auch etwas geboten, unter der Gefahr allerdings, daß am Ende nur wenige komplett an "Wild Orchids" gefallen finden könnten und man ein Drittel des Albums am CD-Spieler wegprogrammiert.

Es wäre zu wünschen gewesen, daß Steve Hackett seine Vorliebe für diverse Stile etwas einschränkt und "Wild Orchids" ein etwas rigoroseres Konzept verpaßt hätte. Zwar gibt es keine wirklich schlechten Lieder auf dem Album, vieles ist sogar exzellent, und das bei Hackett obligatorische Barbershoplied ist mit 46 Sekunden dankbar kurz, doch wenn schöngeistige, orchestrale Stücke wie "She Moves In Memories", jazziges wie "A Girl Called Linda" und eckig-sperriges wie "Down Street", das mit dem Hackett-typischen düsteren Sprechgesang daherkommt, sich auf dem selben Album tummeln mag sich kein rechter Hörfluß einstellen. Man kommt sich dann vor als würde man wieder und wieder unsanft erst ins kalte, dann ins heiße und schließlich ins lauwarme Wasser gestoßen, ehe alles wieder von vorne beginnt.

"Wild Orchids" ist also eine Art musikalische Kneipptour - wer sich voll und ganz darauf einläßt, kann sich auf eine abwechslungsreiche musikalische Reise freuen, wer es hingegen ein wenig geordneter und homogener mag, dem wird wohl das eine oder andere Lied sauer aufstoßen, nicht weil es schlecht ist, aber weil es vielleicht so ganz und gar nicht dem eigenen Geschmack entspricht.

Fans von Steve Hackett werden allerdings auf jeden Fall bedient. Wer "To Watch The Storms" und "Darktown" mochte, der wird ganz gewiß auch an "Wild Orchids" gefallen finden, vor allem deshalb, weil es beiden Alben doch sehr ähnlich ist. Wer allerdings auf ein Meisterwerk à la "Voyage Of The Acolyte" oder "Spectral Mornings" hofft, oder etwas aufregend neues erwartet, wird allerdings leicht enttäuscht werden. Ein Meisterwerk ist "Wild Orchids" leider nicht und neu noch viel weniger. Letzten Endes können aber die meisten Stücke überzeugen, wenn auch das Album bezeichnenderweise seine besten Momente hat, wenn es instrumental gehalten ist.

Für zukünftige Alben sollte sich Steve Hackett dann aber besser wieder stilistisch etwas einschränken bzw. es wie mit seinen orchestralen oder akustischen Alben halten, nämlich seine musikalischen Vorlieben trennen. Auch muß er sich vorsehen, nicht zu selbstähnlich zu werden. Klingt doch einiges auf "Wild Orchids" wie "To Watch The Storms" und "Darktown" Variante 2.

10 Punkte
Triskell
Labelboss
Avatar
Geschlecht:
Herkunft: Berlin
Alter: 66
Beiträge: 47905
Dabei seit: 04 / 2006
Betreff:

Re: Steve Hackett Alben von 1975 – 2006

 · 
Gepostet: 13.05.2008 - 17:54 Uhr  ·  #2
:shock: Boh, ey! Was für eine Arbeit! :Respekt Das einzige Album, das ich kenne und besitze ist "Please Don´t Touch".
Guestuser
 
Avatar
 
Betreff:

Re: Steve Hackett Alben von 1975 – 2006

 · 
Gepostet: 13.05.2008 - 18:04 Uhr  ·  #3
Klasse Arbeit! :daumen: Ich kenne nur "Spectral Mornings", das auf Vinyl hiersteht und "Darktown". Gefallen mir beide sehr.
Trurl
Konstrukteur & Frikadellenbändiger
Avatar
Geschlecht:
Beiträge: 12839
Dabei seit: 05 / 2006
Betreff:

Re: Steve Hackett Alben von 1975 – 2006

 · 
Gepostet: 13.05.2008 - 19:31 Uhr  ·  #4
ich habe ungefähr die Hälfte. Die ersten vier alle als Remasterte vom Meister selbst signiert, dazu die Darktown, To watch the storms (Deluxe Ed.), und viele Livescheiben (alle Archive-Veröffentlichungen + seine LiveDVDs)

Ich mag den Kerl einfach, wenn er beim rockigen Konzept bleibt. Auch seine klassisch-angehauchten Akustiksachen gefallen mir.

Turl
Gewählte Zitate für Mehrfachzitierung:   0

Registrierte in diesem Topic

Aktuell kein registrierter in diesem Bereich

Die Statistik zeigt, wer in den letzten 5 Minuten online war. Erneuerung alle 90 Sekunden.