Mostly Autumn Alben 1998 - 2005
For All We Shared
(1998 - Carver, Davison, Faulds, Findlay, Gibbons, Jennings, Josh, Scott)
Mostly Autumn spielen eine recht außergewöhnliche Variante des Progressive Rocks. Sie vermischen irisch-folkloristische Elemente mit Einflüssen von Pink Floyd und des Melodic Rock.
Kopf der Gruppe ist Bryan Josh, der die Idee für die besondere Mischung, die Mostly Autumn spielen, schon einige Jahre vor Gründung der Band im Kopf hatte.
Vielleicht auch ein Grund dafür, daß sich das Debutalbum wirklich sehen lassen kann. Es strotzt vor wundervollen Melodien, flotten Folk-Instrumentals, gefühlvollen Passagen und ausgezeichneten Gitarrensoli, die David Gilmour alle Ehre gereichen.
Wer allerdings mit irischer Folkmusik, gelegentlichem Einsatz von Violine und sporadischen Tin Whistles nichts anfangen kann, der wird wohl Probleme mit Teilen der Musik haben.
Das Album beginnt mit leisem Windheulen und einer kleinen Hörspieleinlage, es wird in der Ferne wohl ein altes Volkslied in einer Kneipe angestimmt, doch gleich darauf setzt der richtige Gesang von Bryan Josh ein und "Nowhere To Hide" entwickelt sich zu einem schönen Melodic Rocksong mit Mitsing-Refrain. Das Lied läßt auch schon erste Anleihen bei den Pink Floyd der "Dark Side Of The Moon" und "Wish You Were Here" Periode spürbar werden.
Besonders deutlich sind die Pink Floyd Reminiszenzen bei den epischen Tracks "The Last Climb" und "Heroes Never Die", die großartige Gitarrensoli bieten und Keyboards, die auch genausogut Rick Wright spielen könnte. Wenn man "The Last Climb" schon für hervorragend hält und eine Steigerung kaum möglich zu sein scheint, folgt gleich "Heroes Never Die" das wunderbar atmosphärisch mit floydianischen Keyboards und sanften Flötentönen beginnt und dabei eine Atmosphäre wie etwa "Shine On You Crazy Diamond" erzeugt - der Gesang ist dann wie immer großartig und das Lied baut sich auf, ehe es im großartigen Solo an der E-Gitarre mündet.
Cut.
Es gibt in der Tat einen großen Schnitt nach "Heroes Never Die" und der folkloristisch angehauchte Teil des Albums beginnt. Passenderweise mit einem flotten und mitreißenden Instrumental mit Namen "Folklore" - es gibt natürlich immer noch Einflüsse aus dem Rockbereich, aber die Violine übernimmt zusammen mit diversen Flöten die Führung und es entwickelt sich ein sehr tanzbares, fröhliches Lied bis ein kurzes Schlagzeugintermezzo den rockigeren Ausklang des Liedes einleitet. Wem sich bei der Violine die Augen verdrehen - das Instrument wird sehr melodisch eingesetzt, es wird nicht gefiddelt. Es folgen noch drei weitere Lieder, die eher irischer Volksmusik frönen. Diese Parts sind aber sehr gut gespielt und gefallen wirklich gut - so man denn dieser Art von Musik etwas abgewinnen kann. Phasenweise erinnern Mostly Autumn dann an ihre Kollegen von Iona, die ebenfalls Rockmusik mit gälischen Einflüssen verbinden.
Großartiger Ausklang des Albums ist dann aber ein echter Bombasttrack, wie er besser eigentlich nicht sein kann. "The Night Sky" nimmt wieder das Windheulen vom Beginn des Albums auf, es schält sich der Gesang heraus, der wieder Einflüsse von Pink Floyd erkennen läßt, es erinnert ein wenig an "Welcome To The Machine", woraus sich dann nach 4 Minuten zuerst ein sehr gefühlvolles Violinensolo entwickelt ehe die Violine wiederum zwei Minuten später ihren Part an die E-Gitarre übergibt. Wer lange E-Gitarrensoli mag, kommt hier voll auf seine Kosten.
Ich kann Mostly Autumn all denen empfehlen, die melodisch progressiven Rock mögen, und sich nicht abwenden, wenn dabei in einigen Liedern mehr, in manchen kaum, gälische Einflüsse vorliegen. Daß Bryan Josh Fan von Pink Floyd ist merkt man schnell, aber er kopiert nicht, allein sein Gitarrenspiel ist sehr von Gilmour beeinflußt und auch manches Arrangement lehnt sich gelegentlich an bekannten Floyd-Zutaten an.
Für mich ist "For All We Shared" ein mehr als nur gelungenes Debut. Was man allenfalls vorwerfen kann ist die vorhandene Zweiteilung der Musik, die nicht unbedingt homogen wirkt, wobei jeder Teil für sich absolut wunderbar gelungen ist. Ein weiteres Manko: die Band verfügt mit Heather Findlay über eine begnadete Sängerin, die hier leider zu selten zum Einsatz kommt, sie bestreitet eine Ballade allein, ansonsten vermischt sich ihre Stimme mit dem Leadgesang von Bryan Josh, der ebenfalls eine sehr gute Stimme hat. Eine etwas paritätischere Rollenverteilung täte dennoch gut. Dies ist dann auch beim zweiten Album geschehen.
Ich halte Mostly Autumn für eine absolut empfehlenswerte Band aus England, die hoffentlich noch bekannter werden - zur Zeit sind die Alben wohl nur als UK-Import erhältlich. Nur wer absolut keine irische Volksmusik mag, sollte vorher mal reinhören und dann entscheiden, ob die epischen Gitarrenstücke dennoch für ihn den Kauf rechtfertigen. Alle anderen können und sollten zugreifen und sich an einem der besten Debutalben der letzten Jahre erfreuen. März 2001 erscheint übrigens das neueste - bereits dritte - Album der Band.
13 Punkte
The Spirit Of Autumn Past
(1999 - Carver, Davison, Faulds, Findlay, Goldthorpe, Jennings, Josh, McNeil)
Die sehr interessante englische Band Mostly Autumn ist hierzulande noch nicht so bekannt. Zu Unrecht, wie ich finde. Die Band um Mastermind Bryan Josh spielt sehr gefühlvollen Progrock der aus so gegensätzlichen Einflüssen wie Pink Floyd und Folkmusic entsteht.
"The Spirit..." ist das zweite Album der Band und während auf dem bereits hochklassigen Debut der Stilwechsel von Progrock zu folkoristisch angehauchten Liedern noch recht abrupt geschah, so zeigt sich das Gesamtbild auf dem Album schon sehr viel harmonischer.
Folkoristische Elemente sind in vielen Liedern dezent eingewoben und der Wechsel von den floydianisch angehauchten Stücken zu den folkigen geschieht glatter, auch sind die Folkelemente um einiges zurückgegangen zu Gunsten der progressiven Seite der Band.
Zur Musik: das Album nimmt die letzten paar Sekunden des Vorgängers auf. Das Windheulen und das Gitarrensolo blenden langsam wieder ein, bis sich die Takte von "Winter Mountain", dem ersten Stück der CD, nach vorne spielen und das Album sehr rockig beginnen lassen. Schon nach wenigen Sekunden merkt man, daß hier die progressiven Einflüsse sehr harmonisch mit einigen Folkelementen zusammengebracht wurden.
Mostly Autumn - und hier der Hauptkomponist Bryan Josh - haben ein ausgesprochenes Talent dafür, wunderschöne Melodien zu kreieren, ihre Songs mit Bombast bester Manier auszuschmücken, dann wiederum aber auch sehr zart und zerbrechlich zu klingen, oder auch fröhlich unbeschwert, wenn es etwas folkloristischer wird.
Dazu kommt, daß die Band neben den ausgezeichneten Musikern über zwei sehr talentierte Sänger verfügt. Neben Byan Josh ist noch Heather Findlay zu nennen - die beiden bestreiten viele Stücke gemeinsam. Vor allem aber, wenn Findlay solo singt kann man ihre warme, manchmal etwas rauchige Stimme genießen. Die Frau ist für mich eine der besten Sängerinnen im Proggenre zur Zeit.
Mal ist sie sehr zart und romantisch wie bei der kurzen und sehr schönen Single "Pieces Of Love", mal verträumt, aber auch druckvoll wie bei einem der besten Stücke der CD "Evergreen", das nach einem etwas ruhigeren Beginn Bombast und ein beeindruckendes Gitarrensolo von Bryan Josh in allerbester Pink Floyd Manier liefert.
Ein weiterer Höhepunkt ist das letzte Lied "The Gap Is Too Wide", das mit knapp elfeinhalb Minuten auch das längste ist. Es beginnt mit dem leisen Plätschern eines Baches, dann setzen Keyboardstrings ein und erzeugen eine pastorale Atmosphäre voller Melancholie, die Geige übernimmt den Faden, die die Keyboards gesponnen haben und Heather Findlay darf den sehr ruhigen Gesangsteil bestreiten - wie immer mehr als gekonnt. Der Gesang klingt aus und die Keyboards übernehmen das Kommando. Sie erzeugen allmählich mehr und mehr Bombast, es setzt leise ein Chor ein, der dann schließlich in den Vordergrund kommt und einfach großartig klingt. Schließlich führt die E-Gitarre von Josh das Lied fort - David Gilmour könnte es nicht besser tun - bis dann am Ende ein Dudelsack das Stück zum Ende führt.
Zusammen mit "Evergreen" ist "The Gap Is Too Wide" das beste, was Mostly Autumn auf der CD zeigen, in meinen Augen sogar das beste, was man sich vorstellen kann.
Das Album hat zwar neben absolut grandiosen Momenten auch manchmal etwas schwächere Stellen, so z.B. bei manchen Instrumentals, aber diese werden von den großartigen Augenblicken mehr als wettgemacht.
Wer Pink Floyd mag und bedauert, daß die Band seit Jahren nichts mehr veröffentlicht hat, sollte unbedingt "Mostly Autumn" kaufen. Zwar ist die Kombination von Folk und Prog beim ersten Mal etwas ungewöhnlich, aber auf beiden Gebieten sind "Mostly Autumn" kaum zu schlagen. Ihr Sinn für wunderbare Melodien, Bombast, großartigen Soli sollte eigentlich jeden überzeugen können.
Für mich sind "Mostly Autumn" eine der besten Progbands zur Zeit.
13 Punkte
The Last Bright Light
(2001 - Blackmore, Davison, Findlay, Goldthorpe, Jennings, Josh, Smith)
Auf dem neuesten Album von "Mostly Autumn" hat es größere Personalwechsel gegeben. Der Schlagzeuger und der Bassist wurden ersetzt, während der Violonist Bob Faulds die Band verlassen hat ohne ersetzt zu werden. Der Kern der Gruppe, Gitarrist und Sänger Bryan Josh, Sängerin Heather Findlay, Keyboarder Iain Jennings und der 2. Gitarrist Liam Davison ist jedoch unverändert geblieben. Zu bemerken ist auch, daß die anderen kreativen Bandmitglieder nun auch mehr Akzente bei den Kompositionen setzen. Heather Findlay sowie Iain Jennings und Liam Davison haben einen Gutteil der Lieder mitkomponiert bzw. stellenweise ganz ohne Josh geschrieben.
Der Weggang von Geiger Faulds symbolisiert auch, daß sich Mostly Autumn noch ein Stückchen weiter von den Folkelementen entfernt haben, bisher hatte vor allem die Geige auch Akzente in diesem Bereich gesetzt. Unverändert hingegen sind die Einflüsse von Pink Floyd.
"The Last Bright Light" ist das Album, das bisher am harmonischsten klingt. Während auf den beiden vorherigen CDs es immer wieder mal Stilwechsel gab, mal abrupter, mal dezenter, so präsentiert sich hier mehr als zuvor alles aus einem Guß.
Die Rezeptur von "Mostly Autumn" hat sich im Großen und Ganzen nicht geändert. Es gibt epische, breitwandige Lieder, die jedem Pink Floyd Fan Tränen des Glücks in die Augen treiben, dann aber auch sehr zarte und romantische Augenblicke voll Schönheit und Ruhe - und zu guter Letzt hier und da immer noch folkige, peppige Passagen, aber diese weniger auf sich allein gestellt, sondern immer im Kontext eingebunden.
Die Arbeit von Bryan Josh an der Gitarre ist erneut absolut der von David Gilmour ebenbürtig und auch Keyboarder Jennings tut sein bestes, um Rick Wrights Soundgemälde vergessen zu machen.
Wie schon auf dem Album zuvor nimmt "The Last Bright Light" die letzten Sekunden des letzten Liedes des vorigen Albums auf, es wird sozusagen der rote Faden fortgeführt, der seit dem Debutalbum besteht, es schält sich dann aber schnell ein Gitarrenintro von Josh heraus, bei dem man sofort wieder merkt, von wem sich Josh inspirieren lies bei seinem Stil Gitarre zu spielen - David Gilmour.
Auf "The Last Brigt Light" gibt es kein einziges schwaches Lied, es gibt gute Lieder, es gibt sehr gute Lieder und es gibt schlicht großartige Stücke. Zur letzten Kategorie gehört das wunderschöne "Shrinking Violet" auf dem Heather Findlay sehr poetisch den Verlust der Kindheit beklagt. Nach einem besinnlichen Beginn, bei dem man vor allem die Melodie und den Gesang genießen darf, steigert sich das Lied in den abschließenden Instrumentalteil mit hervorragendem Gitarrensolo und Choreinsatz hinein. Zur gleichen Kategorie wie "Shrinking Violet" gehört - wie bisher immer bei "Mostly Autumn" - das letzte Lied der CD. Die Dramaturgie ist ähnlich wie bei "Shrinking Violet", besinnlicher Anfang, allein von der Akustikgitarre getragen, dann der ruhige Gesangsteil - diesmal singen Josh und Findlay gemeinsam - bis sich das Lied in den abschließenden sechs Minuten währenden bombastischen Instrumentalteil begibt, der mal wieder beweist, daß "Mostly Autumn" in gewisser Weise das Erbe von Pink Floyd fortführen.
Nach all den Referenzen zu Pink Floyd möchte ich noch mal klarstellen, daß Josh und Co. keinesfalls Ideen von Pink Floyd kopieren. Allein die Art und Weise wie die E-Gitarre und die Keyboards gespielt werden lassen sehr große Parallelen zu Gilmour und Wright erkennen.
Wie schon bei den Alben zuvor kann ich sagen, daß Fans von Pink Floyd auf jeden Fall "Mostly Autumn" antesten sollten. Aber auch sonst kann ich die Band jedem nur empfehlen, der Musik mag, die zwar nicht vertrackt komplex ist, dafür aber gefühlvoll, mal bombastisch, mal romantisch, mal folkloristisch (bei "The First Bright Light" nicht mehr so ausgeprägt) und immer sehr schön ist.
"Mostly Autumn" sind in meinen Augen das Highlight der letzten drei Jahre. Bleibt zu hoffen, daß sie in Deutschland bekannter werden. Es gibt eigentlich nur einen Tip von mir: kaufen!
14 Punkte
Music inspired by the Lord Of The Rings
(2001 - Blackmore, Davison, Findlay, Goldthorpe, Jennings, Josh, Smith)
Im Dezember 2001 wurde rechtzeitig zum Filmstart von "Der Herr der Ringe - Die Gefährten" die CD als "das unerwartete Album" präsentiert. Unerwartet kam es in der Tat. Bryan Josh hatte genau zwei Wochen Zeit, die CD (angefangen bei der Komposition der Lieder bis zum Mastern des Albums) auf die Beine zu stellen. Laut eigener Aussage war dies nur möglich, in dem er so gut wie nicht schlief und die zwei Wochen einfach durcharbeitete. Der ursprüngliche Antrieb hinter dem Album bildet übrigens das Label der Band. Die CD ist laut Bryan Josh auch nicht als reguläres viertes Studioalbum gedacht - schließlich ist "The Last Bright Light" erst im Frühjahr 2001 erschienen - sondern dient mehr dazu, den Fans von Mostly Autumn ein nettes Weihnachtsgeschenk zu präsentieren und den Hype und Trubel um den Kinofilm von Peter Jackson auszunutzen. Die Frage ist, ob das LOTR-Album neue Fans gewinnen kann.
Mostly Autumn haben schon auf den Alben zuvor immer wieder mal Einflüsse vom Herrn der Ringe spüren lassen. Das instrumentale Stück "Out of the Inn" auf dem Debutalbum gehört ebenso dazu wie das gleichfalls instrumentale "Helm's Deep" von "The Last Bright Light". Ersteres beschreibt den Abend und die Flucht aus dem "Tänzelnden Pony" und letzteres die Schlacht gegen Sarumans Orktruppen an Helms Klamm. Beide Lieder finden sich auch auf der CD wieder, "Out of the Inn" wurde dabei neu aufgenommen, es fehlt der Auszug aus dem BBC-Hörspiel zu Beginn und das Lied wurde etwas rockiger interpretiert. "Helm's Deep" findet sich als Bonusvideotrack wieder, der klanglich leider recht katastrophal ist.
Wer Mostly Autumn schon kennt wird auf der CD feststellen, daß die episch-getragenen Tracks, die einen großen Teil der Musik von Mostly Autumn sonst ausmachen, kaum vorhanden sind. Es herrschen kürzere Songs vor und der folkloristische Einfluß wurde verstärkt - was angesichts des Themas sicherlich auch Sinn macht.
Die charakteristische Mischung aus Pink Floyd und Folklore-Elementen ist diesmal also nicht immer so ausgeprägt und auf einigen Liedern klingen Mostly Autumn wie eine eher typische Folk Band. Die Lieder sind allesamt aber gut gelungen. Es wirkt zwar nicht so perfekt poliert und emotional dicht immer wie auf den drei Studioalben, aber dies wird wohl auf die große Zeitnot bei der Produktion zurückzuführen sein.
Das Album beginnt mit der Ouvertüre für Mostly Autumn recht ungewöhnlich, erstaunlich hart und harsch beschreibt das Instrumental die Erschaffung des einen Ringes durch Sauron. Es wirkt düster und bedrohlich und erreicht damit auf jeden Fall die gewünschte Wirkung. Es folgt ein zuerst sehr stilles und schön wirkendes Lied, das von Heather Findlay gewohnt gefühlvoll interpretiert wird und allein von Akustikgitarre und Violine begleitet wird ehe im letzten Drittel ein leidenschaftliches Gitarrensolo dramatisch die Stille zerreißt und die Stimmung umkippen läßt. "Greenwood the Great" beschreibt die Entstehung des Mirkwoods und gehört zu den Highlights auf der CD. Das ebenfalls etwas stiller angelegte "Goodbye Alone", das beschreibt, wie Frodo beschließt, alleine das Auenland zu verlassen, folgt vom Schema her dem vorangegangenen Lied, etwas getragener Gesang von Bryan Josh und Heather Findlay ehe es zum Ende hin ein schönes Gitarrensolo gibt, das etwas Epik entstehen läßt. Es sind genau jene Stellen und Passagen, an denen der Einfluß von David Gilmour auf das Gitarrenspiel von Bryan Josh klar durchschimmert.
Es folgen eine Reihe instrumentaler Lieder, die mal rockig sind (Out of the Inn) und mal auch sehr folkloristisch wirken (At last to Rivendell). Es gibt mit "Lothlorien" noch eine sehr gefühlvolle, wunderschöne Ballade, die von Heather Findlay intoniert wird und ein paar nette Songs mit Bryan Josh als Sänger, hier besonders das direkt auf "Lothlorien" folgende, sehr hymnische "The Return Of The King", ehe das Album mit "To The Grey Havens" recht unspektakulär ausklingt. Wer die bisherigen großen Finals der Studioalben kennt, könnte hier vielleicht etwas enttäuscht sein.
Aber da "Music inspired by..." nicht als normales Studioalbum gedacht ist, soll das jetzt einmal beiseitegelegt werden. Letzten Endes ist Mostly Autumn ein gutes Album gelungen, das aufgrund der Thematik durchaus neue Hörer anziehen könnte. Wer Mostly Autumn bereits kennt und mag sollte sich auf jeden Fall auch diese CD zulegen. Wenn man das Album mit den drei bisherigen Studiowerken vergleicht kann es zwar nicht ganz mithalten, aber eine handvoll sehr schöner Lieder gibt es auch hier und der Rest ist durchgehend gut.
Wer Mostly Autumn bisher nicht kannte und sich das Album kauft, könnte vielleicht etwas getäuscht werden, was den Musikstil von Mostly Autumn betrifft - in den letzten Jahren sind die Folkeinflüsse auf den Alben weniger geworden. Wer aber das Album und den typischen Stil der Band mag und sich dafür entscheidet, den Rest der Musik von Mostly Autumn zu entdecken, wird mit den drei bisherigen Alben wahre Schätze auftun können. Deshalb könnten Mostly Autumn auch das Ziel erreichen, mit dem Album neue Fans zu gewinnen. Verdient hätten sie es auf jeden Fall.
12 Punkte
Passengers
(2003 - Blackmore, Davison, Findlay, Goldthorpe, Jennings, Josh, Smith)
Die ersten Sekunden des neuen Albums von Mostly Autumn erwecken den Eindruck, daß die Band kontinuierlich dort anknüpft, wo das letzte reguläre Studioalbum "The Last Bright Light" aufhörte - nämlich mit den ausklingenden Takten des dortigen Epos' "Mother Nature".
Doch die Kontinuität bei Mostly Autumn hält sich in Grenzen, wie man recht schnell bemerkt. Zum einen hat die Band das Label gewechselt und ist nun, wie schon beim Lord Of The Rings Album, mit Classic Rock Legends verbandelt, zum anderen hat sich die Musik selbst etwas gewandelt. War der Klang bisher von geschickten Pink Floyd Anleihen, folkloristischen Tupfern, ausgezeichneten Gitarrensolos und melancholisch durchtränkten wunderschönen Melodien bestimmt, so beschreiten Mostly Autumn mit "Passengers" einen etwas anderen Pfad. Zwar sind die bekannten Elemente noch vorhanden, doch gesellen sie sich diesmal zu deutlich geradlinigeren Liedern, die sehr viel mehr auf Massentauglichkeit getrimmt und bei weitem nicht mehr so breitwandig arrangiert sind.
Und so erweist sich das erste Lied des Albums auch als programmatisch: "Somewhere In Between". "Passengers" befindet sich irgendwo dazwischen und es erscheint zu diesem Zeitpunkt unklar, welche Richtung die Band selber einschlagen möchte. Eine Hälfte der Lieder spielt die Stärken der Gruppe aus, während die andere Seite des Albums eher belanglos dahinplätschert.
Als wirkliche Enttäuschung diesmal zählt für mich das abschließende Epos "Pass The Clock". Für sich betrachtet ist es nett, es hat besinnliche Momente zu Beginn, wie man es auch von den anderen Epen gewohnt ist, tempogeladene Steigerungen im Mittelteil und guten Gesang, wenn auch - wie öfters auf dem Album - eine langweilige Melodie im Schlußteil. Im Vergleich zu den bisherigen Schlußepen "The Night Sky", "The Gap Is Too Wide" und "Mother Nature" bleibt es aber durchgehend blaß und wirkt wie ein bloßer Schatten dieser ausgezeichneten Stücke.
Bryan Joshs bisherige Stärke bestand vor allem auch in seinem exzellenten und leidenschaftlichen Gitarrenspiel, das diesmal nicht nur auf "Pass The Clock" sehr selten Einsatz findet - und wenn, dann eher kurz. So ist "Pass The Clock" in drei einzelne Lieder unterteilt, deren Bezug untereinander eher locker ist, und hauptsächlich auf den Gesang fixiert. Erst zum Schluß hin gibt es so etwas wie ein kleines Intermezzo auf der Gitarre. Während die drei vorherigen Schlußepen allesamt Garanten für Gänsehaut und bewegende Musik waren, hinterläßt "Pass The Clock" einen in letzter Konsequenz belanglosen Eindruck. Man kann es hören, es stört nicht, aber es bleibt so gut wie nichts beim Hörer haften. Das Mittelmaß hat Einzug gehalten.
Am besten gefällt mir "Passengers" dann, wenn Mostly Autumn das tun, was sie - meiner Meinung nach - am besten können: wunderschöne Melodien zu komponieren, sich Zeit für die Entwicklung des Liedes zu lassen und das Ganze mit Pink Floyd Anleihen und Folkloreelementen auszuschmücken. Bezeichnenderweise gehören deshalb zwei Stücke von Keyboarder Iain Jennings, das einfühlsame "Another Life" und das floydianische Instrumental "Distant Train", zu den gelungenen Momenten auf dem Album. Womit ich nach all der Kritik bisher nun auch endlich Lob aussprechen kann und will.
Denn neben diesen beiden Songs ist das exzellente "Simple Ways" mit seinem variantenreichen Arrangement und floydianischen Keyboardpassagen ebenso sehr gut anzuhören (auch wenn das Gitarrenriff an "Winter Mountain" erinnert), wie das wuchtige Titelstück "Passengers" und das eingängig-rockige "Caught In A Fold", das als einziges der kurz und recht einfach gehaltenen Lieder wirklich überzeugen kann und auf dem Heather Findlay beweist, daß sie nicht nur die filigranen Töne exzellent beherrscht, sondern auch sehr dynamisch und kraftvoll singen kann.
Die restlichen Lieder sind dann beileibe nicht schlecht, aber ihnen haften dafür jene Schwächen an, an denen auch "Pass The Clock" kränkelt. Nämlich uninspirierte Melodien und das Fehlen der Aspekte, die bisher Mostly Autumns Stärken ausmachten - da hilft dann selbst Heather Findlays Gesang oft nicht mehr. Ausgerechnet ihr persönlichstes Lied, das sie ihrem verstorbenen Vater gewidmet hat, spult sich ereignislos ab.
Insgesamt betrachtet wirkt "Passengers" auf mich wie der erste Versuch von Mostly Autumn mit verstärkter Vehemenz Richtung massentauglicher Radiomusik zu gehen. Teilweise nähert man sich dabei anderen Bands. So erinnert "Somewhere In Between" manchmal schon an Fleetwood Mac zu Zeiten von Stevie Nicks und Lindsay Buckingham. Vielleicht wird dies vom Label so gefordert, vielleicht möchte die Band selbst einfach nur mehr Erfolg haben. Vergleicht man das Album mit den drei vorherigen regulären Studioalben bleibt jedenfalls leider nicht allzu viel übrig, das dem direkten Vergleich standhält, vor allem beim traditionellen Schlußlied wird dies überdeutlich.
Daß man als Fan von Mosty Autumn trotzdem noch seinen Spaß mit dem Album haben kann ist der handvoll gelungener Lieder zuzuschreiben, die vielleicht nicht immer das Niveau anderer Glanzpunkte der Band erreichen, aber immer noch besser als das meiste sind, was man heutzutage hört. Für Leute, die es allerdings gern etwas anspruchsvoller oder auch proglastiger wollen, wird "Passengers" hingegen wohl viel zu seicht sein.
Mostly Autumn Fans sollten auf jeden Fall darauf gefaßt sein, daß "Passengers" nicht der nächste große Wurf der Band geworden ist und es nur aufgrund der immer noch vorhandenen starken Momente schafft, nicht im musikalischen Niemandsland zu landen. Richtig schlecht ist dabei nichts, aber das ist die Crux am Mittelmaß, es ist nett, zu nett, um wirklich zu mißfallen, aber einfach nicht gut genug, um bleibende Eindrücke zu hinterlassen. Vielleicht ist aber auch alles nicht so schlimm: nach drei hervorragenden Alben schaffen Mostly Autumn diesmal nur eines mit Licht und Schatten. Man muß auf jeden Fall gespannt sein, wie es mit der Band weitergeht. Bleibt zu hoffen, daß das nächste Album nicht mehr "Somewhere In Between" sein wird.
10 Punkte
Storms Over Still Water
(2003 - Blackmore, Davison, Findlay, Gordon, A. Jennings, I. Jennings, Josh, Smith)
Quo Vadis, Mostly Autumn? Man hat das Label Classic Rock Legends wieder verlassen und kurzerhand ein eigenes gegründet, mit dem treffenden Namen "Autumn Records".
Was bietet "Storms Over Still Water" also dem geneigten Fan? Ein merkwürdig ambivalentes Album. Was ist nur in Bryan Josh, Iain Jennings, Heather Findlay und Co. gefahren, mag man nach den ersten paar Liedern denken. Begeisterte Mostly Autumn in der Vergangenheit als so eine Art "Celtic Floyd" und vermengte auf originelle Weise breitwandige Pink Floyd Anleihen und allerlei folkloristisches zu etlichen episch-bombastischen Kleinoden, scheint man sich nun plötzlich eher Richtung Fleetwood Mac zu begeben, hin zum Mainstream, hin zum AOR, weg vom Charme alter Tage.
Und so bietet "Storms Over Still Water" auf der ersten Hälfte hauptsächlich schnelle, treibende Rocknummern. Erster hörenswerter Höhepunkt ist als viertes Lied die hübsche Ballade "Heart Life" mit Heather Findlay am Mikrofon. Auch das direkt folgende, von Genesis inspirierte, "The End of The World" kann gefallen. Das Lied pendelt zwischen lieblicher Akustikgitarrenuntermalung zu Heather Findlays Gesang und bedrohlich, düster treibenden Gesangseinlagen und E-Gitarrenriffs von Bryan Josh hin und her, was einen interessanten dramatischen Kontrast ergibt. Der nächste schnurgerade Rockdampfhammer folgt jedoch schon unmittelbar darauf mit "Black Rain", das kurioserweise an Deep Purple erinnert, aber ein hübsches, wenn auch kurzes, Gitarrensolo von Josh anzubieten hat.
Die Up-Tempo Rocknummern der ersten Hälfte des Albums machen mit mehreren Bier intus sicherlich enorm Spaß, aber es ist doch nur ein schwacher Abglanz dessen, was man einst an Mostly Autumn so liebte, subtil ist hier nämlich bis auf "Heart Life" und "The End Of The World" nichts mehr. Und was macht die arme Angela Gordon, ehedem Goldthorpe vor ihrer Heirat, eigentlich in Zukunft live auf der Bühne? Folkelemente gibt es praktisch keine mehr. Flöte hört man vielleicht ein- zweimal. Da wird sich die gute Angela in Zukunft wohl noch mehr abseits der Bühne ausruhen können.
Doch ehe man beinahe anfängt zu glauben, Mostly Autumn würden nun einzig und allein Musik für englische Pubs spielen, nimmt das Album eine fast schon unerwartete Wendung zum sehr viel besseren. Die zweite Hälfte des Albums präsentiert sich gänzlich gewandelt. Hier zeigen Mostly Autumn endlich alte Größe, wenn sie nach der Unterhaltungsmusik zu Beginn des Albums epischer werden und auch deutliche Pink Floyd Anleihen erkennen lassen. Gleich das erste Epos "Candle To The Sky", das den Tod von Bryan Josh Vater vor zehn Jahren thematisiert, huldigt "Dark Side Of The Moon" und läßt wohlige Schauer über den Rücken laufen.
Die drei langen Stücke auf der zweiten Albumhälfte lassen sich jeweils knapp acht Minuten Zeit und können rundum begeistern. So gibt es auch bei dem folgenden Lied "Carpe Diem", das sich mit der Tsunamikatastrophe im Indischen Ozean beschäfigt, alles, was man sich wünscht: engelsgleichen Gesang von Heather Findlay, die sich stimmlich erneut verbessert zu haben scheint, eine sich langsam steigernde Songstruktur, zuerst bedächtig, zurückhaltend, zart und melancholisch, wenn zu Beginn der Wind heult, ein Dudelsack spielt und Heather Findlays Engelsorgan vom Piano begleitet wird, ehe dann der musikalische Ausbruch zur Mitte des Liedes hin erfolgt und "Carpe Diem" von purer Leidenschaft gepackt wird, wenn Bryan Josh ein exzellentes Gitarrensolo abliefert. Das folgende Titellied "Storms Over Still Waters" folgt mehr oder minder dem gleichen Schema und gefällt ebenfalls sofort.
Das Album klingt dann mit dem dramatischen Instrumental "Tomorrow" aus und hinterläßt einen zwiespältigen Eindruck. Man könnte glauben, Mostly Autumn wissen nicht so recht, was sie wollen. Schielen sie insgeheim auf eine größere Fangemeinde oder gar Radiohits, indem man auf der ersten Hälfte ungeniert in Mainstreamgewässern räubert? Oder präsentieren diese Lieder nur den geänderten Geschmack der verantworlichen Komponisten, Bryan Josh, Heather Findlay und Iain Jennings? Vielleicht aber auch hat sich das Konzept des "Celtic Floyd" totgelaufen und es fehlen die Ideen? Kann nicht sein, da man auf der zweiten Hälfte wirklich zu brillanter Form aufläuft. Man wird abwarten müssen, wie sich Mostly Autumn weiterentwickeln.
Ich persönlich hoffe, daß die Band nicht noch weiter Richtung Unterhaltungsmusik für Rockkneipen abdriftet. Vor allem die ersten drei Lieder wirken sehr uninspiriert, doch finden Mostly Autumn spätestens ab der Mitte des Albums endlich wieder zu alter Hochform zurück und werden alle Fans und neu Hinzugekommenen begeistern. Insgesamt ist das Album deshalb, trotz der schwächelnden ersten Hälfte, deutlich besser ausgefallen als das doch recht enttäuschende "Passengers", das kein einziges wirkliches Epos aufweisen konnte, hier gibt es derer gleich drei.
12 Punkte
TO für den Musikzirkus
For All We Shared
(1998 - Carver, Davison, Faulds, Findlay, Gibbons, Jennings, Josh, Scott)
Mostly Autumn spielen eine recht außergewöhnliche Variante des Progressive Rocks. Sie vermischen irisch-folkloristische Elemente mit Einflüssen von Pink Floyd und des Melodic Rock.
Kopf der Gruppe ist Bryan Josh, der die Idee für die besondere Mischung, die Mostly Autumn spielen, schon einige Jahre vor Gründung der Band im Kopf hatte.
Vielleicht auch ein Grund dafür, daß sich das Debutalbum wirklich sehen lassen kann. Es strotzt vor wundervollen Melodien, flotten Folk-Instrumentals, gefühlvollen Passagen und ausgezeichneten Gitarrensoli, die David Gilmour alle Ehre gereichen.
Wer allerdings mit irischer Folkmusik, gelegentlichem Einsatz von Violine und sporadischen Tin Whistles nichts anfangen kann, der wird wohl Probleme mit Teilen der Musik haben.
Das Album beginnt mit leisem Windheulen und einer kleinen Hörspieleinlage, es wird in der Ferne wohl ein altes Volkslied in einer Kneipe angestimmt, doch gleich darauf setzt der richtige Gesang von Bryan Josh ein und "Nowhere To Hide" entwickelt sich zu einem schönen Melodic Rocksong mit Mitsing-Refrain. Das Lied läßt auch schon erste Anleihen bei den Pink Floyd der "Dark Side Of The Moon" und "Wish You Were Here" Periode spürbar werden.
Besonders deutlich sind die Pink Floyd Reminiszenzen bei den epischen Tracks "The Last Climb" und "Heroes Never Die", die großartige Gitarrensoli bieten und Keyboards, die auch genausogut Rick Wright spielen könnte. Wenn man "The Last Climb" schon für hervorragend hält und eine Steigerung kaum möglich zu sein scheint, folgt gleich "Heroes Never Die" das wunderbar atmosphärisch mit floydianischen Keyboards und sanften Flötentönen beginnt und dabei eine Atmosphäre wie etwa "Shine On You Crazy Diamond" erzeugt - der Gesang ist dann wie immer großartig und das Lied baut sich auf, ehe es im großartigen Solo an der E-Gitarre mündet.
Cut.
Es gibt in der Tat einen großen Schnitt nach "Heroes Never Die" und der folkloristisch angehauchte Teil des Albums beginnt. Passenderweise mit einem flotten und mitreißenden Instrumental mit Namen "Folklore" - es gibt natürlich immer noch Einflüsse aus dem Rockbereich, aber die Violine übernimmt zusammen mit diversen Flöten die Führung und es entwickelt sich ein sehr tanzbares, fröhliches Lied bis ein kurzes Schlagzeugintermezzo den rockigeren Ausklang des Liedes einleitet. Wem sich bei der Violine die Augen verdrehen - das Instrument wird sehr melodisch eingesetzt, es wird nicht gefiddelt. Es folgen noch drei weitere Lieder, die eher irischer Volksmusik frönen. Diese Parts sind aber sehr gut gespielt und gefallen wirklich gut - so man denn dieser Art von Musik etwas abgewinnen kann. Phasenweise erinnern Mostly Autumn dann an ihre Kollegen von Iona, die ebenfalls Rockmusik mit gälischen Einflüssen verbinden.
Großartiger Ausklang des Albums ist dann aber ein echter Bombasttrack, wie er besser eigentlich nicht sein kann. "The Night Sky" nimmt wieder das Windheulen vom Beginn des Albums auf, es schält sich der Gesang heraus, der wieder Einflüsse von Pink Floyd erkennen läßt, es erinnert ein wenig an "Welcome To The Machine", woraus sich dann nach 4 Minuten zuerst ein sehr gefühlvolles Violinensolo entwickelt ehe die Violine wiederum zwei Minuten später ihren Part an die E-Gitarre übergibt. Wer lange E-Gitarrensoli mag, kommt hier voll auf seine Kosten.
Ich kann Mostly Autumn all denen empfehlen, die melodisch progressiven Rock mögen, und sich nicht abwenden, wenn dabei in einigen Liedern mehr, in manchen kaum, gälische Einflüsse vorliegen. Daß Bryan Josh Fan von Pink Floyd ist merkt man schnell, aber er kopiert nicht, allein sein Gitarrenspiel ist sehr von Gilmour beeinflußt und auch manches Arrangement lehnt sich gelegentlich an bekannten Floyd-Zutaten an.
Für mich ist "For All We Shared" ein mehr als nur gelungenes Debut. Was man allenfalls vorwerfen kann ist die vorhandene Zweiteilung der Musik, die nicht unbedingt homogen wirkt, wobei jeder Teil für sich absolut wunderbar gelungen ist. Ein weiteres Manko: die Band verfügt mit Heather Findlay über eine begnadete Sängerin, die hier leider zu selten zum Einsatz kommt, sie bestreitet eine Ballade allein, ansonsten vermischt sich ihre Stimme mit dem Leadgesang von Bryan Josh, der ebenfalls eine sehr gute Stimme hat. Eine etwas paritätischere Rollenverteilung täte dennoch gut. Dies ist dann auch beim zweiten Album geschehen.
Ich halte Mostly Autumn für eine absolut empfehlenswerte Band aus England, die hoffentlich noch bekannter werden - zur Zeit sind die Alben wohl nur als UK-Import erhältlich. Nur wer absolut keine irische Volksmusik mag, sollte vorher mal reinhören und dann entscheiden, ob die epischen Gitarrenstücke dennoch für ihn den Kauf rechtfertigen. Alle anderen können und sollten zugreifen und sich an einem der besten Debutalben der letzten Jahre erfreuen. März 2001 erscheint übrigens das neueste - bereits dritte - Album der Band.
13 Punkte
The Spirit Of Autumn Past
(1999 - Carver, Davison, Faulds, Findlay, Goldthorpe, Jennings, Josh, McNeil)
Die sehr interessante englische Band Mostly Autumn ist hierzulande noch nicht so bekannt. Zu Unrecht, wie ich finde. Die Band um Mastermind Bryan Josh spielt sehr gefühlvollen Progrock der aus so gegensätzlichen Einflüssen wie Pink Floyd und Folkmusic entsteht.
"The Spirit..." ist das zweite Album der Band und während auf dem bereits hochklassigen Debut der Stilwechsel von Progrock zu folkoristisch angehauchten Liedern noch recht abrupt geschah, so zeigt sich das Gesamtbild auf dem Album schon sehr viel harmonischer.
Folkoristische Elemente sind in vielen Liedern dezent eingewoben und der Wechsel von den floydianisch angehauchten Stücken zu den folkigen geschieht glatter, auch sind die Folkelemente um einiges zurückgegangen zu Gunsten der progressiven Seite der Band.
Zur Musik: das Album nimmt die letzten paar Sekunden des Vorgängers auf. Das Windheulen und das Gitarrensolo blenden langsam wieder ein, bis sich die Takte von "Winter Mountain", dem ersten Stück der CD, nach vorne spielen und das Album sehr rockig beginnen lassen. Schon nach wenigen Sekunden merkt man, daß hier die progressiven Einflüsse sehr harmonisch mit einigen Folkelementen zusammengebracht wurden.
Mostly Autumn - und hier der Hauptkomponist Bryan Josh - haben ein ausgesprochenes Talent dafür, wunderschöne Melodien zu kreieren, ihre Songs mit Bombast bester Manier auszuschmücken, dann wiederum aber auch sehr zart und zerbrechlich zu klingen, oder auch fröhlich unbeschwert, wenn es etwas folkloristischer wird.
Dazu kommt, daß die Band neben den ausgezeichneten Musikern über zwei sehr talentierte Sänger verfügt. Neben Byan Josh ist noch Heather Findlay zu nennen - die beiden bestreiten viele Stücke gemeinsam. Vor allem aber, wenn Findlay solo singt kann man ihre warme, manchmal etwas rauchige Stimme genießen. Die Frau ist für mich eine der besten Sängerinnen im Proggenre zur Zeit.
Mal ist sie sehr zart und romantisch wie bei der kurzen und sehr schönen Single "Pieces Of Love", mal verträumt, aber auch druckvoll wie bei einem der besten Stücke der CD "Evergreen", das nach einem etwas ruhigeren Beginn Bombast und ein beeindruckendes Gitarrensolo von Bryan Josh in allerbester Pink Floyd Manier liefert.
Ein weiterer Höhepunkt ist das letzte Lied "The Gap Is Too Wide", das mit knapp elfeinhalb Minuten auch das längste ist. Es beginnt mit dem leisen Plätschern eines Baches, dann setzen Keyboardstrings ein und erzeugen eine pastorale Atmosphäre voller Melancholie, die Geige übernimmt den Faden, die die Keyboards gesponnen haben und Heather Findlay darf den sehr ruhigen Gesangsteil bestreiten - wie immer mehr als gekonnt. Der Gesang klingt aus und die Keyboards übernehmen das Kommando. Sie erzeugen allmählich mehr und mehr Bombast, es setzt leise ein Chor ein, der dann schließlich in den Vordergrund kommt und einfach großartig klingt. Schließlich führt die E-Gitarre von Josh das Lied fort - David Gilmour könnte es nicht besser tun - bis dann am Ende ein Dudelsack das Stück zum Ende führt.
Zusammen mit "Evergreen" ist "The Gap Is Too Wide" das beste, was Mostly Autumn auf der CD zeigen, in meinen Augen sogar das beste, was man sich vorstellen kann.
Das Album hat zwar neben absolut grandiosen Momenten auch manchmal etwas schwächere Stellen, so z.B. bei manchen Instrumentals, aber diese werden von den großartigen Augenblicken mehr als wettgemacht.
Wer Pink Floyd mag und bedauert, daß die Band seit Jahren nichts mehr veröffentlicht hat, sollte unbedingt "Mostly Autumn" kaufen. Zwar ist die Kombination von Folk und Prog beim ersten Mal etwas ungewöhnlich, aber auf beiden Gebieten sind "Mostly Autumn" kaum zu schlagen. Ihr Sinn für wunderbare Melodien, Bombast, großartigen Soli sollte eigentlich jeden überzeugen können.
Für mich sind "Mostly Autumn" eine der besten Progbands zur Zeit.
13 Punkte
The Last Bright Light
(2001 - Blackmore, Davison, Findlay, Goldthorpe, Jennings, Josh, Smith)
Auf dem neuesten Album von "Mostly Autumn" hat es größere Personalwechsel gegeben. Der Schlagzeuger und der Bassist wurden ersetzt, während der Violonist Bob Faulds die Band verlassen hat ohne ersetzt zu werden. Der Kern der Gruppe, Gitarrist und Sänger Bryan Josh, Sängerin Heather Findlay, Keyboarder Iain Jennings und der 2. Gitarrist Liam Davison ist jedoch unverändert geblieben. Zu bemerken ist auch, daß die anderen kreativen Bandmitglieder nun auch mehr Akzente bei den Kompositionen setzen. Heather Findlay sowie Iain Jennings und Liam Davison haben einen Gutteil der Lieder mitkomponiert bzw. stellenweise ganz ohne Josh geschrieben.
Der Weggang von Geiger Faulds symbolisiert auch, daß sich Mostly Autumn noch ein Stückchen weiter von den Folkelementen entfernt haben, bisher hatte vor allem die Geige auch Akzente in diesem Bereich gesetzt. Unverändert hingegen sind die Einflüsse von Pink Floyd.
"The Last Bright Light" ist das Album, das bisher am harmonischsten klingt. Während auf den beiden vorherigen CDs es immer wieder mal Stilwechsel gab, mal abrupter, mal dezenter, so präsentiert sich hier mehr als zuvor alles aus einem Guß.
Die Rezeptur von "Mostly Autumn" hat sich im Großen und Ganzen nicht geändert. Es gibt epische, breitwandige Lieder, die jedem Pink Floyd Fan Tränen des Glücks in die Augen treiben, dann aber auch sehr zarte und romantische Augenblicke voll Schönheit und Ruhe - und zu guter Letzt hier und da immer noch folkige, peppige Passagen, aber diese weniger auf sich allein gestellt, sondern immer im Kontext eingebunden.
Die Arbeit von Bryan Josh an der Gitarre ist erneut absolut der von David Gilmour ebenbürtig und auch Keyboarder Jennings tut sein bestes, um Rick Wrights Soundgemälde vergessen zu machen.
Wie schon auf dem Album zuvor nimmt "The Last Bright Light" die letzten Sekunden des letzten Liedes des vorigen Albums auf, es wird sozusagen der rote Faden fortgeführt, der seit dem Debutalbum besteht, es schält sich dann aber schnell ein Gitarrenintro von Josh heraus, bei dem man sofort wieder merkt, von wem sich Josh inspirieren lies bei seinem Stil Gitarre zu spielen - David Gilmour.
Auf "The Last Brigt Light" gibt es kein einziges schwaches Lied, es gibt gute Lieder, es gibt sehr gute Lieder und es gibt schlicht großartige Stücke. Zur letzten Kategorie gehört das wunderschöne "Shrinking Violet" auf dem Heather Findlay sehr poetisch den Verlust der Kindheit beklagt. Nach einem besinnlichen Beginn, bei dem man vor allem die Melodie und den Gesang genießen darf, steigert sich das Lied in den abschließenden Instrumentalteil mit hervorragendem Gitarrensolo und Choreinsatz hinein. Zur gleichen Kategorie wie "Shrinking Violet" gehört - wie bisher immer bei "Mostly Autumn" - das letzte Lied der CD. Die Dramaturgie ist ähnlich wie bei "Shrinking Violet", besinnlicher Anfang, allein von der Akustikgitarre getragen, dann der ruhige Gesangsteil - diesmal singen Josh und Findlay gemeinsam - bis sich das Lied in den abschließenden sechs Minuten währenden bombastischen Instrumentalteil begibt, der mal wieder beweist, daß "Mostly Autumn" in gewisser Weise das Erbe von Pink Floyd fortführen.
Nach all den Referenzen zu Pink Floyd möchte ich noch mal klarstellen, daß Josh und Co. keinesfalls Ideen von Pink Floyd kopieren. Allein die Art und Weise wie die E-Gitarre und die Keyboards gespielt werden lassen sehr große Parallelen zu Gilmour und Wright erkennen.
Wie schon bei den Alben zuvor kann ich sagen, daß Fans von Pink Floyd auf jeden Fall "Mostly Autumn" antesten sollten. Aber auch sonst kann ich die Band jedem nur empfehlen, der Musik mag, die zwar nicht vertrackt komplex ist, dafür aber gefühlvoll, mal bombastisch, mal romantisch, mal folkloristisch (bei "The First Bright Light" nicht mehr so ausgeprägt) und immer sehr schön ist.
"Mostly Autumn" sind in meinen Augen das Highlight der letzten drei Jahre. Bleibt zu hoffen, daß sie in Deutschland bekannter werden. Es gibt eigentlich nur einen Tip von mir: kaufen!
14 Punkte
Music inspired by the Lord Of The Rings
(2001 - Blackmore, Davison, Findlay, Goldthorpe, Jennings, Josh, Smith)
Im Dezember 2001 wurde rechtzeitig zum Filmstart von "Der Herr der Ringe - Die Gefährten" die CD als "das unerwartete Album" präsentiert. Unerwartet kam es in der Tat. Bryan Josh hatte genau zwei Wochen Zeit, die CD (angefangen bei der Komposition der Lieder bis zum Mastern des Albums) auf die Beine zu stellen. Laut eigener Aussage war dies nur möglich, in dem er so gut wie nicht schlief und die zwei Wochen einfach durcharbeitete. Der ursprüngliche Antrieb hinter dem Album bildet übrigens das Label der Band. Die CD ist laut Bryan Josh auch nicht als reguläres viertes Studioalbum gedacht - schließlich ist "The Last Bright Light" erst im Frühjahr 2001 erschienen - sondern dient mehr dazu, den Fans von Mostly Autumn ein nettes Weihnachtsgeschenk zu präsentieren und den Hype und Trubel um den Kinofilm von Peter Jackson auszunutzen. Die Frage ist, ob das LOTR-Album neue Fans gewinnen kann.
Mostly Autumn haben schon auf den Alben zuvor immer wieder mal Einflüsse vom Herrn der Ringe spüren lassen. Das instrumentale Stück "Out of the Inn" auf dem Debutalbum gehört ebenso dazu wie das gleichfalls instrumentale "Helm's Deep" von "The Last Bright Light". Ersteres beschreibt den Abend und die Flucht aus dem "Tänzelnden Pony" und letzteres die Schlacht gegen Sarumans Orktruppen an Helms Klamm. Beide Lieder finden sich auch auf der CD wieder, "Out of the Inn" wurde dabei neu aufgenommen, es fehlt der Auszug aus dem BBC-Hörspiel zu Beginn und das Lied wurde etwas rockiger interpretiert. "Helm's Deep" findet sich als Bonusvideotrack wieder, der klanglich leider recht katastrophal ist.
Wer Mostly Autumn schon kennt wird auf der CD feststellen, daß die episch-getragenen Tracks, die einen großen Teil der Musik von Mostly Autumn sonst ausmachen, kaum vorhanden sind. Es herrschen kürzere Songs vor und der folkloristische Einfluß wurde verstärkt - was angesichts des Themas sicherlich auch Sinn macht.
Die charakteristische Mischung aus Pink Floyd und Folklore-Elementen ist diesmal also nicht immer so ausgeprägt und auf einigen Liedern klingen Mostly Autumn wie eine eher typische Folk Band. Die Lieder sind allesamt aber gut gelungen. Es wirkt zwar nicht so perfekt poliert und emotional dicht immer wie auf den drei Studioalben, aber dies wird wohl auf die große Zeitnot bei der Produktion zurückzuführen sein.
Das Album beginnt mit der Ouvertüre für Mostly Autumn recht ungewöhnlich, erstaunlich hart und harsch beschreibt das Instrumental die Erschaffung des einen Ringes durch Sauron. Es wirkt düster und bedrohlich und erreicht damit auf jeden Fall die gewünschte Wirkung. Es folgt ein zuerst sehr stilles und schön wirkendes Lied, das von Heather Findlay gewohnt gefühlvoll interpretiert wird und allein von Akustikgitarre und Violine begleitet wird ehe im letzten Drittel ein leidenschaftliches Gitarrensolo dramatisch die Stille zerreißt und die Stimmung umkippen läßt. "Greenwood the Great" beschreibt die Entstehung des Mirkwoods und gehört zu den Highlights auf der CD. Das ebenfalls etwas stiller angelegte "Goodbye Alone", das beschreibt, wie Frodo beschließt, alleine das Auenland zu verlassen, folgt vom Schema her dem vorangegangenen Lied, etwas getragener Gesang von Bryan Josh und Heather Findlay ehe es zum Ende hin ein schönes Gitarrensolo gibt, das etwas Epik entstehen läßt. Es sind genau jene Stellen und Passagen, an denen der Einfluß von David Gilmour auf das Gitarrenspiel von Bryan Josh klar durchschimmert.
Es folgen eine Reihe instrumentaler Lieder, die mal rockig sind (Out of the Inn) und mal auch sehr folkloristisch wirken (At last to Rivendell). Es gibt mit "Lothlorien" noch eine sehr gefühlvolle, wunderschöne Ballade, die von Heather Findlay intoniert wird und ein paar nette Songs mit Bryan Josh als Sänger, hier besonders das direkt auf "Lothlorien" folgende, sehr hymnische "The Return Of The King", ehe das Album mit "To The Grey Havens" recht unspektakulär ausklingt. Wer die bisherigen großen Finals der Studioalben kennt, könnte hier vielleicht etwas enttäuscht sein.
Aber da "Music inspired by..." nicht als normales Studioalbum gedacht ist, soll das jetzt einmal beiseitegelegt werden. Letzten Endes ist Mostly Autumn ein gutes Album gelungen, das aufgrund der Thematik durchaus neue Hörer anziehen könnte. Wer Mostly Autumn bereits kennt und mag sollte sich auf jeden Fall auch diese CD zulegen. Wenn man das Album mit den drei bisherigen Studiowerken vergleicht kann es zwar nicht ganz mithalten, aber eine handvoll sehr schöner Lieder gibt es auch hier und der Rest ist durchgehend gut.
Wer Mostly Autumn bisher nicht kannte und sich das Album kauft, könnte vielleicht etwas getäuscht werden, was den Musikstil von Mostly Autumn betrifft - in den letzten Jahren sind die Folkeinflüsse auf den Alben weniger geworden. Wer aber das Album und den typischen Stil der Band mag und sich dafür entscheidet, den Rest der Musik von Mostly Autumn zu entdecken, wird mit den drei bisherigen Alben wahre Schätze auftun können. Deshalb könnten Mostly Autumn auch das Ziel erreichen, mit dem Album neue Fans zu gewinnen. Verdient hätten sie es auf jeden Fall.
12 Punkte
Passengers
(2003 - Blackmore, Davison, Findlay, Goldthorpe, Jennings, Josh, Smith)
Die ersten Sekunden des neuen Albums von Mostly Autumn erwecken den Eindruck, daß die Band kontinuierlich dort anknüpft, wo das letzte reguläre Studioalbum "The Last Bright Light" aufhörte - nämlich mit den ausklingenden Takten des dortigen Epos' "Mother Nature".
Doch die Kontinuität bei Mostly Autumn hält sich in Grenzen, wie man recht schnell bemerkt. Zum einen hat die Band das Label gewechselt und ist nun, wie schon beim Lord Of The Rings Album, mit Classic Rock Legends verbandelt, zum anderen hat sich die Musik selbst etwas gewandelt. War der Klang bisher von geschickten Pink Floyd Anleihen, folkloristischen Tupfern, ausgezeichneten Gitarrensolos und melancholisch durchtränkten wunderschönen Melodien bestimmt, so beschreiten Mostly Autumn mit "Passengers" einen etwas anderen Pfad. Zwar sind die bekannten Elemente noch vorhanden, doch gesellen sie sich diesmal zu deutlich geradlinigeren Liedern, die sehr viel mehr auf Massentauglichkeit getrimmt und bei weitem nicht mehr so breitwandig arrangiert sind.
Und so erweist sich das erste Lied des Albums auch als programmatisch: "Somewhere In Between". "Passengers" befindet sich irgendwo dazwischen und es erscheint zu diesem Zeitpunkt unklar, welche Richtung die Band selber einschlagen möchte. Eine Hälfte der Lieder spielt die Stärken der Gruppe aus, während die andere Seite des Albums eher belanglos dahinplätschert.
Als wirkliche Enttäuschung diesmal zählt für mich das abschließende Epos "Pass The Clock". Für sich betrachtet ist es nett, es hat besinnliche Momente zu Beginn, wie man es auch von den anderen Epen gewohnt ist, tempogeladene Steigerungen im Mittelteil und guten Gesang, wenn auch - wie öfters auf dem Album - eine langweilige Melodie im Schlußteil. Im Vergleich zu den bisherigen Schlußepen "The Night Sky", "The Gap Is Too Wide" und "Mother Nature" bleibt es aber durchgehend blaß und wirkt wie ein bloßer Schatten dieser ausgezeichneten Stücke.
Bryan Joshs bisherige Stärke bestand vor allem auch in seinem exzellenten und leidenschaftlichen Gitarrenspiel, das diesmal nicht nur auf "Pass The Clock" sehr selten Einsatz findet - und wenn, dann eher kurz. So ist "Pass The Clock" in drei einzelne Lieder unterteilt, deren Bezug untereinander eher locker ist, und hauptsächlich auf den Gesang fixiert. Erst zum Schluß hin gibt es so etwas wie ein kleines Intermezzo auf der Gitarre. Während die drei vorherigen Schlußepen allesamt Garanten für Gänsehaut und bewegende Musik waren, hinterläßt "Pass The Clock" einen in letzter Konsequenz belanglosen Eindruck. Man kann es hören, es stört nicht, aber es bleibt so gut wie nichts beim Hörer haften. Das Mittelmaß hat Einzug gehalten.
Am besten gefällt mir "Passengers" dann, wenn Mostly Autumn das tun, was sie - meiner Meinung nach - am besten können: wunderschöne Melodien zu komponieren, sich Zeit für die Entwicklung des Liedes zu lassen und das Ganze mit Pink Floyd Anleihen und Folkloreelementen auszuschmücken. Bezeichnenderweise gehören deshalb zwei Stücke von Keyboarder Iain Jennings, das einfühlsame "Another Life" und das floydianische Instrumental "Distant Train", zu den gelungenen Momenten auf dem Album. Womit ich nach all der Kritik bisher nun auch endlich Lob aussprechen kann und will.
Denn neben diesen beiden Songs ist das exzellente "Simple Ways" mit seinem variantenreichen Arrangement und floydianischen Keyboardpassagen ebenso sehr gut anzuhören (auch wenn das Gitarrenriff an "Winter Mountain" erinnert), wie das wuchtige Titelstück "Passengers" und das eingängig-rockige "Caught In A Fold", das als einziges der kurz und recht einfach gehaltenen Lieder wirklich überzeugen kann und auf dem Heather Findlay beweist, daß sie nicht nur die filigranen Töne exzellent beherrscht, sondern auch sehr dynamisch und kraftvoll singen kann.
Die restlichen Lieder sind dann beileibe nicht schlecht, aber ihnen haften dafür jene Schwächen an, an denen auch "Pass The Clock" kränkelt. Nämlich uninspirierte Melodien und das Fehlen der Aspekte, die bisher Mostly Autumns Stärken ausmachten - da hilft dann selbst Heather Findlays Gesang oft nicht mehr. Ausgerechnet ihr persönlichstes Lied, das sie ihrem verstorbenen Vater gewidmet hat, spult sich ereignislos ab.
Insgesamt betrachtet wirkt "Passengers" auf mich wie der erste Versuch von Mostly Autumn mit verstärkter Vehemenz Richtung massentauglicher Radiomusik zu gehen. Teilweise nähert man sich dabei anderen Bands. So erinnert "Somewhere In Between" manchmal schon an Fleetwood Mac zu Zeiten von Stevie Nicks und Lindsay Buckingham. Vielleicht wird dies vom Label so gefordert, vielleicht möchte die Band selbst einfach nur mehr Erfolg haben. Vergleicht man das Album mit den drei vorherigen regulären Studioalben bleibt jedenfalls leider nicht allzu viel übrig, das dem direkten Vergleich standhält, vor allem beim traditionellen Schlußlied wird dies überdeutlich.
Daß man als Fan von Mosty Autumn trotzdem noch seinen Spaß mit dem Album haben kann ist der handvoll gelungener Lieder zuzuschreiben, die vielleicht nicht immer das Niveau anderer Glanzpunkte der Band erreichen, aber immer noch besser als das meiste sind, was man heutzutage hört. Für Leute, die es allerdings gern etwas anspruchsvoller oder auch proglastiger wollen, wird "Passengers" hingegen wohl viel zu seicht sein.
Mostly Autumn Fans sollten auf jeden Fall darauf gefaßt sein, daß "Passengers" nicht der nächste große Wurf der Band geworden ist und es nur aufgrund der immer noch vorhandenen starken Momente schafft, nicht im musikalischen Niemandsland zu landen. Richtig schlecht ist dabei nichts, aber das ist die Crux am Mittelmaß, es ist nett, zu nett, um wirklich zu mißfallen, aber einfach nicht gut genug, um bleibende Eindrücke zu hinterlassen. Vielleicht ist aber auch alles nicht so schlimm: nach drei hervorragenden Alben schaffen Mostly Autumn diesmal nur eines mit Licht und Schatten. Man muß auf jeden Fall gespannt sein, wie es mit der Band weitergeht. Bleibt zu hoffen, daß das nächste Album nicht mehr "Somewhere In Between" sein wird.
10 Punkte
Storms Over Still Water
(2003 - Blackmore, Davison, Findlay, Gordon, A. Jennings, I. Jennings, Josh, Smith)
Quo Vadis, Mostly Autumn? Man hat das Label Classic Rock Legends wieder verlassen und kurzerhand ein eigenes gegründet, mit dem treffenden Namen "Autumn Records".
Was bietet "Storms Over Still Water" also dem geneigten Fan? Ein merkwürdig ambivalentes Album. Was ist nur in Bryan Josh, Iain Jennings, Heather Findlay und Co. gefahren, mag man nach den ersten paar Liedern denken. Begeisterte Mostly Autumn in der Vergangenheit als so eine Art "Celtic Floyd" und vermengte auf originelle Weise breitwandige Pink Floyd Anleihen und allerlei folkloristisches zu etlichen episch-bombastischen Kleinoden, scheint man sich nun plötzlich eher Richtung Fleetwood Mac zu begeben, hin zum Mainstream, hin zum AOR, weg vom Charme alter Tage.
Und so bietet "Storms Over Still Water" auf der ersten Hälfte hauptsächlich schnelle, treibende Rocknummern. Erster hörenswerter Höhepunkt ist als viertes Lied die hübsche Ballade "Heart Life" mit Heather Findlay am Mikrofon. Auch das direkt folgende, von Genesis inspirierte, "The End of The World" kann gefallen. Das Lied pendelt zwischen lieblicher Akustikgitarrenuntermalung zu Heather Findlays Gesang und bedrohlich, düster treibenden Gesangseinlagen und E-Gitarrenriffs von Bryan Josh hin und her, was einen interessanten dramatischen Kontrast ergibt. Der nächste schnurgerade Rockdampfhammer folgt jedoch schon unmittelbar darauf mit "Black Rain", das kurioserweise an Deep Purple erinnert, aber ein hübsches, wenn auch kurzes, Gitarrensolo von Josh anzubieten hat.
Die Up-Tempo Rocknummern der ersten Hälfte des Albums machen mit mehreren Bier intus sicherlich enorm Spaß, aber es ist doch nur ein schwacher Abglanz dessen, was man einst an Mostly Autumn so liebte, subtil ist hier nämlich bis auf "Heart Life" und "The End Of The World" nichts mehr. Und was macht die arme Angela Gordon, ehedem Goldthorpe vor ihrer Heirat, eigentlich in Zukunft live auf der Bühne? Folkelemente gibt es praktisch keine mehr. Flöte hört man vielleicht ein- zweimal. Da wird sich die gute Angela in Zukunft wohl noch mehr abseits der Bühne ausruhen können.
Doch ehe man beinahe anfängt zu glauben, Mostly Autumn würden nun einzig und allein Musik für englische Pubs spielen, nimmt das Album eine fast schon unerwartete Wendung zum sehr viel besseren. Die zweite Hälfte des Albums präsentiert sich gänzlich gewandelt. Hier zeigen Mostly Autumn endlich alte Größe, wenn sie nach der Unterhaltungsmusik zu Beginn des Albums epischer werden und auch deutliche Pink Floyd Anleihen erkennen lassen. Gleich das erste Epos "Candle To The Sky", das den Tod von Bryan Josh Vater vor zehn Jahren thematisiert, huldigt "Dark Side Of The Moon" und läßt wohlige Schauer über den Rücken laufen.
Die drei langen Stücke auf der zweiten Albumhälfte lassen sich jeweils knapp acht Minuten Zeit und können rundum begeistern. So gibt es auch bei dem folgenden Lied "Carpe Diem", das sich mit der Tsunamikatastrophe im Indischen Ozean beschäfigt, alles, was man sich wünscht: engelsgleichen Gesang von Heather Findlay, die sich stimmlich erneut verbessert zu haben scheint, eine sich langsam steigernde Songstruktur, zuerst bedächtig, zurückhaltend, zart und melancholisch, wenn zu Beginn der Wind heult, ein Dudelsack spielt und Heather Findlays Engelsorgan vom Piano begleitet wird, ehe dann der musikalische Ausbruch zur Mitte des Liedes hin erfolgt und "Carpe Diem" von purer Leidenschaft gepackt wird, wenn Bryan Josh ein exzellentes Gitarrensolo abliefert. Das folgende Titellied "Storms Over Still Waters" folgt mehr oder minder dem gleichen Schema und gefällt ebenfalls sofort.
Das Album klingt dann mit dem dramatischen Instrumental "Tomorrow" aus und hinterläßt einen zwiespältigen Eindruck. Man könnte glauben, Mostly Autumn wissen nicht so recht, was sie wollen. Schielen sie insgeheim auf eine größere Fangemeinde oder gar Radiohits, indem man auf der ersten Hälfte ungeniert in Mainstreamgewässern räubert? Oder präsentieren diese Lieder nur den geänderten Geschmack der verantworlichen Komponisten, Bryan Josh, Heather Findlay und Iain Jennings? Vielleicht aber auch hat sich das Konzept des "Celtic Floyd" totgelaufen und es fehlen die Ideen? Kann nicht sein, da man auf der zweiten Hälfte wirklich zu brillanter Form aufläuft. Man wird abwarten müssen, wie sich Mostly Autumn weiterentwickeln.
Ich persönlich hoffe, daß die Band nicht noch weiter Richtung Unterhaltungsmusik für Rockkneipen abdriftet. Vor allem die ersten drei Lieder wirken sehr uninspiriert, doch finden Mostly Autumn spätestens ab der Mitte des Albums endlich wieder zu alter Hochform zurück und werden alle Fans und neu Hinzugekommenen begeistern. Insgesamt ist das Album deshalb, trotz der schwächelnden ersten Hälfte, deutlich besser ausgefallen als das doch recht enttäuschende "Passengers", das kein einziges wirkliches Epos aufweisen konnte, hier gibt es derer gleich drei.
12 Punkte
TO für den Musikzirkus