Gentle Giant - 18.01.1975

Live at King Biscuit Flower Hour

 
Max...
 
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Gentle Giant - 18.01.1975

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Gepostet: 12.04.2008 - 15:40 Uhr  ·  #1
Heute mal eine Rezension zu einem frei abspielbaren Konzert, das hier bei den ConcertVaults zu hören ist - runterladen ist nicht möglich, da es eine legale Veröffentlichung dazu gibt. Als Stream kann mans sich aber reinziehen.
Die Aufnahme ist auf dem künstlerischen Zenith von Gentle Giant entstanden - 1975, als sie gerade "Power and the Glory" veröffentlicht hatten und an "Free hand" arbeiteten.
Da Gentle Giant meiner Meinung nach live um Weiten besser waren als im Studio, freut es mich sehr, dass meine Lieblingstracks von GG hier in tollen Versionen dargeboten werden.

Los geht es direkt mit dem perlend-funkigen Epiano von Proclamation, wozu die schräge Gesangslinie sehr schön vorgetragen wird. Hier ist besonders das krumme Schlagzeugspiel hervorzuheben. Nach dem bombastischen Refrain kristalliert sich aus einer swingenden Bandpassage die Basslinie heraus, die direkt zum nächsten Stück, dem ruhigen Funny Ways führt. Nach dem Gitarrenauftakt begeben sich Ray Shulmans barocke Geige und später Kerry Minnears Cello dazu, bis Sänger Derek Shulman zu filigranen Pizzicatoakkorden die wunderschöne, verträumte Melodie singt. Die beklemmende Stimmung und die vielen Taktwechsel lassen das Stück sich aber weit von Kitsch und Schmalz distanzieren. Wo die Studioversion vom Debutalbum längst zu Ende ist, legen die 5 Multiinstrumentalisten erst richtig los; nach hymnischen Trompetenfanfaren ertönt ein unglaublich beeindruckendes und treibendes Vibraphonsolo vom Keyboarder/Cellisten Kerry Minnear das sämtliche Jazztonfolgen vereint und verbindet. Nach dem Klimax beruhigen sie sich wieder und führen das Stück ebenso ruhig zu Ende, wie sie es begonnen haben. Imposant - für mich das beste GG-Stück, das ich bisher hören durfte.
Nachdem "Power&The Glory" und "Gentle Giant" mit je einem Lied vertreten sind, wird nun das "Glass House"-Medley gespielt, bestehend aus: The Runaway und Experience. Nach den Glasgeräuschen geht es wie gewohnt los, wobei ich hier den etwas unsauberen Chorgesang kritisieren muss. Dafür rockt es auch hier recht ordentlich, die Synthesizer tun dem Stück sehr gut. Leider beginnt schon nach 3 Minuten die Überleitung zu "Experience", wobei diese sehr bombastisch mit Synthesizersequencer gestaltet ist. "Experience" klumpt und rockt live deutlich besser und härter; hier klingt es nicht so zerbrechlich, rollt aber vielfältig und galoppierend aus den Boxen. Der wundervolle bassdurchzogene pastorale Gesangsteil in der Mitte wird hier durch ein knochiges Klavinett ersetzt. Der Gesang im zweiten, bluesigeren Teil kommt hier deutlich lockerer, während das gewollte Geschreie auf "In A Glass House" den Hörer doch etwas erschauderte. Das Gitarrensolo braucht sich nicht vor anderen zeitgenössischen Soli zu verstecken - für mich ist es eines der besten - da jault die Gibson zu Hammondorgel, Klavinett und kratzendem Bass und dem wundervollen Schlagzeug von John Weathers, der optisch das Vorbild für den "Gentle Giant" hätte sein können. 😉 Das nächste Stück ist das sehr merkwürdige
On Reflection von "Free Hand", das durch eine rezitierende Gesangslinie, begleitet von verstörten Geigen-Bass-Linien, die immer dann zu hören sind, wenn gerade der Takt begonnen hat. Nachdem sich ein gerades Schlagzeugpattern zu diesem arhythmischen Gefrickele begeben hat, entwickelt sich ein jazzig-rockendes Stück daraus, das in ein sehr gutes Schlagzeugsolo übergeht und so auch aufhört.
Das nächste Album, das abgehandelt wird, ist "Octopus", wobei es mit Knots losgeht, wobei die gekonnten, filigranen Vokalleistungen mit dezenter Bass, Synthesizer und Vibraphonbegleitung beeindrucken. Auf der akustischen Gitarre werden dann diverse Stücke von "Octopus" angespielt, variiert, bis zum Schluss mit The Advent of Panurge das Konzert bombastisch, mittelalterlich (mit Blockflötensoli!) und rockig zu Ende gebracht wird. Sehr schöne Auswahl an "Octopus"-Stücken in beeindruckenden Versionen - zumal jedes Instrument von den Bandmitgliedern gespielt wird und jeder Einsatz perfekt sitzen muss. Nicht nur eine riesige musikalische, sondern auch choreographische Leistung: kaum ist der eine Basston verklungen, geht der Bass zum Sänger. Der Keyboarder gibt dem Bassisten die Geige und geht selber zum Cello, an das dann der Bassist geht, dass der Keyboarder das Vibraphon nutzen kann. Dann wird das Cello wieder hingestellt, der Sänger nimmt sich die Blockflöte, gibt aber vorher den Bass wieder an den Bassisten ab. Die einzigen, die für ein paar Minuten am gleichen Instrument sitzen, sind Gary Green (Gitarre) und John Weathers (Dr).

Auf jeden Fall ein sehr schönes Konzert.
Aber man muss beachten: so klingen GG nicht im Studio - im Studio ist das zwar noch perfekter, aber klingt größtenteils recht steril. Zudem sind die Studioalben nur eine gute halbe Stunde lang - nicht gerade sehr viel für den doch recht hohen Preis. Wer allerdings von dieser Art von Musik nicht genug bekommen kann, soll sich doch die Studioalben zulegen. 😉
Das Livealbum "Playing the Fool" aus 1976 ist jedenfalls für mich nun Pflicht, und ich denke auch für die, denen dieser Mitschnitt gefällt. :)
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Re: Gentle Giant - 18.01.1975

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Gepostet: 12.04.2008 - 15:47 Uhr  ·  #2
Gut gemacht! Ich höre es mir gerade an. Live kenne ich noch nichts von Ihnen.
Triskell
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Re: Gentle Giant - 18.01.1975

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Gepostet: 12.04.2008 - 15:50 Uhr  ·  #3
Gute Rezi, auch wenn ich mit dieser Band nie "warm" geworden bin. :daumen:
Trurl
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Re: Gentle Giant - 18.01.1975

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Gepostet: 12.04.2008 - 16:05 Uhr  ·  #4
kennt einer ne Möglichkeit, die Strems mitzuschneiden. Auf der Seite gibt es sehr viele schöne Sachen?

@Max: um die Zeit waren imho GG am Besten. Die offizielle Live "Playing the fool" ist sehr gut, ebenso die LiveDVD ihres Auftritts im ZDF-Sonntagskonzert

Trurl
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Re: Gentle Giant - 18.01.1975

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Gepostet: 12.04.2008 - 16:09 Uhr  ·  #5
dan
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Re: Gentle Giant - 18.01.1975

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Gepostet: 12.04.2008 - 17:01 Uhr  ·  #6
Danke für den tollen Link! Ich find die frühen GG wirklich gut.
Max...
 
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Re: Gentle Giant - 18.01.1975

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Gepostet: 12.04.2008 - 17:07 Uhr  ·  #7
Bitte schön.
Freut mich, wenns euch gefällt. 😉
maranx
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Re: Gentle Giant - 18.01.1975

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Gepostet: 12.04.2008 - 18:41 Uhr  ·  #8
Zitat geschrieben von Trurl
kennt einer ne Möglichkeit, die Strems mitzuschneiden. Auf der Seite gibt es sehr viele schöne Sachen?

@Max: um die Zeit waren imho GG am Besten. Die offizielle Live "Playing the fool" ist sehr gut, ebenso die LiveDVD ihres Auftritts im ZDF-Sonntagskonzert

Trurl

...und die BBC-Live-Scheibe von 1978, aufgenommen im Hippodrom, Golders Green. :daumen:
Max...
 
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Re: Gentle Giant - 18.01.1975

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Gepostet: 12.04.2008 - 21:32 Uhr  ·  #9
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Re: Gentle Giant - 18.01.1975

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Gepostet: 12.04.2008 - 21:35 Uhr  ·  #10
mindmovie
 
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Re: Gentle Giant - 18.01.1975

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Gepostet: 12.04.2008 - 21:52 Uhr  ·  #11
Toll hier etwas über eine meiner Lieblingsbands zu lesen. Ich habe Mitte der 70er GG dreimal live gesehen und war jedesmal völlig hin und weg. Meine Lieblingsalben sind die gleichen wie die von Max => The Power and The Glory und Free Hand sind einfach großartig.
Trurl
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Re: Gentle Giant - 18.01.1975

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Gepostet: 12.04.2008 - 23:57 Uhr  ·  #12
@max. aber Achtung: viele der Livesachen klingen soundmäßig wie aus der Mülltonne.

Trurl
hmc
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Re: Gentle Giant - 18.01.1975

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Gepostet: 13.04.2008 - 12:44 Uhr  ·  #13
mindmovie, coole Sig.

Max, wie gewohnt klasse geschrieben.

Einiges habe ich auch von GG, aber es ist schon schwere Kost teilweise.
Max...
 
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Re: Gentle Giant - 18.01.1975

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Gepostet: 14.04.2008 - 20:07 Uhr  ·  #14
Stimmt, Live klingen sie teilweise daneben.
@hmc: Live sind sie leichter zu genießen, ohne aber nur ein bisschen einfach zu werden.
Im Studio sind sie mir zu kompliziert.... nie gedacht, dass mir Musik zu komplex werden könnte. :lol:
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