Als mein ebenfalls musikalisch interessierter Freund vor einigen Wochen Geburtstag hatte, war ich auf der Suche nach einer Musikerbiographie für ihn. In meiner näheren Auswahl standen einige Werke, so beispielsweise ein Buch über Eric Clapton, die Beatles, Jethro Tull oder eben dieses über Neil Young. Da mein Freund auch automobilaffin veranlagt ist, hätte ich wetten können, dass seine Wahl auf Young's Buch fällt, gibt er hier doch einige Anekdoten zu seiner ebenfalls vorhandenen automobilen Vernarrtheit preis.
Nun denn - mein Freund entschied sich für eine andere Biografie - keine aus meiner Auswahl sollte es werden. Da ich jedoch während meiner "Vorstudie" einige Seiten des Buches beschnupperte, wurde ich neugierig auf das Gesamtwerk - mittlerweile befindet es sich im Nettetaler Haushalt.
Ein kleiner Ausschnitt aus diesem Buch, der mich letztendlich die hier vorgestellte Scheibe wiederentdecken ließ:
(mehr zum Buch siehe unten)
Stills-Young Band - Long May You Run | USA 1976 | Rock / Country-Rock
Der Grund des Kaufes dieser CD war erst einmal recht profan: Young stand auf dem Cover, das genügte zunächst. Es gab Zeiten, da wurde alles von einem Interpreten gekauft. Weil es gefiel, oder weil dessen Werk vollständig im Regal stehen sollte. Nun war dies jedoch kein "reines" Young'sches Album, vielmehr - und auch dies war dem Cover zu entnehmen - entsprang es der Zusammenarbeit mit Steven Stills.
Lohnte sich die Anschaffung? Hielt der Inhalt, was die Verpackung versprach? Let's Go - wir werden sehen!
Meines Wissens war dies das einzige Mal, dass Stills / Young als Duo zusammenfanden und eine gemeinsame Platte aufnahmen. Die Veröffentlichung der Scheibe sorgte wohl kurzfristig für einigen Zwist zwischen Stills/Young und Crosby/Nash. Sei's drum, das Quartett fand sich dennoch immer wieder für gemeinsame Veröffentlichungen zusammen. Gut so!
Der Titelsong und Opener "Long May You Run", wie oben zu lesen eine Hommage an Youngs Automobil "Mort", wird auch heute noch in vielen Konzerten von Neil Young gespielt.
Wenngleich mich sportliche Ereignisse kaum noch interessieren - der Mammon ist allumfassend zu besitzergreifend geworden - kann ich mich auch heute noch nicht gegen die Gänsehaut wehren, die mich bei der Darbietung des Songs anlässlich der Abschlusszeremonie der Olympischen Winterspiele Vancouver 2010, Kanada, überfällt.
Long May You Run - Vancouver 2010 Abschlusszeremonie
Long May You Run - Albumversion
Wie auf dieser Abschlusszeremonie wird der Song auch auf der CD von Neil Young gesungen. Trotz der Zwiste, die die Scheibe bei Veröffentlichung hervorrief, steuerten Crosby und Nashs den Hintergrundgesang zu diesem nostalgischen, leicht melancholischen Titel bei. Ein Stück mit Mitsummcharakter und für mich der einzige Ohrwurm des Albums.
Es müssen jedoch nicht immer Ohrwürmer vertreten sein, damit eine Scheibe im Gedächtnis bleibt. Für "Make Love To You", dem zweiten Titel des Albums, steht Steven Stills am Micro. Klasse Hammondeinlagen machen diesen relaxten Lovesong zu einem wahren Ohrenschmeichler mit bluesigem Touch. Diesen Titel stufe ich sogar noch eine Klasse höher ein als den von Young gebrachten Opener. Die Mischung aus Gesang, Hammond und Gitarre sorgen für eine sich langsam aufbauende Spannung. Schade nur, dass am Ende recht langweilig ausgeblendet wird. Ich hätte mir ein überraschendes Endsolo mit dickem Schlagzeug- oder Gitarrenwums gewünscht.
Make Love To You
Ein typischer Young-Song schwirrt uns mit "Fontainebleau" um die Ohren. Der Song hat alles, was üblicherweise von ihm "erwartet" wird: die Gitarre grient und jammert und quietscht und zirpt, dass es eine wahre Freude ist. Alles gewürzt mit den von Neil Young bekannten Rückkoppelungen. Das schreit förmlich nach nachbarfreier Wohnumgebung, um den Lautstärkeregler möglichst weit nach rechts drehen zu können. Ungewöhnlich scheint lediglich die Länge von knapp vier Minuten: ähnliche Stücke aus Youngs' Feder brauchen mittlerweile schonmal 14, 15 Minuten oder länger. Gitarrenfreaks ist selbst dies oft zu kurz.
Fontainebleau
Die Paarung Stills/Young hat mit "Long May You Run" ein abwechslungsreiches, homogenes Album geschaffen, welches auch kommerziell einen gewissen Erfolg verzeichnen konnte. Im weltweiten Informationsmedium namens Internet sind zur Entstehung bis zur Veröffentlichung des Werkes viele Geschichten zu finden. Beispielsweise sei hier genannt, dass Young die Parts von Crosby/Nash zunächst aus den Mastertapes (?) herausfrickelte. Später seien sie, warum auch immer, ganz oder teilweise hinzugefügt worden.
Dem endgültigen Werk oder auch dem Hörer mag oder sollte das egal sein - was zählt, ist die Musik. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass das Album nach dem Kauf bis heute fast ununterbrochen im Regal vor sich hinstaubte. So handelt es sich, Dank des Geburtstages meines Freundes und des oben angeführten Buches, tatsächlich nicht nur um eine Wiederentdeckung des Albums. Vielmehr habe ich mich intensiv mit den einzelnen Stücken beschäftigt und erst so manche Perle auf dieser Scheibe für mich entdecken können. Der so schön groovende "12/8 Blues" blieb mir bis dato verborgen, von dem träumerischen, mundharmonikageschwängerten "Midnight on the Bay" hatte ich gar keinen Schimmer mehr.
12/8 Blues (All the Same) | Midnight on the Bay
Es gibt in unterschiedlichen Besprechungen keine klare Meinung darüber, ob nun die von Young oder die von Stills beigesteuerten Songs die besseren, anspruchsvolleren sind. Auch ich mag mich hier nicht festlegen. Was ich allerdings sagen kann: es handelt sich um ein sehr schönes, hörenswertes Album. Es gehört möglicherweise nicht zu den jeweiligen Topalben der beiden Künstler - aber wer legt hier schon welchen Maßstab an? Wahrscheinlich wird es auch nicht den Weg in den Koffer meiner Inselalben finden, wer weiß? Aber - garantiert wird es in Zukunft regelmäßiger gehört werden.
Die Songs
1 Long May You Run |3:52 | Neil Young
2 Make Love To You | 5:09 |Stephen Stills
3 Midnight On The Bay | 4:00 | Neil Young
4 Black Coral | 4:41 | Stephen Stills
5 Ocean Girl | 3:18 | Neil Young
6 Let It Shine | 4:41 | Neil Young
7 12/8 Blues (All The Same) | 3:43 | Stephen Stills
8 Fontainebleau | 3:59 | Neil Young
9 Guardian Angel | 5:47 | Stephen Stills
Die Musiker
Stephen Stills – vocals, guitars, piano, production, mixing
Neil Young – vocals, guitars, piano, harmonica, string synthesizer
Jerry Aiello – organ, piano
George "Chocolate" Perry – bass guitar, backing vocals
Joe Lala – percussion, backing vocals
Joe Vitale – drums, flute, backing vocals
Noch eine kleine Anmerkung zu dem oben erwähnten Buch:
Der Titel des Buches lautet "Neil Young - Special Deluxe / Eine AUTO-Biografie". Tatsächlich wird "AUTO" vollständig in Großbuchstaben geschrieben. So wird es, hat man dies erst einmal wahrgenommen, nicht verwundern, dass es in dieser AUTObiografie in den vielen unterhaltsamen Anekdoten immer wieder auch um die Automobile geht, die NY besessen hat.
Illustriert werden diese Geschichten eigenhändig vom Autor des Buches. So lassen sich viele schöne Tuschezeichnungen verschiedenster Automobile wiederfinden. Darüber hinaus handelt es sich um amüsante sowie interessante kleine Stories. Viele der in der AUTObiografie genannten Bands oder Musiker laden geradezu dazu ein, den Querverweisen zu folgen. Neue Entdeckungen nicht ausgeschlossen. So kann dieses Buch nicht nur Freunden von Stills/Young empfohlen werden, sondern auch denen, die gerne auf musikalisch-geschichtliche Entdeckungsreise gehen. Weihnachten naht.
Für Interessierte:
Neil Young, “Special Deluxe – Eine AUTO-Biografie”, Kiepenheuer & Witsch, 416 Seiten, gebunden, 27,80 Euro
Nun denn - mein Freund entschied sich für eine andere Biografie - keine aus meiner Auswahl sollte es werden. Da ich jedoch während meiner "Vorstudie" einige Seiten des Buches beschnupperte, wurde ich neugierig auf das Gesamtwerk - mittlerweile befindet es sich im Nettetaler Haushalt.
Ein kleiner Ausschnitt aus diesem Buch, der mich letztendlich die hier vorgestellte Scheibe wiederentdecken ließ:
(mehr zum Buch siehe unten)
Stills-Young Band - Long May You Run | USA 1976 | Rock / Country-Rock
Der Grund des Kaufes dieser CD war erst einmal recht profan: Young stand auf dem Cover, das genügte zunächst. Es gab Zeiten, da wurde alles von einem Interpreten gekauft. Weil es gefiel, oder weil dessen Werk vollständig im Regal stehen sollte. Nun war dies jedoch kein "reines" Young'sches Album, vielmehr - und auch dies war dem Cover zu entnehmen - entsprang es der Zusammenarbeit mit Steven Stills.
Lohnte sich die Anschaffung? Hielt der Inhalt, was die Verpackung versprach? Let's Go - wir werden sehen!
Meines Wissens war dies das einzige Mal, dass Stills / Young als Duo zusammenfanden und eine gemeinsame Platte aufnahmen. Die Veröffentlichung der Scheibe sorgte wohl kurzfristig für einigen Zwist zwischen Stills/Young und Crosby/Nash. Sei's drum, das Quartett fand sich dennoch immer wieder für gemeinsame Veröffentlichungen zusammen. Gut so!
Der Titelsong und Opener "Long May You Run", wie oben zu lesen eine Hommage an Youngs Automobil "Mort", wird auch heute noch in vielen Konzerten von Neil Young gespielt.
Wenngleich mich sportliche Ereignisse kaum noch interessieren - der Mammon ist allumfassend zu besitzergreifend geworden - kann ich mich auch heute noch nicht gegen die Gänsehaut wehren, die mich bei der Darbietung des Songs anlässlich der Abschlusszeremonie der Olympischen Winterspiele Vancouver 2010, Kanada, überfällt.
Long May You Run - Vancouver 2010 Abschlusszeremonie
Long May You Run - Albumversion
Wie auf dieser Abschlusszeremonie wird der Song auch auf der CD von Neil Young gesungen. Trotz der Zwiste, die die Scheibe bei Veröffentlichung hervorrief, steuerten Crosby und Nashs den Hintergrundgesang zu diesem nostalgischen, leicht melancholischen Titel bei. Ein Stück mit Mitsummcharakter und für mich der einzige Ohrwurm des Albums.
Es müssen jedoch nicht immer Ohrwürmer vertreten sein, damit eine Scheibe im Gedächtnis bleibt. Für "Make Love To You", dem zweiten Titel des Albums, steht Steven Stills am Micro. Klasse Hammondeinlagen machen diesen relaxten Lovesong zu einem wahren Ohrenschmeichler mit bluesigem Touch. Diesen Titel stufe ich sogar noch eine Klasse höher ein als den von Young gebrachten Opener. Die Mischung aus Gesang, Hammond und Gitarre sorgen für eine sich langsam aufbauende Spannung. Schade nur, dass am Ende recht langweilig ausgeblendet wird. Ich hätte mir ein überraschendes Endsolo mit dickem Schlagzeug- oder Gitarrenwums gewünscht.
Make Love To You
Ein typischer Young-Song schwirrt uns mit "Fontainebleau" um die Ohren. Der Song hat alles, was üblicherweise von ihm "erwartet" wird: die Gitarre grient und jammert und quietscht und zirpt, dass es eine wahre Freude ist. Alles gewürzt mit den von Neil Young bekannten Rückkoppelungen. Das schreit förmlich nach nachbarfreier Wohnumgebung, um den Lautstärkeregler möglichst weit nach rechts drehen zu können. Ungewöhnlich scheint lediglich die Länge von knapp vier Minuten: ähnliche Stücke aus Youngs' Feder brauchen mittlerweile schonmal 14, 15 Minuten oder länger. Gitarrenfreaks ist selbst dies oft zu kurz.
Fontainebleau
Die Paarung Stills/Young hat mit "Long May You Run" ein abwechslungsreiches, homogenes Album geschaffen, welches auch kommerziell einen gewissen Erfolg verzeichnen konnte. Im weltweiten Informationsmedium namens Internet sind zur Entstehung bis zur Veröffentlichung des Werkes viele Geschichten zu finden. Beispielsweise sei hier genannt, dass Young die Parts von Crosby/Nash zunächst aus den Mastertapes (?) herausfrickelte. Später seien sie, warum auch immer, ganz oder teilweise hinzugefügt worden.
Dem endgültigen Werk oder auch dem Hörer mag oder sollte das egal sein - was zählt, ist die Musik. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass das Album nach dem Kauf bis heute fast ununterbrochen im Regal vor sich hinstaubte. So handelt es sich, Dank des Geburtstages meines Freundes und des oben angeführten Buches, tatsächlich nicht nur um eine Wiederentdeckung des Albums. Vielmehr habe ich mich intensiv mit den einzelnen Stücken beschäftigt und erst so manche Perle auf dieser Scheibe für mich entdecken können. Der so schön groovende "12/8 Blues" blieb mir bis dato verborgen, von dem träumerischen, mundharmonikageschwängerten "Midnight on the Bay" hatte ich gar keinen Schimmer mehr.
12/8 Blues (All the Same) | Midnight on the Bay
Es gibt in unterschiedlichen Besprechungen keine klare Meinung darüber, ob nun die von Young oder die von Stills beigesteuerten Songs die besseren, anspruchsvolleren sind. Auch ich mag mich hier nicht festlegen. Was ich allerdings sagen kann: es handelt sich um ein sehr schönes, hörenswertes Album. Es gehört möglicherweise nicht zu den jeweiligen Topalben der beiden Künstler - aber wer legt hier schon welchen Maßstab an? Wahrscheinlich wird es auch nicht den Weg in den Koffer meiner Inselalben finden, wer weiß? Aber - garantiert wird es in Zukunft regelmäßiger gehört werden.
Die Songs
1 Long May You Run |3:52 | Neil Young
2 Make Love To You | 5:09 |Stephen Stills
3 Midnight On The Bay | 4:00 | Neil Young
4 Black Coral | 4:41 | Stephen Stills
5 Ocean Girl | 3:18 | Neil Young
6 Let It Shine | 4:41 | Neil Young
7 12/8 Blues (All The Same) | 3:43 | Stephen Stills
8 Fontainebleau | 3:59 | Neil Young
9 Guardian Angel | 5:47 | Stephen Stills
Die Musiker
Stephen Stills – vocals, guitars, piano, production, mixing
Neil Young – vocals, guitars, piano, harmonica, string synthesizer
Jerry Aiello – organ, piano
George "Chocolate" Perry – bass guitar, backing vocals
Joe Lala – percussion, backing vocals
Joe Vitale – drums, flute, backing vocals
Noch eine kleine Anmerkung zu dem oben erwähnten Buch:
Der Titel des Buches lautet "Neil Young - Special Deluxe / Eine AUTO-Biografie". Tatsächlich wird "AUTO" vollständig in Großbuchstaben geschrieben. So wird es, hat man dies erst einmal wahrgenommen, nicht verwundern, dass es in dieser AUTObiografie in den vielen unterhaltsamen Anekdoten immer wieder auch um die Automobile geht, die NY besessen hat.
Illustriert werden diese Geschichten eigenhändig vom Autor des Buches. So lassen sich viele schöne Tuschezeichnungen verschiedenster Automobile wiederfinden. Darüber hinaus handelt es sich um amüsante sowie interessante kleine Stories. Viele der in der AUTObiografie genannten Bands oder Musiker laden geradezu dazu ein, den Querverweisen zu folgen. Neue Entdeckungen nicht ausgeschlossen. So kann dieses Buch nicht nur Freunden von Stills/Young empfohlen werden, sondern auch denen, die gerne auf musikalisch-geschichtliche Entdeckungsreise gehen. Weihnachten naht.
Für Interessierte:
Neil Young, “Special Deluxe – Eine AUTO-Biografie”, Kiepenheuer & Witsch, 416 Seiten, gebunden, 27,80 Euro