Raumakustik

holger_fischer

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Raumakustik

 ·  Gepostet: 29.07.2020 - 18:17 Uhr  ·  #595798
Hallo zusammen,

mit dem Thread stelle ich das Thema Raumakustik zur Diskussion. Meiner Meinung nach ein Thema, welches stark vernachlässigt wird, wenn es um den guten Klang geht. Es wird soviel philosophiert über die richtigen Kabel, Netzfilter usw.. Die beiden Faktoren seien nur mal stellvertretend für Randbereiche der Hardware genannt, welche vergleichsweise nur marginalen Einfluss auf den Sound in den eigenen vier Wänden haben, wenn man ihnen den Faktor Aufbau und Struktur des beschallten Raums gegenüberstellt. Schon ein Hinzufügen (oder Entfernen) eines Polstersessels oder eines Teppichs hat erheblich mehr Auswirkungen auf den Klang.
Wer von euch hat damit Erfahrungen gemacht?

Ich berichte kurz über meine Erkenntnisse. Mein Musikzimmer ist im Keller. Der Raum ist etwa 4,80m x 3,30m mit einer Deckenhöhe von lediglich 2,20m. Gerade Letzteres ist alles andere als optimal. Beschallung erfolgt durch ein Paar Quadral Vulkan IV - Boxen. Erstaunlicherweise klingt es besser, als es zu erwarten wäre. Der Bass ist oftmals ein Problem. Auch wenn ich so ganz zufrieden bin, kann man sicher noch etwas verbessern. Ursprünglich hatte ich vor, die Decke etwas zu bedämpfen. Allerdings ist das alles mit Aufwand und Kosten verbunden und der Erfolg ist nicht garantiert. Also habe ich mich etwas informiert bzgl. der Messung der Raumakustik. Bei Horst (hmc) habe ich so etwas schon einmal miterleben dürfen. So habe ich auf meinem Rechner die freie Software REW installiert und mir ein Messmikrofon zugelegt. Als Richtwert sagt man, dass die Nachhallzeit nicht länger als 300ms sein sollte. Folgende Auswertungen habe ich machen können:

Hier kann man sehen, dass bei etwa 38 Htz eine Raummode vorhanden ist, während der Rest eigentlich recht gleichmäßig ist, was die Nachhallzeit und auch den Frequenzgang betrifft. Das heißt, mit einer Dämpfung der Decke mit beispielsweise 5 cm Material hätte ich im Bassbereich nichts erreicht, die Mitten und Höhen wären aber noch weiter gedämpft worden, was aber nicht nötig und vielleicht auch nicht gewünscht ist, da der Klang natürlich weiterhin lebendig sein soll.

Die Bassmode ist aber eine Herausforderung. Nicht, dass es augenblicklich klanglich katastrophal ist, zumal die Musik sich erst mal in diesen Frequenzen und in entsprechender Laustärke abspielen muss. Aber wenn es etwas zu verbessern gibt......
Hat jemand eine Idee? Meine Recherchen bis jetzt haben ergeben, dass Bassabsorber o.ä sich aufgrund der benötigten Größe kaum in diesem Raum unterbringen lassen.

badMoon

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Re: Raumakustik

 ·  Gepostet: 30.07.2020 - 09:15 Uhr  ·  #595828
Guten Morgen Holger,

viel qualifiziertes kann ich leider nicht beitragen, lediglich meine Meinung zum Thema.

Als ich mir seinerzeit meine neuen Boxen anschaffte, war ich in Düsseldorf sowie in Willich auf Hör- und Besichtigungstour. Am schlechtesten war Willich aufgestellt - die Boxen (Canton) mussten erst angeschlossen werden, wurden durch davor stehende Boxen verdeckt usw.

In Düsseldorf wurden die Wunschkandidaten präzise, an auf dem Boden angebrachten Markierungen, aufgestellt. Auch der Hörsessel war penibel ausgerichtet. Das führte zu einem brauschenden Klangerlebnis, war der Hörraum natürlich zusätzlich top gedämmt. Mit geschlossenen Augen hatte ich das Gefühl, Paul Simon steht singend vor mir, ich konnte ihn förmlich greifen.

Zu Hause angekommen, klingen die Boxen noch immer top. Aber das Hörgefühl wie im Studio war trotz hin- und herschieben nicht zu erreichen.

Die nächste Aktion war die Neuanschaffung eines Verstärkers bzw. eines All-In-Gerätes.

Und jetzt komme ich auf den Punkt.

Möglicherweise, trotz der Entscheidung für einen sehr guten All-In-One, habe ich mich hier falsch entschieden. Mein zweiter Wunschkandidat war ein Lyngdorf 3400 . Leider produzierte dieser im Hörstudio im direkten Vergleich mit meinem gekauften Gerät "unten herum" wenig Saft.

Und nun noch etwas mehr auf den Punkt gebracht:

Zu Hause wäre der Lyngdorf möglicherweise doch der bessere Kandidat. Warum? Er hat laut einschlägiger Fachzeitschriften einen hervorragenden "Einmesscomputer" an Bord und liefert das notwendige Einmessmikrofon direkt mit. So wären die vorhandenen, nicht optimalen Raumgegebenheiten weitestgehend durch den Lyngdorf ausgeglichen worden.

Natürlich besteht die Möglichkeit, mit Dämmungen an Wänden, Decke und Boden sowie Umpositionierung der Lautsprecher für den "optimaleren" Klang zu sorgen. Aber: man möchte es ja auch "gemütlich" haben - nicht immer ist ein reiner Hörraum vorhanden. Die Möglichkeit, seine Wohnstube so herzurichten, dass der Lautsprecher klingt wie im Hörstudio dürfte schwierig sein.

Vielleicht tausche ich doch noch gegen einen Lyngdorf ein :-/

holger_fischer

Betreff:

Re: Raumakustik

 ·  Gepostet: 30.07.2020 - 11:43 Uhr  ·  #595841
Guten Morgen Wolfgang,

ja, ganz klar, wenn es um die Raumgestaltung geht, sind Absorber unschön, egal wie nett sie verpackt sind. Letztendlich stehen oder hängen sie funktional außerhalb der Akustik nutzlos im Raum herum. Wer will das schon im Wohnzimmer. Selbst in meinem Musikzimmer sind poröse Absorber für den Bassbereich (siehe Raummode bei etwa 40 Htz) nicht unterzubringen. Aber ich habe ggfs. eine Möglichkeit gefunden: Plattenabsorber. Das versuche ich mal selbst zu bauen. Werde berichten.
Aber im Hoch- und Mitteltonbereich ist Einiges möglich, ohne die Optik des Raumes groß zu beeinträchtigen. Letztendlich ist es natürlich immer der Stellenwert, den man dem Klang zurechnet, welcher die nötigen Maßnahmen bestimmt.

In unserem Wohnzimmer haben wir eine Dolby-Surround-Anlage mit Elac-Boxen (für den richtigen Kinosound). Der Verstärker ist von Pioneer mit der Möglichkeit der Einmessung. Er hat ein separates Einmessmikrofon, welches man an dem Hörplatz aufstellt. Das habe ich natürlich auch gemacht und es hat gut geklappt. Ich habe den aktiven Subwoofer auf eine Grenzfrequenz von 100 Htz gestellt. Das wurde vom Pioneer auch exakt erkannt. Damit kann man kleine Fehler im Frequenzgang bestimmt ausgleichen. Aber Moden und starke Flatterechos wird man damit nicht in den Griff bekommen.

Mir geht es auch darum darzustellen, dass die Gestaltung und Art des Raums erheblichen Einfluss auf den Klang hat. Dagegen sind Verbesserungen durch Hifi-Accessoires (ich erwähnte oben schon zwei) gering (kann man ja trotzdem machen).