Gevende - Sen Balik Degilsin Ki
Türkei, Feb. 2011
Mit dieser CD hat es wieder einmal eine Scheibe in den Player geschafft, die ich, angeregt durch den Songcontest "
East Meets West " (November 2017), aus dem Regal gezogen habe. Mit der Vorgabe "
Pop-/Rock-/Jazzmusik mit (deutlich erkennbaren) orientalischen Anklängen " schien diese CD prädestiniert, einen geeigneten Song zu enthalten. Und - unter uns Brüdern: ehrlich gesagt hatte ich schon mit einer besseren Platzierung gerechnet.
Wie bin ich nun überhaupt auf diese CD aufmerksam geworden - entspricht Musik aus türkischen Landen doch nicht unbedingt unseren Hörgewohnheiten.
Gemeinsam mit unserem Musikfreund
pur entstand im Januar 2012 die Idee, zu der damals 14-tägig stattfindenden Radiosendung des MuZi einen Beitrag zu erstellen. Ausgestrahlt wurde dieser dann im Februar unter dem Namen
---> Türkisch - Deutsch(e) - Türkische Freundschaft .
Zur Vorbereitung der Sendung und als kleine Überraschung schickten pur und ich uns gegenseitig eine CD mit Musik aus unseren Landen zu. Und so kam es, dass ich in meinem Briefkasten irgendwann die hier erwähnte Scheibe der mir bis dato völlig unbekannten, aber heute sehr geschätzten Band
Gevende vorfand.
Und nun zur CD
Genre :
Post Rock, Prog Rock, Avantgarde Jazz, Psychedelic
Musiker:
Ahmet Kenan Bilgiç: Vokal, gitar
Gökçe Gürçay: Davul
Okan Kaya: Bas, geri vokal
Ömer Öztüyen: Viola
Serkan Emre Çiftçi: Trompet
Spielzeit:
58:33 Minuten
Mit "
Sen Balik Degilsin ki " hat die türkische Band
Gevende ihr zweites Album veröffentlicht. Es bietet einen Stilmix aus Prog, Folk, Psychedelic, Jazz - und damit ein einzigartiges Hörerlebnis.
Bands kommen und gehen. CDs werden erworben, manchmal ist die Freude an deren Musik schnell verflogen. Welch ein Glücksfall ist es da, solch ein Schätzchen in den Händen zu halten. Und zu wissen: dies ist eine Scheibe für die Insel.
Einen der Akteure hervorzuheben ist schwer und würde den anderen nicht gerecht. Fasziniert auf einem Stück
Okan Kayas' phantastisch gespielter Bass, so ist es beim nächsten
Serkan Emre Çiftçis' Trompete, die die Gänsehaut beschert. Mit seinem verhaltenen Gesang und seiner Stimme sorgt
Ahmet Kenan Bilgiç für das orientalische Flair. Aus allen Stücken ist die Spielfreude herauszuhören, ist die Einheit der Band zu spüren. Oft scheint es, die Band beginnt beim Einspielen der Lieder zu improvisieren, die Songs verselbständigen sich. Und gerade diese immer wieder auftauchenden Überraschungen sorgen dafür, dass das Album von der ersten bis zur letzten Sekunde spannend bleibt.
Sind wir hier bezüglich der Songtexte überwiegend die englische Sprache gewohnt, macht auf diesem Album, so möchte ich behaupten, eben auch die türkische Sprache den Reiz der Musik aus. Zur Bedeutung des Textes - natürlich verstehe ich die Sprache nicht - habe ich unter anderem gelesen, dass es sich oft um eine Phantasiesprache handeln soll. So ist der Gesang wohl auch mehr als ein Instrument denn als Text zu verstehen. Ob dies nun richtig ist, vermag ich nicht zu beurteilen. Anders jedoch hätte der Gesang nicht sein dürfen.
Gebt dieser Band, dieser CD die Stunde Zeit, die sie verdient. Mich hat sie vollends überzeugt. Musik, technisch und emotional auf allerhöchstem Niveau. Wer es schafft, diese 60 Minuten in Ruhe und ohne Fernbedienung in der Hand zu genießen, der dürfte einen Begleiter für viele Jahre gefunden haben.
Wunderbar perlt
Esinti aus den Boxen, eindeutig dominiert hier die Trompete. Ahmet Kenan Bilgiç's Stimme bewegt sich zwischen "echtem" Gesang und Sprechgesang, eine Violine sorgt ab und an für melancholische Stimmung. Ein herrlicher Song, abwechslungsreich und gekonnt zwischen "Barjazz" und heftigeren Improvisationen wechselnd.
--->
Esinti
Leicht verloren eröffnet die Trompete "
Akvaryum" , ein ebenso verlorener Basslauf setzt ein, und erst nach fast zwei Minuten folgt wie aus weiter Ferne der Gesang. Am Horizont scheint, verzerrt und diabolisch, eine Violine zu klagen. Der Song packt, in dieser Klanglandschaft möchte man versinken. Schalte die Boxen ab, stöpsel den Kopfhörer ein - genieße und staune und entdecke die feinen Nuancen, die versteckten Klänge und Geräusche. Ein Pfund, ...wo sind die 10 Minuten geblieben? Eine Soundlandschaft, hervorragend geeignet als Untermalung für einen "Film Noire".
--->
Akvaryum
Zu melancholisch oder "tragend"? Natürlich geht es auch anders - zurück zum Opener dieser CD, "
Vigeland ". Da wird nicht erst lange rumgezappelt, sondern gleich kurzer Prozess gemacht. Trommelschläge, Basslauf, und dann drischt die Trompete orientalisch klingend auf die Lautsprechermembranen ein.
--->
Vigeland
Wie allgemein bekannt, schafft es heutzutage jede Schülerkapelle, mit den technischen Hilfsmitteln eines Studios wie eine professionelle Stadionband zu klingen. Wie schaut es also "Live" mit Gevende aus? Sind Abstriche oder gar böse Überraschungen zu befürchten? Mitnichten! So professionell ihre Musik auf Konserve klingt, so professionell stehen sie auf der Bühne. Jeder Song ist sofort erkennbar, wird durch Improvisationen gar noch aufgewertet - sofern dies überhaupt möglich ist. Ein Beispiel gefällig? Voilá -
Beboyin Yerki beweist eindringlich die künstlerische Bandbreite der Band. Eine Perle unter Perlen...
--->
Beboyin Yerki
Weitere Hörbeispiele:
--->
Igloo
--->
Sanki
--->
Sustum
Zu guter letzt eine Aufzeichnung für das französische Fernsehen. Dieser Mitschnitt überzeugt vollends von den Livequalitäten Gevendes.
--->
Gevende Live at Mezzo Voce - Corsica, Frankreich (53 Minuten)
[Trackliste] (Gesamtspielzeit 58:33)
Vigeland (6:11)
Esinti (8:10)
Akvaryum (9:48)
İgloo (6:25)
Kadıbostan (7:11)
Sanki (5:37)
Baboyi Yerkı (6:00)
Sustum (7:33)
Gökçe Gürçay: Davul / Okan Kaya: Bas, geri vokal / Ahmet Kenan Bilgiç: Vokal, gitar
Serkan Emre Çiftçi: Trompet / Ömer Öztüyen: Viola
--->
Homepage der Band
_________________________________________________________________________________
Für Interessierte: Radiosendung "Türkisch - Deutsch(e) - Türkische Freundschaft